Mettersdorfer vereint im Gebet

26. Juni 2018

Mitteilungen der HOG

Am diesjährigen Kirchweih-Termin, dem 24. Juni 2018, vereinten sich zahlreiche Mettersdorfer, ihre Nachfahren und Freunde in aller Welt im Gebet. Im Sonntag-Gottesdienst in Munderfing fand unter Pfr. Schlessmann ein Abendmahl statt, bei dem der Wein aus dem Mettersdorfer Kelch gereicht wurde. In einem stillen Moment um 10:45 Uhr gedachten Teilnehmer gemeinsam auf der ganzen Welt für einen Augenblick zurück an ihre Lieben und sprachen ein gemeinsames Vaterunser. Auch Pfr. Kurt Franchy, der die verbliebenen Gemeindemitglieder nach der Evakuierung in Mettersdorf über viele Jahre betreute, beteiligte sich mit einem Segensgruß und an dem gemeinsamen Gebet. Pfr. Moldovan, der die orthodoxe Gemeinde in Mettersdorf / rum. Dumitra heute betreut, war in Gedanken verbunden und läutete zur gleichen Zeit die Glocken im Speckturm. Zahlreiche Siebenbürger - auch aus weiteren Gemeinden - schlossen sich an und gedachten ihrer Heimatorte. Gemeinsam mit vielen Freunden waren wir in diesen Minuten verbunden. Ein herzliches Dankeschön an alle, die sich beteiligt haben!
530 Jahre Speckturm - 120 Jahre Altar – 15 Jahre Abschluss der Renovierungsarbeiten am Turm Mehrere Jubiläen erinnern in diesem Jahr die in alle Welt verstreuten Mettersdorfer und ihre Nachfahren an ihre alte Heimatgemeinde, die bereits 1319 in einer päpstlichen Steuerliste aufgeführt wurde. Vor 530 Jahren wurde der Wehrturm erbaut, der in früheren Zeiten Teil einer stattlichen Burg war. Der Stein über der Eingangstür zeigt heute noch gut sichtbar die Jahreszahl 1488. Das Kirchengebäude der Wehrkirche St. Johannis war gegen Ende des vorletzten Jahrhunderts zu klein geworden; überdies erklärte sie der damalige Pfarrer für baufällig und sperrte sie. Unter seinem Nachfolger Pfarrer Jakob Friedrich Graef und dem damaligen Kirchenkurator und Richter Michael Klösler wurde die Kirche abgetragen. Mettersdorf war sieben Jahre lang ohne Kirche – der Gottesdienst fand in dieser Zeit in der Schule statt. 1892 begann die Gemeinde mit dem Bau der neuen, im neugotischen Stil gehaltenen Kirche. In diesem Zuge wurde auch die Ringmauer der alten Kirche abgetragen. Lediglich der Turm der früheren Kirchenburg blieb stehen. Er beherbergte die drei Glocken, von denen die größte Glocke einen Durchmesser von 120 cm hat - und von der auch die Alten wussten, dass sie sehr alt ist. Darüber hinaus diente der Turm fortan als Speckturm der Gemeinde. Der Neubau der 8 Meter entfernten Kirche gelang in großartiger Gemeinschaftsleistung: Das neue Gotteshaus konnte 1899 eingeweiht werden. Seither wurde in Mettersdorf am ersten Sonntag nach Johanni Kirchweih gefeiert (vgl. auch Schmedt, Raiger: Mettersdorfer Heimatbuch). Der schöne Altar ist von Tischlermeister Stefan Römischer aus Sächsisch Regen neu errichtet und 1898 aufgestellt worden. Der 120 Jahre alte Altar zeigt zwei viel bewunderte Darstellungen, ein "Noli me tangere" und ein Abendmahlsbild sind von Michael Fleischer gemalte Kopien nach Bernhard Plockhorst und Leonardo Da Vinci (lt. Pfarrer Klima 1967 - vgl. auch Hermann Fabini: Atlas der siebenbürgisch-sächsischen Kirchenburgen und Dorfkirchen Band 1). Hatte Mettersdorf im Jahr 1944 noch 78,8% deutsche Einwohner evangelischer Konfession A.B., änderten sich mit der Evakuierung der Mettersdorfer im September 1944 die Verhältnisse: Nur wenige Deutsche blieben zurück, bis 1967 nutzten sie die Kirche gemeinsam mit der orthodoxen Gemeinde. Heute ist sie das Gotteshaus der orthodoxen Bevölkerung Mettersdorfs. Da die Rumänen die Stelle in der Bibel „Du sollst dir kein Ebenbild von mir machen“ mit „Să nu-mi faci o imagine“: „Mach dir kein gemeißeltes Bild“ übersetzt und somit keine Statuen in den Kirchen haben, waren die Heiligenstatuen von ihnen entfernt worden. Ansonsten ist der Altar erhalten geblieben – im Chor abgetrennt vom übrigen Längsschiff durch eine IKonostase. Auch mit Wandbehängen und typisch orthodoxen Malereien wurde die Kirche im orthodoxen Stil zurechtgemacht. Unüblich für eine orthodoxe Kirche sind die Sitzbänke, die seinerzeit von Tischlermeister Bukowski in Nussdorf (Naßod) erstellt wurden und gut erhalten geblieben sind. Seit 1970 leben keine Deutschen mehr im Ort. Die Kirche wird heute von der orthodoxen Gemeinde genutzt und wurde mit Geldmitteln der sächsischen Mettersdorfer aus aller Welt renoviert. Auch der zugehörige Turm konnte seinerzeit in einem großangelegten Projekt saniert werden: Das Dach des Turmes war im Laufe der Jahre wegen vieler fehlenden Schindeln marode geworden, dass die Gefahr schwerer Beschädigungen des Dachstuhls durch eindringendes Regenwasser bestand. Auch der Balkon war durch die morschen und teilweise fehlenden Bretter eine große Unfallquelle. Der erste Kostenvoranschlag für die Dachreparatur von Architekt Fabini betrug 45.000,- Schilling. Ihm wurde der Auftrag erteilt - allerdings stellte sich heraus, dass die - in Bistritz ansässige - zuständige Firma 350.000 Schilling verlangte. Ein 4-köpfiges Komitee bemühte sich um Klärung: Helmut und Michael Schmedt, Georg Fuhrmann und Michael Lutsch fuhren Anfang 2001 nach Bistritz und verschafften sich im Rahmen mehrerer Besuche von Bezirksamt, Kulturreferent und ev. Pfarrer Klarheit: Der Turm steht unter dem höchsten Denkmalschutz in Rumänien - Kategorie A (es gibt drei Kategorien A-B-C, wobei A die ältesten Bauwerke sind). Zur Überwindung der Bürokratie war ein kostspieliges Projekt erforderlich. Letztendlich erhielten die Männer die Genehmigung für den Bau zu den zunächst geplanten Kosten – das Projekt und die Arbeiten konnten beauftragt werden. An diese Restaurierung, die mit Spendengeldern von ehemaligen Mettersdorfern aus Österreich, Deutschland und Amerika durchgeführt und 2003 – vor 15 Jahren - abgeschlossen werden konnte, erinnert heute eine Gedenktafel am Turm. Karin Roth und Pfr. Frank Schlessmann

Karin Roth

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