Sachsesch Wält

Inge Maria Rether

Meng Leisterchen, meng Vijjelchen

Info Doris Hutter • 1:18 Minuten • Herunterladen

Der Schnie verkrållt sich feest änt Gras,
hie wäll noch net dervun.
Norr Kängd hun äre griße Spaß,
wel sä en Schniemån hun.

Doch hemlich, hemlich wie erschennt?
Meng Vijjelchen äm Schnie.
Ech sähn, ow ät mich noch erkennt??
Me’ Gott, wä bän ech frih!

Et scharrt und päckt, et säckt und häppt
und dånzt zem Stroch erun.
Schwårz Knerzker hoot et sich geschnåppt
do un em Neestchen drun.

Der Wängter zecht, der Bäsch wid grän,
gebaat äs schniël det Näst,
und de Musik, ir wärd et sähn,
erklängt bäm Hochzetfäst!

Noch ih der Dååch påtzt, hun ech gehiert,
wä’t Leisterchen schie sängt:
Et fliet, et trillert, jubiliert,
äst Heschert em net fängd!

Doch wonn’t iest ställ uch dankel wid,
meng Leisterchen, ech wieß,
begliet mich iewichlich deng Lied
ä mengem Paradies.

Zusätzliche Informationen

„Leister heißt bei uns in Agnetheln die Amsel.“ Das schrieb uns vor einiger Zeit Inge Maria Rether. „In der Morgendämmerung weckte mich der wunderbare Gesang der Amsel, so laut und schön, wie nie zuvor. Da war es nicht nur die erste Melodie, die mich aufhorchen ließ, sondern es reihten sich daran noch viele andere Melodien mit ihren Variationen, so dass ich beschloss, mir ihren Gesang (von März bis Juli) zu notieren, um die Sprache meines kleinen Vögelchens mit ins Gedicht einfließen zu lassen. Ich kann mir gut vorstellen, dass das Gedicht (vielleicht außer der letzten Strophe) sich gut zum Vortrag einer Kinderflötengruppe eignet. Es liegt auch in deutscher Übersetzung vor. Geschrieben wurde das Gedicht im Schäßburger Sem[inaristen]-Dialekt.“

Quelle: Siebenbürgische Zeitung vom 31. März 2014, Seite 6