Die Tekeser Räuberhöhle (De Riewerstuw)

In den Berichten über das Räubertum aus vergangenen Zeiten, wurde im Heimatblatt des vergangenen Jahres, außer dem Räubergraben, auch die Räuberhöhle erwähnt, ohne auf die Geschichte dieser Höhle einzugehen.
Um die Jahrhundertwende, also kurz nach 1900, sind zwei Tekeser aus dem Oberwinkel, Martin, Nr. 52 und Johann Müller, Nr. 54, auf die Idee Vater habe ich erfahren, dass zwei Söhne von Johann Müller, zu Beginn, oder kurz vor Beginn des ersten Weltkrieges, sich in dieser Höhle eine lange Zeit versteckt hätten, um sich dem Wehrdienst zu entziehen.
Inwieweit das der Wirklichkeit entspricht, ist schwer zu beantworten, denn als ich mit den Nachforschungen über die Räuberhöhle begann, lebten keine Zeitzeugen mehr, die mir glaubhafte Tatsachen über die Räuberhöhle hätten berichten können.
Mit Räuberei hatte die Höhle jedenfalls nichts zu tun, im Gegensatz zu dem Graben in dem sie liegt. Beim Bau der Höhle hatten die beiden Männer ganze Arbeit geleistet. An einer Stelle des Räubergrabens mit hohen Seitenwänden aus sandiger-lehmiger Erde, in etwa 2 -3 m Höhe, lag der Höhleneingang, in Form eines runden Lochs, durch das man nur kriechend in die Höhle gelangen konnte. Direkt darüber, am Grabenrand, stand eine stattliche Eiche. Gleich rechts nach dem Eingang gab es eine Nische, gedacht für einen kleinen Ofen, denn darüber führte eine Röhre als Rauchfang nach außen, zu den Wurzeln der Eiche. Auf der linken Seite gab es eine Nische, wo wahrscheinlich Lebensmittel und Kleider verstaut wurden. Nach hinten wurde die Höhle etwas breiter. Auf der rechten Seite gab es, in einer bogenförmigen Nische, eine niedrige Bank, und auf der linken Seite, ebenfalls in einer Nische, eine Art Bett, in dem zur Not zwei Menschen Platz hatten. Als Kinder konnten wir uns fast aufrecht in der Höhle bewegen, Erwachsene nur in gebückter Haltung. Bach-abwärts im Räubergraben, unterhalb einer schönen Waldlichtung gab es eine Quelle mit kühlem, wohlschmeckendem Wasser. Wenn man es sich, als einzelner Mensch, oder kleine Gruppe von Naturfreunden, auf der Waldlichtung gemütlich machte und sich ruhig verhielt, konnte man oft ein Reh oder einen Hasen vorbeilaufen, oder einen seltenen Schmetterling von Blume zu Blume flattern sehen. Deshalb ist es nicht verwunderlich, dass die Räuberhöhle ein sagenumwobener Anziehungspunkt und ein beliebtes Ausflugsziel wurde. Schulklassen, wie auch die, der ich im dritten Schuljahr angehörte, machten mit ihrem Lehrer Tagesausflüge zum Räuberbrunnen und der Höhle. Aber auch viele der Dorfjungen machten einen Abstecher zur Räuberhöhle, wenn sie in den kleinen Wald gingen, um Pilze oder Walderdbeeren zu sammeln.

In regenreichen Jahren, um 1940, rutschten Erdmassen des Grabenrandes ab und verschlossen den Höhleneingang. Mit meinem Bruder Hermann und Freunden haben wir zweimal den Eingang freigelegt. Es kamen die Kriegsjahre und die Räuberhöhle geriet gewissermaßen in Vergessenheit.
In den 60-er Jahren ging ich mit Verwandten, die in Telkes zu Besuch waren, zur Räuberhöhle. Wir lagerten auf der Waldlichtung und tranken das kühle Wasser aus der Quelle, aber die Höhle fanden wir nicht mehr. Ob jemanden das Schicksal der Räuberhöhle noch interessiert, und vielleicht gegraben hat, um zu sehen ob noch Reste von ihr existieren, weiß ich nicht. Aber ein halbes Jahrhundert gehörte sie zu den phantasieanregendsten Objekten von Tekes und hat dafür gesorgt, dass zu ihrer Geschichte noch einige Fragen offen geblieben sind.

Erwin Thot

(Beitrag im „Heimatblatt der HOG“, Ausgabe 8, Februar 2003)

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