Es geht wieder gut in Siebenbürgen

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Wanderer
schrieb am 02.09.2007, 22:22 Uhr
Es bewegt sich etwas dort,es gibt eine starke Entwicklung.Die Menschen bauen schöne Häuser,renowieren sich die Wohnungen,alle haben Eigentum,sind zu Hause.(wohnen nicht in Miete)Es ist Arbeit für alle,man kann vom Gehalt leben.Neben der Arbeit werden die Feste gefeiert so wie sie fallen.Die Kinder und Jugentliche besuchen gute Schulen,haben Zukunft.Die Menschen sind glücklich und zufrieden,leben nicht mit Streß und Angstgefühlen.Bin von Siebenbürgen faszieniert,von diesem schönen Gebiet mit viel Raum,Himmel,Natur und Freiheit.Könnte mir vorstellen in Siebenbürgen zu leben.
rio
schrieb am 02.09.2007, 22:46 Uhr (am 02.09.2007, 23:04 Uhr geändert).
Na dann, nur zu! Scheint ja ein Schlaraffenland zu sein, so wie Du es beschreibst. Die rumänischen Medien lügen sich wahrscheinlich den Buckel voll.
Eine Frage noch: Könntest Du es Dir nur vorstellen, oder willst du es auch mal tatsächlich versuchen? Ein kleiner Unterschied ist schon da. Mir gefällt jedenfalls die Cote d'Azur als Tourist auch wahnsinnig, aber den Alltag ob nun in Marseille, Nizza, Cannes oder sonstwo könnte ich mir nicht so recht vorstellen. Jedenfalls: Viel Glück von mir aus, du wirst es nötig haben!

P.S. ...alle haben Eigentum,sind zu Hause.(wohnen nicht in Miete)

Da hast Du sicher etwas vergessen, der Satz müsste lauten:

...alle EIGENTÜMER haben Eigentum,sind zu Hause.(wohnen nicht in Miete)...

So könnte es von ungefähr hinhauen.
Wanderer
schrieb am 04.09.2007, 11:29 Uhr (am 04.09.2007, 14:38 Uhr geändert).
rio schrieb: Könntest Du es Dir nur vorstellen, oder willst du es auch mal tatsächlich versuchen?

Ein Teil unserer Familie lebt in Siebenbürgen,es geht ihnen gut(die Menschen in Siebenbürgen sind nicht arm). Wir möchten versuchen zurück nach Hause zu ziehn zur Familie, wieder mit ihnen zu sein,und nicht mehr in der Fremde einsam und in Miete.Dort steht auch unser Haus,in Siebenbürgen(reiches und schönes Gebiet),in Rumänien,in der Europäischen Union.
mingus
schrieb am 05.09.2007, 12:23 Uhr
Es geht wieder besser in Siebenbürgen, aber bitte keinen Unsinn.

Wanderer schrieb: alle haben Eigentum,sind zu Hause.(wohnen nicht in Miete)

Stimmt nicht. Die meisten Jugendlichen wohnen in Miete. Eigentum ist extrem teuer und fast unmöglich zu kaufen, außer man ist reich (und wir sind es normalerweise ganz und gar nicht).

Wanderer schrieb: Neben der Arbeit werden die Feste gefeiert so wie sie fallen.

Nicht wirklich gefeiert. Wir essen, saufen und telefonieren, sind aber nicht glücklich.

Wanderer schrieb: Die Kinder und Jugentliche besuchen gute Schulen,

Die Schulen waren noch nie so schlecht wie heute. Glaub's mir, ich kenne sie auch vor zwanzig Jahren, auch vor zehn Jahren, auch heute.

Wanderer schrieb: haben Zukunft.

Haben Zukunft in Spanien.

Wanderer schrieb: Die Menschen sind glücklich und zufrieden,leben nicht mit Streß und Angstgefühlen.

Streß und Angst sind so verbreitet, daß man sie sich gar nicht mehr vorstellen kann, außer man begegnet glücklichen Ausländern und man bemerkt den Unterschied. Alle greifen sich gegenseitig an, niemand vertraut sich an niemand, Sozialsicherheit ist schlecht oder gar nicht, Krankhäuser verbreiten Krankheiten anstatt sie zu heilen.

Ah, und alle wollen Geld, mehr Geld, und sie arbeiten wahnsinnig, zerstören sich die Gesundheit, drei Viertel verzichten sogar auf das Urlaub, und all das umsonst, weil die Gehälter so klein sind, und die Begierden so groß, daß man schließlich sowieso von der Bank borgt.

Wieso du auf diese Idee mit der Glücklichkeit und Zufriedenheit gekommen bist, kann ich mir gar nicht vorstellen. Hast du eventuell die Touristen vom Ausland in Hermannstadt gesehen, und sie für einheimisch gehalten?
Serban
schrieb am 06.09.2007, 09:54 Uhr
Servus
Kollege Wanderer, deine Vorstellung ueber Siebenbuergen ist irgendwie "malerisch": selbstverstaendlich gibt es eine starke Entwicklung in SB (und in Rumaenien allgemein), aber beachte bitte dass unser Startniveau vor 7 Jahren praktisch bei NULL lag. Eigentuemer? Ja, aber mehrheitlich am Lande. In den Staedten wohnen die Jugendlichen groesstenteils in Mietwohnungen (Tendenz steigend). Und bei den Wucher-Preisen ist eine gewaltige Aenderung nicht voraussehbar.
Allgemein ist die Lebensqualitaet in Rumaenien niedrig. Damit meine ich nicht etwa Inflation oder Benzinpreise, sondern
a. Infrastruktur - fehlend
b. Umweltverschmutzung - grausam (z.B. in Bukarest)
c. Beziehung zu saemtlichen Behoerden - kompliziert, zeitverschwenderisch, ab und zu mal direkt absurd (versuch mal, eine Verkehrsgeldstrafe zu bezahlen), schmierbeduerftig
d. Krankenversorgung - kein Kommentar, obwohl ich die Qualitaet der Aerzte in Rumaenien nicht in Frage stelle

Sicher, es werden Fortschritte gemacht, aber so sieht es jetzt aus. Wenn man all diese Punkte mit der jetzigen Lage in Deutschland vergleicht, dann ...
Wo ich dir aber irgendwie recht geben kann: man kann recht vieles anfangen, der Markt hat Wachstumspotential, Platz ist fuer alle da, der Bedarf ist riesig, die Mittelklasse waechst usw. Es haengt immer davon ab, wie man was vergleicht.
Kollege Mingus, ich wage es zu behaupten dass auch deine Vorstellung ziemlich einfarbig ist (Spanien, die Zukunft? Bestimmt nicht fuer die Mehrheit der Rumaenen). Vielleicht wolltest du so Wanderers Argumentation niederlegen.
Gruss,
Andrei
rio
schrieb am 06.09.2007, 10:27 Uhr
Sicher gibt es das Land, das Wanderer hier treffend beschrieben hat. Es heißt nur nicht Siebenbürgen. Sein Name ist Utopia.
Karel Will
schrieb am 06.09.2007, 12:06 Uhr (am 06.09.2007, 19:29 Uhr geändert).
Guten Tag allerseits.

Ich persönlich teile die Meinung von Serban voll und ganz – rio hat auch nicht Unrecht mit seiner Ansicht.

Wenn man die Situation jetzt in Siebenbürgen „nüchtern“ betrachtet werden einige viel realistischer, über die Lage in RO denken als „Wanderers“ schwärmerische Behauptung.

>alle haben Eigentum, sind zu Hause.(wohnen nicht in Miete)Es ist Arbeit für alle, man kann vom Gehalt leben.<
Es soll vielleicht heißen - man MUSS vom „Gehalt“ leben!

Einfach das Argument keine Miete in D und nach SB (wieder) umzusiedeln, weil man dort eine Mauer noch stehen hat, sehe ich auch als sehr, sehr gewagt.
Man darf aber auch nicht vergessen - dass Schönheit in den Augen des Betrachters ist ...!

Manche geben sich zufrieden mit einem „Plumpsklo“, das Wasser holen sie aus hundert Meter Entfernung mit dem Kübel aus dem eigenen Brunnen, heizen fast jedem Samstag ihren Badeofen um sich ganzkörperlich wieder mal zu waschen, wärmen ihren Körper im Winter mit Holzspalten und Schneeräumen und werden dann gelegentlich von einem Fuhrmann in die nahegelegenen Stadt zum einkaufen mitgenommen...
Ich glaube viele könnten sich da nicht mehr so gut einfügen.

Ich persönlich kann mir ein Leben in SB nur dann vorstellen, wenn ich dort Selbstversorger bin. Doch das kann, ohne unsere frühere Gesellschaftsform, nicht mehr so einfach sein.
Diese Dörfliche „Nachbarschaftshilfe“ wird durch die fehlende Sächsische Bevölkerung dort nicht mehr gewährleistet und von den Rumänen und Zigeunern wird man wohl wenig Hilfe erwarten können.
Ohne das nötige finanzielle Kapital, welches dann so dringend notwendig ist, wird man wohl kaum Überlebenschancen haben.
Ungerecht finde ich, so eine Entscheidung, den minderjährigen Kindern gegenüber, wenn man welche in so ein Wirtschaftsverhältnis mitzieht, weil die ja nicht gefragt werden (können).

>es geht ihnen gut(die Menschen in Siebenbürgen sind nicht arm).<
Arm sein wird hier wiederum sehr relativ aufgeführt.

Vergangenen Januar tankte ich Diesel in meinen Geländewagen für 80 EUR wobei der Tankwart behauptete dieser Betrag entspreche der Höhe seines Gehaltes...

MfG
Spongebob
schrieb am 06.09.2007, 17:35 Uhr
Karel Will schrieb: Guten Tag allerseits.
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Ich persönlich kann mir ein Leben in SB nur dann vorstellen, wenn ich dort Selbstversorger bin. Doch das kann, ohne unsere frühere Gesellschaftsform, nicht mehr so einfach sein.
Diese Dörfliche „Nachbarschaftshilfe“ wird durch die fehlende Sächsische Bevölkerung dort nicht mehr gewährleistet und von den Rumänen und Zigeunern wird man wohl wenig Hilfe erwarten können.
Ohne das nötige finanzielle Kapital, welches dann so dringend notwendig ist, wird man wohl kaum Überlebenschancen haben.
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MfG



Ob die deutsche Siedler vor ca 800 Jahren sich das gleiche gefragt haben? Vermutlich, sie haben es aber gewagt. Sie hatten zwar Unterstützung und Privilegien von den Herrschenden erhalten, das meinste aber mussten sie allein meistern und es war bestimmt nicht einfach. Deren Problem war nicht unbedingt das fehlende Warmwasser oder die Infrastruktur oder das Internet oder die Behörden usw...

Von den Dortlebenden haben sie auch keine Hilfe verlangt und erwartet, ihre Probleme (Kriege, Hungersnöte, Epidemien, schlechte Ernten, unangemessene Steuern usw.) haben sie nur noch härter und erfinderischer gemacht, sie haben eine Gesellschaft und eine HEIMAT aufgebaut! ,,Einfach´´ hatten sie nie...

Und das alles hat man aufgegeben...

Natürlich ist das Leben dort nicht einfach, vermutlich ist der Wanderer über Rumänien in den Urlaub geflogen, das Land mal auf die schnelle aus 11000 m. betrachtet und hier seine Eindrücke geschildert, wo er aber Recht hat ist dass die Lebensqualität in Rumänien langsam aber unaufhaltsam aufwärts geht...

Mit Rückkehrgedanken spiele ich längst, die Wahrheit ist dass ich zu feige dafür bin und auch in Zukunft seien werde...

Um eine Rückkehr außer Frage zu stellen schiebt man die Schuld immer auf die anderen, sei es der Staat, die Behörden, die hier aufgewachsenen Kinder, der Zigeuner, das fehlende Kapital...
Wir haben einfach keine Eier in die Hose, zu warm und kuschelig ist das Leben heute, schon ein Plumpsklo ist uns eine zu grosse Zumutung...

Mfg,
Karel Will
schrieb am 06.09.2007, 20:06 Uhr
Zitat – Spongebob:
>Mit Rückkehrgedanken spiele ich längst, die Wahrheit ist dass ich zu feige dafür bin und auch in Zukunft seien werde...<

Das hat, glaube ich, nichts mit Feigheit zu tun denn wer begibt sich schon freiwillig vom „Regen in die Traufe“, wenn man’s gegenwärtig schön gemütlich hat...

Dieses rege Thema wird auch im Bereich „Patriotismus“ diskutiert. Wäre nicht verkehrt mal dort deine Selbstkritik anzubringen um ein Beispiel von Mut darzustellen und dieses prekäre Thema weiter zu beleben denn es liegt mir persönlich sehr viel dran zu wissen wie man darüber denkt und natürlich wie man sich weiterhin dann auch verhält – vorerst nur schriftlich und ohne Beleidigungen etc.

Rückkehr, Rückkehr... ich verschwende nicht mal mehr einen Gedanken daran.
Lieber aus Abenteuerlust und Neugierde in den Dschungel nach Brasilien, als bewusst in den „Kerker“ zurück... wo man dem Zweifel - daheim oder nicht daheim - nicht los wird!
MfG
seberg
schrieb am 06.09.2007, 21:28 Uhr
Spongebob schrieb:
Wir haben einfach keine Eier in die Hose, zu warm und kuschelig ist das Leben heute, schon ein Plumpsklo ist uns eine zu grosse Zumutung...

Mehr Eier im Geldbeutel sind auch nichts Verächtliches, warum also zurückwandern ohne Not. So wie niemand seine Heimat ohne Not verlässt, so geht auch niemand nach Siebenbürgen zurück nur aus Heimweh und edlen romatisch-nostalgischen Gründen, auch @Wanderer denkt dort materiell besser leben zu können, so habe ich ihn verstanden…War das wirklich HEIMAT, was du dort verlassen hast?
Spongebob
schrieb am 07.09.2007, 05:13 Uhr
seberg schrieb:
…War das wirklich HEIMAT, was du dort verlassen hast?



Hmmm... das ist die Frage. Wie definiert man eigentlich Heimat?
Karel Will
schrieb am 07.09.2007, 09:55 Uhr
Es prägt hier kein innerliches Gefühl den Bezug zu Siebenbürgen also kann man auch keine Definition über das Wort Heimat abgeben.
Ich erinnere mich mal gelesen zu haben: „Dort wo ich geboren, wo meine Wiege stand....
dort ist meine Heimatland!“
Also haben wir mindestens EINEN Bezug zu Siebenbürgen.
Andere Poeten drücken ihre Gefühle zu ihrer Heimat aber auch ganz andersrum aus.
MfG
seberg
schrieb am 07.09.2007, 10:55 Uhr
Spongebob schrieb:
Hmmm... das ist die Frage. Wie definiert man eigentlich Heimat?


Und ich dachte, du wüsstes es und kannst es uns sagen:

Zitat spongebob:
…die deutsche Siedler vor ca 800 Jahren…haben…eine HEIMAT aufgebaut!


Jedenfalls ein sehr deutsches Wort, das es angeblich in keiner anderen Sprache gibt und als unübersetzbar gilt. Eine gute Umschreibung findet man, meine ich, trotzdem im rumänischen Wörterbuch dexonline.ro unter dem Stichwort „rost“, da stehen dann so Sachen wie z.B. „mod de a-şi întocmi viaţa; stare, situaţie socială, materială, familială; p. ext. Gospodărie“ …und noch viele andere sehr viel nüchternere Begriffe als das deutsche Heimat – kein Wunder, heißt es im Laeinischen doch auch ubi bene… Heimat heiß es demnach wohl immer erst wenn und so lange es einem bene geht…oder?
Wanderer
schrieb am 07.09.2007, 11:57 Uhr
Im Beitrag: Von Volkstum und Volksgemeinschaft!
Versucht Johannes Mumbauer zu erklären was Heimat ist.
Ein sehr interessanter Beitrag.



JOHANNES MUMBAUER

Von Volkstum und Volksgemeinschaft!

Diese Blätter wollen der Heimat und dem Heimatgedanken dienen. Was aber ist „Heimat"?

Die meisten Leser dieser Zeilen werden geneigt sein, treuherzig zu versichern, Heimat sei der geographische Punkt, also das Land oder der Gau, das Tal, der Berg oder die Ebene,. die Stadt oder das Dorf, so einer auf die Welt gekommen ist — also kurz die Geburtsstätte. Nicht wahr, das ist doch „einfach"? So? Mit dieser ganz äußerlichen Bestimmung will man die Frage abgetan sein lassen? Bedenkt man nicht, daß der Ort, wo einer geboren wurde, von ganz zufälligen Umständen abhängen kann? Und die Heimat, das Höchste und Heiligste, was der Mensch — nach seinem Gott und seiner Religion — auf dieser Erde hat, sollte der Bestimmung des Zufalls anheimgegeben sein? Nimmermehr! Hier walten höhere Geschicke ob. Ich kenne einen Herrn, der einen klangvollen literarischen Namen hat und uns eine Reihe guter Romane geschenkt hat, der heute als Gymnasialdirektor in Magdeburg wohnt. Dieser Mann, dessen Vater ein Deutschschweizer und dessen Mutter eine Reichsdeutsche war, wurde als Sohn eines evangelischen Missionars in irgend einem weltfernen Negerdorfe in Innerafrika geboren. In diesem Negerdorf, wo man ihm sogar einen Negernamen beilegte, verlebte er, betreut von einer Negeramme, seine ersten Kinderjahre. Dann wurde er von seinen Eltern, die in Afrika blieben, nach Europa geschickt, damit er europäische Kultur und Bildung lerne, und zwar zu Tanten nach Süddeutschland. Von dort kam er dann längere Zeit zum Gymnasialstudium nach der Schweiz, besuchte danach deutsche Universitäten, nachdem sein Vater nach Rheinhessen in der Nähe meiner Heimatstadt Kreuznach übergesiedelte Stätte fand, als er infolge seiner Philologenlaufbahn in die verschiedensten Gedelt war, wo der Sohn immer wieder seigenden Deutschlands, für eine Reihe von Jahren sogar nach Rom verschlagen wurde, um schließlich in Sachsen, in Magdeburg hängen zu bleiben. — Was, meint man wohl, ist die Heimat dieses Mannes? Oder was wird er als seine Heimat betrachten? Sicherlich nicht dieses Negerdorf in Afrika. Aber vielleicht die Schweiz, aus der sein Vater stammt? Nein? Auch nicht Magdeburg, wo er nun schon seit vielen Jahren mit seiner Familie wohnt und wo er amtlich wirkt — er fühlt sich in der sächsischen Umgebung gar nicht „heimisch". Er erklärt vielmehr ohne jedes Schwanken als seine Heimat den rheinhessischen Winkel, wo er im Hause seiner Eltern die bestimmenden volksmäßigen Eindrücke erhielt. Dort ist seine Heimat, Weil er daselbst mit seinem innersten Wesen hineingewachsen war in eine — Gemeinschaft.

Hier stoßen wir auf den Kern unserer Frage: die Heimat wird bestimmt durch geistige Momente, nicht durch mehr oder minder zufällige Äußerlichkeiten. Nicht die topographische Lage des Geburtsortes, auch nicht das kürzere oder längere Weilen und Wohnen an einem Platze oder in einer Gegend macht die Heimat aus, sondern das geistige Einwurzeln in einem Volkstum, weiter gesagt einem bestimmten Menschentum, kurz einer seelischen Gemeinschaft. Die Heimat eines Menschen ist da, wo er geistig und seelisch hingehört; und diese Zugehörigkeit, die nicht durch räumliche, materielle, ökonomische Faktoren bedingt werden kann, ist nur möglich in einer Gemeinschaft — einer kleineren oder größeren. Und hier liegen auch die wesentlichen Grundlagen des Volkstums, das nur aus dem Begriff und dem Bewußtsein der Heimat erwachsen kann.

Von der Gemeinschaft ist wohl zu unterscheiden die Gesellschaft. Die beiden werden oft gedankenlos verwechselt, gehören aber ganz getrennten Gebieten des Seins an. Gesellschaft ist etwas Materielles, Gemeinschaft etwas Seelisches; Gesellschaft ist zufällig, Gemeinschaft notwendig; Gesellschaft ist zeitlich bedingt und auflösbar, Gemeinschaft ewig und unauflöslich; Gesellschaft wird von Menschen gemacht, Gemeinschaft ist gottgewollt. Wahre Gemeinschaft ist Schicksal, das man nicht herbeiführen und wählen kann, während man eine Gesellschaft nach Belieben gründen und ihr beitreten kann. In der Gemeinschaft verbindet ein geistiges Band, in einer Gesellschaft die egoistischen Zwecke und Interessen.

Die kleinste, aber ursprünglichste, wichtigste und notwendigste Gemeinschaft ist die Familie, der von Gott selber gestiftete und gewollte Bund, die man mit Recht „die Zelle" aller menschlichen Gemeinschaftsbildung genannt hat — was freilich die heutige Menschheit vielfach zu verkennen scheint; der Verfall der menschlichen Gemeinschaft rührt her vom Verfall der Familie. Urheimat eines jeden Menschen, der ins Gemeinschaftsleben einbezogen wird, ist die Familie. Sie entsteht ja nicht aus selbstsüchtigen Zweckinteressen (ein Vater z. B., der seine Kinder zu seinem persönlichen Vorteil mißbraucht, wäre ein entarteter Vater), sondern wird durch sittliche, geistige, seelische Bande zusammengeschweißt nach dem Willen des Schöpfers. Wer in seine Familie hineingeboren ist, gehört untrennbar zu ihr; denn er hat sich diese Gemeinschaft nicht gewählt, sondern er wurde für sie und in sie bestimmt von höherer Macht. Ein Vater kann sich nicht lossagen von seinen Kindern, und die Kinder können sich nicht lossagen von ihren Eltern: mag auch ein entarteter Sohn gegen den Willen der Eltern das Vaterhaus verlassen, er gehört trotzdem noch zur Familie; denn aus einer gottgewollten Gemeinschaft kann man nicht austreten wie aus einer Skatgesellschaft. O selige Heimat der Familie! Und selig, wer noch die Familie zur Heimat hat! Er kann seelisch nie arm werden. Ähnlich wie mit der Familie verhält es sich mit den übrigen Gemeinschaften, die zur Heimat werden können. Der Kreis des Gemeinschaftslebens weitet sich mit der Gemeinde, der Stadt= oder Dorfgemeinde, zu der der Einzelne durch Geburt oder Wahl in jedem Falle schicksalsgemäß gehört; denn auch diese Gemeinde ist ein für sich bestehendes überindividuelles Wesen, für das entsprechend alles gilt, was von der Gemeinschaftsverpflichtung und dem seelischen Segen der Familie gesagt wurde. Jene „Zelle" entwickelt sich dann weiter zu immer größeren Gemeinschaften, die alle in ihrer Art notwendig, weil gottgewollt sind. Wir kommen da in konzentrischem, organischem Wachstum zu Stamm (Volksstamm, wie z. B. Franken, Pfälzer, Allemannen, Bayern, Sachsen usw., auch kleine Gruppen, wie z. B. Ahrbewohner, Eifler, Moselaner, Westerwälder, Hunsrücker U. dgl. kommen in Betracht), und im Zusammenschluß der verschiedenen Stämme zum Volk, der größten Gemeinschaft unter der Menschheit. Das Volk ist nun heute zumeist zusammengeschlossen im Staatenvolk; aber der Staat ist an sich nicht gleichbedeutend mit Volk und Volkstum. Das geht schon daraus hervor, daß es Staaten mit mehreren Völkern gibt (wofür die Neuverteilung der Territorien nach dem Weltkrieg eklatante und seltsame Beispiele bietet), so dann aber und vor allem aus der Erkenntnis, daß der Staat seinem Wesen nach keine Gemeinschaft, sondern eine Gesellschaft im oben festgelegten Sinne ist und sein kann. Heimat können nur Familie, Gemeinde, Stamm und Volk werden, weil und insofern sie wahre Gemeinschaften sind, und zwar in dem Maße, wie der einzelne innerlich mit ihnen verbunden ist. Diese innerliche Verbundenheit vollzieht sich vor allem durch und in dem Komplex jener Gegebenheiten, die wir Kultur zu nennen pflegen. Wenn hier von Kultur die Rede ist, so meinen wir das im umfassendsten Sinne geistiger Bildung — Bildung natürlich nicht als Summe verstandesmäßiger Kenntnisse, sondern als innerer Besitz aller derjenigen Kräfte, Strebungen und Güter, die den Menschen aus dem Naturhaften, Triebhaften, Ungeistigen emporheben zum Geistigen; und wieder nicht unterschiedsloser, gleichmachender Besitz, sondern abgestuft nach Berufs= und Lebenskreisen, so daß die Eigenständigkeit der Bauernkultur neben der Stadt= (Großund Kleinstadt) Kultur, der Industriearbeiterkultur neben der der sog. Intellektuellen selbstverständliche Voraussetzung ist. Da, wo nun dieser Kulturbesitz, sei es in Familie, in Gemeinde, in Stamm, in Volk, innerlich angeeignet, wo das ganze Wesen und dessen Ausdruck von ihm geprägt wird, da ist eines jeglichen Heimat. Heimat ist der besondere Typus der Landschaft, in der wir eingewurzelt sind; Heimat ist die Sprache, man pflegt zu sagen der Dialekt, der betreffenden Gegend; Heimat ist die Religion und die Kirche, in der wir aufgewachsen sind, ihre Liturgie, ihre Riten, ihr Frömmigkeitsausdruck; Heimat sind das Recht und die Rechtsanschauung eines Stammes samt ihrer Ausprägung in den ökonomischen und sozialen Verhältnissen; Heimat sind die eigentümlichen Bauten und die Bauweise einer Gegend einschließlich der Siedlungsart; Heimat ist die volkstümliche, stammesgemäße Kunst eines Gaues, die sich (man nennt das heute „Kunstgewerbe") bis auf die kleinsten Gegenstände des täglichen Gebrauchs erstrecken kann; Heimat sind die Volksbräuche, die Feste, Gewohnheiten eines bestimmten Umkreises, sofern sie wirklich auf volksmäßiger Tradition beruhen und nicht, wie das heute törichterweise vielfach versucht wird, künstlich hineingetragen sind. Man könnte diese Aufzählung leicht fortsetzen; das Angeführte dürfte aber genügen zur Bezeichnung dessen, was gemeint ist. Alles, was das Hineinwachsen in solche kon= krete „Kultur" fördert, ist heimisch, ist heimatlich. Alles aber, was dem analysierenden Nivellierungsprozeß einer angeblichen, tatsächlich nicht vorhandenen, weil unmöglich sog. „allgemeinen Kultur" Vorschub leistet, ist unheimisch und heimatwidrig. Damit ist natürlich nicht ausgeschlossen, daß es auch ein gesamtvölkisches Heimatgefühl, eine große deutsche Heimat, ein deutsches Volkstum über den Umfang der einzelnen Stämme und Gemeinden hinaus gibt; vielmehr ist dieses die notwendige Folgerung, jenes aber die Voraussetzung. Das gesamtdeutsche Heimatbewußtsein als das Gemeinschaftsgefühl eines innerlich verbundenen Volkes kann nur entstehen auf der Grundlage jener angedeuteten Heimatswerte in den kleineren Gemeinschaftsbildungen, innerhalb deren die seelische Anlage zum Heimatlichen an ganz konkrete Dinge und Kräfte anknüpfen kann. So erwächst aus dem rechten Familiensinn, aus der Anhänglichkeit an die Dorf* oder Stadtgemeinde, aus dem echten Stammesbewußtsein das wahre Volkstum, die Liebe und Treue zur großen Volksgemeinschaft, von der man nicht einseitig nur. persönliche Vorteile erwarten darf, sondern der man auch im Bewußtsein einer höheren Berufung zu dienen, und, wenn nötig, unter Opfern zu dienen bereit sein muß — nur so kann die Gemeinschaft in ihren einzelnen Stufen gedeihen. „Der ist in tiefster Seele treu, wer die Heimat liebt wie Du."

Wir sprechen hier vom Kreise Ahrweiler aus. Wessen Heimat ist dieses schöne Land? Nur derjenigen, die in ihm geboren sind? Oder derjenigen, die seit Jahrzehnten in ihm ansässig sind und in ihm ihre Geschäfte treiben? Nach allem hier Gesagten: nein! Heimisch bei uns sind alle, deren Seelen in die Seele dieser gesegneten Gaue an der Ahr, am Rhein, in der Eifel tief hineingetaucht und mit der Art und der Kultur dieses Landstriches lebendig verwachsen sind. Das gilt aber nicht nur von den Eingeborenen, die — auch das muß einmal gesagt werden — in gar nicht so' seltenen Fällen jenen unheimatlichen Nivellierungs= und Angleichungstendenzen einer undeutschen Talmikultur recht bedenkliche Konzessionen gemacht haben und ihrer heimischen Sonderart zu entsagen bereit waren, sondern es gilt auch und mit gleichem Recht von denjenigen Eingewanderten, die sich in den Geist dieses Landes und dieses Volkes wesenhaft eingelebt haben und selbstlos diesem Volkstum dienen. Durch diesen Dienst haben sie sich hier das Heimatrecht erwerben. Möge nur ein edler Wettstreit entbrennen: wer dem heimischen Wesen am treuesten ist, der ist ein wahrer Heimatmensch.

Wer aber kann nun mit kurzem, knappem Wort sagen, was Heimat ist? Vielleicht hat es der Dichter Wilhelm von Scholz in ahnungsvollen Versen am tiefsten so ausgesprochen:

Eine Heimat hat der Mensch,
Doch er wird nicht drin geboren. —
Muß sie suchen traumverloren.
Wenn das Heimweh ihn ergreift.

Aber geht er nicht in Träumen,
Geht er achtlos ihr vorüber,
Und es wird das Herz ihm plötzlich
Schwer bei ihren letzten Bäumen.
Karel Will
schrieb am 07.09.2007, 17:29 Uhr
Ja, geheimnisvoller Wanderer das war ausführlich genug, welchen den so umstrittenen Begriff Heimat betrifft.
Da hat auch der Gefühlsneutrale Spongebob, viel zu Philosophieren.
Ich erlaube mir hier meine Ausführung reinzusetzen denn ich weiche von unserem Thema Heimat nicht ab. Ich schrieb mal:

Fremde Heimat „Klares Bild“

Dort wo ich bin geboren‚
da lehrte man das Hassen.
Meine Würde ging verloren
D’rum hab ich es verlassen.

Wir mussten werden Genossen‚
eingesperrt im eigenen Land‚
verfolgt, beklaut, verstoßen
Deutschtum langsam schwand.

Verloren mit Gift im Leibe
hier in der Ferne ich treibe.
Die Fremde gibt mir Bleibe,
doch in Dankbarkeit ich leide.

Vorurteile die ich mir anhöre‚
benebeln der Heimat die Sicht‚
obwohl ich zu dem Volk gehöre‚
tue ich in fremdem Lande Pflicht.

Nimm was weg man glaubt‚
in Schüchternheit ich flieh.
Glauben ist mir hier erlaubt‚
doch Heimat wird’s leider nie.

MfG

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