Spüren, dass Gott uns nahe kommt: Grußwort zu Weihnachten

22. Dezember 2010

Allgemeiner Bericht

„Und die Hirten kamen eilend und fanden beide, Maria und Josef, dazu das Kind in der Krippe liegen. Als sie es aber gesehen hatten, breiteten sie das Wort aus, das zu ihnen von diesem Kinde gesagt war. Und alle, vor die es kam, wunderten sich über das, was ihnen die Hirten gesagt hatten“. (Lukas 2, 16-18)
In diesem Jahr haben wir für die Adventzeit eine Krippenausstellung in unserer evangelischen Kirche in Ehra-Lessien eingerichtet. Leute aus der Gemeinde stellten uns ihre zum Teil sehr kostbaren Krippen für die Ausstellung zur Verfügung. Es war faszinierend zu beobachten, wie die Großen und die Kleinen sich in die Welt der Weihnachtsgeschichte hinein nehmen ließen: Jede Krippe erzählte zwar auch ihre eigene Geschichte (aus Afrika, aus Australien, aus Mexiko usw.) und doch ließen die Besucher sich hinein nehmen in jenes ehemalige Geschehen von Bethlehem, das heute merkwürdig wie denkwürdig anmutet. So war bei uns diese Adventzeit eine besondere Zeit der Einkehr und der Besinnung auf das, was wir zu Weihnachten feiern. Bleibt zu wünschen, dass uns die Geschichte von Bethlehem nicht nur zu Weihnachten auf seltsame Weise berührt, sondern dass sie zu einer Geschichte wird, die uns das ganze Jahr über trägt. Da fällt mir jene Erzählung zur alten Kinderfrau Anna ein. Sie war Kinderfrau auf einem alten Gut gewesen und hatte Generationen von Kindern beim Heranwachsen begleitet. Und sie hatte für die Adventszeit ein Ritual entwickelt, auf das die Kinder sich jedes Jahr neu einstellten.

Eigentlich begann die Vorbereitung auf Weihnachten bei Anna schon zur Zeit des Weizenschnitts. Flink huschte sie über die abgemähten Felder und sammelte etwas in einem Beutel. Wer genau hinsah, merkte: sie sammelte Strohhalme.

Diese Strohhalme hingen dann in der Adventszeit in Annas Beutel in der guten Stube und die Kinder waren abends immer um Anna versammelt und hörten ihren Geschichten zu. Sie konnte gut erzählen, die Kinder in die Welt der biblischen Geschichten hinein nehmen; und ehe sich die Kinder dessen versahen, war das, was folgte, wie ein Gerichthalten über die Taten und Untaten des Tages. Wen Anna am Ende für wert befand, der bekam einen Strohhalm und durfte ihn bis Weihnachten aufbewahren. Die Kinder waren „scharf“ auf Annas Strohhalme, wären andersherum aber nie auf den Gedanken gekommen, sich einen Ersatz für eben diese Strohhalme zu suchen. Denn sie wussten: Mit Annas Strohhalmen durften sie, wenn in dem Gutshaus zu Weihnachten die große Krippe aufgestellt wurde, die Schlafstatt des Jesuskindes bestücken. Und alle im Haus, einschließlich der Dienerschaft, die Weihnachten im Herrschaftshaus mitfeierte, konnten sehen, ob das Jesuskind gut gebettet war oder ob die Hartherzigkeit der Kinder dem Kind nur ein dürftig bestücktes Lager beschert hatte.

Jedes Weihnachtsfest wurde so zu einem Lehrstück für die Großen und die Kleinen: letztendlich liegt es an uns, wie das Christuskind gebettet liegt.

In der Tat: Letztendlich liegt nicht nur das an uns, sondern überhaupt, was wir aus Weihnachten machen. Dass es für Sie ein Ort der Begegnung wird, an dem auch Sie spüren, dass Gott uns allen nahe kommt, das wünsche ich Ihnen von Herzen. In diesem Sinne ein gesegnetes Fest.

Pfarrer Helmut Kramer

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