Eintrag Nr. 7509

21.05.2006, 14:23 Uhr

Guido Frank [none]

Damals vor 20 Jahren…….
Erinnerung an das Kronenfest 1986

Wie in vielen sächsischen Ortschaften feierten wir auch in Kleinschenk am Peter und Paulstag (Ende Juni) das traditionelle Kronenfest. Schon am Mittwoch vor dem Kronenfest wurden die vor der Kirche stehenden Kronenmasten von den Burschen und Schulbuben ausgegraben und in eine nahgelegene leere Scheune getragen. Am Donnerstag holten wir Eichenlaub aus dem Wald und Blumen vom Felde wurden gepflückt. Die Körbe mit Eichenlaub mussten so voll gestopft werden dass man sie am Laub packen und hochheben konnte. Mit 30 Körben vollgestopften Körben kamen wir aus dem Wald zurück und auf dem Weg zur Scheune wo die beiden Kronen waren sangen wir unsere schönen Heimatlieder. Am Freitag und Samstag wurden die Kronen von den Mädchen und einigen Frauen mit dem frischem Eichenlaub neu eingebunden. Die Blumensträuße für die Kronenspitze und die Kletterer wurden gebunden und die beiden Tschutras (Holzflasche) wurden mit dem besten Wein gefüllt. Soweit die Vorbereitungen der beiden Kronen. Nun hatten wir schon Samstag und eine Frage war immer noch nicht geklärt. Wer klettert dieses Jahr auf die beiden Kronen? Der damalige Kurator Michael Halmen fragte sich bei den Burschen um und jeder schüttelte nur den Kopf. Als Herr Halmen dann auf mich zu kam dachte ich mir „O Gott“. Nachdem ich 1982 und 1985 schon auf der großen Krone war, bat er mich auch 1986 es noch mal zu tun. Ich sagte ja, und die Zeit drängte. Am Nachmittag ging ich zum Friedhof wo die vielen Tannen standen und sammelte Tannenharz. Bis spät am Abend mischte ich das geschmolzene Tannenharz mit Milch und Speiseöl bis ich den richtigen Klebstoff (Pickes) für mich hatte. Am Sonntag in der Früh um 6 Uhr versammelten sich die Burschen, die Schuljungen und einige Männer vor der Kirche und holten dann die frisch gebundenen Kronen aus der Scheune. Mit Hilfe von großen Holzscheren brachten wir die Kronen auf den langen Masten in die richtige Stellung und dann schaufelten wir die riesigen Löcher wieder zu. In der Regel war es so, wer zu spät kam musste ein Liter Schnaps mitbringen. Und wenn es keine Verspäteten gab, musste der Kurator den Schnaps spenden. Die Arbeit war vollbracht, die beiden Kronen standen in neuer Pracht vor der Kirche. Als der Platz unter den Kronen nun sauber war, und bevor jeder nach Hause ging, setzten wir uns noch ein bisschen zusammen und die Schnapsflasche wurde unter Burschen und Männern herumgereicht.
Bevor ich nach hause ging, schaute ich noch mal zur großen Krone hoch und dachte mir, “in wenigen Stunden sitzt du da oben und alle schauen nur auf dich. Und wieder einmal wird es deine Krone sein.“
Als die Glocken zum Gottesdienst riefen, spürte ich ein kleines Zittern in meinen Knien. Ich machte mich fertig und ging zur Kirche. Im Kirchhof traf ich meinen Kletterpartner, den Dietrich Karli. Nach einer kurzen Absprache gingen wir dann auch in die Kirche.
Nach dem Gottesdienst stellten sich die Schulkinder und die Jugendlichen im Kirchhof auf und machten sich bereit für den Aufmarsch. Währenddessen schmierten ich und Karli Stiefel und Hände mit der Tannenharzmischung ein. Nach einigen Anweisungen von Kindergärtnerin Marianne Bertleff und Lehrerin Sofia Timofta, war es dann so weit. Unter den Klängen der von Hans Albert geleiteten Blaskapelle eröffneten um 13 Uhr die Schulkinder den Aufmarsch der Trachtenpaare unter den Kronen mit drei Ringen. Als der traditionelle Walzer folgte, tanzten die Schulkinder unter der kleinen, und die Jugend unter der großen Krone. Nun kam unser Auftritt. Ich wünschte Karli noch „Viel Glück „ dann gingen wir los. Das ganze Dorf war unter den beiden Kronen versammelt. Karli ging zur kleinen Krone und ich ging mit festen Schritten auf die große Krone zu. „ Viel Glück“ schrie mir der Pfarrer noch nach. Als ich auf dem Sandhaufen stand, der am Fuße der Krone hoch getürmt war, suchte ich das Gesicht meiner Mutter. Ihr Blick ging in eine andere Richtung. Sie hatte Angst und bettete das ich aus 10 m Höhe heil wieder herunterkomme. Mein Gedanke war ganz wo anderes. Ich hoffte nur dass das Tannenharz gut genug war. Ich schlang meine Beine um den Masten und mit voller Kraft setzte ich an. Nach zwei Meter merkte ich schon dass alles gut ging. Meter für Meter kämpfte ich mich hoch, und als ich oben dann die Hand ausstreckte um mich an den Eisenstangen festzuhalten, fingen die Leute an zu klatschen. Ein Zeichen „Er hat’s geschafft“. Ich kletterte ins innere der Krone wo das Bündel mit der Tschutra, das Tuch und der Blumenstrauß festgebunden waren. Ich band es frei und legte es über meine Schulter damit nichts runterfallen konnte. Nach einem kräftigen Schluck Wein holte ich mit zitternder Hand den Zettel mit der Ansprache aus meiner Hosentasche. Mit einem lauten „Vivat „das von Karli zurückkam begrüßten wir die versammelten Leute. Nach jedem Absatz kam ein dreifacher Tusch von den Musikanten. Und nach dem Satz „Aser Herrgott erheolt as Adjuvanten“ spielten sie einen vierfachen Tusch. Unser Herrgott sollte sie alle erhalten, hieß es in der kurzen Ansprache. Die Landesführung, die Lehrer, den Pfarrer, die Kinder und die Jugend. Er gebe ihnen Kraft und Gesundheit unser Land in Frieden weiter zu führen.
Nach der Ansprache konnte ich dann in aller Ruhe einen Schluck des guten Weines aus der Tschutra trinken. Während die Blaskapelle zum Tanz aufspielte kletterten wir aus den Kronen heraus und ließen uns langsam den Mast heruntergleiten. Unten angekommen genoss ich den Beifall der Leute und reichte die Tschutra an meine Kameraden weiter. Jeder freute sich einen Schluck daraus zu trinken. Nach ein paar Tanzrunden unter den beiden Kronen hielt der Pfarrer, seine Ansprache unter der großen Krone. Danach erklang unter Begleitung der Blaskapelle das schöne Siebenbürgerlied. Zum Schluss bildeten Musikanten und Trachtenpaare einen Zug der zum Kulturheim führte. Nach dem traditionellen Aufmarsch im großen Saal endete der erste Teil des Kronenfestes.
Der zweite Teil des Festes begann um 17 Uhr mit den jungen Kleinschenker Musikanten, Udo Bertleff, Otmar Frank, Heinrich Wagner, Manfred Knall, Guido Frank, und Heinrich Mantsch die das „Kleinschenker Echo bildeten“. Es war das erste mal, dass das Unterhaltungsorchester bei einem Ball aufgespielt hat.
Als ich ein paar Tage später im „Neuer Weg „ las, das sich 33 Trachtenpaare beim Kronenfest in Kleinschenk am traditionellen Aufmarsch beteiligten, war ich richtig stolz auf uns. Und heute, nach 20 Jahren, sind nur noch die Erinnerungen geblieben. Mit der schönen Jugendzeit gibt es kein wieder sehen. Und trotzdem denkt man oft daran, wie war es doch so schön bei uns in Kleinschenk.

Guido Frank

Zeige alle Einträge des Gästebuchs.