Eintrag Nr. 7764

21.12.2007, 10:55 Uhr

Guido [none]

Wintertraditionen
Schweine schlachten, Wurst machen und auch der große Backtag vor den Feiertagen sind Traditionen die in Siebenbürgen gepflegt wurden. In der Vorweihnachtszeit wird auch heute noch in Siebenbürgen das Schwein geschlachtet und Wurst gemacht. Das "Wurst machen" war eines der wichtigsten und interessantesten Vorgänge bei so einer Schweineschlacht. In der Früh um 6 Uhr klingelte der Wecker. Das Feuer unter dem großen Wasserkessel wurde angezündet damit das Wasser rechtzeitig heiß wurde. Um 7 Uhr kam der Schlachter, der meistens ein Mann aus dem Dorf war, der sich mit dem schlachten auskannte, und dann wurde gemeinsam gefrühstückt. An diesem Tag gab’s bei uns zu Hause immer Schmalzbrot (Fatbruit)und einen warmen Schnaps dazu. Nach dem Abstechen ließ man das tote Schwein noch ein paar Minuten liegen damit das Blut alles ausfließt. Dann wurde es in einen Holztrog gelegt und mit heißem Wasser überbrüht. Vier starke Männer drehten das Schwein mit Hilfe von dicken Eisenketten auf alle Seiten, dann nahmen sie kegelförmige Schabglocken (Schallen) zur Hand, um die Borsten abzuschaben. War das Schwein sauber, legte man es auf eine bereitgelegte Strohunterlage, deckte es mit weiterem Stroh ab und zündete es an. War das herrlich! Die Kinder hatten ihren Spaß daran, das Schwein lichterloh brennen zu sehn, und die Erwachsenen konnten sich die Hände schön wärmen, denn meistens war es ja bitter kalt. Nun wurde das Abgeflammte Schwein nochmals gründlich mit kaltem Wasser gewaschen, abgebürstet und auf sauberes trockenes Stroh gelegt, wo es dann in zwei Hälften zerlegt wurde. Mit rot gefrorenen Nasen warteten wir auf ein Stückchen Ohr oder Schwänzchen vom braun Abgeflammten Schwein. Der Schlachter steckte das Messer in den Nacken des Tieres und bevor er hier weitermachte wurde erst mal eine kleine Verschnaufpause eingelegt. Der Vater brachte Glühwein und man trank af en däcken Băuchen (dicken Speck) und wünschte, man möge ihn gesund verzehren. Speck war eben sehr wichtig im Haushalt. Ob am Arbeitsplatz oder auf dem Feld, geräucherter Speck mit Brot und rotem Zwiebel, aß jeder Siebenbürger Sachse gern. Während die Männer im Hof beschäftigt waren, mussten die Frauen die Därme für die Wurst vorbereiten. Die noch warmen Därme wurden entleert, gewaschen und dann gekratzt. Mit dem Messerrücken wurde die äußere Haut entfernt, dann wurden die Därme mit Salz eingerieben, gewendet und auf dieser Seite ebenfalls mit Salz gut gerieben. Zum Darm- kratzen wurden immer die Omas gebeten, denn sie konnten es besser als die jungen Frauen und Töchter, die es noch lernen mussten. Das Kleinfleisch zusammen mit ein bisschen Bauchspeck wurde gemahlen und nach Geschmack mit Salz, gemahlenem Pfeffer, süßem Paprikapulver, und klein gehacktem Knoblauch gewürzt. Diese Masse wurde dann gut durchgeknetet und in einer Pfanne wurde eine Kostprobe gebraten. War diese in Ordnung konnte mit dem „Wurst machen „ begonnen werden. Auch dieses war reine Handarbeit. Früher benutzte man eine einfache Blechspritze dafür, später dann, gab es die moderne „Wurst Maschine“. Ein Metallzylinder wurde an die Tischplatte festgeschraubt, das Hackfleisch eingefüllt, und durch leichtes drehen an einer Kurbel wurde dieses in den Darm gepresst. Hier durfte man nicht vergessen mit einer Nadel die Luftbläschen aufzustechen, damit die Luft aus den Därmen entweichen konnte. Die fertige Bratwurst wurde dann über Nacht auf eine Stange in den Keller aufgehängt, damit das Wasser abtropfen konnte. Am nächsten Tag brachte man einen Teil davon zum räuchern in eine Räucherkammer. Bevor es die Kühltruhen gab, wurde ein Teil vom Fleisch gebraten und zur Konservierung in Einmachgläser gelegt und mit Fett übergossen. Dies geschah auch mit einem Teil der Bratwurst. Der andere Teil des Fleisches wurde geräuchert. Sehr schmackhaft war die Kochwurst, eine aus grob gemahlenem und gekochtem Fleisch mit Speckschwarte, Zwiebeln und Gewürzen in Dickdarm abgefüllte Wurst. Die Leberwurst wurde aus gekochter Schweineleber, fettem Fleisch, Speck und Zwiebeln zubereitet. Alles zusammen durch den Fleischwolf mit feiner Siebscheibe gedreht, gewürzt und in kleine Gläser oder in Darm gefüllt. Das gab einen schmackhaften Brotaufstrich. Für die Presswurst (Presssack) wurde der Kopf und die Kienbacken gekocht, klein geschnitten und in den gereinigten Magen eingefüllt. Danach noch mal aufgekocht und zwischen zwei Brettern, mit einem Stein beschwert, gepresst. Auch Blutwurst wurde in manchen Häusern hergestellt. Die beiden Speckhälften wurden eingesalzten und mussten etwa vier Wochen im Keller gelagert werden, ehe sie geräuchert wurden. Je nach Bedarf konnte eine Hälfte ungeräuchert bleiben, mit süßem Paprikapulver eingeschmiert, und in die Kammer zum Verzehr aufgehängt werden. Einige Leute ließen ihre geräucherten Speckhälften im Speckturm in der Kirchenburg aufbewahren. Eine besondere Spezialität war der so genannte „Kaiserspeck“. Der dünne Bauchspeck wurde kräftig mit Paprika und Knoblauch gewürzt, mit Krautsuppe überbrüht und geräuchert.
Die dünnern Speckteile vom Bauch und das Schmer (Bauchfett)wurden in kleine, etwa 2 cm große Würfel geschnitten und zum braten vorbereitet. Wenn noch genügend Zeit war, konnte man das auch noch am gleichen Tag machen. Die Speckwürfel wurden gebraten, leicht ausgepresst und somit entstanden die herrlichen Grieben (Grammeln). Das übrig gebliebene heiße, flüssige Fett wurde in spezielle Emailgefäße (Fattbiss) abgesiebt. Kaltes Fett wurde übers ganze Jahr als Brotaufstrich verwendet, und früher wurde auch damit gekocht.
Trotz der vielen Arbeit, die so ein 200-Kilo-Schwein mit sich brachte, kam es am Abend oft zu einer kleinen Familienfeier. Die Helfer, der Schlachter und noch einige Verwandte waren dabei. Und die Verwandten die nicht dabei waren bekamen am nächsten Tag auch ein bisschen Fleisch und frische Wurst zum kosten. Für uns Kinder war es immer ein tolles Erlebnis.
Wenn nun die frischen Würste in der Kammer hingen, der Speck und das Fleisch zum Einsalzen im Keller lagen und das Sauerkraut in der Bütte gärte, trafen Mutter und Großmutter Vorbereitungen für den großen Backtag. Einen bis zwei Tage vor Heilig Abend wurde der Backofen mit Holz angeheizt. Ich stand voller Bewunderung neben Mutter uns staunte, wie sie die großen Teigberge sicher auf den Herd “schoss”. Nach zwei Stunden wurden riesige vier Kilo Brote herausgeholt, die in den nächsten Tagen auf ihren Verzehr warteten. Anschließend wurde Scharr, Hanklich und Nussstriezel gebacken, typisch siebenbürgisches Feiertagsgebäck. Natürlich waren wir Kinder an diesem Tag ausnahmsweise nicht beim Schlittenfahren. Wir hielten uns in der Nähe des Backofens auf, oder spielten vor dem Tor auf der Straße. Wir konnten es kaum erwarten, bis die erste Scharr duftend aus dem Ofen geholt wird und noch glühend, mit Puderzucker bestreut, an die Herumstehenden verteilt wurde. Es schmeckte wirklich fabelhaft nach frischem Büffelrahm, Eiern und Vanille.
Nun liebe Kleinschenker, solltet Ihr Eure Wurst noch nicht gemacht haben, hier ein Vorschlag wie die "Briotwurscht" in Kleinschenk gemacht wurde und zum Teil noch gemacht wird:
Etwa 80% Schweinefleisch, 20% Schweinespeck, dies durch den Fleischwolf mit mittelgroßer Scheibe treiben. Die Masse wird abgewogen wobei zu einem Kilo Wurstfleisch 25 gr. Jodfreies Salz hinzugefügt wird. Die anderen Gewürze wie fein gehackter Knoblauch, gemahlener Pfeffer, Paprikapulver, werden nach Geschmack beigemischt. Hat man die obengenanten Zutaten zum Fleisch gemengt wird alles gut vermischt und geknetet solange bis die Masse nicht mehr an den Fingern klebt. Nun wird dass Mett anhand von einer Wurstpresse in Dünndärme vom Schwein gepresst. Hier sollte man nicht vergessen die Därme mit einer Nadel anzustechen, damit die Luft entweichen kann. Die Bratwurst kann nun, wie der Name es uns schon sagt, gebraten werden oder sie wird geräuchert und luftgetrocknet für den Rohverzehr aufbewahrt.Viel Spaß und einen guten Appetit!

Sollte jemand schöne Bilder vom Schweineschlachten im Winter haben, bitte schickt mir sie zu, für unsere Bildergalerie. Wir beabsichtigen eine Bilder CD von Kleinschenk zu machen, und dafür brauchen wir Eure schönsten Bilder von zu Hause. Die Originale bekommt Ihr selbstverständlich wieder zurück.

Mit freundlichen Grüßen
Euer Guido Frank

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