Hilfe aus der Lüneburger Heide für das Burzenland

15. Dezember 2001

Mitteilungen der HOG

Die Eheleute Hermine Tontsch-Schnelle und Walter Schnelle setzen sich für Brenndorf ein.
Ein riesiger Lastkraftwagen mit tonnenschwerer Fracht ist Ende August 2001 aus Egestorf in der Lüneburger Heide nach Kronstadt in Siebenbürgen gefahren. Wie der Winsener Anzeiger berichtet, seien Bettwäsche auf großen Paletten, Geschirr, Waschmittel und Desinfektionsmittel, ein Einbau-Fahrstuhl, eine Industriewaschmaschine mitsamt Wäschetrockner und Bügelmaschine, Kochtöpfe und andere Haushaltsgegenstände sowie Medikamente für das Altenheim Blumenau in Kronstadt bestimmt gewesen.

Die evangelische St.-Stephanus-Kirchengemeinde in Egestorf habe den Hilfstransport mit Spenden bestückt, ein Jahr lang sei das Werk vorbereitet worden. Die Gemeinde Egestorf hatte eine Scheune zur Unterbringung des Hilfsgüter zur Verfügung gestellt. Die Winsener Rotarier finanzierten den Altenheim-Bau in der Kronstadt-Blumenau erheblich mit und spendeten für den Hilfstransport in diesem Sommer.

Der im Erzgebirge gebürtige Pastor Wolfgang Dietze hatte schon Anfang der achtziger Jahre Hilfssendungen aus dem Luftkurort Egestorf nach Siebenbürgen organisiert und bei seinen Besuchsreisen in Siebenbürgen unter anderem Kontakt zu Pfarrer Helmut von Hochmeister in Brenndorf und Klaus Nösner in Petersberg geknüpft. Dietze hielt Vorträge und öffnete den Leuten die Augen für die Notlage der Siebenbürger Sachsen, die wegen der restriktiven Informationspolitik des Ceausescu-Regimes im Westen kaum bekannt war. Im Winsener Anzeiger vom 4. Mai 1982 war zu lesen, dass Pastor Wolfgang Dietze fleißige Hände zum Packen sucht. „Adressaten sind alte Menschen in Siebenbürgen, die sich wegen der Gebrechlichkeit nicht mehr in die langen Schlangen vor den Lebensmittelläden einordnen können. Aber auch an junge Familien mit vielen Kindern, in denen der Vater allein den Unterhalt verdienen muss, sollen die Pakete gehen.“ Immer wieder behinderte das kommunistische Regime die Hilfsaktionen. Pakete aus Rumänien wurden willkürlich an die Absender zurückgeschickt, so dass die Helfer aus Egestorf Ende Dezember 1982 Standardpakete über das Großversandhaus „Quelle“ verschickten, die damals den Empfängern tatsächlich zugestellt wurden.

Die Hilfsaktionen aus Egestorf werden auch fortgeführt, nachdem Pastor Dietze in den Ruhestand getreten ist. Sein Nachfolger, Pastor Renald Morié, packte selbst an beim Beladen des Transports. Eben noch in zerrissenen Jeans, schlüpfte er nach Abschluss der Ladearbeiten in den Talar und segnete Fahrer, Fahrzeug, Fracht und Helfer. „In der Fracht für Siebenbürgen fährt Gottes Segen mit“, titelte der Winsener Anzeiger vom 18. August 2001.

In enger Verbindung zu Pastor Dietze stand Hermine Tontsch-Schnelle aus Brenndorf, die heute in Hannover lebt. Sie klärte ihre niedersächsischen Mitbürger über die Zustände in Siebenbürgen auf, die sie aus eigener Anschauung gut kannte, besuchte sie doch jährlich ihre Mutter und ihren Bruder in Brenndorf. Sie belieferte die Egestorfer Helfer mit Adressen von bedürftigen Familien in Brenndorf und anderen Burzenländer Gemeinden, denen gezielt mit Paketen geholfen wurde.

Es ist ebenfalls Hermine Tontsch-Schnelles Kontaktfreudigkeit zu verdanken, dass der Ortsverein Harenberg des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) auf die Not in Brenndorf aufmerksam wurde und unsere Heimatgemeinde Jahr für Jahr mit Spenden unterstützt, was übrigens aus der Spendenliste am Ende unseres Heimatbriefes immer wieder ersichtlich ist.

Die Paketaktionen des Panzer-Grenadier-Regiments 93 liefen früher unter dem Namen von Walter Schnelle, dem Ehegatten von Hermine Tontsch-Schnelle. Die Einheit durfte wegen der politischen Umstände in Rumänien nicht öffentlich in Erscheinung treten. Hermine Tontsch-Schnelle hielt Anfang der achtziger Jahre einen Vortrag vor deutschen Veteranen in Braunschweig über Siebenbürgen. Das Panzer-Grenadier-Regiment 93 war während des Zweiten Weltkrieges 1940/41 in Brenndorf, Petersberg und Kronstadt stationiert und erfuhr die herzliche Gastfreundschaft der deutschen Bevölkerung. Die Bindung an Siebenbürgen blieb über die Jahre erhalten und fand ihren Ausdruck unter anderem in Hilfsaktionen für Bedürftige im Raum Kronstadt und Hermannstadt.

Dem engagierten Ehepaar Tontsch-Schnelle auf diesem Wege seitens aller Brenndörfer herzlich gedankt.

Siegbert Bruss

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