Kultur, Reisen

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Regine ( Jini )
schrieb am 12.09.2025, 16:39 Uhr
Heute hörte ich im Radio: T´Pau, "China in Your Hand".
Das Lied war Anfang 1987 ein Riesen-Hit. Jetzt plagt mich das "Fernweh", und ich denke an meine China-Reise von damals;-)).

Heute also: China.
Im Februar 1987 besuchte ich gute Bekannte aus Hannover in Peking. Seit ca. 1,5 Jahren lebten sie dort; er arbeitete für die Deutsche Post, die begonnen hatte, China zu verkabeln (in seinem Arbeitszimmer hing ein Bild von ihm, zusammen mit Schwarz-Schilling).
Damals gab es noch keine Einzelreisen nach China; ich hatte ein Einzelvisum bekommen, weil mich meine Gastgeber als ihre Nichte deklariert hatten;-))).
Direktflüge aus nicht-kommunistischen Ländern gab es auch nicht; ich traf mich mit meiner Gastgeberin in Hongkong, guckte mir 3 Tage lang die Stadt an, dann flogen wir zusammen nach Peking (in Hongkong habe ich "echtes" Dim Sum genossen). Sie wohnten im (neuen) Sommerpalast der Kaiserwitwe Cixi (das war die, die den letzten Kaiser Puyi mit 2 Jahren auf den Thron gepuscht hatte...), so richtig traditionell, mit quadratischem Innenhof. Der Sommerpalast ist ein riesiges Areal, gerade hatte der Club Med eine Anlage eröffnet.

Es gab damals in China keinen einzigen privaten PKW.
Auf den Straßen fuhren klapprige Busse, Taxis (ausschließlich schwarze Moskwitsch), und wenn mal ein PKW zu sehen war, saßen garantiert Ausländer drin (meine Gastgeber hatten gerade einen Scirocco aus dem VW-Werk in Shanghai erhalten). Und: egal, wo ich stand, innerhalb weniger Minuten fuhren Tausende Fahrräder an mir vorbei...

Die Bevölkerung machte auf mich einen verwahrlosten Eindruck. Von Weitem konnte ich Weiblein und Männlein nicht unterscheiden: Alle trugen einen struppigen Prinz-Eisenherz-Schnitt. Die Hälfte der Menschen trug eine blaue Pufoaică plus wattierter Hose, und die andere eine oliv-farbene Garnitur... Wenn mal in der Masse eine junge Frau mit rotem Anorak zu sehen war, war das, Aussage meiner Gastgeberin: ein Geschenk der Honkie-Verwandtschaft (Hongkong;-)).
Wenn ich meine Fotos von damals betrachte, staune ich -immer noch- ob der Vergleiche mit dem heutigen China.

In den Geschäften gab es ausschließlich Abakusse. Ich durfte in die Bibliothek einer Uni mitgehen. Dort bestaunte ich im Sekretariat eine Angestellte an einer Schreibmaschine; ihre Finger flogen über mehr als 4000 Zeichen und Zahlen mit einer Geschwindigkeit, der ich mit meinen Augen nicht folgen konnte.

Ich war in den Katakomben der Ming-Gräber, auf der Großen Mauer, und natürlich in der Verbotenen Stadt, und auf dem Kohlenhügel. Die Verbotene Stadt umfaßt etwa 900 Paläste plus Innenhöfe. Zu der Zeit wurde gerade der Haupt-Weg renoviert und die Gebäude links+rechts, alles andere war in jämmerlichem Zustand, teilweise verfallene Gebäude und Mauern. Der Thronsaal war komplett leer-geplündert.
Mao Tse-Tung war 1976 gestorben, jetzt war Deng Xiaoping dran, und der kulturelle Aufbau begann (China-Oper war immer noch verboten; eine Aufführung habe ich 1996 in Singapore gesehen, während eines Stopovers auf dem Rückflug von den Philippinen, aber das ist eine andere Geschichte...).
Im Mausoleum auf dem Tian´anmen-Platz war ich nicht, die kilometerlangen Schlangen davor schreckten mich ab.
Wir erinnern uns: Juni 1989 fanden die Massaker auf dem Tian´anmen-Platz statt.

Ein zweitägiger Ausflug zu dritt (mit meiner Gastgeberin und einer Taiwan-Chinesin) hat mich sehr beindruckt: Wir fuhren mit dem Zug nach Chengde in den äußersten Norden. Dort befinden sich fünf Tempel. Einer davon ist die Miniatur-Ausgabe des Potala aus Llasa, Sitz des Dalai Lama. Die gesamte Anlage wurde in kleinerem Format nachgebaut.
Vor dem Hauptgebäude saß ein alter Mönch. Wir sagten artig Ni-hau, kauften Kerzen und zündeten sie im Inneren an. Was für ein erhabener Augenblick, wahrlich magisch!!
Draußen stand ich auf einem Erdhügel, stützte mich auf eine Mauer, und guckte direkt in die Steppe der Inneren Mongolei.
Neee, Dschingis Khan bin ich nicht begegnet;-)).

Was mir in Erinnerung geblieben ist: In der Öffentlichkeit waren stets "Beobachter" in unserer Nähe, auch auf der Zugfahrt nach Chengde (sie zeigten sich ganz offen, ohne Scheu "begleiteten" sie uns).
In Peking gab es nur ein Hotel für ausländische Gäste, und in der dortigen Disco wurde T´Pau: China in Your Hand gespielt;-))). In dem Hotel habe ich echte "Peking-Ente" gegessen; was für ein Genuß!
Auf der Straße, sogar schon am Flughafen in Peking, liefen mir Grüppchen von -männlichen- Teenies hinterher und riefen mir etwas zu. Meine Gastgeberin, die gerade Mandarin bei einem Privat-Dozenten lernte, übersetzte: "...ich würde den Jungs sehr gefallen, aber ich wäre zu groß"... (1,74 m).
Tja, welche Chancen und Möglichkeiten habe ich da wohl verpaßt!? ;-))).




Nimrod
schrieb am 12.09.2025, 20:13 Uhr
Hallo Regine, ein toller, sehr interessanter Bericht. Ich staune immer mehr, über deine Reisen und wo du dich überall in deinem Leben aufgehalten hast.Vielen Dank, daß du uns, in jedem Fall aber mich, hier daran teilhaben lässt. Und was ist jetzt deine Meinung zum aktuellen China. Sind deine Bekannten auch schon wieder hier in Deutschland ?
Ich bin schon sehr gespannt, wie deine Antwort ausfällt !
viele Grüße - Nimrod
lauch
schrieb am 15.09.2025, 10:37 Uhr
Hallo Allerseits,
Über China habe ich gelesen bzw. Berichte von Freunden gehört. Schlussfolgerung meinerseits, vielleicht nur ein Vorurteil:
- So rasant ist keine Nation aufgestiegen innerhalb von 30- 40 Jahren.
- das geht nur mit ultraautoritären Regimen
- der Unterschied zwischen Stadt und Land ist riesengross.

Anderes Thema: keine REISEN aber Kultur, ein Buch. Ist das hier erlaubt?
Wer von euch hat das Buch " Ceausescu der rote Vampir" gelesen?
Nicht empfehlenswert, aber damals gleich nach der Revolution in Ro so etwas wie eine warme Semmel. Zwei Unwahrheiten wurden damals verbreitet nämlich: dass Ceausescu sich sein Blut mit Babyblut aufrischte bzw.dass er seine Anzüge verbrannte und jeden Tag einen neuen trug. Soweit so gut. Wieso ich aber schreibe: der Autor des Buches Joachim Siegerist, den man wohl heute als Nazi bezeichnen würde,arbeitete schon damals mit perfiden Methoden die frappierend mit den heutigen der überwiegend rechten Kanälen, Medien, Politikern usw. sind.
Nimrod
schrieb am 24.09.2025, 19:22 Uhr
Hallo Regine, heute, beim Lesen der neuesten SbZ habe ich an dich gedacht. Grund war ein sehr großer Beitrag (halbe Seite) von einem Michael Schuller über Meeburg.Wegen der Länge habe ich ihn nur mal kurz überflogen. Und dann warte ich noch auf die Antwort zu deinem China-Bericht.Bis dahin viele Grüße - Nimrod

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