Eintrag Nr. 7705

28.05.2007, 01:04 Uhr

Guido Frank [none]

Die Kleinschenker Schnapsbrennerei

Die Siebenbürger Sachsen essen gerne geräucherten Speck, Brot und je nach Jahreszeit Zwiebeln oder junge Lauchzwiebeln. Dazu wird Schnaps gereicht, der im Siebenbürgischen einfach Pali heißt und aus landestypischen Früchten hergestellt wird.
Die Kleinschenker brannten ihren Schnaps hauptsächlich aus Pflaumen, Äpfel und Birnen. Aber es wurde auch noch aus Traubentrester und aus Weinhefe Schnaps gebrannt. Das reife Obst wurde eingesammelt, zerkleinert und bis zum brennen in großen 400 - 600 Liter Holzfässern aufbewahrt. Zum zerkleinern der Äpfel und Birnen gab es meist selbst gebaute kleine Mahlmaschinen. Bei uns zu hause war es der gute alte Rübenmaler. (Rübenmahle)
Die großen Holzfässer wurden schon vorher sauber gewaschen und geschwefelt. War eines undicht wurde es über mehrere Tage mit Wasser durchgeschüttelt damit das Holz von innen aufweicht und die Risse wieder schließt. Notfalls wurden auch noch die äußern Eisenringe festgeklopft. Wenn das Fass sauber und dicht war wurde eine Schwefelstange reingehängt, die für die Entkeimung der Fässer sorgte. Dann wurden die Fässer an einen Platz gestellt wo es übern Winter nicht so kalt war. In den Stall oder in den Keller. Nun wurde das zerkleinerte Obst eingefüllt bis das Fass voll war, dann wurde es geschlossen. Das Obst fing an zu gären und wurde zu Maische (Borhot). Um die Maische in klaren Schnaps umzuwandeln musste man zur Schnapsbrennerei. Die Schnapsbrennsaison in Kleinschenk war von Januar bis März, und im Herbst vor dem neuen Obst, konnte noch einmal gebrannt werden. Ein Termin wurde vereinbart und das Holz wurde vorbereitet. Die nun schweren Holzfässer mussten aus dem Keller raus und zur Schnapsbrennerei gebracht werden. Dies war keine leichte Arbeit. Mit einer Spezialleiter und mit Seilen rollten die zur Hilfe gekommenen Männer die Fässer aus dem Keller und weiter auf einen Pferdewagen oder Traktoranhänger. Um sich die Arbeit zu erleichtern und weil die Holzfässer immer seltener wurden schafften sich die Leute kleinere 140 Liter Fässer aus Kunststoff an. Diese waren wesentlich leichter und auch besser zum transportieren. Die Fässer mit der Maische und das Holz mussten schon vorher in den Hof der Schnapsbrennerei gebracht werden. Hier musste jeder seine Reihe einhalten. Der wo als nächster an der Reihe war wurde früh genug verständigt damit er seine Fässer auf die Rampe vor der Brennerei rollen konnte und das Holz griffbereit machte. Die braune Obstmaische wurde mit Eimern in einen großen Bottich gelehrt, mit Wasser verdünnt, damit sie später nicht anbrennt, und dann wurde der große Kupferkessel gefüllt. Der große Kupferdeckel wurde aufgesetzt und mit Maisbrei alles gut abgedichtet.
Nun konnte dass Schnaps brennen beginnen. Das Feuer unterm Kessel durfte nicht zu stark, aber auch nicht zu schwach sein. Die Maische im Kessel musste dauernd umgerührt werden. Das handliche umrühren wurde später durch ein Rührwerk mit Motor ersetzt. Neben dem Kupferkessel stand ein kleinerer Behälter mit ständig kaltem Wasser gefüllt. In diesem Behälter war ein Kupferrohr in Form einer Spirale eingetaucht dessen Ende unten am Behälter rausschaute. Das andere Ende war mit dem Deckel auf dem Brennkessel verbunden. Damit die Spirale auch immer schön kalt blieb hat man früher große Eisblöcke aus dem Alt geholt, sie zerkleinert, und in den Behälter um die Spirale herum getan. Eine Stunde nach dem aufsetzen des Kessels tropfte schon der erste Schnaps aus der Spirale. Auch, „Otka“ genannt. Wenn keine Maische mehr da war, wurde der Kessel sauber gewaschen und der gesamte Otka wurde noch mal reingeschüttet. Es begann das sogenannte "Litern " auch klären genannt. Die ersten 4-5 Liter, der Vorschuss, wurden getrennt von dem andern aufgehoben da er auch Grünspann enthielt. Er wurde von den ältern Leuten als medizinisches Mittel benutzt zum einreiben bei Gelenkschmerzen. Getestet wurde der Schnaps mit der Feuerprobe. Man schüttete ein bisschen von dem frischen Schnaps auf den heißen Kupferkessel und zündete ihn mit einer Fackel an. Solange der Schnaps noch brannte war er noch gut. Brannte er nur noch schwach oder nicht mehr musste die Maische im Kessel ausgetauscht werden. Und so ging das weiter bis die großen Fässer leer waren. Erschöpft aber zufrieden kehrten die Männer nach meist Stunden langer Arbeit nach Hause. Jeder freute sich, viel Schnaps nach Hause mitzunehmen. Allerdings war dies von der Menge und von der Qualität des Obstes abhängig. Und der Staat bekam auch noch was davon. Von 10 Litern mussten 3 Liter abgegeben werden. Der Schnaps wurde in Kunststoffbehältern, großen Glasflaschen oder kleinern Holzfässern aufbewahrt. Die Schnapsfässer waren aus Maulbeerbaumholz gefertigt. In diesen Fässern bekam der Schnaps eine gelbliche Farbe, und wurde als besonders gut eingestuft.
Die Kleinschenker Schnapsbrennerei besaß zuletzt zwei Kupferkessel die wegen ihrer guten Qualität einen guten Ruf in der Region hatten. Die Brennerei hat nicht immer den gleichen Standort gehabt. So zum Beispiel stand sie ganz früher, vor dem Krieg noch, in der Neugasse auf Hof Nr. 71. Damaliger Besitzer Bertleff Michael (102). Zur gleichen Zeit besaß Kaufmann Andreas(20) einen zweiten Kessel in Kleinschenk der ihn dann auch an Bertleff Michael verkaufte. Danach wechselte sie den Standort auf den Hof von meinem Großvater (72). Als der Kommunismus kam, wurden die Kessel den Kleinschenkern von den Rumänen weggenommen und wurden zum Staatseigentum. Zu Zeiten der LPG (um 1950) brannten die Kleinschenker ihren Schnaps im Saifen auf Hof Nr.31. Nachher kann ich mich noch erinnern war sie im „Latensaifen“ in unmittelbarer Nähe der Viehstallungen. Noch vor der Begradigung des Schenker Baches war sie rechts neben der Weingartenbrücke, und ganz zuletzt im Rübgarten neben dem Haus der Maria Ganea. Die Brennkessel gehörten der damaligen LPG, waren alt und undicht. Im Jahre1976 kaufte Hans Orendi (59) einen neuen Kessel mit einem Volumen von 370 Liter. Teibrich Michael und Schuster Adolf halfen ihm beim einbauen und installieren. Nach ca. 28 Jahren kamen die Brennkessel nun wieder in den Privatbesitz eines Kleinschenkers. 1978 vor seiner Ausreise nach Deutschland verkaufte Hans Orendi die Brennkessel an Schuster Adolf. Der wiederum verkaufte sie dann an einen Rumänen weiter. Die Schnapsbrennerei blieb auch nach dem Verkauf den Kleinschenkern für viele Jahre erhalten. Im Herbst 2006 erreichte mich dann die traurige Nachricht, der große Kessel sei gestohlen, und aus Kleinschenk verschleppt worden. Eine Zeitung soll berichtet haben, dass der Kessel vom eigenen Besitzer gestohlen wurde. Welches der Grund dieser Aktion war werden wir wohl nie erfahren. Ein trauriges Ende einer langen Tradition.

(Liebe Landsleute sollte irgendwas nicht ganz stimmen an dieser Geschichte dann bitte meldet Euch bei mir. Wir können jederzeit etwas löschen oder beifügen. Sollte jemand schöne Farbfotos zu diesem Beitrag haben, bitte meldet Euch. Wir möchten eine Bildergallerie von unserem Dorf erstellen und dafür brauchen wir Eure Fotos und Eure Unterstützung) Guido Frank

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