Witwerrente

Um Beiträge zu verfassen, müssen Sie sich kostenlos registrieren bzw. einloggen.

Hessing
schrieb am 19.06.2014, 12:46 Uhr
Sehr geehrter Herr Erhard Graef,
seit kurzer Zeit bin ich leider Witwer. Da ich mich bisher nie mit dem Thema Witwerrente beschäftigt habe, bitte ich Sie (und auch kompetente Forumsbenutzer) mir mitzuteilen, wie die von meiner Ehefrau in Rumänien zurückgelegten und im Rentenbescheid anerkannten Versicherungszeiten berücksichtigt werden.
Gibt es auch bei der Witwerrente die Möglichkeit der Aufschuberklärung wie bei der Altersrente?
Wenn ja, ist diese Erklärung sinnvoll?
Wird die Rente für die Zeiten aus Rumänien von dort bezahlt?
Zur Einordnung meines Falles folgende Daten:
Wir sind seit 1967 verheiratet und seit 1981 in Deutschland. Meine Frau hat 18 Jahre in Rumänien und 19 Jahre hier gearbeitet und ist Anfang 2001 in Altersrente gegangen.
Mit freundlichen Grüßen,
Hessing
getkiss
schrieb am 22.06.2014, 14:01 Uhr
Die Sache ist nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts aus 2010 kompliziert und gleichzeitig brisant.
Möglicherweise wird Alles auf eine neue Waagschale gelegt, wegen der Begrenzung der Fremdrentenpunkten.
Das Urteil ist für Laien schwer zu verstehen, für mich auch.
Entschuldigung für die Einmischung.
Ich empfehle aber einen Anwalt zu befragen, der sich auskennt, z.Bsp. Herrn Krempels, der das Urteil "erzwang":

Link

Fabritius (Moderator)
schrieb am 03.07.2014, 00:54 Uhr (am 03.07.2014, 01:10 Uhr geändert).
Hallo Herr Hessing.
die Antwort auf Ihre Fragen ist ziemlich einfach: die (Witwer)-Rente für die Arbeitszeiten Ihrer verstorbenen Frau aus Rumänien wird - unverändert - von der deutschen Rentenbehörde gezahlt. Diese Rente wird aus den von Ihrer Frau erworbenen Anwartschaften - einschließlich der FRG-Anteile für Zeiten in Rumänien - errechnet. Auf diesen Zeiten hat auch schon die bezogenen Altersrente beruht. Deswegen nennt man Hinterbliebenenrenten allgemein auch "abgeleitete" Renten, da diese nicht aus der eigenen Versicherung sondern aus der (fremden) Versicherung der verstorbenen Person gezahlt (abgeleitet) werden.

Unabhängig von einer Rentenfeststellung in Deutschland (parallel dazu) zahlt der rumänische Träger unter Umständen (nicht immer!) selbst auch eine Witwerrente für die dortigen Zeiten Ihrer Frau, wenn eine solche nach rumänischem Recht (auch) zusteht. Das hängt z.B. auch davon ab ob Sie selbst eine eigene Rente aus Rumänien bekommen, weil nach dortigem Recht nur EINE Rente gezahlt wird (die eigene Altersrente ODER die Witwerrente aus den Zeiten der Verstorbenen, man muss eine Option ausüben).

WENN also aus Rumänien eine Witwerrente gezahlt wird, DANN erfolgt gem. §31 FRG ein Abzug von der deutschen Rente in der Höhe, in welcher die Zahlung aus Rumänien auf den gleichen - also auch in Deutschland anerkannten - Zeiten beruht. (Vermeidung einer Doppelleistung für die gleiche Zeit).

Sie dürfen aber auf die Leistung aus Rumänien auch verzichten. Wenn also ein Anspruch bestehen würde und Sie wollen aus egal welchen Gründen (z.B. wegen hohen Verwaltungsaufwandes oder der unterschiedlichen Steuerlast) darauf verzichten, dann können Sie der rumänischen Rentenbehörde eine "Declaratie de suspendare" senden. Darauf hin bekommen Sie eine "Decizie de sistare a platii" = Einstellungsmitteilung. Diese senden Sie an die Rentenbehörde in Deutschland und diese beendet sofort die Anrechnung (es gibt nichts mehr zum Anrechnen mangels Zahlung aus Rumänien). Sie bekommen so dann die Rente in voller Höhe von der deutschen Rentenbehörde.

Ob das zweckmäßig ist, hängt vom Einzelfall ab. Manchmal ja, manchmal nein. Das müsste berechnet werden. Wenn z.B. in Deutschland nicht alle Zeiten angerechnet wurden, die in Rumänien in die Rentenberechnung eingestellt werden, dann könnte es sich lohnen, NICHT auf die Leistung aus Rumänien zu verzichten. Dann bekommen Sie nämlich aus Rumänien mehr als in Deutschland dafür abgezogen würde. Unter dem Strich würden Sie ein "plus" verzeichnen.

Das von Getkiss verlinkte Urteil hat mit dieser Sachlage nichts zu tun. Auch wurde damit nichts durchgesetzt, im Gegenteil es ist ein Negativ-Urteil, in welchem eine Verfassungsbeschwerde ja gerade abgewiesen wurde.

Ob Herr Getkiss hier vielleicht nur einen falschen Link gesetzt hat und ein anderes Urteil meint, müsste er selbst sagen. Mir ist zu dieser Fragestellung nur eine Entscheidung des Bundessozialgerichtes bekannt, die den obigen Sachverhalt geregelt hat, nämlich das Urteil vom 11.5.2011, AZ. B 5 R 8/10 R.

Dieses Urteil hat nicht Herr Kollege Krempels durchgesetzt, sondern (m)eine Kanzlei in München. In diesem Urteil wurde die Unzulässigkeit eines Fiktivabzuges festgestellt und auch ausgeführt, dass die Regeln zur Unwirksamkeit eines Verzichtes (§ 46 SGB I) bei ausländischen Renten eben gerade NICHT gelten und daher ein Verzicht auf Leistungen aus einem fremden - sprich ausländischen - Sicherungssystems unschädlich - also zulässig ist.

Wörtlich heißt es in dem Urteil:

"Der Anwendungsbereich des § 46 SGB I ist nicht eröffnet. Nach § 46 Abs 2 SGB I ist der Verzicht auf Ansprüche auf Sozialleistungen unwirksam, soweit durch ihn andere Personen oder Leistungsträger belastet oder Rechtsvorschriften umgangen werden. Der Anspruch des Klägers auf eine rumänische Altersrente ist kein Anspruch auf eine Sozialleistung iS des § 46 SGB I. Diese Vorschrift bezieht sich auf Sozialleistungen iS von § 11 Abs 1 SGB I (BSG SozR 4-1200 § 46 Nr 1 RdNr 10), zu denen im SGB vorgesehene Dienst-, Sach- und Geldleistungen gehören. Auf Ansprüche aus Sicherungssystemen, die außerhalb dieses Gesetzbuches existieren, ist § 46 SGB I nicht anwendbar."

Volltext des Urteils

Info zum Verständnis des Urteils: relevant ist Satz 2 des Tenors (Im Übrigen wird…). Die Aufhebung der Verurteilung zur ungekürzten Zahlung wurde vorgenommen, weil das BSG sich zutreffend der von mir in der mündlichen Verhandlung vertretenen Position angeschlossen hatte, dass nämlich die Zahlungsverpflichtung sich bereits aus dem Rentenbescheid selbst ergibt, wenn die Ruhensverfügung (als eigene Regelung) aufgehoben wird. Das ist dann mit dem Satz 2 erfolgt.

Das Urteil wurde mit allen Auswirkungen auch in der Siebenbürgischen Zeitung besprochen und dürfte aufmerksamen oder betroffenen Lesern noch in Erinnerung sein. Ich empfehle die Lektüre dieser Urteilsbesprechung.

Information und Besprechung des Urteils in der SbZ

Viele Grüße
Hessing
schrieb am 06.07.2014, 13:03 Uhr
Sehr geehrter Herr Dr. B. Fabritius,
für Ihre klaren, ausführlichen Erläuterungen zu meinen Fragen bezüglich der Witwerrente bin ich Ihnen sehr, sehr dankbar. Mir ist nicht entgangen, dass Sie Ihren Beitrag spät in der Nacht verfasst haben, dafür meinen besonderen Respekt und Dank!
Aus Ihrer Antwort und den angefügten Texten ergeben sich für mich noch folgende zwei Fragen:
1. Wann, zu welchem Zeitpunkt, soll ich die "declaratie de suspendare" nach Rumänien senden? Gleich nach Erhalt des deutschen Rentenbescheides oder abwarten bis der Bescheid aus Rumänien kommt? Es gibt nämlich keine rumänischen Beitragszeiten meiner Frau, die in Deutschland nicht berücksichtigt wurden, nur die 5/6-tel Kürzung und die 40%- Kürzung der Zeiten. Übrigens habe ich meinem Antrag auf Witwerrente eine Aufschuberklärung beigefügt!

2. Aus Ihrer Antwort vom 19.10.2011 an mms entnehme ich, dass es einen Besitzschutz für die anerkannten Entgeltpunkte, die für die Berechnung der Witwenrente berücksichtigt werden, gibt. Andererseits ist in den von Herrn getkiss verlinkten Urteilen einige male die Begrenzung der Summe der eigenen Entgeltpunkte nach dem FRG und der Entgeltpunkte des verstorbenen Ehepartners auf 25 FRG-Punkte erwähnt. Ist diese Deckelung in meinem Falle gültig oder gilt der Besitzschutz?

Mit freundlichen Grüßen
Hessing
Fabritius (Moderator)
schrieb am 11.07.2014, 19:55 Uhr
Hallo. Wenn Sie eine Aufschuberklärung bereits beigefügt haben, dürfte gar kein Bescheid aus Rumänien kommen. Dann brauchen Sie nichts mehr zu machen. Wenn ein Bescheid aus Rumänien kommt, senden Sie eine Kopie der bereits eingereichten Erklärung erneut nach Rumänien.

Die in dem Urteil angesprochene Deckelung hat mit dem Besitzschutz nichts zu tun. Die Deckelung auf 25 EP ist rein zuzugsabhängig (§ 22b FRG gilt gem. Art 12 WFG bei einem Zuzug nach Deutschland nach dem 6.5.1996) und betrifft Ihren Fall nicht.

Viele Grüße

Mesch
schrieb am 16.04.2015, 10:54 Uhr
Hallo, ich muss dieses Thema (leider) nochmal aufnehmen.

Im Detail geht es um die Witwenrente meiner Mutter.
Mein Vater verstarb am 07.03.15.
Nachdem wir am 16.03.15 den Antrag auf Hinterbliebenenrente gestellt haben, bekamen wir am 19.03.15 von der Rentenversicherung den Fragebogen zur Einleitung des Zwischenstaatlichen Rentenverfahrens, E 207.
Wir setzten ein Schreiben auf an die Rentenversicherung mit der Bitte die Hinterbliebenenrente auf Basis der vorliegenden Daten zu berechnen, ohne den Vordruck E207 mitzusenden.
Folgende Antwort haben wir am 07.04.15 auf das Schreiben erhalten:

"Sehr geehrte Frau xxxxx,
die rumänischen Zeiten sind hier in Deutschland bereits geklärt.
Den Fragebogen zur Einleitung des zwischestaatlichen Rentenverfahrens wurde ihnen übersandt, da ihr verstorbener Mann Zeiten in Rumänien zurückgelegt hat.
Da Rumänien seit dem Jahr 2007 der EU beigetreten ist, zählt der deutsche Rentenantrag ebenfalls als rum. Rentenantrag.
Es besteht evtl. ein rum. Rentenanspruch.
Sollten sie die rum. Witwenrente beziehen, würde diese auf die deutsche Rente angerechnet werden.
Bitte teilen sie uns mit, ob sie auf die rumänische Witwenrente verzichten wollen. "

Nun geht es uns hauptsächlich um die Beantwortung des letzten Satzes. Tendenziell möchten wir darauf verzichten, wissen aber nicht genau die Folgen daraus.
Mein Vater ist 1940 geboren und wir sind 1990 ausgewandert. In Rente war er seit 2005.

Vielen Dank im Voraus
SuziB
schrieb am 19.04.2020, 13:53 Uhr
Guten Tag, der Beitrag liegt zwar schon lange zurück. Da wir jetzt vor dem gleichen Problem stehen, würde uns interessieren, wie der weitere Fortgang war. Besten Dank vorab.

Um Beiträge zu verfassen, müssen Sie sich kostenlos registrieren bzw. einloggen.