Der Christleuchter-Lichtert in Deutsch-Weißkirch im Haferland-Repser Ländchen

25. Dezember 2022

Nachrichten aus dem Heimatort

Zum Schönsten, was sich an kirchlicher Sitte in der Gemeinde erhalten habe, schrieb ein vorzüglicher Kenner, gehörten die mit dem Christleuchter verbundenen Gepflogenheiten. Aus heutiger Sicht erweisen sich diese auch als beständigster, eigentlich als der einzige in verwandelter Gestalt mit ausgesiedelte Brauchtumskomplex. Das Leuchterfest war ehemals ein Kinderfest, dessen Organisation und Abwicklung den Jahrgangsältesten (Lichtertgangen, Lichtertmodschen) der Schulabgänger oblag, um die die anderen Kinder nach Wahlregeln vier Leuchtergruppen bildeten.
Die Zurüstungen des Lichterts: Unter Blasen umgehängter Ochsenhörner und einigem verspieltem Konkurrenzgehabe zogen die Knaben zu Kathrein in den Wald, um Immergrün, Wacholderzweige und Haselruten als Material für vier Christleuchter zu sammeln. Alle trafen sich dann am vierten Adventssonntag bei den Leuchterjungen, wo die Mädchen Immergrün, Wacholder- und Buchsbaumzweiglein zu kleinen Sträußchen bündelten, die die beigezogenen Mütter auf Haselruten zu Kränzen banden, während andere um ein Büschel Buchsbaum flache Kunstblumensträuße (Zallen) zu einem obenhin zu setzenden Strauß auf eine Stange banden. Die Knaben sorgten mit knallenden Schweinsblasen hauptsächlich für Kurzweil.
Die Christleuchter-Lichtert: Zum Unterschied von den aufwändigeren Bienenkorb-Leuchtern der Nachbarortschaften war das Grundgerüst der Weißkircher Leuchter eher bescheiden, gebildet aus drei sich nach oben verjüngenden Kränzen, deren oberster mit zwei sich querenden Halbkränzen eine Krone bildete. Umso üppiger war deren Dekoration mit 16 Fähnchen, fantasie- und kunstvollen Scherenschnitten aus farbigem Glanzpapier oder aquarellierten floralen Ornamenten. Jeder Knabe hatte zwei Fähnchenpaare und zwei weiße Kerzen bestimmter Größe beizusteuern, jedes Mädchen zwei Zallen. Beim Morgenläuten an Heiligabend trugen die Leuchterjungen den Leuchter, die Mädchen den Strauß in feierlichem Zug aller Kinder zur Kirche, wo Väter behilflich waren, sie an die vier Enden der Seitenemporen zu stellen und die Sträuße aufzusetzen. Etwas kleinere Christleuchter ohne Strauß waren früher auch in den Familien die Regel, erst nach 1920 hat sich in Weißkirch der Christbaum allgemein durchgesetzt.
Quempastores Laudavere-Quempas-Lied: Musikalisches Rückgrat des Leuchtergottesdienstes war das Quempastores: Die vier Zeilen einer Strophe wurden reihum von den vier Kindergruppen unter den Leuchtern erst lateinisch, danach in alter deutscher Übersetzung gesungen; zwischen die Strophen wurde je eine des schönen zweistimmigen Männerchors „Kommt, hört die Engel singen“ von der Orgelempore her zwischengeschaltet. Nicht der Quempas wanderte, wie ehemals in den großen Kathedralen Mitteleuropas, aber der Klang wanderte schwebend über den Kirchenraum.
Der Leuchtergottesdienst: Bis 1947 fand der Leuchtergottesdienst am ersten Weihnachtstag früh um fünf statt, danach wurde er der Abendandacht an Heiligabend (Lächtschekirich) eingefügt. Gegenwärtig sammeln sich die ehemaligen Weißkircher in der Regel am dritten Adventssonntag um einen einzigen Christleuchter, wo das von Frauen gesungene Quempastores mit dem Männerchor der Empore in Dialog tritt –sei es in Eibach oder in Gebersdorf, wo immer den Anklopfenden geistliche Herberge aufgetan wird.
Michael Markel-Nürnberg, 12.2022

Michael Markel/über M.D.

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