Prägende Erlebnisse in Brenndorf

1. Dezember 2008

Mitteilungen der HOG

Erinnerungen an Kindergarten, Schule und kirchliche Feiertage in Brenndorf.
Kindergarten und Schule gehörten bis zu Schulreform im Sommer 1948 zur Kirchenverwaltung. Die Gebühren für Kindergarten und Schule wurden früher von den Eltern an die Kirche entrichtet. Bis zur Enteignung durch den kommunistischen Staat besaß die evangelische Kirchengemeinde Brenndorf mehrere Gebäude: Pfarrhaus, Predigerhof, Vereinshaus, Kindergarten, die Schulgebäude mit Turnsaal u.a. Die Schuldiener wurden auch von der Kirche bezahlt. Zu meiner Schulzeit waren es Familie Theiss und danach Rosa Wagner, die Mutter unserer Klassenkollegin Gerda, wo wir das Sonntagnachmittags-Kränzchen besonders schön feierten.

Die Kindergärtnerinnen („Kindergarten-Tanten“) wurden auch von der Kirche entlohnt, ebenso das Personal, das sowohl in der Küche, im Speiseraum sowie im Turn- und Mittagsruheraum tätig war. Bekannte Erzieherinnen waren die Mantsch Tillitante, die Annitante (Zibratzky), als Lehrmädchen halfen die Lang Trudi (Gertrud) und Erna den Kindern beim Aus- und Anziehen in der Mittagspause. Gekocht wurde das Mittagessen auch von Frauen des Presbyteriums, darunter Anna Kloos, die Mutter meines Schulkameraden Hans Kloos.

Sehr gut organisiert waren die Jausepausen um 10 und 16 Uhr. Das frische Brot wurde vom Bäcker geliefert, und es gab jedes Mal leckere Brotaufstriche. Vitaminreich war auch der Speiseplan, der für die laufende Woche zur Ansicht im Speisesaal vorlag. Sehr begeistert waren wir Kinder, wenn wir mit unseren Kindergärtnerinnen und dem Personal an sonnigen Sommertagen Ausflüge in den kleinen Wald an den Alt machen durften. Wir marschierten mit den Handwägelchen los und sangen schöne Lieder, applaudiert am Straßenrand von unseren Omas, Eltern und Tanten, soweit sie zu Hause waren und nicht am Feld oder sonstwo arbeiteten.

Jedes Kindergartenjahr endete mit einem gut vorbereiteten Kinderfest, wobei Tänze und Gedichte dargeboten sowie Spiele und Wettbewerbe ausgetragen wurden. Bei meist schönem Wetter spielte die Blasmusik, es wurde richtig gefeiert. Die Mädchen waren schön gekleidet, die Jungen erschienen in bestickten Hemden mit Krawatte. Es war eine Pracht, die tan­zenden Pärchen zu betrachten. Die drei Besten der Wettkämpfe wurden mit Sportabzeichen belohnt.

Am Heiligen Abend versammelten sich Kindergarten- und Schulkinder mit ihren Erzieherinnen und Lehrkräften im Schulhof und gingen unter Glockengeläut gemeinsam in geordneten Reihen in die Kirche. Einige Wochen lang hatten sie Weihnachtslieder, Gedichte und das Evangelium unter der Anleitung des Pfarrers bzw. des Predigers Georg Schobel und auch Arnold Römer eingeübt und trugen sie nun unter dem großen Christbaum vor. Nach der Weihnachtsvesper gab es eine Christbescherung. Jedes Kind wurde mit einem Päckchen mit Lebkuchen und Nüssen, wenn es reichte auch mit Schulrequisiten, Heften usw., bedacht.

Gemeinsam ging man dann den Weg nach Hause, wo – je nach dem Auskommen unserer Eltern – ein Christbaum und Geschenke auf einen warteten.

Nach den Weihnachtsferien begann die Kindergruppe für uns Fünf- bis Siebenjährigen wieder. Die Erzieherin leitete uns beim Basteln und verschiedenen Spielen an. Am 15. September jeden Jahres wurden die Erstklässer mit sieben Jahren eingeschult. In einer Klasse waren 25 bis 30, manchmal sogar 40 Schüler. Für die Lehrkräfte keine leichte Aufgabe. Sie brachten uns mit viel Liebe, Geduld – und wenn es sein musste auch mit Strenge – das Al­phabet, das Lesen der Fibel, Rechnen, Zeichnen, gerade, krumme und gestrichelte Linien, eben alles was dazu gehörte, bei.

Unser erster Klassenlehrer war Albert Stamm aus der Brückengasse.



Kirchliche Feiertage

Außer den gesetzlichen Feiertagen wurden innerhalb der evangelischen Kirchengemeinde auch die traditionellen Feiertage wie Weihnachten, Ostern, Muttertag, Pfingsten, Erntedankfest, Reformationstag und Totensonntag begangen. Dazu zählte auch der Heldengedenktag, an dem, gewöhnlich am letzten Sonntag im Mai, mit einem Gottesdienst in der Kirche und einer Gedenkfeier auf dem Friedhof, der gefallenen Helden der beiden Weltkriege gedacht wurde.

Im Jahr 1956 war mein Bruder Martin zum ersten Mal nach dem Krieg für sechs Wochen aus der damaligen Deutschen Demokratischen Republik (DDR) auf Urlaub nach Hause gekommen. Am Heldengedenktag, es war ein schöner Sonntag im Mai, wurde der Gefallenen der beiden Weltkriege gedacht und die in der Deportation in der Sowjetunion Verstorbenen in die Andacht mit einbezogen. Unsere Gemeinde hatte so viele Opfer zu beklagen, dass sie nicht namentlich, sondern nur zahlenmäßig erwähnt wurden. Nach dem Gottesdienst gingen alle gemeinsam zum Friedhof, vorne die Jugend mit ihrem Altknecht Reinhardt Wutschi und der Altmagd Eva Jekel, die einen Ehrenkranz trugen. Nach dessen Niederlegung am Ehrenmal wurde der Gefallenen und in der Deportation Verstorbenen in aller Stille gedacht.

Früher, in meiner Schulzeit, waren die Heldengedenktage noch schöner, musikalisch umrahmt von der Blasmusik.

Das Erntedankfest im Oktober war eines der schönsten Kirchenfeste. Das Gotteshaus war mit allen Erntegaben, Gemüse, Obst, Kartoffeln, knusprig gebackenen Broten, geschmückt, die dann am Nachmittag im Gemeindesaal bei Blasmusik und Tanz verspeist wurden.

Darüber hinaus organisierte die Jugend am Sonntag Tanznachmittage. Es wurden Volkslieder gesungen. In Tracht gekleidete Mädchen und Jungen führten Volkstänze vor. Es war ein herrlicher Anblick, und solche Erlebnisse prägen sich einem für immer ein. Auf diese Feste, auf unsere kirchlichen und schulischen Leistungen dürfen wir stolz sein. Die Erinnerung und das Wissen um sie sollten wir an die jüngere Generation weitergeben.

Katharina Reiss

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