Rumänien übernimmt Mitverantwortung für Aussiedlung der Deutschen aus Rumänien

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Schreiber
schrieb am 25.05.2010, 11:47 Uhr
Meine Hochachtung vor dieser wirklich historischen Rede des rumänischen Innenministers am Heimattag der Siebenbürger Sachsen. Mit der Aussage:

"Ich hätte mir gewünscht, dass mein Land entsprechende Rahmenbedingungen geschaffen hätte, damit Sie dort geblieben wären, wo Ihre Vorfahren und Sie selbst über acht Jahrhunderte einen Raum des Wohlstands und der Toleranz geschaffen haben»

räumt der Innenminister Versäumnisse seines Landes ein und bedauert gleichzeitig den dadurch mitverursachten Weggang der dort vorher ansässigen Deutschen.

Zutreffend erkennt er:

«Wir wissen, dass wir die Zeit nicht zurückdrehen können, um das während der Diktatur [in Rumänien] begangene Unrecht wiedergutzumachen.»

Meine Hochachtung auch dem Verband der Siebenbürger in Deutschland, der ein solches politisches Eingeständnis zu Stande gebracht hat. Auch nur ähnliche Aussagen anderer osteuropäischer Innenminister - z.B. beim Heimatag der Sudentendeutschen - sind weit und breit nicht zu erkennen.

Können der BDV und die Sudentendeutschen bei den Siebenbürgern und die Polen und Tschechen bei den Rumänen vielleicht noch etwas lernen?

Să dea domnu. (der Herr helfe dazu!)

rumänischer Innenminister Blaga: historische Rede auf Youtube
Tomislav
schrieb am 25.05.2010, 14:34 Uhr
auch meine hochachtung dem rumänischen innenminister für diese fairness auch wenn ich offengestanden bezweifle dass der da ganz im sinne seiner regierung (ganz zu schweigen seiner bevölkerung) spricht, speziell denke ich da an traian der sich immer als sehr tolerant erwiesen hat.
@ schreiber: recht hast du, wenn die oberschlesier, pommern, ostpreußen auf eine entschuldigung der polnischen regierung warten dann werden sie aber noch lange unglücklich bleiben
schully
schrieb am 25.05.2010, 19:24 Uhr
Zitat:"Ich hätte mir gewünscht, dass mein Land entsprechende Rahmenbedingungen geschaffen hätte, damit Sie dort geblieben wären, wo Ihre Vorfahren und Sie selbst über acht Jahrhunderte einen Raum des Wohlstands und der Toleranz geschaffen haben".
das land könnte etwas für ein besseres leben der Rumänen tun,
immerhin sind etwa zehn mal so viele ausgewandert als Deutsche (nach 1989). für mich sind es leere worthülsen und höfliche floskeln. bla, bla...
servus
herschby
schrieb am 26.05.2010, 00:03 Uhr (am 26.05.2010, 00:04 Uhr geändert).
@Schuly: Ich denke, Du täuscht dich ziemlich.

Wenn der Innenminister Rumäniens öffentlich zugibt, dass den Deutschen in Rumänien Unrecht angetan wurde und man sich um Wiedergutmachung bemüht, dann ist das beispiellos und wichtig.

Die Relevanz einer solchen Aussage erschließt sich nicht jedem, wurde aber immerhin von einem Mitglied der Bundesregierung (StS. Dr. Bergner) als "historisch" bewertet. Darauf verlasse ich mich eher als auf eine Schully-Analyse

Grüße

Grüße
seberg
schrieb am 26.05.2010, 00:03 Uhr (am 26.05.2010, 00:04 Uhr geändert).
Politiker pflegen ihre Worte ja sehr bewusst und diplomatisch zu wählen, so dass die Annahmen vielleicht nicht ganz abwegig erscheint, CDU-Staatssekretät Bergner wollte mit seiner Erwiderung „Herr Blaga, [...] Sie haben heute mit Ihrer Rede [...] ein historisches Zeichen gesetzt…“ an das biblische „es geschehen noch Zeichen und Wunder“ anspielen und sich damit die sicher nicht ganz diplomatische Fortsetzung „...und jetzt warten wir auf das Wunder“ erspart hat.
martini295
schrieb am 26.05.2010, 00:55 Uhr
Scheinbar ist uns der aktuelle rumänische Innenminister wohlgesinnt. Lobenswert. Leider dreht sich das Ministerkarussel in Rumänien so schnell, das es durch die politischen "Fliehkräfte" nicht möglich ist, sich als redlicher Politiker lange drauf zu halten.
Und dann....
Kommt wieder ein Typ daher, der vielleicht vom Hören-Sagen die Geschichte der Minderheiten kennt, geschweige denn, die unsere.
In irgend einem Forum der Siebenbuerger Ungarn habe ich eine bezeichnende Geschichte zu dem Thema gelesen:
Ende der 80er Jahre fragte ein Rumäne aus Galati den ungarischen Soldatenkollegen, ob die Ungarn in Siebenbürgen das Gehalt in Forint bezahlt bekämen.
Wenn solch ein Ignorant die Stelle des aktuellen Innenministers einnehmen wird, ist es wohl mit den konstruktiven Gesprächen, wie das zum Thema Restitution, vorbei.
Der beste Weg, solche Ignoranten nicht erst aufkommen zu lassen, wäre der Schulunterricht.
Vielleicht irre ich mich, und der Unterricht in Rumänien ist meinen Gedankengängen bereits voraus:
Im (Geschichts-)Unterricht sollte im ganzen Land das Thema Minderheiten, gerade in so einem Staat wie Rumänien mit seiner Minderheitenvielfalt, ein Hauptthema sein.
@Hr. Fabritius:
Vielleicht eine Anregung für das nächste Gespräch mit dem aktuellen Minister.(Der hoffentlich einen guten Draht zum Kultusminister und vieleicht sogar das gleiche Parteibuch hat.)
Che
schrieb am 27.05.2010, 11:08 Uhr
Um Minderheiten und deren Kultur schützen zu können ist seitens der Machthaber notwendig sie im Bezug auf Lebensraum, Bildung, Wirtschaft und Pflichten im Vergleich zu der Mehrheitsbevölkerung zu privilegieren und kleine Nachteile für die Mehrheit einzukalkulieren und zu akzeptieren, sonst droht Auswanderung oder Assimilation.

Ich persönlich glaube nicht dass Rumänien sich jemals wirklich Sorgen um ihre Minderheiten gemacht hat, im Gegenteil, das Verschwinden der Minderheiten in eine (historisch gesehen) sehr kurze Zeit, kann Rumänien als diplomatischer Sieg in den Jahrhunderten lange Kampf um das Überleben, Behaupten, Beherrschen, für sich buchen ohne dabei rot zu werden, alle Völker die über andere Völker die ihnen auf einem gemeinsamen Territorium demografisch unterlegen sind verfolgen diese Taktik, negieren, bei Anklage sich diplomatisch äussern, wenn nötig: sich entschuldigen und Verbesserung versprechen, die Zeit für sich arbeiten lassen.

Die nächste Prüfung Rumäniens sind die Szekler und die ungarische Minderheit: ohne Privilegien werden sie im Laufe der Zeit untergehen und nur als Vermerk in die Geschichtsbücher weiter existieren, das was den Deutschen Rumäniens widerfahren ist sollte als Alarmglocke fungieren.

Ob das national(istisch)e Denken der Menschen irgendwann durch Vernunft und globales Denken ersetzt werden wird? Daran kann ich nur schwer glauben, wir sind alle nur Menschen, die Utopie als Hoffnung aber, bleibt.

MfG,

Che
bankban
schrieb am 27.05.2010, 12:15 Uhr
"Ob das national(istisch)e Denken der Menschen irgendwann durch Vernunft und globales Denken ersetzt werden wird?"

Nein, lieber Che, leider nicht, denn zuviele Menschen, selbst welche, die unter diesem Denken gelitten haben, erachten dieses Denken als notwendig. Selbst hier im Forum. Wenn also selbst die Opfer sagen, es sei alles gut so wie es (gewesen) ist, werden sie selbst ebenfalls (theoretisch) zu Tätern und ändern nichts. Und die ursprünglichen Täter wiederum ändern erst recht nichts. Also werden die Minderheiten weiter verschwinden, genauso wie die Pflanzen und Tierarten usw. Alles wird homogenisiert und wenn nachher alles gleich ist, wird man der verlorenen Vielfalt nachweinen. Und die wenigen Restexemplare in Museen bewundern. Oder ihre Nachzüchtung versuchen wie beim Auerochsen (guckst du hier: http://www.zeit.de/2010/17/Tier-Auerochse?page=1) Vergeblich.
gerri
schrieb am 27.05.2010, 15:15 Uhr (am 27.05.2010, 15:31 Uhr geändert).
Hallo Che, hallo Bankban, es gibt`s tatsächlich heute noch oder besser gesagt immer wieder im rum. Fernsehen die Aufforderund an die Bevölkerung sich immer zu bekennen : "Noi suntem romani". Ich glaube das ist schon die Angst von den Zigeunern überflügelt zu werden, da bei jenen die Geburtenrate 2,5 mal größer ist.(rum. Statistik)
Da in Rumänien 18 weitere Nationen existieren die sich zu ihrer Nation bekennen,würde es sehr lange dauern bis zu einem einheitlichem Volk.Da ist ein Druck und Gegendruck sehr wichtig um nicht im "Wohlsein" unter zu gehen.
Wo sich zuletzt die Armenier als Minderheits-Gruppe gemeldet haben,waren die zuständigen in Rumänien sehr verwundert und beleidigt und sollen gesagt haben:
- Wir haben euch doch immer als Rumänen betrachtet.(als A-Rumani).Doch die Armenier haben bestanden als Minderheit geführt zu werden, um als stolze Nation die sie immer war u. ist ,nicht in einer Schublade der Rumänischen teatralischen Geschichte zu verschwinden.

Gruß, Geri
seberg
schrieb am 27.05.2010, 16:11 Uhr
Che's obige Frage an bankban erinnert an die Frage A.Einsteins an S.Freud aus dem berühmten Briefwechsel zwischen den beiden: „Gibt es einen Weg, die Menschen von dem Verhängnis des Krieges zu befreien?“. Und bankbans Antwort ist auch fast wie die Freuds, nämlich sehr wenig optimistisch.

Freud widerspricht keineswegs Einsteins Vermutung „Im Menschen lebt ein Bedürfnis zu hassen und zu vernichten...“, im Gegenteil. Sein Schlusssatz in seinem Antwortbrief lautet zwar „alles, was die Kulturentwicklung fördert, arbeitet auch gegen den Krieg“, aber das klingt eher wie eine vage und schwache Hoffnung.
pedimed
schrieb am 27.05.2010, 16:41 Uhr
@ gerri: In Rumänien leben 21 Volksgruppen.Eine davon ist die Staatsnation und in Schässburg trafen sich 20 Minderheiten zur Besprechung 2009. MfG!!!
gerri
schrieb am 27.05.2010, 22:01 Uhr (am 27.05.2010, 22:04 Uhr geändert).
Hallo pedimed,wäre sehr froh wenn du mir diese 20 Volksgruppen (Nationale Minderheiten)
aufzählen würdest bei nächster Gelegenheit,zugleich bedanke ich mich im voraus.

Geri
pedimed
schrieb am 27.05.2010, 22:37 Uhr (am 27.05.2010, 22:40 Uhr geändert).
@gerri: Habe keine Liste davon, aber die Meldung über Schäßburg war hier im Gremium. Nach den Ungarn,Szeklern,SbS sind es noch die Zigeuner,Huzulen Ukrainer,Polen,Tschechen,Slovenen,Slovaken,Kroaten,Serben,Kosowaren,Bulgaren,Mazedoniern,Griechen,Türken,Russen,Weissrussen,Tataren,die aus dem Donaudelta kommen mir im Moment nichtr in den Sinn,Armenier,Aromunen.Ich hoffe ziemlich alle benannt zu haben.Viel Erfolg beim suchen.Mfg-nfU!!! Ja ich gleube es sind die Ruthenen!
schully
schrieb am 27.05.2010, 22:48 Uhr
Zitat herschby:" @Schuly: Ich denke, Du täuscht dich ziemlich.

Wenn der Innenminister Rumäniens öffentlich zugibt, dass den Deutschen in Rumänien Unrecht angetan wurde und man sich um Wiedergutmachung bemüht, dann ist das beispiellos und wichtig.

Die Relevanz einer solchen Aussage erschließt sich nicht jedem, wurde aber immerhin von einem Mitglied der Bundesregierung (StS. Dr. Bergner) als "historisch" bewertet. Darauf verlasse ich mich eher als auf eine Schully-Analyse."

und ich wiederum verlasse mich auf meine analysen aus der rumänischen presse.
was meinst Du über die diskussionen im rumänischen parlament zum neuen bildungsgesetz (noua lege a educatiei),
herschby?
da wurde (in der woche vor Pfingsten!) darüber gestritten, ob die minderheiten in ihrer jeweiligen muttersprache rumänische geschichte und geographie lernen sollten . meine generation durfte das, und zwar in zeiten der "unmenschlichen diktatur, unter der die sachsen so gelitten haben" (so ähnlich hat herr Blaga es ausgedrückt).
und dann kommt dieser herr Blaga , als vertreter dieses parlamentes, nach Dinkelsbühl, und bedauert, dass sein land nicht genug getan hätte...usw. ist das glaubwürdig?
warum schützen sie nicht die verbliebenen minderheiten?
ich bleibe dabei: es waren höflichkeitsfloskeln!
servus

PS: was meinst Du mit "und man sich um Wiedergutmachung bemüht, dann ist das beispiellos und wichtig...?
Schiwwer
schrieb am 28.05.2010, 02:05 Uhr (am 28.05.2010, 02:10 Uhr geändert).
@ Pedimed und Gerri:
Juden, Türken, Tataren, Lipovener (die es nicht nur im Delta, sondern auch in der Bukowina gibt), die Ruthenen sind in der Maramuresch.
In der Dobrudscha und Bant gab es vereinzelt auch Italiener, ich kenne auch Polen.

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