Predigt anlässlich des 9. Petersbergertreffen in Friedrichroda

4. Juli 2006

Allgemeiner Bericht

<b>Meine lieben Petersberger!<br>Liebe Gäste und Freunde der Petersberger!</b>
Heute könnte ich es kurz machen. Denn die Predigt wird nämlich erst richtig nach diesem Gottesdienst beginnen. Und es wird an jedem selbst liegen, wie sie weitergeht oder, ob sie überhaupt in unserem Leben eine Wirkung hat.
Zunächst ein Wort aus dem Alten Testament, das uns einiges zumutet:
„Und der HERR sprach zu Abram: Geh aus deinem Vaterland und von deiner Verwandtschaft und aus deines Vaters Hause in ein Land, das ich dir zeigen will. Und ich will dich zum großen Volk machen und will dich segnen und dir einen großen Namen machen, und du sollst ein Segen sein. Ich will segnen, die dich segnen, und verfluchen, die dich verfluchen; und in dir sollen gesegnet werden alle Geschlechter auf Erden. Da zog Abram aus, wie der HERR zu ihm gesagt hatte. Abram aber war fünfundsiebzig Jahre alt, als er aus Haran zog.“ (1. Mose 12, 1-4)
Sicher kann man diese Geschichte auch so verstehen, dass sie uns zum Aufbruch aus unseren Häusern, Dörfern und Städten in unserem schönen Deutschland aufruft. Aber wer würde da folgen in das große Unbekannte? Wir haben doch jetzt hier unsere Heimat. Wenige sind hier seit ihrer Geburt. Viele sind seit mehreren Jahren sesshaft geworden und verbunden mit dem Ort und den Menschen, wo sie heute leben. Wir haben jetzt hier unser Zuhause, auch wenn unsere Gedanken noch manchmal oder öfter in Petersberg weilen. Wer könnte denn ernsthaft erwägen, fortzugehen? Wer würde das schaffen? Und schließlich: Warum denn auch? Bei Abraham mag ja ein großer Sinn darin gelegen haben, sein Land, seine Heimat, seine Verwandtschaft zu verlassen. Er sollte ja Vater eines großen Volkes werden.
Im übrigen hatte er Gottes Verheißung: „Ich will dich zum großen Volk machen“. Aber so ist es doch bei uns nicht!
Trotzdem hat der Bericht über Abraham sicher auch an uns einen Anspruch. Er ist allerdings eine Zumutung, wie gesagt. Er verlangt einen Aufbruch von uns, der sehr schwierig ist. Ich denke, der Aufbruch den ich meine, ist noch viel schwerer, als der, Haus, Hof, Arbeit, Nachbarschaft und Heimat zu verlassen.
Ich meine den Aufbruch aus den festen Standpunkten, aus den überkommenen Gewohnheiten, aus dem ewig gleichen Denken, aus dem Verhalten anderen gegenüber; aus allem also, was bei uns hart, festgefahren, unbeweglich und starr ist.
Nun hat Abraham sicher auch bei sich selber gedacht: was habe ich eigentlich davon, wenn ich meine Heimat hinter mir lasse. Leicht ist ihm das ja sicher auch nicht gefallen. Auch den meisten von uns ist es nicht leicht gefallen, alles hinter uns zu lassen.
Es war ja nicht so bei Abraham, dass er bettelarm und ohne richtige Freunde sein Leben fristete. Im Gegenteil. Er war wohlhabend. Er hatte große Herden, eine riesige Verwandtschaft und viele gute Beziehungen. Was also lässt ihn gehorchen?
Auch wir waren ja nicht bettelarm. Die meisten hatten Haus und Hof, ein Einkommen, gute Freunde und Nachbarn. Was uns fehlte, war vor allem Freiheit von jeglicher Unterdrückung. Bei Abraham war das etwas anders: Er hörte Gottes Stimme. Und dieser Gott meinte ihn und das wusste er. Aber er wusste auch, dass sein ganzes Leben, seine Bindungen, sein Haus und sein Besitz, Gaben dieses Gottes waren. Und das gab sicher den Ausschlag. Wenn dieser Gott ihm den Auftrag gab, seine Heimat zu verlassen, dann konnte ihn nichts Schlimmes erwarten, dann musste ein Sinn darin liegen, dann würde dieser Gott ihn auch begleiten und beschützen.
Darf ich daran zweifeln, dass Gott wirklich uns persönlich anspricht? Ich weiß es nicht. Hören wir seine Stimme? Haben wir sie schon einmal gehört? Wo verlangt Gott denn von uns neue Anfänge? Und welche Verheißung sollte denn für uns darin liegen, uns zu verändern und zu entwickeln, die inneren Orte aufzugeben, an denen wir heute noch hängen? Ehrlicherweise müssen wir ja auch zugeben, dass wir mit unserem Leben überwiegend zufrieden sein dürfen. Wir haben viel erhalten. Wir sind reich Beschenkte. Den meisten von uns geht es besser, als wir jemals gedacht haben. Aber genügt das, um einen Aufbruch zu wagen? Und, wird sich das lohnen?
Liebe Landsleute!
Ich glaube, wir hören von diesem Gott nie etwas anderes als den Ruf, zu wachsen, zu reifen, uns zu entwickeln und uns von ihm formen zu lassen. Nehmen wir etwa das oberste Gebot für uns Christen: _“Liebe deinen Nächsten wie dich selbst.“_ Was ist denn das anderes als ein Aufruf, uns immer wieder neu auf unsere Mitmenschen einzulassen? Ist die Liebe denn nicht die Veränderung selbst? Muss die Liebe sich nicht ständig wandeln, erneuern, wachsen, um überhaupt Schritt halten zu können mit denen, die wir lieben?
Oder nehmen wir einen Bericht wie den vom “Verlorenen Sohn“: Ist eine krassere Veränderung denkbar als die, von einem so Verkommenen, der sich aus dem Trog der Schweine ernährt, hin zum geliebten Kind, dem der Vater einen Ring an den Finger steckt, für das er ein Kalb schlachten lässt und mit dem er ein Wiedersehensfest feiert? Welch eine Entwicklung!
Will diese Geschichte denn etwas anderes von uns, als dass wir auch umkehren oder heimkehren, wenn wir uns verlaufen haben, auch feste Standorte verlassen, auch wegziehen von dort, wo wir heute vielleicht noch sind - wo wir aber doch nicht hingehören! Ein letztes Beispiel sollen zwei Worte Jesu sein, die wir doch kennen und die uns doch auch - zumindest als Worte - gefallen: _“Kommt her zu mir alle, die ihr mühselig und beladen seid...“ - „Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben.._.“ Sind das nicht beides Worte, die uns fordern, rufen, und Veränderung bringen wollen? Wir können das nicht anders sehen, als dass dieses auch ein klarer Ruf an uns ist:
Bewegt euch, entwickelt euch, brecht auf aus allem, was bei euch starr und verkrustet ist.
Was ist denn bei uns starr und verkrustet?
Eingangs sagte ich:
„diesen Teil der Predigt müsst ihr selbst schreiben“ oder sagen wir besser: selber leben!
Aber ein paar Hinweise dafür will ich euch geben:
Wie viele Beziehungen haben wir, die nicht dem entsprechen, wie es eigentlich sein sollte? Da gibt es Feindschaft zwischen Nachbarn oder Verwandten. Da wird seit Jahren geschwiegen und gemieden. Man geht sich aus dem Weg. Da wird die andere Straßenseite gewählt, wenn man einander sieht. Muss ich beschreiben, wie hier ein Aufbruch aussehen könnte? Nein! Denn ihr wisst es.
Oder: wie festgelegt sind wir doch durch Gewohnheiten: dies mache ich schon immer so!
Das mache ich schon seit ich denken kann immer auf die gleiche Weise!
Ob ich damit nicht meinen Leuten schon immer auf die Nerven gegangen bin? Das alles hat wohl auch etwas mit Liebe zu tun, wenn ich mich endlich von der einen oder anderen starren Angewohnheit verabschiede! Am schlimmsten ist es, wenn ich denke: Der bleibt so! Aus dem wird nie etwas. Von dem kann ja nichts Gutes kommen. Wir legen andere fest. Und wir sind damit auch selbst festgelegt. Vielleicht schon seit Jahren. Vielleicht bis zum Ende unserer Tage......wenn wir nicht endlich aufbrechen! Und es geht. Ich weiß, dass es geht. Ich weiß es von mir und meinem Leben. Es müsste auch bei euch gehen! Du hörst doch den Ruf. Und du weißt, wer dich ruft: der gute Gott, von dem wir unser Leben und alles, was uns ausmacht geschenkt bekommen haben. Sollte der uns nicht auch in eine gute Zukunft führen? So war es schon bei Abraham. Aber wir haben ihm etwas voraus: wir wissen, wie seine Geschichte mit Gott ausging! Bei ihm war es noch eine bloße Verheißung. Wir kennen die Erfüllung: Abraham wurde reicher beschenkt, als je zuvor. Er fand wieder eine Heimat. Er erfuhr die Freude gelungener Beziehungen und den Segen Gottes.
Auch wir wurden reich beschenkt, auch wir haben wieder Heimat gefunden, auch wenn wir uns noch manchmal schwer tun. Auch wir haben Freundschaften geschlossen, Beziehungen aufgebaut und sollten glücklich sein. Zum Glücklichsein aber gehört auch das Finden der Heimat bei Gott. Wir dürfen glauben, dass er es gut mit uns meint! Wir dürfen hoffen, dass ER uns einmal bei sich aufnehmen wird und wir dürfen lieben, weil ER uns zuerst geliebt hat. Abraham hatte den Ruf Gottes gehört: er zog aus, wie der HERR zu ihm gesagt hatte. Ob wir auch hören? Ob wir auch folgen? Wann brechen wir auf? Wie geht diese Predigt bei dir weiter. Amen
Klaus Nösner Pfr.i.R.

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