Hamruden - Informationen

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Monografien

  • Hamruden. "...was wir lieben ist geblieben...".

    Heimatbuch einer siebenbürgischen Gemeinde. Hg.im Auftrag der HOG Hamruden von Harald Lienert mit Beiträgen von Andreas Benning u.a. Schriftenreihe der Sieb.-Sächs. Stiftung, Bd. 26, München 1997. 280 S. Bezugsadresse: HOG Hamruden, Schloß Horneck, 74831 Gundelsheim

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HOG-Informationen / Geschichte

Das Dorf in Zeit und Raum
Dort, wo nahe den Ufern der beiden Homorod-Bäche Menschen bereits vor Tausenden von Jahren Werkzeuge aus Stein herstellten, Hütten bauten, die Töpferscheibe drehten und wohl mit Handmühlen Getreide mahlten, steht heute das Dorf Hamruden. Die ungarischen Landesherren nannten den Ort Szszszentpter alias Homorod oder Homorod Szszszentpter (d.h. sinngemäß "Sankt Petersdorf am Homorod"). Der Ortsname hatte bis ins frühe 18. Jahrhundert Gültigkeit, wie aus zwei Konskriptionslisten im Budapester Landesarchiv (1640, 1713) hervorgeht. In der Umgangssprache beschränkte sich der Name schließlich auf "Homorod", der sich im siebenbürgisch-sächsischen Sprachgebrauch zu Hamruden gewandelt hat. Ungarisch heißt der Ort immer noch Homorod und rumänisch Homorod.

Die eingangs erwähnte "graue Vorzeit" spiegelt sich in archäologischen Funden wider, die eine Schülergruppe unter der Anleitung von Lehrer Gerhard Schmidt in den achtziger Jahren unseres Jahrhunderts zum Vorschein brachte: Lehmbewurfsstücke mit Resten verkohlter Ruten, Sandsteinmesser, bearbeitete Kieselstein- und Obsidiansplitter, Bruchstücke von Handmühlen und Spindelbeschwerer, Fragmente von Töpferwaren, römische Ziegel- und Hohlziegelreste. Eine gebrannte Tonstatuette stellt eine stark stilisierte weibliche Figur dar, die etwa dem 16. vorchristlichen Jahrhundert zugeordnet werden kann und wegen ihrer zufälligen Ähnlichkeit mit der "Willendorfer Venus" (Fundort in der Wachau/Österreich, Jungpalälithikum der Altsteinzeit) "Venus von Homorod" genannt wurde.
Die Funde weisen darauf hin, dass sich auf heutiger Hamrudner Gemarkung im Laufe der Zeit unterschiedliche Ansiedlungen und Kulturen abgelöst haben - beginnend mit der Neusteinzeit, über die Bronzezeit (17. - 9. Jahrhundert v. Chr.) bis hin zur Römerzeit (110 - 270 n. Chr.). Westgoten, Hunnen, Gepiden und Awaren mögen in den folgenden Jahrhunderten ihre Pferde im Gewässer der Homorod-Bäche getränkt haben. Um die Wende des ersten nachchristlichen Jahrtausends traten die Ungarn auf den Plan. Das Reitervolk wurde um diese Zeit in der Pannonischen Tiefebene sesshaft und setzte von da aus etappenweise zur Landnahme im Siebenbürgischen Karpatenbogen an. König Geysa II. rief im 12. Jahrhundert Siedler aus dem westdeutschen Sprachraum in die Einöde des Landes, um es ur- und nutzbar zu machen sowie "zum Schutze der Krone".
Recht spät erst erfolgte in diesem Rahmen die Besiedlung der "Terra Daraus", also des Gebietes von Reps bis Draas, mithin auch die Gründung von Hamruden. Die erste urkundliche Erwähnung des Ortes erfolgt allerdings noch später, weil frühere Urkunden verloren gingen. Um 1400 wird in einem Verzeichnis der Kathedralzinszahlungen an das Bistum Weißenburg unter den Orten des Kosder Kapitels auch Hamorodia genannt. 1488 wird Hamoroden als freie Gemeinde des Repser Stuhles erwähnt, der Ort wird von 68 Wirten, einem Schulmeister und vier Hirten bewohnt und verfügt über eine Mühle. Von da an geben zahlreiche Urkunden, teilweise mit genauer Datumsangabe, Aufschluss über das örtliche Geschehen in Hamruden. So erfahren wir beispielsweise, dass am 13. April 1623, an einem folgenschweren Gründonnerstag, das ganze Dorf mitsamt der Kirche und der Kirchenburg durch Feuersbrunst vernichtet wurde. Zwei Frauen kamen dabei ums Leben und sämtliche örtliche Urkunden gingen zugrunde. Der Gründonnerstag wurde seither in Hamruden als arbeitsfreier Gedenktag gefeiert, an dem bis in die Neuzeit auch die Konfirmation stattfand.

Die Kirche - einmalig für Siebenbürgen
Dem stark religiös geprägten Zeitgeist entsprechend, wurde wohl zu Beginn des 13. Jahrhunderts eine Kirche errichtet, die dem heiligen Petrus geweiht war und auf einem Hochplateau, nördlich des jetzigen rumänischen Friedhofs, stand. Die Vermutung liegt nahe, dass diese "Peterskirche" dem Ort auch seinen ersten Namen geliehen hat. Denn ihr einstiger Standort ("Petersberg") trägt heute noch den Namen "Auf der Kirche", der nahe Wald daneben ist der "Peterswald" und die Au im Tal des Großen Homorod heißt "Peters-Au". Wann und warum diese Wallfahrtskirche (und die sie umgebende Erstansiedlung?) untergegangen ist, kann nicht genau gesagt werden. Möglicherweise fiel sie, wie andere Gemeinden, dem Mongolensturm Batu-Khans um 1242 zum Opfer. Fest steht jedenfalls, dass erst nach diesem Zeitpunkt (etwa 1270) der Bau der jetzigen Kirche in Angriff genommen wurde. Ursprünglich war diese Saalkirche in traditioneller Ost-West-Richtung angelegt. Seit der Wehrbarmachung (Bau des Großen Turmes, also des "Bergfrieds", über dem alten Chor) wurde der Raum für die stetig wachsende Bevölkerung zu klein. Deshalb wurde 1784 die Südwand der Kirche durchbrochen und daran der nach Süden ausgerichtete Chor angebaut, was der Kirche mehr Raum, aber auch eine völlig unübliche Nord-Süd-Ausrichtung verlieh. Das Nordportal mit seinem überdachten Vorraum wurde zum Haupteingang der Kirche.
Als einmalig und kulturhistorisch äußerst wertvoll sind die Wandmalereien (Fresken) im alten Chor (Erdgeschoss des Bergfrieds) zu erwähnen. Sie sind in mehreren Schichten um 1370 bis 1420 entstanden und konnten sich (durch die Abtrennung des Chores beim Turmbau) unberührt erhalten. Allerdings sind sie sehr verblasst und restaurierungsbedürftig.
Das Schulwesen
Die frühe Vergangenheit des Schulwesens in Hamruden ist leider nur sehr mangelhaft dokumentiert, bekannt ist allerdings, dass sich die Gemeinde schon in vorreformatorischer Zeit (1488) einen Schulmeister leistete. Weiterhin ist urkundlich belegt, dass es in Homorod im Jahre 1687 einen Schulrektor namens Samuel Valentini Segesvarensis gab. In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde die Lehrtätigkeit hauptsächlich von Kantoren ausgeübt, die in erster Reihe für die Kirchenmusik verantwortlich und zugleich als Musiklehrer in der Schule tätig waren. Daraus ergab sich fast zwangsläufig ihr Lehrauftrag auch für andere Fächer, in denen sie überhaupt nicht ausgebildet waren. Darüber schreibt ein Zeitzeuge (Johann Weiß, geboren 1842): "Ich kam unter die Zucht der Kantors, das war die Leidensgeschichte der Schule, nicht so sehr unter Meninges als unter Seckes. Der Mädchenlehrer war Herr Teutsch, welcher im Sommer Tischler und im Winter Schneider war, denn vom Schullohn allein konnte er mit einer Familie absolut nicht leben... Freilich war der Schulbesuch nicht leicht. Morgens 6 Uhr mussten wir in die Schule, sodann in die Kirche, dann wieder in die Schule, ununterbrochen bis 10 Uhr. Dann um 12 Uhr wieder bis 3 Uhr, abends wieder von 6 bis 7 Uhr, dann noch die musikalische Unterrichtsstunde beim Kantor, wo es manchmal arg zuging und wir tüchtig verprügelt wurden."Seit Mitte des 19. Jahrhunderts haben die meisten Lehrkräfte jedoch eine fundierte fachliche Ausbildung. Da begegnen wir dem Rektor, dem Prediger, dem Konrektor, dem Predigerlehrer, dem Knabenlehrer, dem Mädchenlehrer und - erst im 20. Jahrhundert - auch der Bewahranstaltsleiterin und ihrer Gehilfin, als Vorläuferinnen der späteren Kindergärtnerinnen. Die namentliche Besetzung dieser Ämter ist in elf statistischen Jahrbüchern der Evangelischen Landeskirche überliefert (die Jahrgänge 1863-1929 sind im Siebenbürgischen Archiv Gundelsheim vorhanden). Für die Zeit ab 1930 stehen uns noch wertvolle Berichte über das Schulwesen von Lehrern und Lehrerinnen als Zeitzeugen zur Verfügung.

Kirchliche und soziale Einrichtungen
Durch die Verfassung der Evangelischen Landeskirche A.B. lag die Verwaltung der Kirchengemeinde seit Mitte des 19. Jahrhunderts in den Händen der Gemeindevertretung, die mehrmals im Jahr zusammentrat. Zwischen ihren Tagungen war die praktische Leitung der Kirchengemeinde dem Presbyterium anvertraut, das sich unter dem Vorsitz des Kirchenkurators zu seinen Arbeitssitzungen zusammenfand. Die Presbyterialsitzungen wurden jedoch in der Regel vom Gemeindepfarrer geleitet, der von Amts wegen daran teilnahm.
Die Nachbarschaften waren die hauptsächlichen Sozialeinrichtungen. Seit Mitte des vorigen Jahrhunderts waren sie organisatorisch der kirchlichen Gemeindeleitung unterstellt und hatten zur Aufgabe gegenseitige Hilfeleistung - also gelebte Diakonie - und Pflege des Gemeinschaftseigentumes. In Hamruden gab es bis 1945 vier Nachbarschaften, seither, durch Bevölkerungsrückgang, nur noch zwei.
Die Jugendverbände (Bruderschaften und Schwesterschaften) waren frei gewählte Einrichtungen. Die Bruderschaft standen unter der Leitung des Altknechts, dem der Jungaltknecht und die Schaffer zur Seite standen. Beaufsichtigt wurde die Bruderschaft durch den von zwei zu zwei Jahren von der Gemeindevertretung gewählten Knechtvater. Die Amtsträgerinnen in der Schwesternschaft hießen entsprechend Altmagd, Jungaltmagd und Schafferinnen. Als Aufsichtsperson und Berater stand ihnen der Magdvater bei.
Diese kirchlich straff organisierten Jugendverbände waren für den gesitteten Ablauf des gesellschaftlichen Lebens der Jugend verantwortlich. Die Abweichung von den Normen wurde mit empfindlichen Strafen geahndet, die bis zum Ausschluss aus der Gemeinschaft gehen konnten.
Andere wichtige soziale Einrichtungen waren der Evangelische Frauenverein und die Freiwillige Feuerwehr.
Dies und vieles mehr kann im "Heimatbuch Hamruden" nachgelesen werden, das auf Initiative der HOG Hamruden - vornehmlich von deren Geschäftsführer Johann Petri - unter der Federführung von Harald Lienert und unter Mitwirkung vieler Landsleute in vierjähriger Arbeit entstanden und erschienen ist. Es enthält auf 288 Seiten detaillierte Informationen über geographische Lage, Baustil, Verwaltung, Brauchtum, Volkstracht, Kultur, Sport, Landwirtschaft, Gewerbe und Handel sowie die Lebensläufe und Erinnerungen mehrerer Hamrudner Landsleute, die eine Reihe "literarischer Genrebilder" des 19. und 20. Jahrhundert vermitteln. Ein beachtlicher Kartenteil und Personenlisten (z.B. Deportationsliste, Wehrdienstleistungsliste aus dem 2. Weltkrieg, Einwohnerlisten aus verschiedenen Jahren, Liste der Hamrudner Über- oder Spitznamen, Pfarrer- und Kuratorenlisten) sind im Anhang enthalten. 94 Abbildungen und 8 Farbbildtafeln bilden eine gefällige Ergänzung zum Text. Das Buch ist nicht nur für Hamrudner lesenswert.


von Harald Lienert/Johann Petri


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