Kleptokratie oder Rechtsstaat

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Karin Decker
schrieb am 15.03.2010, 12:05 Uhr (am 15.03.2010, 12:31 Uhr geändert).
Inwiefern darf, kann und muss zur korrekten Benennung der Tatsachen das Rumänien des Jahres 2010 als „Kleptokratie“ (aus griechisch kléptein, "stehlen" und krateïn, "herrschen": „Herrschaft der Plünderer”, „Diebesherrschaft“) bezeichnet werden?

Auslöser für meine Sorge war neben der zermürbenden Erfahrung in Sachen Restitution der Artikel Rechtsstaat oder Kleptokratie im „Debattenmagazin“ Berliner Republik, nach welchem ich auch den Namen dieses Threads benannt habe.

Inwiefern gibt es jedoch auch Anzeichen (außer vollmundiger Versprechungen einzelner rumänischer Politiker), dass nur die Periode nach dem Zusammenbruch der Ceauşescu-Diktatur kleptokratisch geprägt war, der EU-Staat Rumänien jedoch ernsthaft darum bemüht ist, in eine echte Demokratie und einen wahrhaftigen Rechtsstaat überzugehen?

Diese Herrschaftsform der Kleptokratie (–> Liste der Staatsformen auf Wikipedia) wird dadurch charakterisiert, dass die Herrschenden willkürliche Verfügungsgewalt über Besitz und Einkünfte der Beherrschten haben und entweder sich oder ihre Klientel auf Kosten der Beherrschten bereichern. Ein Kennzeichen für Kleptokratien im engeren Sinn ist das Fehlen einer breiten Mittelschicht.

Der Politologe und Sozialwissenschaftler Horst Wolfgang Boger meint: „Es versteht sich von selbst, dass solcher Diebstahl und solcher Raub stets legalisiert wird, weshalb man Kleptokratie kurz und einprägsam als politisch motivierten und legalisierten Diebstahl deuten oder definieren kann.“

Der französische Politjournalist Patrick Meney, der den Begriff „Kleptokratie“ geprägt hat, ist hingegen der Ansicht, dass Kleptokratie nicht politisch motiviert ist, sondern dass Politik zur Bereicherung der Regierenden instrumentalisiert wird.

Aber, wie minutiös auch immer wir die Staatsform des heutigen Rumänien analysieren wollen, die Merkmale einer nachgerade traditionsreichen Kleptokratie sind noch immer klar auszumachen.

Dass ein Land sich zu einer Kleptokratie entwickelt, kann vermutlich nicht dem einzelnen Individuum angelastet werden. Vielmehr ist es tragischerweise doch so, dass der einzelne Bürger eines kleptokratisch geführten Landes nur dadurch seine Existenz sichern kann, dass er die Regeln der Korruption einhält und sich mit den Verhältnissen arrangiert.

Wichtige Fragen an Soziologen und Politologen, – oder auch an Völkerrechtler:

Wie kann sich ein europäisches Land von der Last einer Kleptokratie befreien? Welche Unterstützung müsste es von seinen Bündnispartnern erhalten?

Trifft die Feststellung, Rumänien leide an den Symptomen einer kleptokratischen Gesellschaftsform auch auf andere EU-Länder zu?

Gab es bereits Fälle in der Geschichte, in denen ein Staat sich von der Krake der Kleptokratie befreite, ohne dass es zu Gewaltanwendungen kam?

***

Menschen, die es mit Rumänien und seiner Bevölkerung gut meinen, dürfen angesichts des gewaltigen gesellschaftlichen Problems, das eine Kleptokratie darstellt, indem sie eine immer größere Spreizung der „sozialen Schere“ zwischen arm und reich bewirkt, nicht einfach stillschweigend zusehen. Mahnungen, Proteste, Warnungen aber auch Hilfestellungen, um diese traurige Herrschaftsform zu überwinden, sind dringend angesagt.
Lavinia
schrieb am 15.03.2010, 15:53 Uhr (am 15.03.2010, 20:40 Uhr geändert).
Jetzt treibt die Decker ihre alte Sau neu durch's Dorf...
Ich gebe es zu: wie die Frau allen ihr Hirschgeweih aufsetzt...das hat schon eine gewisse Klasse! Sie brauchte eine Bühne, ihre Vereinsbühne ist ihr, bei dem Häufchen Mitgliedern zu popelig und sie fand sie hier, im Forum. Sie wollte, wenn sie es schon nicht auf Theaterbrettern schaffte, sich doch wenigstens auf einer anderen Bühne einen 'Namen machen' und zieht es jetzt durch...Sie stampft den Verband der Siebenbürger Sachsen zusammen, mal schmeichelnd, scheinheilig, dann wieder verleumderisch, diskriminierend, hetzend, beschimpfend...wie es gerade opportun erscheint. Sie verbreitet unglaublichen Stuss , aber das...mit voller Inbrunst!
Sie „gewöhnt“ uns an ein unglaublich diskriminierendes Vokabular, an „Kleptokratie“, wie sie Rumänien nennt, weil sie ihr Hirschgeweih nicht schnell genug zurückkriegt. (Sie wurde, wie sie sagt, auch von der evangelischen Kirche beklaut. Sie weiß allerdings, dass es jetzt inopportun wäre, von einer Kleptotheologie zu sprechen…) Dabei will ich die Versäumnisse Rumäniens nicht kleinreden. Die Reduktion der Probleme auf die Eigentumsfrage ist jedoch eine sträfliche Vereinfachung und auch einfach grundfalsch.

Der Begriff „Kleptokratie“ kommt aus einer dunklen ideologischen Ecke und wird einzig und allein zum Zweck der Diskriminierung eingesetzt. Er bezeichnet alles und nichts: angefangen von (inkomparablen) Verhältnissen in Zaire bis zu jenen in Saudi Arabien, über Burma, Russland, Haiti etc. etc...
Den Begriff überhaupt in Verbindung mit Rumänien zu gebrauchen finde ich unerhört unverschämt und völlig unverhältnismäßig. Ich distanziere mich entschieden gegen derart Entgleisungen.

Aber gucken wir uns mal an, was mit 'Kleptokratie' beispielweise im Falle Haitis gemeint ist:
Die Sklaven Haitis schlossen sich nach mehreren gescheiterten Aufständen 1791 zu einer Rebellion zusammen und kämpfte gegen die französische Armee, bis 1804 die Republik Haiti ausgerufen werden konnte, die erste Republik, die aus einem von afrikanischen Sklaven geführten Unabhängigkeitskrieg hervorging. Auch wenn Frankreich fand, dass der Anspruch von Menschenrechten nicht auf Kolonialvölker übertragbar wäre. Die Plantagen waren zerstört, ein Drittel der Bevölkerung tot. Mit der Republikgründung folgte die wirtschaftliche Isolation Haitis. Die bloße Existenz der Republik Haiti war eine Bedrohung für den status quo sklavenhaltender Staaten. Für die Anerkennung Haitis forderte Frankreichs König für „verlorenes französisches Eigentum“ und die Sklaven eine „Entschädigung „ von 150 Mio (später reduziert auf 90 Mio) Luis d’or (http://de.wikipedia.org/wiki/Louis_d%E2%80%99or). Als 1825 sich eine erneute französische Invasion anbahnte, willigte man in die Zahlung ein. . Diese Zahlung beanspruchte einen Großteil des Staatsetats und wurde bis 1947, also 122 Jahre lang bezahlt. Um zahlen zu können, musste Haiti Kredite bei französischen Banken aufnehmen und enorm hohe Zinsen zahlen.
1915 besetzte die USA Haiti und nun konnten auch Ausländer Besitztümer erwerben. Es wurde enteignet, was das Zeug hielt, zigtausende von Bauern wurden ihrer Felder beraubt. Der darauf folgende Aufstand der Bauern wurde niedergeschlagen. Das Regime der Duvaliers (1957-1986) wurde von der internationalen Gemeinschaft, insbesondere von der USA, geduldet, weil Haiti für neoliberale Reformen geöffnet wurde.: Privatisierung staatlichen Eigentums, Reduzierung der Importzölle, welche die lokalen Bauern ruinierten, der Lohn der Haitinaner in den amerikanische Konzernen betrug ein paar Cent die Stunde. Auf die wirtschaftliche Katastrophe folgte die ökologische und als Duvalier 1986, nachdem er die Staatskasse ein letztes Mal geplündert hatte, aus dem Land gejagt wurde, stellte man fest, dass Duvalier 504 Mio US-Dollar an öffentlichen Geldern veruntreut hatte. (also 40% der Staatsschulden Haitis), von denen heute noch über 5 Mio auf Schweizer Bankkonten liegen. Duvaliers Regime wurde „Kleptokratie“ genannt.
Die Abzocke Frankreichs nicht.
Auch nicht die beispielslose Ausblutung durch "Fremde".

Das allein schon sollte extrem nachdenklich und vorsichtig machen.



Lavinia
schrieb am 15.03.2010, 15:56 Uhr
Weiß jemand, wie viele Mitglieder der Verein resro vertritt?

Karin Decker
schrieb am 15.03.2010, 16:09 Uhr
Lavinia [Versuch einer Definition]: Jemand, der wie ein vermummter Heckenschütze mit Meinungsmunition im Unterholz des Forums von Siebenbuerger.de lauert und letztlich auf Monty Python verweist.

Dabei gäbe es auch eine Art „Mounty Lavinia“ auf Ceylon:

Dehiwala-Mount Lavinia [- '], Doppelstadt in Sri Lanka, südlich von Colombo, 196000 Ew.; der Villen- und Badeort aus brit. Kolonialzeit wurde zum Touristenzentrum ausgebaut; zoolog. Garten.

(Brockhaus, 2009)
Karin Decker
schrieb am 15.03.2010, 16:18 Uhr
Wenn sich auch qualifiziertere und unideologische Stimmen zu Wort meldeten, als die Anwältin von Rumäniens Status Quo, wäre es sehr hilfreich.

Mit meiner Eingangsfrage hatte ich bereits den Ausblick auf eine Überwindung der rumänischen Kleptokratie angedeutet. Die Diagnose, dass es sich bei Rumänien zumindest bis zum EU-Eintritt um eine kleptokratische Staatsform handelte, habe nicht ich gefällt, sie entstammt bestem internationlem Journalismus. Eine Linklinliste kann ich gerne zusammenstellen.
Karin Decker
schrieb am 15.03.2010, 16:22 Uhr (am 15.03.2010, 17:09 Uhr geändert).
„Rumänien in der Grauzone zwischen Parlamentarismus und Kleptokratie:
In Rumänien war die Zivilgesellschaft zu schwach, um zu verhindern, dass die alten kommunistischen Eliten ihr Machtmonopol hinter einer demokratischen Fassade über die Wende hinüberretteten. Die EU muss darauf dringen, dass das neue EU-Mitglied Rumänien nicht in der Grauzone zwischen Parlamentarismus und Oligarchie stecken bleibt.“
Karl-Peter Schwarz: Dornröschen unter den Wölfen, Quelle: hsozkult.geschichte.hu-berlin.de

Ein Hinweis auf den Ursprung: „Rumänien (…) wurde bis 1989 von einer kommunistischen Diktatur unter dem Kleptokraten Nicolae Ceausescu regiert.“

FAZ: „Die Kleptokraten putschen“

FAZ: Das Elend im Osten
„Der selbst ins Visier der Staatsanwaltschaft geratene Justizminister konzentriert sich darauf, Ermittlungen gegen die kleptokratische politische Klasse zu behindern.“

Analyse des EU-Parlaments: „Rumänien hat seit seinem EU-Beitritt unter tatkräftiger Mithilfe des Parlaments beim Kampf gegen die Korruption besorgniserregende Rückschritte gemacht.“


… Haben die das alle von mir erfahren? Oder sollte es sich doch um eine objektiv wahrnehmbare Staatsform handeln, die mehrere kompetente Beobachter ganz ohne schauspielerische Ambitionen (lächerlich!) zutreffend als Rumäniens Kleptokratie bezeichnen?
getkiss
schrieb am 15.03.2010, 17:10 Uhr
@Lavinia:"Den Begriff überhaupt in Verbindung mit Rumänien zu gebrauchen finde ich unerhört unverschämt und völlig unverhältnismäßig. Ich distanziere mich entschieden gegen derart Entgleisungen."

Sehr gut.
Das erinnert mich an ein rumänisches Sprichwort:
"Spune-mi cu cine te aduni, ca să-ţi spun cine eşti".

Lavinia
schrieb am 15.03.2010, 17:29 Uhr
Danke, getkiss. Ich habe tatsächlich ein unbestechliches, nicht korrumpierbares Gerechtigkeitsbewußtsein. Eines, welches Opportunismus nicht kennt und, um sich zu behaupten, auch nicht auf den Applaus anderer setzt.
Karin Decker
schrieb am 15.03.2010, 17:44 Uhr (am 15.03.2010, 17:46 Uhr geändert).
@ getkiss:

Insgesamt betrachtet, finde ich es ganz gut, dass es mit Lavinia hier auch eine recht militante Repräsentantin der „Gegenseite“, als der bedingungslos pro-rumänischen, gibt.

Es wäre tatsächlich etwas peinlich, wenn sich in diesem Forum parallel zur anhaltend schlechten Figur die Rumänien hinsichtlich der Rückgabeverhinderung enteigneter Güter auf der internationalen Bühne macht, nicht auch der Beweis für die permanente Leugnung dieses Zustandes finden würde.

Angesichts der bitteren Erfahrungen, die so viele unserer Landsleute mit dem rumänischen Staat haben machen müssen, wird es wohl wenige unter ihnen geben, auf die Lavinias These, Rumänien sei keineswegs eine Kleptokratie zu nennen, überzeugend wirken dürfte.

Desgleichen könnte Lavinia dermaleinst, wenn sich die Zustände in Rumänien zum Wohle der Bevölkerung (der im Lande gebliebenen und der verjagten) gewandelt haben werden, der Taube gleich, die Noah nach der Sintflut entsandte, mit einem Olivenzweige winkend hier in diesem Forum verkünden:

„Habe ich es Euch nicht immer schon gesagt: Rumänien, mein geliebtes Rumänien, befand sich stets auf dem besten Weg, man hätte es auf diesem einfach fortschreiten lassen sollen, dann wäre alles noch schneller vonstatten gegangen. Nun hat die EU nachgeholfen. Das erzeugte Halsstarrigkeit und Missmut, sodass die Kleptokratie erst einmal eingeführt werden musste, um sie anschließend zu überwinden. Es hat deswegen etwas länger gedauert; – aber nun ist Rumänien in Europa angelangt!“ (Olivenzweig. Winke, winke …)
sibihans
schrieb am 15.03.2010, 17:51 Uhr
Lavinia
schrieb am 15.03.2010, 17:53 Uhr
Natürlich kennt auch der Hausphilosoph der Neoliberalen, Peter Sloterdijk, den Begriff Kleptokratie"...

"Kleptokratie des Staates
Angesichts der bezeichneten Verhältnisse ist leicht zu erkennen, warum die Frage, ob der „Kapitalismus“ noch eine Zukunft habe, falsch gestellt ist. Wir leben gegenwärtig ja keineswegs „im Kapitalismus“ - wie eine so gedankenlose wie hysterische Rhetorik neuerdings wieder suggeriert -, sondern in einer Ordnung der Dinge, die man cum grano salis als einen massenmedial animierten, steuerstaatlich zugreifenden Semi-Sozialismus auf eigentumswirtschaftlicher Grundlage definieren muss. Offiziell heißt das schamhaft „Soziale Marktwirtschaft“."

www.faz.net/s/Rub9A19C8AB8EC84EEF8640E9F05A69B915/Doc~E3E570BE344824089B6549A8283A0933B~ATpl~Ecommon~Scontent.html

Friedrich K
schrieb am 15.03.2010, 19:07 Uhr
Jetzt treibt die Decker ihre alte Sau neu durch's Dorf...
Ihr penetrantes Gegrunze passt formidabel dazu; zum Dorf, zur Sau, zum Forum.

Sie brauchte eine Bühne, ihre Vereinsbühne ist ihr, bei dem Häufchen Mitgliedern zu popelig und sie fand sie hier, im Forum. Sie wollte, wenn sie es schon nicht auf Theaterbrettern schaffte, sich doch wenigstens auf einer anderen Bühne einen 'Namen machen' …
Wo haben Sie es geschafft sich einen Namen zu machen? Wo brettern Sie schaffend, wo schaffen Sie bretternd um hier einen Ausgleich suchen zu müssen und so richtig die Sau durchs Forum zu treiben?

Sie verbreitet unglaublichen Stuss , aber das...mit voller Inbrunst!
Passt zu 100 % auf Ihr Gegacker und Gegrunze.
Lavinia
schrieb am 15.03.2010, 19:27 Uhr (am 15.03.2010, 19:47 Uhr geändert).
Ach, übrigens...der von Decker zitierte Horst Wolfgang Boger sagt auch insbesondere dies:

"Ich werde hier die wenig tröstliche These vertreten, dass das Phänomen der Kleptokratie unablösbar zum Staat gehört und keineswegs durch demokratische oder rechts- und verfassungsstaatliche Institutionen zum Verschwinden gebracht werden kann."

www.humonde.de/artikel/10040

PS: Wie viele Mitglieder hat der Verein Resro?
Karin Decker
schrieb am 15.03.2010, 20:00 Uhr
@ Lavinia:

Wenn das Problem der Kleptokratie im Ausnahmefall Rumänien gar nicht existiert, brauchen wir es auch nicht zu lösen; – weder demokratisch noch demonstrativ kritisch.

Leben Sie wohl!
Lavinia
schrieb am 15.03.2010, 20:34 Uhr
Nun, ich denke, Sie werden wiederkommen... Und denken Sie daran: Weniger ist mehr und nicht jedes Mittel heiligt den Zweck...

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