ARD verdummt mit Berichterstattung zu Müller

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Schreiber
schrieb am 07.12.2009, 22:47 Uhr (am 07.12.2009, 23:03 Uhr geändert).
Es ist einfach unglaublich.

Da könnte man denken, dass die ARD und deren Nachrichtensprecher lernfähig sind. Weit gefehlt.

Gerade verkündet deren Sprecherin Caren Miosga dilettantisch in den Nachrichten, die "gebürtige Rumänin" Müller sei zur Verleihung des Nobelpreises in Stockholm. Dann bringt sie noch den Befriff "Deutschrumänin" aus dem "Bannat" (mit Doppel-nn).

Einfach nur noch peinlich.
debideau
schrieb am 08.12.2009, 15:11 Uhr
Was hätten Sie den gern? Soll jeder der derzeit einen deutschen Pass hat, früher aber einen anderen als "Deutsche", gar als "gebürtige Deutsche" bezeichnet werden? Was machen wir mit einem MÜLLER aus dem Elsass, aus Paris oder aus Brasilien? Und was mit einem Lafontaine oder einem de Maizière aus Deutschland? Benennen wir van Beethoven in von Beethoven um oder sind wir einverstanden, dass er ein Niederländer war? Und was machen wir mit einem Menschen dessen Vater ein Christ und dessen Mutter eine Jüdin ist? Man könnte natürlich immer den betreffenden fragen als was er gesehen werden möchte. Was meinen Sie wieviele Sachsen sich als Rumänen ausgegeben hätten, wenn man sie vor der Deportation in die Sowjetunion gefragt hätte: 'Hai la muncă în Rusia sau esti cumva român?".

Man hofft immer das andere "lernfähig sind", an sich selbst denkt man aber selten. In einem haben Sie aber 100% Recht "Einfach nur noch peinlich".
Übrigens ist es gar nicht schlecht, wenn die so hochnäsigen "Reichsdeutschen" einmal erfahren welch gute deutsche Schulen es selbst nach dem 2. Weltkrieg noch in Rumänien gab.

Gerne würde ich wissen wie Sie Einstein bezeichnen würden:
einen "gebürtigen Deutschen", einen "Deutschjuden", einen "Juddeutchen" oder wie? Eines steht fest, die Gesinnung derjenigen deretwegen solche Leute Deutschland verlassen mussten war falsch, sie ist aber noch tief in zu vielen verwurzelt und sie haben immer weniger Scheu sie offen auszusprechen.
rhe-al
schrieb am 08.12.2009, 15:46 Uhr (am 08.12.2009, 15:50 Uhr geändert).
@debideau

Fahren Sie da nicht etwas zu schweres Geschütz auf?
In unseren Herkunftsgebieten war es üblich, denjenigen einen Ungarn zu nennen, dessen Muttersprache Ungarisch war, und welcher sich dem ungarischen Kulturkreis zurechnete. Ebenso war das mit den Deutschen oder Rumänen. Da war nicht der Pass das Entscheidende, sondern der Kulturkreis, ohne Wertung. Auch in unseren Personalausweisen stand neben dem Namen XY z.B. : rumänischer Staatsbürger, deutscher Nationalität. Könnte es nicht sein, dass Schreiber aus diesem Blickwinkel postete?
bankban
schrieb am 08.12.2009, 15:51 Uhr
Ich denke auch, wie rhe-al, dass wir es hier mit einer Verwechslung zu tun haben: die Nachrichtensprecherin hatte die Staatsangehörigkeit im Sinn, als sie von einer "gebürtigen Rumänin" sprach. Schreiber hingegen bezog sich auf die ethnische Zugehörigkeit. Diese Verwechslung ist, leider, sehr häufig und vor allem in den Massenmedien verbreitet. Dies wird sich auch nie ändern, da können gerne noch zehn Müllers und Wagners Preise noch und nöcher einheimsen. Denn die breite Masse identifiziert eben das Land mit der Ethnie und demnach sei, wer aus Rumänien kommt, ein Rumäne. Dies wiederum irritiert diejenigen unter uns, die wissen, dass es eben keine alltägliche Sache für unsere Vorfahren war, ihre Ethnizität zu bewahren.
pavel_chinezul
schrieb am 08.12.2009, 16:03 Uhr (am 08.12.2009, 16:56 Uhr geändert).
User@schreiber, rhe-al, bankban

Ich finde eure Argumente sehr passend, jedoch habe ich ein Anliegen und eine Frage an euch. Wäre es nicht schön, wenn gerade unsere Landsleute die einen gewissen Status in der deutschen Medienlandschaft erworben haben, wie z.B. ein Peter Makk(ff)ay, eine Herta Müller und all die anderen, da auch mal ein Wörtchen sagen würden? Ich glaube so etwas wäre sehr hilfreich für uns Durchschnitts(rumänien)deutsche.

PS: User@debideau, nichts für ungut, aber ich glaube sie begehen einen Fehler, der auch zu den Verführungen geführt hat die sie zu recht kritisieren. Es wird immer der Fehler begangen das Volk mit der Religion gleichzusetzen. Streng genommen müßten wir nach der lesart auch Juden sein, denn Jesus war es und somit sind die Christen nur eine jüdische Sekte. Aber mal jetzt nur zum heutigen jüdischen Glauben: Es gibt in Äthiopien Menschen jüdischen Glaubens die nicht weiß sind. Wenn es wirklich so wäre ein Volk=eine Religion, dann frage ich mich woher kommen diese farbigen Juden? Es wird in einer Interpretation vermutet aus der Zeit von König Salomon und der Königin von Saba und diese haben den jüdischen Glauben angenommen.
Also meine Antwort ist: Einstein war ein Deutscher, der einen jüdischen Glauben hatte, genauso wie es Deutsche gibt die katholisch, evangelisch, calvinistisch, buddhistisch, moslemisch usw. sind.
bankban
schrieb am 08.12.2009, 16:12 Uhr
Sorry Pavel-chinezul,

aber, ich fürchte, du bist zu naiv... Das würde nichts bringen. Denn diejenigen, die es verstehen würden, die sind an der Herkunft der HM, RW oder PM jetzt schon interessiert und kennen die Hintergründe bereits. Die anderen, der große Rest, die können es nicht einmal begreifen (ja, nicht einmal den Grund der Aufregung in diesem Thread verstehen), die interessiert es auch nicht und die sind auch mit solchen Anmoderationen schon überfordert.
rhe-al
schrieb am 08.12.2009, 16:17 Uhr
pavel_chinezul:
[...] Wäre es nicht schön, wenn gerade unsere Landsleute die einen gewissen Status in der deutschen Medienlandschaft erworben haben, wie z.B. ein Peter Makk(ff)ay, eine Herta Müller und all die anderen, da auch mal ein Wörtchen sagen würden? Ich glaube so etwas wäre sehr hilfreich für uns Durchschnitts(rumänien)deutsche.

pavel_chinezul,

das wäre der Karriere dieser Leute mit Sicherheit nicht dienlich. Wie schnell man so einer Äußerung einen braunen Anstrich verpassen kann (bewußt, oder unbewußt), konntest du eben in diesem Strang erleben.

B13
schrieb am 08.12.2009, 16:21 Uhr
Ich sehe die Sache ähnlich wie Schreiber, wobei es mich wundern würde, wenn die bundesdeutschen Medien (und hier in besonderer Weise die Medien des gesprochenen Wortes) ausgerechnet und ausnahmsweise in der Berichterstattung über Herta Müller, Sorgfalt walten ließen.

Meiner Beobachtung nach, wird in den staatlichen Rundfunk- und Fernsehanstalten (von den privaten ganz zu schweigen) eine rein westlich orientierte Diktion kultiviert und alles Östliche mit äußerster Nachlässigkeit behandelt.

Während deutsche Rundfunksprecher „Barcelona“ möglichst spanisch lispeln, kann es schon mal vorkommen, dass sie drei Sätze später Budapest als Hauptstadt Rumäniens nennen. Versprecher dieser Art verdeutlichen, womit der Ansager gut vertraut ist und was ihm völlig fremd bleibt, obwohl es in die Europäische Union eingegliedert wurde.

So mag denn die „Rumänin“ Herta Müller getrost nach Stockholm reisen, wenn sie bloß nicht als Schwedin zurückkommt!
debideau
schrieb am 08.12.2009, 17:17 Uhr (am 09.12.2009, 15:15 Uhr geändert).
rhe-al
schrieb am 08.12.2009, 17:32 Uhr (am 08.12.2009, 17:40 Uhr geändert).
debideau:
rhe-al meint es wäre hilfreich, wenn man allgemenin denjenigen dessen Muttersprache Ungarisch war als Ungarn und denjenigen dessen Muttersprache Deutsch war als Deutschen bezeichnen würde

@debideau:
Sie lassen da etwas unter den Tisch fallen. Warum? rhe-al schrieb:

In unseren Herkunftsgebieten war es üblich, denjenigen einen Ungarn zu nennen, dessen Muttersprache Ungarisch war, und welcher sich dem ungarischen Kulturkreis zurechnete.

das fett Hervorgehobene macht den Unterschied aus und beantwortet auch einen Teil Ihrer Fragen.
debideau
schrieb am 08.12.2009, 17:49 Uhr (am 09.12.2009, 15:15 Uhr geändert).
rhe-al
schrieb am 08.12.2009, 18:06 Uhr (am 08.12.2009, 19:55 Uhr geändert).
@debideau

Was soll da komplizierter werden?
Das fett Hervorgehobene stand doch vor Ihrem zweiten Post da.
Wem wollen Sie Nationalismus vorwerfen und aufgrund welcher Äußerung?
Das mit der Oper in Neapel lasse ich lieber unkommentiert, denn das allein zeigt schon wo man landen kann, wenn man die Bodenhaftung verliert, sich von der Realität löst um Schimären nachzujagen.
B13
schrieb am 08.12.2009, 18:25 Uhr
An dieser Stelle fühle ich mich dazu verleitet, das Gedankenspiel durchzukonjugieren, das mit meinem nicht vorhandenen Rumänentum verbunden ist. Versuchen wir es also dialektisch:

These: Ich bin kein Rumäne. Meine siebenbürgisch-sächsische Familie wurde von Rumänen bedrängt, enteignet, schikaniert und ihre Mitglieder von den rumänischen Nationalkommunisten zum Stückpreis verkauft, sodass ich es als entwürdigend empfinde, in Deutschland das nationale Etikett „Rumäne“ zu erhalten.

Antithese: Doch, doch: Ich bin mitunter auch Rumäne. Ich habe als Kind die rumänische Sprache erlernt und hatte Freude an ihrem Witz und ihrer Ausdruckskraft, ohne meine deutsche Muttersprache, als die meinem Herzen nähere, zu vernachlässigen. Ich hatte das große Glück, selbst im nationalistisch geprägten Rumänien exzellente deutsche Schulen zu besuchen, deutsches Theater zu erleben und deutsche Zeitungen zu lesen. Mir wurde nicht abverlangt, Rumäne zu werden. Dass ich ein Rumäne sei, erfuhr ich erst in Deutschland.

Synthese: Es besteht eine subtile Berechtigung, mich als Rumänen zu bezeichnen, obschon ich es lieber hätte, man nennte mich einen Siebenbürger Sachsen; – was jedoch ebenfalls missverständlich ist, da es für deutsche Ohren so klingt, als hätten sich Hans Sachsens „Sieben Schwaben“ so sehr vor dem Hasen gefürchtet, dass sie sächsisch zu sprechen begannen, worauf sie ausgebürgert wurden und nach Rumänien zogen.

Wenn ich aber die Etikettierung „Rumäne“ – mit oder ohne dem Zusatz „deutscher Abstammung“ – als eine besondere Berechtigung und Verantwortung für meine siebenbürgische Heimat auffasse, so kann ich von meinem spät und auf Umwegen erworbenen Rumänentum (mag es auch noch so abschätzig gemeint gewesen sein), eine direkte Herausforderung ableiten, mich wieder oder weiterhin für Land und Leute Siebenbürgens zu interessieren und jene Brücke aufrecht zu erhalten, die unsere „neue Heimat“ mit der „alten“ und eigentlichen verbindet.
bankban
schrieb am 08.12.2009, 18:37 Uhr (am 08.12.2009, 18:45 Uhr geändert).
An dieser Stelle fühle auch ich mich verpflichtet, das gleiche Gedankenspiel durchzuspielen.

These: wie oben.
Antithese: wie oben.

Synthese: es besteht überhaupt keine, noch so subtile Berechtigung, mich als etwas anderes zu bezeichnen, als was ich mich selbst bezeichne. (Nur weil ich eine gewisse Anzahl von Jahren qua Geburt in Rumänien verbracht habe, bin ich kein Rumäne - weder subtil noch supersubtil). Und Etikettierungen, zumal Fremd-etikettierungen, lehne ich seit meiner Kindheit ab, daher verpflichten sie mich zu gar nichts.
B13
schrieb am 08.12.2009, 19:16 Uhr (am 08.12.2009, 19:17 Uhr geändert).
@ bankban:

Gewiss ist auch Ihre Schlussfolgerung mehr als nur berechtigt.

Aber es liegt auch etwas Bedrückendes darin, dass eine nationale Verwechslung (oder Etikettierung) von so vielen überhaupt als Schmach empfunden wird. Es ist anscheinend ein größerer Fauxpas, einen Deutschen zu Unrecht „Rumäne“ zu nennen, als einen Professor der Chemie irrtümlicher Weise als Doktor der Physik vorzustellen.

Dabei gründet Nationalität weder in einem Verschulden, noch stellt es ein Verdienst dar, während man für die berufliche Laufbahn in hohem Maße verantwortlich ist. Das sollte uns zu denken geben.

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