Familienforschung der HOG Brenndorf

15. Juni 2000

Allgemeiner Bericht

Hermann Schmidts hielt den hier abgedruckten Vortrag auf der 17. Regional-Arbeitstagung der Burzenländer Nachbarväter und Ortsvertreter am 6. Mai 2000 in Neuhaus bei Crailsheim.
Schon seit der Gründung der Dorfgemeinschaft der Brenndörfer (HOG Brenndorf) im Jahr 1976 war die Familienforschung ein fest eingeplantes Vorhaben unserer Gemeinschaft, das seither nie an Aktualität verloren hat. Zu Beginn beschränkte sich unser Vorhaben vor allem auf das Sammeln, Sichten und Bergen familienkundlicher Daten. Bis zur Wende von 1989 gestaltete sich unser Vorhaben unter schwierigen Umständen und führte zu mäßigen Erfolgen. So mussten wir weitgehend private Quellen in Anspruch nehmen und auch Privatpersonen um aktive Mitarbeit bitten, da die Hauptquellen - das Pfarrarchiv und die staatlichen Archive - damals noch nicht zugänglich waren.

Eine veränderte Situation ergab sich Anfang der neunziger Jahre. Es stellte sich die Frage, welches Material für unser Vorhaben brauchbar und wo es auffindbar war, hatten wir uns doch den Zeitraum vom Anfang bis zur Gegenwart als Forschungsziel gesetzt.

Als wertvolles Quellmaterial für die Gemeinde Brenndorf sind uns mehrere Urkunden des frühen 14. und 15. Jahrhunderts erhalten geblieben. Die älteste Urkunde datiert vom 23. Juni 1368. Durch die Auswertung der Urkunden wurden wir - ohne es zu ahnen - mit so manchen Zeitgenossen dieser nicht immer problemlosen Zeit bekannt. Der Streit zwischen den Brenndörfer Bürgern und dem im Ort ansässigen Grafengeschlecht, dem sie bei dieser Gelegenheit das Anwesen samt den seine Privilegien bestätigenden Urkunden verbrannten, war wohl der Hauptgrund für der Häufigkeit der Urkunden aus dieser Zeit.

Dank dieser Urkunden beginnt die Brenndörfer Familienforschung im Jahre 1368. Die Familie des Grafen Jakob von Brenndorf lässt sich lückenlos bis Ende des 18. Jahrhunderts weiter verfolgen. Die Urkunde als Quellmaterial zur Familienforschung sollte bis zum heutigen Tag ihre Bedeutung beibehalten.

Ist im 14. und 15. Jahrhundert die Urkunde der Vermittler des Wissens dieser Zeit, so haben wir zu Beginn des 16. Jahrhunderts, als weiteren Wissensübermittler die Konskription zur Hand. Das Dokument wurde zwecks Besteuerung oder Festlegung der abzuführenden Abgaben angefertigt. Die abzuführenden Steuern wurden auf die Orte je nach Größe und Einkommen aufgeschlagen. Eingeteilt waren die Ortschaften in sogenannte Zahlhäuser. Ein Zahlhaus beinhaltete zehn Toreinfahrten. Brenndorf hatte im 16. Jahrhundert die Steuer oder Abgabe auf ca. 5,5 Zahlhäuser zu entrichten. Da die meisten Höfe zweiseitig bebaut, also von zwei Familien bewohnt waren, lässt sich die Familienanzahl bei 110 abschätzen, allerdings mit größern zeitlichen Schwankungen, bedingt durch Epidemien oder Kriegseinwirkungen. In der Konskription des Ortes sind in jener Zeit die steuerpflichtigen Familienhäupter namentlich aufgelistet, was wahrscheinlich 95 Prozent dieser ausmacht. In Brenndorf haben sich sechs Konskriptionen aus dem 16. Jahrhundert erhalten: eine summarische von 1510, vier namentliche von 1526, 1536, 1540 und 1550 und das erste Pächterverzeichnis von 1580 mit den im Laufe der Zeit bis 1616 sich ergebenden familiären Veränderungen, die alle von unschätzbarer Wert für die Familienforschung sind.

Im 17. Jahrhundert bildet das Pächterverzeichnis von 1616-1660 und 1660-1700 neben den weiteren Urkunden und Konskriptionen die Hauptquelle des Wissens betreffend familiäre, ökonomische und politische Verhältnisse in Brenndorf. Das sogenannte älteste Buch von Brenndorf, angelegt um 1580, umfasst neben den Pächterverzeichnissen eine Fülle von weiteren Mitteilungen, wie Schenkungen, ein Verzeichnis der Kirchenväter von 1658-1734 inklusive den Stand der Kirchenkasse aus dieser Zeit. Das Buch beinhaltet zudem die Zehentstatuten von 1580, die von den Pächtern des Kirchengrundes zu leistende Eidesformel sowie die 1580 beschlossenen Verhaltensstatuten mit Strafen, die den Bürgern bei Nichteinhaltung der Statuten angedroht wurden.

Aus dem 18. Jahrhundert haben sich vier weitere Pächterverzeichnisse (1701, 1711, 1719 und 1733) erhalten, letzteres jedoch nicht vollständig. 1718, während der großen Pestepidemie, die 446 Einwohner Brenndorfs innerhalb von 18 Monaten des Leben kostete, beginnen die ersten Aufzeichnungen in der Geburtenmatrikel, mit Amtsantritt des neuen Predigers Michael Henneg. 1748 wird die Heiratsmatrikel in Brenndorf angelegt und 1750 die Totenmatrikel. Noch sind die Einträge sehr spärlich. In der Geburtenmatrikel werden außer dem Namen des Täuflings nur die Namen des Vaters und der drei Taufzeugen eingetragen. Die Mutter fehlt, was die Zuordnung des Kindes sehr erschwert, wenn mehrere Väter in jener Zeit den gleichen Namen hatten, und dadurch häufig zu Fehliterpretationen führt. Die Mutter des Neugeborenen lässt sich nur über die Heiratsmatrikel erkunden, wobei bei häufiger Namensgleichheit erhebliche Schwierigkeiten auftreten können. Die Einträge in der Heirats- und Totenmatrikel fallen ähnlich spärlich aus. Es fehlt sogar der Name des oder der Verstorbenen. So heißt es z.B. "die Stamm Hansin ist gestorben" etc.

Erhebliche Schwierigkeiten stellen die Namenseinträge oder Namensnichteinträge in der Geburtenmatrikel dar. So hat sich über mehrere Jahrhunderte ein sogenannter Gewohnheitsname eingebürgert, den oder die Nachkommen mit dem Vornamen des Vaters und dem des Täuflings in den Büchern zu verewigen. Diese Untat, mit manchmal sehr verhängnisvollen Folgen, macht allen Auswertern der Familienunterlagen schwer zu schaffen und kann zu schwerwiegenden Fehlern bei der Erstellung eines Ahnennachweises oder Ahnentafel führen. Leider ist diese Marotte sehr häufig anzutreffen und in den Brenndörfer Unterlagen über einen Zeitraum von vier Jahrhunderten nachweisbar.

Zu Beginn des 19. Jahrhunderts werden die oben beschriebenen Unzulänglichkeiten durch verschiedene Verordnungen des Landeskonsystoriums behoben, so dass ab 1834 die Matrikelbücher als in einem geordneten Zustand betrachtet werden können. In den 70er Jahren des 19. Jahrhunderts werden die Familienämter bei den Bürgermeistereien eingeführt, und seither muss man zwischen staatlichen und kirchlichen Urkunden unterscheiden. Auf staatliche Verordnung des ungarischen Kultusministeriums wurden in jener Zeit Abschriften von den kirchlichen Matrikelbüchern angefertigt. Diese sind heute im Staatsarchiv Kronstadt, das für das Burzenland zuständig ist, vorfindbar.

Die Heimatortsgemeinschaft (HOG) Brenndorf beabsichtigt, Personen-, Familien- und Sippennachweise aus den hier aufgeführten Unterlagen zu erstellen und diese der Nachwelt in unserer Auskunftsstelle in Gundelsheim zu hinterlegen. Ebenfalls werden sämtliche Matrikelbücher über EDV abgeschrieben und daselbst hinterlegt. Eine Zusammenfassung sämtlicher Unterlagen in drei Bänden, Band I - die Vormatrikelzeit, Band II - die Matrikelzeit bis 1900 und Band III - die Zeit von 1900 bis 1992, befindet sich gegenwärtig in Arbeit.

Hermann Schmidts

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