Sachsesch Wält

Arthur Waadt

Tea klien Paleoks

„Mischi, Lisi, Fichen, Oinz!
Wor sekt ir, meng Kängd, gelufen?
Kutt, mir sell’n na hekt iest gånz
schniël en sihr gead Ïeße måchen.

Mischi, måch! Tea bränjst mer’t Huulz.
Lisi, gong end hoal mer’t Miëhl.
Oinzi, tea hoalst mir hiër Wåsser.
Fichen, gånz schniël, riech mir’t Iël.

Ech zängden ’t Fäer un, me Gang“,
hiert der Misch seng Motter son.
„Åf den Uawen ståll de Fånn,
dått se hieß wird. Nemmie stohn!

Detirscht det Iël, dro Zwaibel drän,
e wennij pärsheln, säch esu,
und derno de Flieschker ännen,
bååld äs et färtij dron, äm Nu!

Oinz, luf noch und hoal e wennij Kåmpest
eos der Kåmpestbidd äm Käller.
Dått mer de Wenj tea net vergässt!
Nemm, dått’n net verschiddst, de Fäller!“

Frälich hu sä net vergeßen,
wä dåt äs bä’m jede Såchs:
Åf det Däschak kitt zem Eßen
en uständij, woërm Paleoks!

Na wird der Voter noch geroffen
za desem Mohl. Dåt recht si gead!
Hië weescht de Honjd, sprächt: „Ech hoffen,
Kängd, ir messt son noch e Gebiëd!“

Und dro wird geßen uch geschlemmt,
wä za richt’je Båfleschsåchsen.
Und sä wärden åll’, et stemmt,
sått vum Fliesch uch der Paleoksen.

Noo dem Ïeßen freecht der Voter
seng vär Kängd, detierscht de Misch,
und zem Schloss noch arir Motter:
„Wo äs dä griuß Paleoks vum Däsch?“

Sot de Motter ohne Faxen:
„Morre seng sä uch stårk uch griuß.
Hekt seng sä noch klien Paleoksen,
dro båld schiën mät em Kängd am Schiuß.“

Mai 2020

Anmerkungen zum Text, Worterklärungen

Åf det Däschak – auf die Tischecke Zur Etymologie des Wortes Paleoks: Im „Siebenbürgisch-Sächsischen Wörterbuch, Achter Band N-P“, Bukarest; Köln Weimar Wien, 2002, wird unter dem Stichwort Palukes erklärt: „In Wasser gekochter Brei aus Maismehl, früher auch aus Buchweizenmehl … als Speise für Mensch und Tier.“ (S. 233). Zur Herkunft des Wortes heißt es: „Herk. Ungeklärt; vgl. dazu ung. Puliszka Maisbrei, Maiskuchen … die lautl. Umformung ist nicht nachzuvollziehen.“ (S. 234). Gleiches dürfte wohl auch für das aus dem Italienischen stammende Polenta gelten. Dazu „Knaurs Herkunftswörterbuch“, München, 1982: „Gericht aus Maisgrieß; aus lat. polenta ,Gerstengraupen‘“ (S. 382).

In übertragener Weise auf einen Menschen bezogen, ist dessen Bezeichnung als Paleoks ein Hinweis auf Schwäche und hat eine negative Bedeutung. Bei Waadt sind mit klien Paleoksen hingegen in scherzhafter Weise, fast liebevoll, Kinder gemeint. Paleoks hat auch einen emotionalen Bezug. Neben den kulinarischen tritt mindestens ebenso stark der Erinnerungswert. Damit verbunden ist dann auch eine Projektion in die Vergangenheit. Und damit in die dörfliche Selbsterzeugergesellschaft: Selbst gesäter und geernteter Mais, vom eigenen Acker zum Einlegen geholte Krautköpfe und det Flieschken nicht aus Massentierhaltung, sondern vom eigenen im Stall mit Auslauf liebevoll und tiergerecht aufgezogenen Schwein. Das klingt nicht nur idyllisch, sondern ist es auch. Seien wir aber dankbar, dass es auch heute Lebensmittel gibt, die man guten Gewissens genießen und dafür „Ernte-danken“ kann.

Quelle: Siebenbürgische Zeitung vom 11. September 2023, Seite 8