Sachsesch Wält
Na set ich nuorr dïess Hinnen un
Info Marianne Gross • 1:40 Minuten • Herunterladen
Na set ich nuorr dïess Hinnen un,
wei froih sei hei gegonge kunn!
De oischt set äus, åls wiel se kaeren,
wei er schmoackt der Schnoukenhaeren.
De zpeït schennt mir, åls wuord se suoenen,
dei wall bestammt en Åeche bruoenen.
Der Kaekesch kreht guorr staelz och froih,
esoi heusch krehen kainn nuorr hoi!
Der Kluocks, dei hei åls voirt marschoirt,
dier as e groiß Malehr passoirt!
Dråi Hoankeltscher nuorr set em kunn,
gïenn hoatt der Foirlek er genunn.
Dem Kaekesch wid vergohn det Krehn,
wou net de Pirsch de Foirlek fehn
end loassen em de Klouen schmieren,
doatt hoi guer nastmoi kaenn verzihren!
Set nouch emol de Hinnen un,
de neïchst Gefohr sen ech schoi kunn!
Dänn wou se hei dïess Tulpe freßen,
kitt de Gebäuran mat dem Beßem,
end wid se drou a Weat geroden,
gitt et guorr bååld en Hinnebroden!
Sei maucht et hålt, wei em dåt fleejt,
se bret dei Hinn, dei net geat leejt!
Na seht euch nur an diese Hennen - Hochdeutsche Übertragung
Na seht euch nur an diese Hennen,
wie froh sie hier kommen gegangen.
Die Erste sieht aus, als wollt sie schmecken,
wie ihr wohl schmeckt diese kleine Schnecken.
Die Zweite scheint mir, als wolle sie singen,
die will bestimmt ein Ei uns bringen.
Der Hahn kräht gar stolz und freudig,
so schön kräh’n kann nur er, freilich.
Die Glucke, die hier als Vierte marschiert,
der ist ein großes Malheur passiert.
Drei Küken sieht man hier nur kommen,
die anderen hat ihr der Iltis genommen.
Dem Hahn wird wohl vergeh’n das Krähen,
wenn die Burschen nicht den Iltis fangen
und lassen ihm die Klauen schmieren,
dass er gar nichts mehr kann verzehren.
Seht noch einmal die Hennen an,
die nächste Gefahr bahnt sich schon an;
denn wenn die hier die Tulpen fressen,
kommt die Bäuerin mit dem Besen,
und wenn sie dann richtig in Wut geraten,
gibt es gar bald einen Hühnerbraten!
Sie macht das halt, wie man es pflegt,
sie brät die Henn’, die nicht mehr legt!
Übersetzt von Dankwart Gross
Anmerkungen zum Text, Worterklärungen
Wer wenig Erfahrung mit den Eigenheiten des Burzenländer Sächsisch hat, wird sich mit einigen abweichenden Längen oder Kürzen der Vokale beziehungsweise ungewohnten Zwielauten und „fehlenden“ Konsonanten (r, n) vertraut machen können: Hinnen – Hühner, kaeren – kosten, voirt, marschoirt; oischt – erste; Foirlek – Iltis. Haben die Pirsch – Burschen nun aber den nächtlichen Hühnerräuber gefangen, sollen sie laut Text dessen „Klauen schmieren“ lassen, damit zu den Küken nicht auch noch der Hahn dran glauben muss? Die Redensart ist im übertragenen Sinn zu verstehen und meint den früheren (um 1930 auch in Heldsdorf belegten) Brauch, wonach der gefangene Foirlek (sonst häufig ein Habicht) durch Herumzeigen der Trophäe den Fängern eine kleine Spende einzubringen pflegte; d.h. die Fänger werden „geschmiert“, nicht die Pfoten/Krallen des Missetäters.Zusätzliche Informationen
Marianne Gross’ inzwischen verstorbene Heldsdorfer Nachbarin Hedda Hoyer, geb. Roth, wurde als eine der vielen zur Ausbildung nach Deutschland verschickten Siebenbürger Jugendlichen vom Krieg hier überrascht, blieb in Deutschland und hat hier auch geheiratet. Ihr Hobby waren gekonnt ausgeführte Scherenschnitte, die sie im Freundes- und Bekanntenkreis verschenkte. So auch an die ehemalige Nachbarin Ria Gross, mit der sie in brieflichem Kontakt geblieben war. Diese wiederum hat manche der Bildchen mit lustigen Versen versehen, meist hochdeutsch, aber auch in Heldsdorfer Ortsmundart, wenn solche wie hier vielleicht Erinnerungen an dörfliche Begebenheiten vergangener Zeiten wachriefen.
Quelle: Siebenbürgische Zeitung vom 5. August 2019, Seite 6
Ortsmundart: Heldsdorf