Geheimnisvolle Ruine in Birthälm?

Geheimnisvolle Ruine in Birthälm?

Geheimnisvolle Ruine in Birthälm?

Könnte es sich hierbei um einen abgebrochenen Turm handeln? Wenn ja, warum steht er dann mitten in einem Bach? Welches war sein Zweck? Wodurch wurde er zerstört? Fragen über Fragen.
Die Form spricht zwar für einen Turm, die Ausmaße sind dafür jedoch viel zu gering und noch nicht einmal für ein Türmchen ausreichend. Was aber ist es dann?
Was im ersten Augenblick so mysteriös anmutet, ist eigentlich gar nicht so geheimnisvoll – vorausgesetzt man weiß, dass es sich bei diesem turmartigen Bauwerk mit quadratischem Grundriss um einen sogenannten Überlaufschacht handelt.
Er ist ein Überrest der ehemaligen Stauanlage im Reichesdorfer Bach. Diese liegt außerhalb des Ortes in Richtung Reichesdorf, im Löwental - einem zur Birthälmer Gemarkung gehörenden Gebiet. (Weitere Fluren in der Umgebung: Hingsttal, Kreuztal und Klingental.)

Welche Funktion hat ein solcher Überlauf?
Er steht auf der Wasserseite der Staumauer, sodass das Stauwasser in ihn hineinfließen kann, sobald dieses einen bestimmten Pegelstand (Stauziel) erreicht hat.
Dieses überschüssige Stauwasser wird unterhalb der Staumauer hindurchgeleitet und in den Bach eingespeist. Dadurch wird verhindert, dass die Staumauer überhöhtem Wasserdruck ausgesetzt wird. Darüber hinaus wird unterbunden, dass die angestauten Wassermassen übertreten und über die Mauerkrone hinwegfließen. Mögliche Beschädigungen des Stauwerks - oder schlimmstenfalls gar ein Totalversagen - werden somit vermieden.
Am Fuße des Überlaufschachts befindet sich eine Öffnung, welche durch eine falltorartige Vorrichtung verschlossen wird. Dies ist der sogenannte Grundablass. Er ermöglicht, dass der gesamte Stauinhalt aus dem Staubereich abgelassen werden kann.

Bleibt noch eine offene Frage: Welchen Zweck hatte eigentlich diese Stauanlage im Bach?
Zu der Zeit, als in Birthälm noch Weinbau betrieben wurde, war es unabdingbar, die Weinstöcke gegen Schädlinge und Krankheiten zu spritzen. Man errichtete das Wehr, um an das zum Spritzen der Weinreben benötigte Wasser zu gelangen.
Nur wenige Meter von der Staumauer entfernt steht ein Häuschen, in dem sich einst eine mit Dieselkraftstoff angetriebene Pumpe befand. Diese pumpte das angestaute Wasser auf die Weinberge hoch, wo es in Becken gesammelt wurde und bei Bedarf entnommen werden konnte.
Im Sommer wurde der aufgestaute Weiher immer wieder zweckentfremdet und diente auch dem Schwimm- und Badevergnügen. Das war mitunter lebensgefährlich, zumal die Senke, in die der Bach eingebettet ist, ziemlich steil hinabfallende Flanken aufweist.
Die Folge: Das Wasser war in Ufernähe nicht etwa seicht und wurde erst zur Mitte hin allmählich tief, sondern man verlor unmittelbar nach Betreten des Wassers schlagartig den Boden unter den Füßen. Jeder kann sich gewiss vorstellen, was passieren kann, wenn jemand diese Gegebenheit nicht kennt oder wenn man kein sicherer Schwimmer ist.

Text: Uwe Schuller

Foto: Uwe Schuller, aufgenommen am 07.09.2014 um 18:53 Uhr (Ortszeit)

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