ARD verdummt mit Berichterstattung zu Müller

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bankban
schrieb am 08.12.2009, 20:19 Uhr
Das kann ich alles unterschreiben...
Schreiber
schrieb am 08.12.2009, 20:21 Uhr (am 08.12.2009, 22:02 Uhr geändert).
Hallo Herr Debideau.

Herta Müller ist zweifelsfrei Deutsche, als Banater Schwäbin. Um zu dieser Erkenntnis zu gelangen, muss ich auf Ihre anderen Nebelkerzenfragen gar nicht eingehen (wenn Sie zu diesen anderen Fragen Unklarheiten haben, klären Sie die gerne eigenständig). Ernste Kommentare in den letzten Wochen hatten mit dieser Erkenntnis auch keinerlei Schwierigkeit.

Die "Verwechslung" der Ethnie mit der Staatsangehörigkeit passiert nur deutschen Akteuren in opportunen Fällen und das nicht konsequent. Im selben Satz nannte Miosga Frau Müller eine "Deutschrumänin"- Welche Staatsangehörigkeit hat sie wohl damit nun gemeint?

B13 hat absolut Recht. Zur Beseitigung eines Missverständnisses: es geht nicht um die "Rumänin" sondern um das ideologische System, dass im Sinne einer Ignoranz gegenüber der eigenen kulturellen Identität der Besprechungssubjekte offenbar wird. Und es geht um Ausgrenzung.

Bei dem jungen Türken, der - in Berlin geboren - wegen Kriminalität in die Türkei abgeschoben wurde, haben die Medien kein einziges mal von dem "gebürtigen Deutschen" gesprochen, sondern ganz klar - von dem Türken. Und sie hatten Recht. Mit einer solchen Bezeichnung verbindet man landläufig die Zugehörigkeit zu einer Ethnie, zu einem Sprach- und Kulturkreis. Mit dem gegraphischen Ort der Geburt und dem Pass hat das allenfalls am Rande zu tun. Warum wenden die Medien dann bei Müller nicht die gleichen Kriterien an?

Diese "Rücksichtnahme" auf angebliche Belange des Geburtslandes ist voll daneben und wird noch nicht einmal dort verstanden. Sie passiert - besonders wenn es um Namen von Ortschaften geht - ausschließlich bei Namen ehemals deutscher Ortschaften im Ausland, wenn Deutsche dort eine Minderheit sind. So spricht Frau Miosga in den Tagesthemen ganz selbstverständlich von Bukarest (nicht von Bucuresti) und von Moskau (nicht von Mockba oder so ähnlich) und hat dabei - zu Recht - keine Skrupel, zerbricht sich aber die Zunge mit "Klui"= Cluj (anstatt Klausenburg) und "Sibju" oder Sibiu (anstatt Hermannstadt).

Und genau so ist Herta Müller eine Rumänin, eine gebürtige Rumänien, eine Deutschrumänin oder was es sonst noch für Verrenkungen gibt. Dabei wäre es so einfach.

Grüße
Lavinia
schrieb am 08.12.2009, 20:34 Uhr (am 08.12.2009, 20:53 Uhr geändert).

Mir ist/wäre es völlig schnuppe welchem Volk ich zugeordnet werde und wenn mich jemand festzulegen versucht, bin ich meistens ungefähr das andere...zumindest mit Menschen, denen die nationale Zuordnung wichtig ist. Und mit denen habe ich möglichst wenig zu tun. Ob es daran liegt, dass ich keine ethnische Zugehörigkeit als Schmach empfinde...?
(Was ich bin, weiß ich, und das bin ich auch ganz ohne mein Zutun)


Was ich allerdings als extrem unanständig empfinde ist die Erwartung/Forderung an Herta Müller (nach der Verleihung des Nobelpreises) sich verstärkt zu den Banater Schwaben zu bekennen, die sie über Jahrzehnte hinweg größtenteils abgelehnt haben und als Nestbeschmutzerin behandelt haben und aus ihrer Gemeinschaft exkommuniziert haben...

Auch fühlt sie sich nicht mal als Repräsentantin Deutschlands, denn sie sagt:
"Warum um alles soll sich Deutschland über diesen Preis freuen? Vielleicht einzelne Menschen, ja."

(http://www.idowa.de/aktuell/container/container/con/660735.html)
Schreiber
schrieb am 08.12.2009, 20:53 Uhr (am 08.12.2009, 20:59 Uhr geändert).
Hallo Lavinia.

es macht das Leben so schön einfach, wenn man es mit solchen Verallgemeinerungen und Schubladen "ordnen" kann, nicht war? Diese bösen Banater Schwaben. Ich kann verstehen, wenn Sie Herta Müller so weit weg von diesem verabscheuungswürdigen Menschenschlag, der ja sogar Verleumdung im Brauchtum haben soll (sagte doch irgendwer in "der Zeit", oder?), retten wollen. Haben Sie sonst noch irgendwelche Schubladen, die ich zur Ordnung meines Weltbildes bei Ihnen ausleihen könnte?

Es geht nicht darum, welchem Volk "man" (Frau Miosga?) Sie zuordnet, sondern welchem Volk Sie sich selbst zuordnen.

Man sollte vielleicht fragen, als was sich Frau Müller bei objektiver Betrachtung selbst versteht?

Aus einer ethnischen Zugehörigkeit kann man nicht "exkommuniziert" werden, nicht einmal von einer ARD-Redakteurin.
seberg
schrieb am 08.12.2009, 20:59 Uhr (am 08.12.2009, 21:02 Uhr geändert).
Na endlich, Herr Schreiber! Vielleicht sollte man Herta Müller selber fragen. Vielleicht hat sie gar nichts gegen die Etkettierungen von Karen Miosga? Ja vielleicht findet sie diese weder unglaublich noch peinlich?
Und vor allem auch überhaupt nicht "verdummend"?
Lavinia
schrieb am 08.12.2009, 20:59 Uhr (am 08.12.2009, 21:15 Uhr geändert).
Ach Schreiber, was du dir da in meine Aussage hineindenkst ist einfach und dein Problem. Aber es ist das übliche Verfahren in diesem Forum... Ich kann mich genauso wenig dagegen wehren, wie ich mich nicht wehren kann/könnte gegen die Zuschreibung einer ethnischen Zugehörigkeit von Leuten, die eben diese Schubladen brauchen...


PS. Herta Müller sagt selbst, dass sie aus dieser Gemeinschaft exkommuniziert wurde.
Herta Müller ist und bezeichnet sich als Banater Schwäbin, wofür sie , nach eigener Aussage, (natürlich!) weder für noch gegen...was kann. Was sie allerdings ablehnt, ist sich als Aushängeschild für die Banater Schwaben zu verstehen.
Und sie macht sehr wohl einen Unterschied zwischen den Leuten und den Fun ktionären der B. Schwaben.
Sie verhehlt allerdings auch nicht, dass sowohl das Banater Schwäbische als auch das Rumänischen, die Provinz und die Stadt, die Diktatur des schwäbischen Dorfes als auch die Diktatur der rumänischen Regierung sie, als Person und als Schriftstellerin geprägt hat. Und da sie nun den Nobelpreis bekommen hat, ist sie auch eine "universelle" Größe und ihr Werk, auch wenn es aus einer ganz bestimmten geografischen Ecke kommt, zeigt beispielhaft über diese engen Grenzen hinaus...
Schreiber
schrieb am 08.12.2009, 21:05 Uhr (am 08.12.2009, 21:08 Uhr geändert).
Hallo Seberg. Jetz kreisen wir das Problem langsam ein. Wäre Frau Müller (noch) eine ganz normale Privatperson, hätten Sie absolut Recht. Durch die Aktualität und die daraus resultierende Öffentlichkeit allerdings werden die einzelnen Aussagen zu allgemeinen, kathegorisierenden Feststellungen. Sonst würden sie nicht erwähnt werden (sonst wäre Frau Müller einfach Frau Müller und nicht irgend eine "gebürtige Irgendetwas").

Banater Schwaben sind also "gebürtige Rumänen" - so die Kathegorisierung der ARD. Fragen Sie mal die Banater Schwaben, die Sie kennen, was sie von dieser Kathegorisierung halten.

Medien - besonders die ARD - haben eine gesellschaftliche Aufgabe und wirken meinungsbildend. Nach welchen Kriterien, mit welcher Kompetenz und Verantwortung werden solche Kathegorisierungen in die öffentliche Meinung in Deutschland transportiert?

Grüße
debideau
schrieb am 08.12.2009, 21:08 Uhr (am 09.12.2009, 15:12 Uhr geändert).

pedimed
schrieb am 08.12.2009, 21:52 Uhr
In Rumänien gab es nach dem 1-ten WK 21 Volksgruppen-- Ein Staatsvolk und 20 Minderheiten. Da sich der Rumänische Staat zu seinen Volksgruppen in die historischen Nationalitäten nicht einmischte, so waren wir eben deutsche Siebenbürger Sachsen. Es gab auch Bulgaren, Griechen und einige andere die in SBB lebten, die deutsche Schule auf Grund anderer fehlenden Schulen wegen ihrem höchsten Bildungsstand besuchten und sich im Laufe der Zeit als sächsichsprechende zu den SbbS dazuzählten, aber auch auf Grund ihres Familiennamens sich ihrer Herkunft bewusst waren. Daß in DE die Reporter der Rundfunkanstalten und der Presse sich über unsere Volkszugehörigkeit nicht richtig äussern hängt auch mit einem fehlenden Verständnis und auch mit den Ihnen schriftlichen Vorlagen zusammen. Sie haben einfach nicht die nötige Zeit ihre Vorlagedaten zu hinterfragen. Auch mit der einordnung der hier ansässigen Fremdnationalen haben sie Bezeichnungsschwierigkeiten. Viele hier gebürtigen Türken mit deutschem Pass ließen sich in der Türkei einen türkischen Pass ausstellen, weilsie sich zu ihrer Volkszugehörigkeit bekennen wollten, da sie hier in DE als deutsche bezeichnet wurden. Gut ist die jetzige by Sendung "Dahoam ist Dahoam",die die Türken auch als solche nennt. Man ist also daß als was man sich selber sieht!!!!!
B13
schrieb am 09.12.2009, 01:24 Uhr (am 09.12.2009, 01:26 Uhr geändert).
Nachdem ich am 31. Juli dieses Jahres im Online-Katalog der Deutschen Nationalbibliothek den Eintrag über unseren großen siebenbürgisch-deutschen Schriftsteller Erwin Wittstock aufrief und feststellen musste, dass er als "Tschech. Schriftsteller" aufgeführt wurde, verfasste ich folgende Zeilen an die Administratoren der Deutschen Nationalbibliothek:

„Sehr geehrte Damen und Herren,
im Datensatz zu Erwin Wittstock finden sich die falschen Angaben "Tschechische Republik" und "Tschech. Schriftsteller". Richtig ist : "Siebenbürgen/Rumänien" und "siebenbürgisch-sächsischer Schriftsteller".

Freundliche Grüße,
B13“

Tags darauf erhielt ich folgende Antwort:

„Sehr geehrter B13,

vielen Dank für Ihren Hinweis.

Er wurde zur Bearbeitung weitergeleitet, die Kollegen werden sich ggf. mit Ihnen in Verbindung setzen.

Für weitere Fragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen
i.A. S. B.“

Bald darauf wurde der Irrtum korrigiert und sogar um die Angabe seiner weiteren Berufe (Lehrer und Rechtsanwalt) ergänzt.
---

Es ist vermutlich in 90% der Fälle augenscheinlicher „Missachtung“ so, dass vieles, was uns lieb und teuer, identitätsstiftend und wichtig erscheint, in Deutschland selbst Intellektuellen unbekannt ist oder vor ihrem geistigen Auge eben nicht ganz so bedeutsam aufleuchtet.

Über eine mit dem Literaturnobelpreis ausgezeichnete Person sollte sich ein Nachrichtensprecher und die ihn unterstützende Redaktion aber dennoch kundig machen und ihn nicht drauflos radebrechen lassen. Ein solcher Anspruch ist wirklich keine Vermessenheit, sondern eine selbstverständliche Forderung; – die freilich auch an die richtigen Adressaten geschickt werden müsste.
bankban
schrieb am 09.12.2009, 07:30 Uhr
@ B13
"Es ist vermutlich in 90% der Fälle augenscheinlicher „Missachtung“ so, dass vieles, was uns lieb und teuer, identitätsstiftend und wichtig erscheint, in Deutschland selbst Intellektuellen unbekannt ist oder vor ihrem geistigen Auge eben nicht ganz so bedeutsam aufleuchtet."

So ist das. Und daran wird sich, wie ich gestern schon an Pavel-chinezul schrieb, so bald nichts ändern. Diese pessimistische Sicht von gestern halte ich auch heute aufrecht. Nur ergänzen würde ich sie: Das würde sich dann ändern, wenn die Sachsen es den Basken, Kurden etc. gleich tun und Bomben werfen würden. Nur so erreicht man ein genaueres Hinsehen der Medien, die eben nur an solchen Aufsehen erregenden Ereignissen interessiert sind. Dann würden sie sich fragen: wer sind denn diese Sachsen eigentlich?
Dies, freilich, ein solches Vorgehen wie das mancher Basken, ist nicht zu wünschen, denn nichts rechtfertigt Gewalt und Terror. Nur muss man sich dann eben dessen sicher sein, bald als moribund in einem Buch von Karl Markus Gauß aufzutauchen: http://www.amazon.de/Die-sterbenden-Europ%C3%A4er-Unterwegs-Gottscheer/dp/3423308540/ref=sr_1_4?ie=UTF8&s=books&qid=1260340040&sr=1-4
pavel_chinezul
schrieb am 09.12.2009, 07:49 Uhr
User seberg schrieb: „…Vielleicht sollte man Herta Müller selber fragen…“

Hier ist der Link zu dem was Fr. Müller selber sagt:

www.n-tv.de/panorama/kultur/Herta-Mueller-fuehlt-sich-heimatlos-article540748.html

Fabritius (Moderator)
schrieb am 09.12.2009, 11:44 Uhr (am 09.12.2009, 11:45 Uhr geändert).
@ B13
"Ein solcher Anspruch ist wirklich keine Vermessenheit, sondern eine selbstverständliche Forderung; – die freilich auch an die richtigen Adressaten geschickt werden müsste."

Stimmt. Ich habe die Redaktion der Tagesthemen durch eine Mail auf die Ungenauigkeit am nächsten Tag hingewiesen und um zukünftige Beachtung gebeten. Eine Antwort steht aus.

Etwas problematisch ist bei gesprochenen Nachrichten, dass diese einmal gesagt nicht "korrigiert" werden können (wie würde Herta Müller sagen: "aus dem Mund in den Kopf"). Die von ihnen dankenswerter Weise veranlasste Berichtigung des Datensatzes zu Erwin Wittstock in der Bibliothek war hingegen möglich.

Ich würde dieses Thema nicht zu hoch spielen. Die ARD hat - beobachtet man deren Internetauftritt - meist zutreffend von der "deutschen Schriftstellerin Herta Müller" gesprochen. Die Redakteurin der Tagesthemen hatte vielleicht keine Zeit, die eigene Homepage für Informationen zu konsultieren.

Viele Grüße
CaptainSmollet
schrieb am 09.12.2009, 11:59 Uhr
"Banater Schwaben sind also "gebürtige Rumänen" - so die Kathegorisierung der ARD. Fragen Sie mal die Banater Schwaben, die Sie kennen, was sie von dieser Kathegorisierung halten.
"
Na und? Ich bin ein Banater Schwabe und brauche dazu weder die Bestätigung irgendwelcher Hobbyredakteure von ARD oder irgendwelcher Zeitungen, die sich "Timi-was" fragen.

Am Ende des Tages isses mir rille und ich finde es iss auch net meine Aufgabe, Löcher in der Allgemeinbildung der Öffentlichkeit zu stopfen. Sintemal ich die Erfahrung gemacht habe, das ziemlich viele "Einheimische" mit dem Terminus "Banat" oder "Banater Schwaben" erstaunlich viel anzufangen wissen.

Über Sprüche wie "Du als Rumäne" hab' ich keinen Grund mich aufzuregen, da ich meine DDR-Arbeitskollegen auch durch die Bank "Westpolen" nenne, also...
pavel_chinezul
schrieb am 09.12.2009, 12:31 Uhr (am 09.12.2009, 12:31 Uhr geändert).
CaptainSmollet,

ist ja auch kein Wunder, sie haben auch eine tolle Wohngegend am Rhein, wo eher Wein getrunken wird und ein Hauch von laissez-faire zu spüren ist und nicht bei den Weißbier trinkenden Großkopfetn "Mir san mir". Nicht zu vergessen, dass das dörfische Banater Schwaben Dialekt dem Pfälzischen, Rheinhessischen auch Saarländischen schon nahe kommt.

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