"Die beiden Räuberüberfälle auf dem Pfarrhofe."
Der zweite Räuberüberfall geschah in der Nacht de 23. Juli 1823 und galt dem reichen Pfarrer Johann Schuster. Um ihn webt schon die Sage ihr schmückendes Gewand und es ist schwer, Wahrheit und Dichtung überall zu scheiden. Verläßliche mündliche Berichte und schriftliche Aufzeichnungen aber erzählen die „romantische“ Begebenheit also:
Zu jener Zeit, wo das Räuberleben als eine Art von Sport betrieben wurde und junge Edelleute aus den ersten Familien den „Räuberhauptmann“ spielten, grassierte dies Übel im Hunyader Komitat sehr stark. Ganz besonders tat sich hiebei ein Junker hervor, der aus einer der angesehensten Adelsfamilien des Hatzeger Geländes stammte und spater als einer der höchsten Würdenträger des Hofes gestorben sein soll. Er hatte sich an die Spitze einer starken Bande gestellt, mit der er die verwegensten Überfälle ausführte. Jederzeit trug er eine schwarze Samtlarve vor dem Gesicht, die ihm den Namen fata neagra (romänisch: Die schwarze Maske) verschaffte und ihren Träger zu einer gefürchteten Schreckgestalt machte. Seine Spione aber spähten immer Ort und Gelegenheit zum Überfall aus. Ein solcher Kundschafter war als Viehhändler auch auf den Pfarrhof gekommen und dort gastlich beherbergt worden. Er war es, der der Bande den Weg wies,') Schon am Nachmittag des 23. Juli hatte man bewaffnete Leute am Saume des Waldes oberhalb der Weingärten bemerkt; beim Betglockleuten sah der Glöckner. wie sie sich über die Wiesen, der Gemeinde näherten. In der Abenddämmerung durchschritten sie rasch den Kirchberggarten und drangen in den Pfarrhof ein. Ihr Anführer, „die schwarze Maske“, eine schlanke, vornehme Gestalt, trug Stulpenstiefel und einen schlappen Filzhut; über der Achsel hing ihm eine Jagdflinte und in der Rechten hatte er eine schwere Reitpeitsche. Er sah ruhig zu, wie die Kästen aufgerissen und Geld und Schmucksachen herausgenommen wurden. Als ihm eine goldene Halskette mit Diamanten und einem großen Smaragd beseht, ein altes kostbares Erbstück der Pfarrerfamilie, gereicht wurde, schob er sie in die Tasche, war aber mit der Summe des vorgefundenen Geldes höchst unzufrieden. Er hatte mehr erhofft und als die Räuber den Pfarrer zu Boden warfen und mißhandelten, schrie er ihn zornig an: „Du alter sächsischer Hund, gib dein Geld heraus!“ und trat ihm unter wilden Flüchen mit dem Stiefelabsatz ins Auge, daß es ausrann. Der Pfarrerstochter gelang es dann die Räuber durch die „Schlocht“ hinab in den Keller zu locken und so von dem beklagenswerten Vater abzulenken. Dort unten entfiel ihrer Hand wie zufällig das Licht. Mit der Örtlichkeit wohlvertraut, gelang es ihr im Dunkeln rasch die Treppe wieder hinaufzueilen und die „Schlocht“ hinter sich zu verriegeln. Ebenso entschlossen schob sie den Querbalken vor die Eingangstür des Pfarrhauses. Die getäuschten Verbrecher unternahmen es jedoch gar nicht mehr wieder in die Wohnung zu gelangen, sondern eilten aus dem Keller heraus und suchten, während vom Turme die Sturmglocke das Dorf zur Hilfe rief, mit ihrer Beute das Weite. Einen Sack mit Kupfergeld, „ein gutes großes Viertel voll“, hatten sie im benachbarten Predigergärtchen aufgeschnitten, ausgeleert und dann den ganzen Haufen Münzen als wertlos liegen lassen. Fünf Jahre später war die Pfarrerstochter auf einem Ball in Hermannstadt, wo die vornehmsten Kreise des Landes vertreten waren. Hier brach sie Schreck plötzlich ohnmächtig zusammen; an dem Halse einer vornehmen adeligen Dame, hatte sie den wohlbekannten Familienschmuck, das goldene Collier mit den funkelnden Diamantenrauten und dem großen Smaragd erblickt! Sie verfiel darnach in ein Nervenfieber und starb. Dem betrüben Vater ging der Verlust der Tochter derart zu Herzen, daß auch er, nachdem er seit dem Räuberüberfall meist in Broos und Hermannstadt gelebt, an letzterem Orte wenig Monate später, 1829, gleichfalls dem „Nervenschlag“ erlag. Dem Überfalle folgte eine große Untersuchung, die sich jahrelang hinauszog und mit der Verurteilung der politischen Gemeinde zum Schadeneratz endigte. Nach dem Altschaftsprotokoll mußte noch 1830 die Kommunität an „Straf dem königlichen Fiskus zahlen 416 fl. 40 kr.; der Frau Pfarrerin vermög Vergleich 600 fl.; den Herren Cancellisten an Diurnen 175 fl. und für Verfertigung des gemachten Ausgleichs 24 fl.“ Mittelst Gubernialdekret ward gleichzeitig anbefohlen, daß hinfort jede erwachsene männliche Person des Dorfes mit 40 Gulden Strafe belegt werden solle, die nicht zu Hilfe eile, wenn die Notglocke des Pfarrhauses gelautet werde.
') Wie lebhaft die Erinnerung hieran weiter fortlebt, zeigt am besten eine Geschichte, die noch l899 passierte. Der Universitätsprofessor Polychronius Syrku aus St. Petersburg, — aus einer Studienreise begriffen, — wollte den Pfarrer aufsuchen, fand aber niemand auf dem Pfarrhof daheim, da ward er, es war schon abends, von den Lehrersleuten gastlich beherbergt. Nachts erschienen plötzlich Gendarmen vor dem Bette des bestürzten Gelehrten und verlangten den Ausweis über seine Persönlichkeit: Der „schneidige“ Hann hatte von dem Gast vernommen, der auf den Pfarrhof wollte, einen großen Koffer hatte und so wunderlich sprach. Ihm war es sofort klar, da konnte nur ein Räuberüberfall aus den Pfarrhof geplant und dies mußte der Späher sein. Um Unheil zu verhüten, hatte er eilig die Gendarmenpatrouille herbeigerufen!
Zu jener Zeit, wo das Räuberleben als eine Art von Sport betrieben wurde und junge Edelleute aus den ersten Familien den „Räuberhauptmann“ spielten, grassierte dies Übel im Hunyader Komitat sehr stark. Ganz besonders tat sich hiebei ein Junker hervor, der aus einer der angesehensten Adelsfamilien des Hatzeger Geländes stammte und spater als einer der höchsten Würdenträger des Hofes gestorben sein soll. Er hatte sich an die Spitze einer starken Bande gestellt, mit der er die verwegensten Überfälle ausführte. Jederzeit trug er eine schwarze Samtlarve vor dem Gesicht, die ihm den Namen fata neagra (romänisch: Die schwarze Maske) verschaffte und ihren Träger zu einer gefürchteten Schreckgestalt machte. Seine Spione aber spähten immer Ort und Gelegenheit zum Überfall aus. Ein solcher Kundschafter war als Viehhändler auch auf den Pfarrhof gekommen und dort gastlich beherbergt worden. Er war es, der der Bande den Weg wies,') Schon am Nachmittag des 23. Juli hatte man bewaffnete Leute am Saume des Waldes oberhalb der Weingärten bemerkt; beim Betglockleuten sah der Glöckner. wie sie sich über die Wiesen, der Gemeinde näherten. In der Abenddämmerung durchschritten sie rasch den Kirchberggarten und drangen in den Pfarrhof ein. Ihr Anführer, „die schwarze Maske“, eine schlanke, vornehme Gestalt, trug Stulpenstiefel und einen schlappen Filzhut; über der Achsel hing ihm eine Jagdflinte und in der Rechten hatte er eine schwere Reitpeitsche. Er sah ruhig zu, wie die Kästen aufgerissen und Geld und Schmucksachen herausgenommen wurden. Als ihm eine goldene Halskette mit Diamanten und einem großen Smaragd beseht, ein altes kostbares Erbstück der Pfarrerfamilie, gereicht wurde, schob er sie in die Tasche, war aber mit der Summe des vorgefundenen Geldes höchst unzufrieden. Er hatte mehr erhofft und als die Räuber den Pfarrer zu Boden warfen und mißhandelten, schrie er ihn zornig an: „Du alter sächsischer Hund, gib dein Geld heraus!“ und trat ihm unter wilden Flüchen mit dem Stiefelabsatz ins Auge, daß es ausrann. Der Pfarrerstochter gelang es dann die Räuber durch die „Schlocht“ hinab in den Keller zu locken und so von dem beklagenswerten Vater abzulenken. Dort unten entfiel ihrer Hand wie zufällig das Licht. Mit der Örtlichkeit wohlvertraut, gelang es ihr im Dunkeln rasch die Treppe wieder hinaufzueilen und die „Schlocht“ hinter sich zu verriegeln. Ebenso entschlossen schob sie den Querbalken vor die Eingangstür des Pfarrhauses. Die getäuschten Verbrecher unternahmen es jedoch gar nicht mehr wieder in die Wohnung zu gelangen, sondern eilten aus dem Keller heraus und suchten, während vom Turme die Sturmglocke das Dorf zur Hilfe rief, mit ihrer Beute das Weite. Einen Sack mit Kupfergeld, „ein gutes großes Viertel voll“, hatten sie im benachbarten Predigergärtchen aufgeschnitten, ausgeleert und dann den ganzen Haufen Münzen als wertlos liegen lassen. Fünf Jahre später war die Pfarrerstochter auf einem Ball in Hermannstadt, wo die vornehmsten Kreise des Landes vertreten waren. Hier brach sie Schreck plötzlich ohnmächtig zusammen; an dem Halse einer vornehmen adeligen Dame, hatte sie den wohlbekannten Familienschmuck, das goldene Collier mit den funkelnden Diamantenrauten und dem großen Smaragd erblickt! Sie verfiel darnach in ein Nervenfieber und starb. Dem betrüben Vater ging der Verlust der Tochter derart zu Herzen, daß auch er, nachdem er seit dem Räuberüberfall meist in Broos und Hermannstadt gelebt, an letzterem Orte wenig Monate später, 1829, gleichfalls dem „Nervenschlag“ erlag. Dem Überfalle folgte eine große Untersuchung, die sich jahrelang hinauszog und mit der Verurteilung der politischen Gemeinde zum Schadeneratz endigte. Nach dem Altschaftsprotokoll mußte noch 1830 die Kommunität an „Straf dem königlichen Fiskus zahlen 416 fl. 40 kr.; der Frau Pfarrerin vermög Vergleich 600 fl.; den Herren Cancellisten an Diurnen 175 fl. und für Verfertigung des gemachten Ausgleichs 24 fl.“ Mittelst Gubernialdekret ward gleichzeitig anbefohlen, daß hinfort jede erwachsene männliche Person des Dorfes mit 40 Gulden Strafe belegt werden solle, die nicht zu Hilfe eile, wenn die Notglocke des Pfarrhauses gelautet werde.
') Wie lebhaft die Erinnerung hieran weiter fortlebt, zeigt am besten eine Geschichte, die noch l899 passierte. Der Universitätsprofessor Polychronius Syrku aus St. Petersburg, — aus einer Studienreise begriffen, — wollte den Pfarrer aufsuchen, fand aber niemand auf dem Pfarrhof daheim, da ward er, es war schon abends, von den Lehrersleuten gastlich beherbergt. Nachts erschienen plötzlich Gendarmen vor dem Bette des bestürzten Gelehrten und verlangten den Ausweis über seine Persönlichkeit: Der „schneidige“ Hann hatte von dem Gast vernommen, der auf den Pfarrhof wollte, einen großen Koffer hatte und so wunderlich sprach. Ihm war es sofort klar, da konnte nur ein Räuberüberfall aus den Pfarrhof geplant und dies mußte der Späher sein. Um Unheil zu verhüten, hatte er eilig die Gendarmenpatrouille herbeigerufen!
Dr. Albert Amlacher
"Rumes - Aus Vergengenheit und Gegenwart einer siebenbürgisch-sächsischen Dorfgemeinschaft" - Dr. Albert Amlacher, Buchdruckerei W. Krafft, Hermannstadt 1912, S.26ff)