Ansprache des Vorsitzenden Otto Gliebe: Wichtige Ziele der Dorfgemeinschaft

16. Oktober 2000

Mitteilungen der HOG

Beim siebenten Nachbarschaftstag der Brenndörfer am 7. Oktober 2000 in Brackenheim hielt der Vorsitzende Otto Gliebe folgende Ansprache.
Liebe Brenndörfer Landsleute, verehrte Gäste,

im Namen des gewählten Vorstands danke ich für das entgegengebrachte Vertrauen und versichere euch, dass wir auch weiterhin all unsere Kraft und Erfahrung zum Wohle der Gemeinschaft einsetzen werden. Im Folgenden möchte ich einige Themen ansprechen, die wir uns für die nächsten Jahre als Ziel gesetzt haben. Dazu gehören in erster Reihe der Friedhof in Brenndorf, die Familienforschung und Aufarbeitung des Kirchenarchivs sowie die Jugendarbeit.

Beim Eintritt in den Saal hat jede Familie ein neues Adressenverzeichnis erhalten, in dem alle uns bekannten Brenndörfer Landsleute aus sechs europäischen Ländern (Deutschland, Österreich, Rumänien, Frankreich, Schweiz und Schweden) sowie aus den USA, Kanada und Australien erfasst wurden. Jeder hat auch ein Friedhofsbüchlein erhalten, ein Verzeichnis unserer Toten auf dem neuen Friedhof von Brenndorf. Anhand dieses Büchleins und des von Uta Martini gezeichneten Friedhofplans, kann jeder von euch die Grabstätten seiner Ahnen ausfindig machen. Das Heft soll uns zugleich helfen, die Friedhofspflege besser zu organisieren. Die beiden Friedhofspfleger, Hans Zacharias und Klaus Schuster, pflegen die Friedhofsanlage nun schon mehr als ein Jahr zur Zufriedenheit der Kirchenleitung. Auf diese positive Erfahrung bauend, wollen wir ihren Aufgabenbereich künftig erweitern, und zwar sollen sie auch einzelne Gräber betreuen, anpflanzen, gießen und pflegen - natürlich gegen eine Gebühr. Viele Landsleute haben die Pflege ihrer Gräber den neuen Bewohnern ihrer Höfe in Pflege gegeben, was aber in der Praxis nicht immer funktioniert. In dem neuen Friedhofsbüchlein haben wir nun einen Plan, auf dem jedes Grab mit einer unverwechselbaren Nummer versehen ist. Somit wissen wir immer, von welchem Grab die Rede ist. Zur besseren Orientierung werden wir im nächsten Jahr einen großen Friedhofsplan mit den Namenslisten der Verstorbenen auch auf dem Friedhof in Brenndorf aufstellen und die einzelnen Felder entsprechend kennzeichnen.

Bei der Pflege der einzelnen Gräber bedarf es aber auch der Initiative jedes Einzelnen von uns. Jährlich fahren Dutzende von Landsleuten zu Besuch nach Brenndorf, kaufen einen Blumenstrauß auf dem Hauptmarkt in Kronstadt, stellen ihn auf das Grab - und das war`s dann auch. Die Blumen verwelken in wenigen Tagen, und wenn sich keiner ihrer erbarmt und sie auf den Abfallhaufen bringt, stehen sie noch lange dort als traurige Zeugen eines verwaisten Grabes. Nicht besser ergeht es den aus dem Westen mitgebrachten Kunstblumen, die auch nach einigen Wochen ausgebleicht auf den Gräbern herumstehen.

Darum möchte ich jedem raten, sich schon bei der Planung einer Fahrt nach Brenndorf die Frage zu stellen: "Was nehme ich für den Friedhof, auf das Grab meiner Eltern, Großeltern oder Geschwister mit?" Es gibt hier viele, mehrjährige winterharte Stauden wie Azaleen, Chysanthemen, Zwergastern, winterharte Erika oder auch Zwergkoniferen, die ein Grab zieren, auch wenn sie nicht ständig blühen. Auch Zwiebelgewächse, wie Osterglocken, Narzissen oder niedrige Tulpen würden im Frühjahr ein wenig Farbe auf unseren Friedhof bringen. All diese Pflanzen überstehen unbeschadet jede Reise, wenn sie im Kofferraum gut verstaut sind. Wenn jeder diese Ratschläge beherzigen würde, bekäme unser Friedhof in einigen Jahren ein ganz anderes Aussehen, und das wäre ein Ansporn für alle.

Das Gemeinwohl stand bei uns Siebenbürger Sachsen schon immer im Vordergrund. Bereits im 19. Jahrhundert wurde in unseren Gemeinden eine "Sterbekasse" eingeführt. In diese Kasse wurde von allen volljährigen Familienmitglieder nach jeder Beerdigung vom Kirchenkassier ein Beitrag erhoben, der dann, beim nächsten Todesfall in der Gemeinde, der betroffenen Familie als Beerdigungs-Beihilfe zur Verfügung gestellt wurde. Seitdem nur noch wenige Sachsen in Brenndorf leben (zurzeit sind es etwa 45), ist auch diese gute Einrichtung fast zum Erliegen gekommen. Darauf machte uns Frau Gerda Darabas, die ehemalige Kirchenkassenwartin, aufmerksam und zeigte sich besorgt, dass dadurch eine soziale Ungerechtigkeit entstehen könnte. Leute, die ein Leben lang in diese Sterbekasse eingezahlt haben, könnten wahrscheinlich keine Beerdigung-Beihilfe mehr bekommen. In einem fernmündlichen Gespräch versicherte mir Kurator Hans Knorr vor wenigen Tagen, dass die evangelische Kirchengemeinde Brenndorf - trotz schwieriger finanzieller Lage - bei jedem Todesfall die Kosten für den Sarg übernimmt. Die Sterbekasse in Brenndorf wird also in veränderter Form weitergeführt.

Da aber jede Beerdigung eine enorme Belastung für die Hinterbliebenen bedeutet, schlage ich vor, dass wir, die Mitglieder der Dorfgemeinschaft der Brenndörfer, ihnen eine kleine Unterstützung zukommen lassen. Für uns hier bedeutet das keine zusätzliche Belastung, den ehemaligen Nachbarn in Brenndorf bezeugen wir aber dadurch unsere enge Verbundenheit mit ihnen und unser Mitgefühl. Deshalb meine Frage an die Gäste dieses Nachbarschaftstages: Seid ihr einverstanden, dass wir einen Beitrag aus unserem Friedhofspflegefonds für solche Fälle zur Verfügung stellen? (Die Frage wurde mit großer Mehrheit bejaht. Der Vorstand wird in seiner nächsten Sitzung einen Beschluss über die Höhe dieser Hilfe fassen.)

Ein weiters Thema, mit dem wir uns schon seit Jahren beschäftigen und auch in Zukunft beschäftigen wollen, ist die Heimat- und Familienforschung. Hier haben Hermann und Edda Schmidts in den letzten Jahren eine enorme Leistung vollbracht und Tausende von Familiendaten aus den alten Kirchenbüchern herausgeschrieben, miteinander verglichen, um jede Unstimmigkeiten zu vermeiden , und schon in zwei Bänden der Reihe "Quellen zur Geschichte von Brenndorf" und einem Band zusammengefasst. Von dieser Stelle möchte ich ihm und seiner lieben Gattin für diese hervorragende Arbeit, die bei den Nachbarvätern des Burzenlandes und im Siebenbürgischen Archiv in Gundelsheim Anerkennung gefunden hat, den Dank der Gemeinschaft auszusprechen und ihnen auch weiterhin viel Erfolg und Schaffenskraft in ihrer Arbeit wünschen.

Wie schon im schriftlichen Rechenschaftsbericht in den "Briefen aus Brenndorf" angesprochen, wollen wir uns in Zukunft intensiver mit dem Thema Jugendarbeit befassen. Wir brauchen junge Leute die uns in absehbarer Zeit ersetzen, denn die Zeit für einen Generationswechsel ist überfällig. Viele Burzenländer Gemeinden haben erfreulicherweise junge Nachwuchskräfte gefunden und wir sind überzeugt, dass uns das auch gelingen wird.

Ein Thema, das uns immer wieder beschäftigt hat, sind die Regionalgruppen in Bayern und Nordrhein-Westfalen, wogegen die in Baden-Württemberg vorbildlich funktioniert. Nordrhein-Westfalen ist schon seit Jahren verwaist und, obwohl einige junge Ehepaare in diesem Gebiet wohnen, findet sich niemand, der dieses Ehrenamt übernehmen möchte. In Bayern haben uns Hugo und Dietlinde Rhein schon seit längerer Zeit gebeten, sie, aus Zeitmangel, von diesem Ehrenamt zu entbinden. Das Versprechen, dieses zu tun, sobald wir Nachfolger gefunden haben, kann ich jetzt einlösen. Das Ehepaar Hans und Laura Darabas hat sich bereit erklärt, diese ehrenvolle Aufgabe zu übernehmen. Wir danken Hugo und Dietlinde für die geleistete Arbeit im Dienste der Gemeinschaft und wünschen Hans und Laura viel Erfolg dabei.

Otto Gliebe

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