Sachsesch Wält

Franz Buhn

Iwer de hoedej Zet

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Wonn em hoet de Warelt betruejcht
och besaunders deraf uejcht,
wei de Lander zeaenonder stiëhn,
koenn em laeder derzea nur siën:
De Zivilisation huet nechen Foertschratt gemocht,
et as, wei wonn em den Doewel herbaue huet gelockt,
kaen diën em sech net kaoen wiëhren,
mer stiëhn dië wei voer Handerde vu Giëhren.

Verbreichen allaer Uert, neoch och neoch,
moasse mer zer Kenntnes ninn allen Deoch.
De Fräohaet, dei em mat greißen Opfern huet erroicht,
wid net geschaetzt, wid massbrejcht, wid veruejcht.
E jaeder behaeft, e wauer en Demokrat,
e Patriot, e Fridenskampfer, e weil nur det Geat.
Doch baui sennem Dean och Lïessen
stajcht Hoanderlast och Versteïßen.

Derkaen wid ze wennej gediën,
deot kaoen em net riajcht verstiëhn!
De Sajcherhaet as a Gefiëhr an alle Berechen,
dei koen em mat Wohlstoend net aesglechen.
Handertprozantej Sajcherhaet gitt et net, wid gesiët;
bleiwt es demnië iwrech nur neoch e Gebiët?
Aum wäot, bas woennoi?
Gitt et Friden och Oerdneg nemoi?

Ech soacken trotzdem de Ursach:
All Anhael moass en Ursach hun,
wonn em dei net erkennt, kaon em zea necher Louisung kunn.
Nië menner Usicht läot se an oischter Linie am Oaldernhäis.
Vun doarhier giëhn vill Entschaedungen am Liëwen eis.
Zpaetens as de Ursach ze soacken an der Scheil,
dië em longs Wassen och Erzaehung beku sael.
Et denkt och haondelt der Maensch nië dië wichtejen Stationen ais der Jugend.
Hoet friëjt em sich, wäot as däot iwerhaeft, en Tugend?
Wei kaon em de Maenschen richtej beloihren,
aum datt se de Fräohaet net fäolsch interpretoiren?
Et as kom ze gelaewen, wot e Maensch urichte kaoen,
de Geschicht huet et moifach gezoijt, de Geijewoert as nechen Aisnohm.
De Heiffnung waule mer behäolden, die häolt es weoch,
mer giën dervun ais, et git haesch Zeden och an Zeakonft neoch.

Anmerkungen zum Text, Worterklärungen

e wauer – er wäre
zpaetens – zweitens (Eigenart des Burzenländischen)
Scheil – Schule
an oischter Linie – in erster Linie (fehlendes r in Burzenländer Mundarten)

Zusätzliche Informationen

Franz Buhn ist es recht gut gelungen, Zeidnerisch so zu schreiben, dass – zugegebenermaßen mit etwas Mühe – auch Nicht-Zeidner Sprecher des Siebenbürgisch-Sächsischen das Geschriebene verstehen können. Buhn ist kein Humorist. Er sagt über sich: „Ich schreibe, was ich denke.“ Worüber er nachdenkt, ist zunehmender Unfriede, Hass und Machtmissbrauch in der Welt – Dinge, die auch junge Menschen heute wütend machen. Mit der Weisheit des Alters erinnert Buhn aber gerade daran, dass Ungutes sich in der Geschichte wiederholen kann, und mahnt deshalb „weoch“, wachsam zu sein, um den Anfängen zu wehren. Darin sieht er eine Gewähr für seine Hoffnung auf eine bessere Zukunft.

Quelle: Siebenbürgische Zeitung vom 30. September 2020, Seite 6

Ortsmundart: Zeiden