HOG Kleinprobstdorf: Reise nach Siebenbürgen im Juli 2011



5. Juli 2011 - Fahrt von Nürnberg nach Budapest

Endlich ist es soweit! Die von unserem HOG-Vorsitzenden Hans Folea-Stamp organisierte Reise begann am frühen Morgen mit einem Reisebus der "Schmetterling-Reisen":
45 Personen, vom Jugend- bis zum Rentenalter, vornehmlich Kleinprobstdorfer/-innen, aber auch einige Freunde und Gäste, etwa aus Wölz, hatten sich in Nürnberg eingefunden, um in freudiger Erwartung den Besuch unserer Heimat Siebenbürgen anzutreten.
Die Abfahrt verspätete sich um mehr als eine Stunde: Der Koffer einer Reiseteilnehmerin befand sich noch im Auto, als ihr Fahrer unwissentlich wegfuhr. Die dadurch entstandene Verzögerung konnte unsere heitere Stimmung nicht verderben; Wir blieben gelassen und scherzten über diesen unerwarteten Vorfall.
Während der Fahrt wurde unsere gute Laune weiter beflügelt, indem immer wieder irgendjemand Witze oder Anekdoten am Mikrofon erzählte. Für Unterhaltung sorgten wir überdies auch mit Gesang (Hans hatte eigens dafür einige Texte vorbereitet) und mit Gedichten. Außerdem sahen wir zur Einstimmung auf die Heimat eine Dokumentation über die malerischen Dörfer und die stattlichen Kirchenburgen Siebenbürgens.
In Österreich komplettierte die Pfarrersfamilie Roth unsere Reisegruppe, als sie in der Nähe ihres Wohnortes zustieg.
Gegen 19 Uhr erreichten wir, wie geplant, unser Hotel (Mercure Hotel) in Budapest. Dank Uli, einem unserer Reiseteilnehmer, erlebten wir nach dem Abendessen Budapest in Abendstimmung. Da er Budapest schon öfter besuchte, ist er ziemlich ortskundig und übernahm die Führung. Er geleitete uns zur Fischer-Bastei, welche einen atemberaubenden Ausblick auf das Stadtpanorama bietet: Im Vordergrund die Donau mit etlichen beleuchteten Brücken, auf der anderen Donauseite zahlreiche beeindruckende Bauten, von denen insbesondere das Parlamentsgebäude hervorsticht.


6. Juli 2011 - Fahrt von Budapest nach Mediasch (über Oradea)

Durch die Puszta ging es Richtung Oradea. Nach der Grenzüberquerung nutzten wir auch den bereits fertiggestellten Abschnitt der Siebenbürgen-Autobahn und fuhren, vorbei an Klausenburg, Thorenburg und Sankt Martin sowie durch Kleinblasendorf, nach Mediasch.
Es herrschte eine sonderbare Atmosphäre im Bus: Je näher wir der Heimat kamen, umso ruhiger wurde es. Manch einer dürfte ziemlich müde gewesen sein, viele jedoch gingen in sich, wurden andächtig und schwelgten mit Blick auf die heimatliche Landschaft in Erinnerungen.
Wir erreichten gegen 19 Uhr planmäßig das Hotel Edelweiß nahe der einstigen Wurstfabrik "Salconserv" in der Straße, die Richtung Pretai führt.
Das Hotel sorgte bereits von außen für einen erfreulichen Eindruck und sieht mit seinem gelben Anstrich und den vielen roten Geranien auf den Balkonen sehr einladend aus. Als wir das Hotel betraten, bestätigte sich unser positives Empfinden. Nach dem Abendessen schlenderten wir noch eine Weile durch die stimmungsvolle Altstadt und fielen später todmüde ins Bett.


7. Juli 2011 - Empfang in Kleinkopisch / Stadtbesichtigung Hermannstadt

Um 8.30 Uhr fuhren wir nach Kleinkopisch, wo Bürgermeister Daniel Tudor Mihalache uns begrüßte. Nachdem wir alle drei Kleinkopischer Kirchen besichtigt hatten, wurden wir im Rathaus (das Gebäude, wo sich früher das Krankenhaus befand), freundschaftlich empfangen und mit Getränken bedient. Der Empfang wurde abgerundet mit einem Film über die erfreuliche Entwicklung der Stadt.
Am frühen Nachmittag ging es über Frauendorf, Arbegen, Marktschelken, Reußen (Wahrzeichen: Der schiefe Kirchturm), Stolzenburg (bekannt durch seine gewaltige Burgruine) und Großscheuern weiter nach Hermannstadt.
Im Bischofspalais nahmen uns hohe Vertreter der Evangelischen Landeskirche freundlich in Empfang und berichteten von den Maßnahmen zur Erhaltung der Kirchenburgen.
Um 15 Uhr begann am Brukenthalpalais unser Stadtrundgang. Unser Stadtführer, ein rumänischer Student, der die deutsche Sprache nahezu perfekt beherrscht, offenbarte sich als äußerst kompetent und charmant.
Während der noch verbleibenden Zeit machten viele es sich in einem der zahlreichen Biergärten oder Cafés gemütlich, manche bummelten durch die Läden, bestaunten die historischen Gebäude oder genossen den Überblick über die Stadt vom Ratsturm.
In einer Ansprache im Bus während der Hinfahrt sagte ich: "Hoffen mer, dot aser Herrgott en Sox äs uch es unständich Wädder git!" Der Herr scheint diese Worte erhört zu haben, denn gleich am ersten Tag schenkte uns der Himmel sommerliches Wetter mit fast 40 °C, welches uns für die gesamte Woche erhalten blieb. Es scheint da oben tatsächlich "en Sox" (ein Sachse) zu sitzen!


8. Juli 2011 - Besichtigungen: Schäßburg, Birthälm (Kirchenburg), Mediasch

Einige nutzten diesen Tag – was absolut verständlich ist – um ihre Heimatdörfer wie Wölz, Frauendorf, Scharosch oder Eibesdorf zu besuchen.
Die folglich kleinere Gruppe fuhr durch Pretai, Scharosch und Dunesdorf nach Schäßburg. Wir besichtigten die mittelalterliche, von Ringmauern und mehreren Wehrtürmen umgebene Altstadt mitsamt Bergfriedhof und Bergkirche.
Unser gemächlicher Stadtführer, Professor i.R. Hermann Baier, würzte seine weisen Erläuterungen zwischendurch mit Witzen, die uns herzhaft lachen ließen.
Nach der Führung bestiegen einige den berühmten Stundenturm, andere wiederum stöberten angeregt in den zahlreichen Souvenirläden, wohingegen manche es ganz ruhig angehen ließen, sich ein kühles Bier oder ein Eis genehmigten. Bei einer Hitze von beinahe 40 Grad sind derlei Abkühlungen stets willkommen.
Nach dem Mittagessen im Restaurant "Dracula" in Dunesdorf fuhren wir nach Birthälm, wo eine der imposantesten und besterhaltenen Kirchenburgen Siebenbürgens steht.
Schon aus der Ferne, noch bevor man in das Dorf einfährt, grüßt einen der monumentale Bau, auf einem Hügel inmitten des Dorfes thronend, umgeben von drei Ringmauern und acht Türmen.
Da ich acht Jahre in Birthälm gelebt habe und viel über die Kirchenburg weiß, wurde mir die Ehre zuteil, die Außenführung (Wehranlage) übernehmen zu dürfen.
Die Führung im Kircheninneren oblag einer jungen Frau. Als ich den Namen auf ihrem Namensschild las, traute ich meinen Augen nicht: Mit dieser bezaubernden Frau habe ich in Birthälm vier Jahre gemeinsam "die Schulbank gedrückt"! Es war für mich erfreuliches und unerwartetes Wiedersehen: Ich hätte nicht gedacht, dass von meinen ehemaligen Birthälmer Mitschülern noch irgendjemand im Dorf wohnt!
Am Abend erlebten wir noch eine Stadtführung durch Mediasch. Die Margarethenkirche stand dabei natürlich im Mittelpunkt. Mich hat schon seit langem insbesondere der sogenannte Trompeter- oder Tramiterturm in seinen Bann gezogen: Bereits tagsüber ist er ein Blickfang mit seinem schlanken Rumpf, der Turmuhr, dem Anstrich in einem warmen Gelbton und dem hohen Pyramidendach mit den vier Türmchen an seinen Ecken, welche die Gerichtsbarkeit symbolisieren. Seine Neigung verleiht ihm zusätzlich eine bemerkenswerte Note. Besonders wenn er nach Anbruch der Dunkelheit beleuchtet wird, trägt er maßgeblich bei zum romantischen und harmonischen Bild der Altstadt. Dieser Turm ist zurecht das Wahrzeichen Mediaschs!


9. Juli 2011 - Heimkehr nach Kleinprobstdorf

Diesen Tag widmeten wir ganz unserem Heimatdorf, was ihn zum Höhepunkt unserer Reise macht.
Da die Straße von Kleinkopisch nach Kleinprobstdorf bekanntermaßen ziemlich eng ist, musste unser Reisebus noch einmal zurücksetzen, weil beim Abbiegen ein Zaunpfeiler im Weg stand, welcher dafür gesorgt hatte, dass Kleinprobstdorf sich mit einigen Schrammen und Kratzern im Blech des hinteren Ausstiegs "verewigte".
Überdies sah es bei der Überquerung der Gleise zunächst aus, als ob der Bus aufsetzen würde. Hierbei hatte sich Michael Roth als guter Lotse erwiesen: Er kniete sich auf den Boden und achtete auf den Abstand zwischen Gleis und Unterboden des Busses, während dieser sich langsam vorwärts bewegte und die Gleise schadlos hinter sich ließ.
Als ich sah, wie Michael sich hinkniete, dachte ich, er wollte die Heimaterde küssen. Es stellte sich später heraus, dass ich mit meiner Vermutung nicht alleine war.
Wir stiegen vor der Kokelbrücke aus, um unser Heimatdorf bereits bei der Ankunft mit allen Sinnen wahrnehmen zu können und um es würdevoll zu begrüßen.
Einem Naturfreund wie mir geht das Herz auf, wenn ich sehe, wie die Natur sich fortwährend erholt. Die einst nahezu kahlen Hügel sind von dichtem Baumwuchs und Sträuchern bedeckt und es grünt überall, wohin das Auge blickt.
Als wir den Kirchhof betraten, waren wir wohlig überrascht, als wir sahen, wie zahlreich die Trauben an den Weinreben hingen. Auch die Himbeersträucher entlang des nördlichen Ringmauer-Abschnitts trugen unzählige Früchte. Viele konnten nicht widerstehen und stürzten sich auf die Himbeeren, noch bevor der Burghüter uns dazu einlud. Was waren die lecker! Auch die Erdbeeren und viele Gemüsesorten wie Gurken oder Zwiebeln gedeihen prächtig und lassen reichlichen Ertrag erwarten.
Bei dieser erfreulichen sichtbaren Erholung der Natur darf man das Unsichtbare nicht vergessen: Die Fabriken aus Kleinkopisch haben der gesamten Umgebung derart schwerwiegende Vergiftungen zugefügt, dass diese drei bis fünf Meter in den Boden reichen. Es wird noch Jahrzehnte dauern, bis die Umwelt vollständig entgiftet ist.
Während einige am Bering Himbeeren naschten, bereiteten Hans, die Pfarrersfamilie Roth und weitere eifrig den Gottesdienst vor. Einige, wie Gerhard "Buti" Guttner, Helmut "Helmi" Neubauer und auch ich nutzten indessen die Zeit, um den Turm zu besteigen. Einerseits wollte ich die Aussicht über das Dorf genießen, andererseits wollte ich nochmals an den Ort, an den ich vor mehr als zwanzig Jahren mit meinem geliebten Opa zum Glockenläuten ging (nachdem der Burghüter bereits ausgewandert war und die Männer des Dorfes reihum das Läuten der Glocken übernommen hatten).
Als kurz danach unter anderem Martin Schörwerth und Liţă Stan die Glocken läuteten, stellten wir uns derweil geordnet vor dem Südportal auf, um die Kirche so wie früher, während des Glockenläutens, zu betreten.
Allein schon der Glockenklang bescherte einem Gänsehaut. Es waren für uns alle überwältigende und unbeschreibliche Momente, als wir erstmals seit mehr als 20 Jahren gemeinsam mit so vielen Freunden, Verwandten, Landsleuten und Mitbürgern aus Kleinprobstdorf die Kirche betraten; Die Kirche, in der viele von uns getauft und konfirmiert wurden. Die Kirche, in der viele von uns in ihrer Kindheit mit strahlenden Augen unter dem großen Weihnachtsbaum standen und die Kirche, vor deren Altar sich viele von uns einstmals das Ja-Wort gaben.
Vor Beginn des Gottesdienstes hielt Hans Folea-Stamp eine kurze Ansprache. Er war nicht nur sichtlich bewegt, obendrein versagte seine Stimme beinahe. Er entschuldigte sich, was jedoch nicht nötig gewesen wäre: Es ist begrüßenswert, wenn jemand Gefühle zeigt, zudem haben wir dieses Empfinden mit ihm geteilt. Viele waren ohnehin genauso ergriffen und hatten Tränen in den Augen.
Auch Pfarrer Gerhard Roth war offensichtlich berührt: Selbst für einen erfahrenen Pfarrer ist ein Gottesdienst unter solch besonderen Umständen nicht alltäglich.
Mit Bedauern mussten wir feststellen, dass in der Kleinprobstdorfer Kirche die Orgel fehlt. Diese traurige Tatsache sollte uns allerdings nicht daran hindern, einen Gottesdienst zu zelebrieren, wie er schöner kaum vorstellbar ist. Für die musikalischen Einlagen war unser Bruno "Dux" Roth zuständig. Gekonnt unterstützte und begleitete er unseren Gesang auf seiner Gitarre.
Für die meisten dürfte das Heilige Abendmahl der Höhepunkt des Gottesdienstes gewesen sein. Luise Grigori-Roth unterstützte hierbei den Pfarrer tatkräftig.
Nach dem Auszug aus der Kirche gingen wir gemeinsam zum Friedhof und versammelten uns am zentral gelegenen Grab von Pfarrer Andreas Guttner. Während der aufwühlenden Andacht brannte die Sonne unerbittlich. Hans Folea-Stamp legte einen Kranz nieder im Namen der HOG und aller Kleinprobstdorfer. Der Kranz war geschmückt mit roten Rosen sowie mit Bändern in den siebenbürgisch-sächsischen Farben rot und blau.
Den Sonnenschein und den klaren Himmel sehe ich als Gruß; Es war ein Lächeln unserer Brüder und Schwestern, unserer Eltern, Großeltern und Urgroßeltern, welche in der Heimaterde ihre letzte Ruhe gefunden haben. Sie haben ihre Freude und ihr Wohlwollen darüber ausgedrückt, dass wir an sie gedacht und sie besucht haben.
Nach der Andacht ging jeder zu den Gräbern seiner Verwandten und legte die Blumen nieder, die wir am Morgen auf dem Markt in Mediasch gekauft hatten. Ich hätte es als brüderliche Geste empfunden, wenn wir gemeinsam rote Rosen kauften und auf jedes Grab jeweils eine Rose legten. Man darf nicht vergessen, dass es in Deutschland viele ältere Leute aus unserem Heimatdorf gibt, die womöglich nie wieder an den Gräbern ihrer Liebsten stehen können.
Nach dem Friedhofsbesuch besichtigten wir die Schule, das Pfarrhaus und die Fleischerei, welche sich in dem einstigen "Alimentar"-Gebäude befindet.
Anschließend begaben wir uns auf das Grundstück eines ehemals sächsischen Hauses, wo unsere Gastgeber bereits auf uns warteten. Ursprünglich war geplant, ins "Hewes" zu gehen. Aus Zeitgründen und weil der weite Weg für die älteren Leute bei der Hitze wahrscheinlich zu anstrengend gewesen wäre, wurde dieses Vorhaben wieder verworfen.
Wir erfuhren eine Gastfreundlichkeit und eine Herzlichkeit ohnegleichen. Die Mühe, die unsere Gastgeber sich machten und der Aufwand, den sie betrieben, verdienen unsere Anerkennung:
Unter den Weinstöcken hatten sie mehrere Tafeln gedeckt und für ausreichend Sitzplätze gesorgt. Unermüdlich bewirteten und beköstigten sie uns mit "mici" und "grătar" sowie natürlich mit kühlem "Ursus"-Bier und Wein.
Auf die Wetterverhältnisse wurde unverzüglich reagiert: Die Weinstöcke wurden seitlich mit Planen verhangen, um die starke Sonneneinstrahlung zu verringern. Als es etwas später vorübergehend anfing zu regnen, wurde wieder sofort gehandelt: Über uns wurde eine Konstruktion aus Planen und Kanthölzern aufgebaut.
Es war ein angeregter Nachmittag mit fröhlichem Beisammensein und auch mit Spaziergängen durch das Dorf. Die junge Generation spazierte hinunter an die Kokel zum "Baraj". Dort angekommen, ließen Helmut "Helmi" Neubauer und ich die Jüngeren an unseren Erinnerungen teilhaben: Wir berichteten von dem Getümmel und Gewimmel, welches an den Sommertagen in und an der Kokel herrschte. Wir erzählten, dass die Mutigen von ganz oben vom Tor sprangen und dass es dabei zu einigen Unfällen kam. Wir erwähnten auch, dass mitunter die Tore hochgezogen wurden und dass die Fluten dabei so einiges mitrissen. Weiterhin erklärten wir ihnen, wie und wofür der Baraj erbaut wurde.
Nachdem wir wieder auf den Hof unserer Gastgeber zurückgekehrt waren und noch einige Stunden in heiterer Runde verbracht hatten, endete dieser einzigartige Tag viel zu schnell; Um sieben Uhr ging es zurück ins Hotel zum Abendessen. Nur wenige, der "harte Kern", blieb noch fast bis Mitternacht.


10. Juli 2011 - Burzenland-Rundfahrt / Kronstadt

An diesem Morgen verlief unsere Strecke zunächst durch Pretai, Scharosch, Dunesdorf, Schäßburg, Weißkirch, Keisd und Bodendorf. Dann verließen wir vorübergehend unsere Route, um auf einer "Schotterpiste" in das etwas abseits gelegene Radeln zu dem von Peter Maffay errichteten sogenannten Schutzraum zu gelangen. Hierbei handelt es sich um einen Zufluchts- und Therapieort für Kinder, welche Gewalt und Misshandlung ausgesetzt waren. Es ist Maffays zweites Projekt dieser Art; er hat auf Mallorca bereits eine ähnliche Einrichtung erschaffen.
Zurück auf unserer Route, gelangten wir durch Schweischer, Reps, den Geisterwald, Nussbach, Rothbach und Marienburg nach Kronstadt. Dort besichtigten wir das Zentrum mit dem Rathaus und der Schwarzen Kirche.
Auf einer schönen Wiese am Stadtrand von Kronstadt stillten wir unseren Hunger bei einem Picknick "ţărănesc". Es war eine Jause wie in früheren Siebenbürger Zeiten: Speck ("Bauflisch"), Zwiebeln, Fett (Schmalz), Schafskäse und selbstgebackenes Brot. Unser typisch siebenbürgisches "Eingesacksel" erhielten wir am Morgen von Hans Tuth ("Vere") in Dunesdorf. Außerdem hatten wir Wein dabei, um die Trockenheit im Hals bereits im Ansatz zu bekämpfen. Es schmeckte wie früher! Einfach köstlich!
Satt und gut gelaunt fuhren wir über Weidenbach, Zeiden und Schirkanyen nach Fogarasch, wo wir die Burg Fogarasch besichtigten.
Wir setzten unsere Reise fort durch die Dörfer Kleinschenk, Großschenk, Mergeln und Schönberg, die größtenteils von unberührter Natur umgeben sind und mit ihren malerischen Kirchenburgen beeindrucken. Die staubigen Dorfstraßen führten uns vorbei an den typischen bunten Sachsenhäusern, deren Giebelseite der Straße zugewendet ist. Zwischen den einzelnen Häusern wird die Hofeinfahrt von einem hohen Holztor versperrt, welches von einem gemauerten Torbogen überspannt wird.
In der Nähe von Agnetheln packten wir auf einem prächtigen Plätzchen umgeben von grünen Hügeln unseren "Biertisch" erneut aus und ließen es uns bei Kaffee und "Strätzel" gutgehen. Danach ging es noch durch weitere charakteristische Sachsendörfer wie Bürgesch, Magarei und Meschen, ehe wir Mediasch erreichten.
Am Nachmittag wurden wir zweimal "angegriffen": Kurt, unser Busfahrer, forderte uns kurz nach einer Pause auf, die Schuhe zu kontrollieren, weil sich vorne bereits ein fürchterlicher Gestank verbreitete und demnach irgendjemand offenbar einer "Tretmine" zum Opfer gefallen sei. Schnell stellte sich heraus, wer der "Glückspilz" war: Ausgerechnet Hans, unser Reiseleiter, hatte einem Haufen "die Augen ausgetreten"! An einer Tankstelle hielten wir an, um die "Stinkbombe" zu beseitigen. Es war ein skurriler Anblick, als Hans den betreffenden Schuh in der Hand hielt und mit einem Wasserschlauch den festgetretenen "Glücksbringer" von der Schuhsohle spülte.
Möge dieses Ereignis unserem Hans getreu dem Volksmund Glück bringen. Für die Mitreisenden war es ein erheiterndes Erlebnis, an das man sich gerne erinnern wird.
Nachdem Hans diesem "Bodenangriff" ausgesetzt war, musste ich in einer der nächsten Pausen einen "Luftangriff" über mich ergehen lassen: Während ich an einem Tisch unter einem Baum saß und genüsslich meine Nürnberger Bratwürste mit Sauerkraut aß, entlud sich ein Vogel von oben direkt auf meinen Oberschenkel! Er verfehlte meinen Kopf und meinen Teller nur knapp! Von wegen "Alles Gute kommt von oben!"


11. Juli 2011 - Fahrt von Mediasch nach Budapest (über Deva und Arad)

Im Gegensatz zur Hinfahrt (Grenzüberquerung bei Oradea) fuhren wir über Hermannstadt, Mühlbach, Deva und Arad nach Nădlac zur Grenze.
In Mühlbach besichtigten wir die Evangelische Kirche, deren majestätischer Altar einer der größten Altäre Siebenbürgens ist. Die Durchfahrt durch den Unterwald gestaltete Luise Grigori-Roth kurzweilig, indem sie uns Interessantes über diese Region erzählte.
Gegen 19 Uhr erreichten wir, genau nach Zeitplan, die ungarische Donaumetropole, wo wir abermals im Mercure Hotel übernachteten.
Nach dem Abendessen fuhren einige, die noch Unternehmungslust verspürten, vom nahegelegenen Südbahnhof aus wenige Stationen weiter, unter der Donau hinweg. Uli, unser erneuter Reiseführer, führte uns zur Uferpromenade und wir schlenderten entlang der Donau mit Blick auf die Fischer-Bastei und die Matthiaskirche auf jener Donauseite, von welcher wir eine Woche vorher das Stadtpanorama bestaunten. Wir spazierten bis zum Parlamentsgebäude und genossen das erhabene Stadtbild mit seinen zahlreichen architektonischen Leckerbissen, deren Anmut sich durch die nächtliche Beleuchtung noch reizvoller präsentiert.


12. Juli 2011 - Fahrt von Budapest nach Nürnberg

Wehmut machte sich an unserem letzten Reisetag breit, denn diese unvergessliche Woche ging nun ihrem Ende entgegen und unsere sympathische und lustige Reisegruppe sollte sich in wenigen Stunden wieder kreuz und quer in ganz Deutschland verteilen, angefangen vom Süden (Bayern, Baden-Württemberg) über den Westen (Nordrhein-Westfalen), den Osten (Sachsen-Anhalt), bis in den Norden (Niedersachsen).
Als erstes mussten wir uns von der Pfarrersfamilie verabschieden, weil diese bereits in Österreich ausstieg.
Bevor es so weit war und Abschiedsstimmung aufkam, hielten wir immer wieder dagegen, etwa durch Witze und andere lustige Beiträge.
Viele empfanden tiefe Dankbarkeit für die Erlebnisse und die Eindrücke, die man während der Reise gewonnen hatte und die unsere Erinnerung fortan um einen großen Schatz bereichern. Erfreulicherweise trauten sich allmählich immer mehr Leute ans Mikrofon, um ihren Dank auf unterschiedliche Weise auszudrücken. Ich fand das Dankeslied der entzückenden Töchter von Martin Schörwerth richtig süß; die beiden hatten es spontan geschrieben und auf die Melodie von dem bekannten "Danke für diesen guten Morgen" gesungen. Es war eine liebenswürdige und berührende Darbietung.
Gegen 19 Uhr erreichten wir das ETAP-Hotel, wo einige ausstiegen. Kurz darauf verließen am Bahnhof die restlichen Reiseteilnehmer den Reisebus: Unsere gemeinsame Reise in die Heimat ist nun Vergangenheit. In unserer Erinnerung bleibt sie jedoch stets gegenwärtig.

Ich möchte abschließend an alle Reiseteilnehmer/-innen das schönste Wort des deutschen Wortschatzes richten: Danke.

verfasst von Uwe Schuller,
ursprüngliche Version: Juli / August 2011,
diese überarbeitete Version: Oktober / November 2011

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