Über tüchtige Frauen aus Tekes

In diesem Beitrag möchte ich auf die Frauen ein "Loblied singen", die in der Nachkriegszeit ihre Kinder allein nicht nur ernähren und großziehen mussten, sondern ihnen auch eine ordentliche Ausbildung ermöglichten.

Viele Familienväter waren entweder im Krieg gefallen, in Deutschland geblieben oder wurden nach Russland verschleppt.
Da es in Tekes außer der Landwirtschaft wenige Möglichkeiten gab Geld zu verdienen, versuchten es mehrere Frauen mit der "Schacherei". Das war kein leichtes Unterfangen, weil es nicht erlaubt war, mit Lebensmitteln zu handeln. Wer erwischt wurde, musste eine hohe Geldstrafe zahlen, oder was noch schlimmer war, er wurde verhaftet. "Aber in der Not frisst der Teufel Fliegen".
Diese Frauen kauften (unter großer Gefahr) Kälber und schlachteten sie. Aus Büffelrahm rührten sie Butter und kauften Eier, um diese Lebensmittel in Fogarasch, Zeiden oder Kronstadt zu verkaufen. Die "Damen" aus Kronstadt wollten lieber Kuhbutter. In Tekes waren aber mehr Büffel, und die Büffelmilch ist fetter und somit ergiebiger. Da war guter Rat teuer.
Diese erfinderischen Tekeserinnen fanden eine ideale Lösung. Um die gelbliche Farbe der Kuhbutter zu erhalten, mischten sie in die weiße Büffelbutter Möhrensaft. Das habe ich selber gesehen. Und den zu festen Büffelrahm konnte man mit frischem Brunnenwasser etwas flüssiger machen. So nannte man ihn spaßeshalber: "smintina din fintina da la Fabrica Cioacla" (Rahm aus dem Brunnen der Fabrik "Cioacla". Damit war die einstige Molkerei Stefani gemeint).
So waren alle zufrieden, und das Geschäft "blühte". Na ja, das war schon geschwindelt. Aber geschadet haben sie damit niemandem, denn der Karottensaft enthält das lebenswichtige Vitamin A. Und Brunnenwasser ist gesund. Damit musste man sich notgedrungen trösten. Dann wurden die Rucksäcke gefüllt und geschultert.
Weil es damals außer dem Pferdewagen keine Transportmöglichkeiten gab, um zum nächsten, l8km entfernten Bahnhof zu gelangen, und ein Fuhrmann viel zu kostspielig war, ging es mit dem schweren Rucksack auf dem Rücken bei Nacht und Nebel über den Berg, durch den Wald bis nach Schirkanyen auf den Bahnhof. Die Angst ertappt zu werden war ihr ständiger Begleiter. ..
Jede Frau hatte in Kronstadt ihre Kunden, wo sie ihre Ware los wurde. Oft wurde nicht mit Geld, sondern mit abgelegten oder verwachsenen Klamotten bezahlt. So habe ich auch einmal ein Paar warme Winterstiefelchen von meiner Tante bekommen. Weil sie meiner Cousine noch zu groß waren, durfte ich sie einen Winter tragen. Noch größer als die Plackerei mit dem Schleppen der schweren Rucksäcke, war die Angst, mit den Lebensmitteln erwischt zu werden. Bei einer Kontrolle auf dem Zug zwischen Schirkanyen und Kronstadt wurde meine Tante einmal erwischt. Als der Milizmann ihr den Personalausweis (das "Buletin") verlangte, spielte sie die naive "Unschuld vom Lande" und sagte "Dies gute Stück könne sie nicht immer mitnehmen, um es nicht zu verlieren oder abzunützen". Sie gab falsche Personalien an, wurde nicht gefunden und entkam so der Strafe. Ich vermute, dass der Milizmann ihr absichtlich Glauben schenkte, um das Kalbfleisch, das er meiner Tante abgenommen hatte, mit seiner Familie selbst zu genießen. Wer weiß?!
Obwohl diese Art Geld zu verdienen mühevoll und gefährlich war, machte es einigen Frauen vielleicht auch Spaß, denn was nicht erlaubt ist, reizt um so mehr es dennoch zu tun und nicht erwischt zu werden.
Diese tapferen Mütter sind inzwischen fast schon alle verstorben, aber sie können durch ihre mühevolle Arbeit noch immer als Vorbild gelten.

Sara Schenker (geb. Holdreich)

(Beitrag im "Heimatblatt der HOG“, Ausgabe 12, Januar 2007)

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