Wer war Johann Kliesch?

28. März 2007

Allgemeiner Bericht

Einer, der das Tekeser Musikleben Jahrzehnte hindurch geprägt hat.
Am 29. Juni 1907 wurde Johann Kliesch in Tekes als Sohn eines Bauern geboren. Sehr früh wurde seine musikalische Begabung festgestellt. Im Alter von 12 Jahren lernte er Flöte spielen. Bald kaufte ihm sein Vater eine Klarinette, und mit 13 Jahren lernte er, unter Anleitung des damaligen Lehrers und Schulrektors Heinrich Roth, dieses Instrument richtig spielen. Auf einem der ältesten Bilder der Tekeser Adjuvanten, um das Jahr 1920, ist er als einziger Junge unter den erwachsenen Adjuvanten zu sehen.
Klarinette scheint aber nicht sein Lieblingsinstrument gewesen zu sein, denn er lernte später Blechinstrumente spielen und entschied sich für den Baß, den er dann Jahrzehnte erfolgreich gespielt hat. Im Laufe der Jahre hat er sich gründliche Kenntnisse aus der Harmonielehre angeignet. Das ermöglichte ihm, den Satz eines mehrstimmigen Musikstückes zu verstehen und mit einer Blaskapelle oder einem Chor einzustudieren. Bis es aber dazu kam, sollten noch einige Jahre vergehen, denn Leiter der Blasmusik war der Organist Johann Thot, der auch die Musik im kirchlichen Bereich leitete. 1931 kam ein junger, musikalisch begabter Lehrer, Hans Müller nach Tekes, der die Blasmusik bis 1934 leitete. Während dieser Zeit erreichte die Tekeser Blaskapelle einen ihrer Höhepunkte. Auch Johann Kliesch hat in dieser Periode viel gelernt. Leider kam es in den folgenden Jahren zur Bildung von 2 Blaskapellen in Tekes, bedingt durch verschiedene Faktoren. Die sogenannten „alten Adjuvanten" leitete Johannn Thot und die „jungen Adjuvanten" wurden von Michael Faff geleitet. Als nach Beginn des zweiten Weltkrieges alle wehrpflichtigen Jugendlichen und Männer in die deutsche Armee eingegliedert wurden, blieben nur die ältesten der alten Adjuvanten zurück und bildeten eine kleine, bescheidene Blaskapelle. Manch einer der alten Adjuvanten, der sein Blasinstrument schon an seinen Sohn weitergegeben hatte, nahm es wieder zur Hand um auszuhelfen wenn es nötig war.
Der zweite Weltkrieg ging zu Ende. Johann Thot übergab die Leitung der Adjuvanten an Johann Kliesch ab. Von den Adjuvanten, die am Krieg teilnehmen mussten überlebten nicht alle, und die Überlebenden blieben in Deutschland. So war es dringend nötig, für Nachwuchs zu sorgen. Das erste was Johann Kliesch tat, war das Anlernen von 4 jungen Bläsern, die ihres Alters wegen von der Rußlandverschleppung verschont geblieben waren. Zu ihnen gehörte auch sein Sohn Johann, ein guter Flügelhornist, der ihn in seiner musikalischen Tätigkeit wesentlich unterstützt hat. Es blieb nicht nur bei der Ausbildung dieser 4 Bläser. Viele der musikalisch begabten Tekeser Kinder oder Jugendlichen haben unter seiner Leitung ein Blasinstrument spielen gelernt. Ungewohnt war es für Tekes, daß unter diesen erstmals auch Mädchen waren, eine Bereicherung für das musikalische Leben. So kam es, daß Johann Kliesch neben den Adjuvanten auch eine Jugendblaskapelle gründete, die mit Erfolg in Tekes und auch auswärts aufgetreten ist.
Wenn während der Zeit der komunistischen Diktatur die deutsche Bevölkerung in Siebenbürgen manches Leid und viel Ungerechtigkeit erdulden mußte, wurde die kulturelle Tätigkeit zeitweilig und mit gewissen Einschränkungen gefördert. Blaskapellen, Tanzgruppen und andere Formationen nahmen an öffentlichen Auftritten und Wettbewerben teil. Grund dafür war nicht eine besondere Liebe für unsere Kulturtradition, sondern ein Aushängeschild für das Ausland zu haben. Diese Möglichkeiten, bei Kulturveranstaltungen oder Wettbewerben teilzunehmen hat Johann Kliesch klugerweise ausgenutzt. Mit der Blasmusik ist er bei Wettbewerben sogar bis zur Endphase auf Landesebene gelangt und hat mehrmals vordere Plätze belegt. Dieses brachte der Gemeinde ein gewisses Ansehen, und so konnte Johann Kliesch auch in kritischen Zeiten es sich erlauben, auch im kirchlichen Bereich tätig zu sein, sei es als Kirchvater, als Chorleiter oder als Leiter der Blasmusik bei kirchlichen Anlässen, ohne dafür unter Druck gesetzt oder verfolgt zu werden.
Johann Kliesch war bestrebt wertvolle Traditionen zu pflegen und zu bewahren, hat sich aber dem Neuen gegenüber nicht verschlossen. Unter seiner Leitung hat die Blasmusik den ersten Tango und auch rumänische Volkslmusikstücke gespielt. Wo es an Notenmaterial fehlte, übernahm er von Schallplatten oder Musikassetten verschiedene Melodien und setzte sie dann für Chor oder Blaskapelle.
Seine musikalischen Fähigkeiten waren auch über die Grenzen von Tekes bekannt. So kam es, daß er aufgefordert wurde, Jugendkapellen in Seiburg und Leblang und eine Erwachsenenkapelle in Langental (Daisoara) aufzubauen und zu leiten. Im Umgang mit seinen Mitarbeitern, sei es im Chor oder in der Blaskapelle, war er pflichtbewusst und verlangte dies auch von ihnen. Sie haben ihn wegen seiner musikalischen Fähigkeiten und seines korrekten Verhaltens geschätzt, selbst die Adjuvanten, die bei Tanzunterhaltungen zu gerne ein Gläschen zu viel tranken und dann dementsprechend schlecht spielten und sich dabei und nachher die Kritik ihres Leiters anhören mussten.
Im Jahre 1926 heiratete Johann Kliesch Rosina Fabi. Die drei Kinder ihrer Ehe, Johann (1928), Rosina (1932) und Anna (1934), waren auch sehr musikalisch und haben ihren Vater in seiner Tätigkeit wesentlich unterstützt. Am 9. April 1982 starb Johann Kliesch, viel zu früh, im Alter von kaum 75 Jahren. Viele Tekeser haben bis heute sein musikalisches Schaffen nicht entsprechend gewürdigt. Diese kurze Zusammenfassung seiner fruchtbaren Tätigkeit für die einstige Gemeinschaft unseres lieben Tekes möge alle bewegen, dem tüchtigen Bauernsohn und Musiker Johann Kliesch aus Tekes ein würdiges Andenken zu bewahren.

Erwin Thot (Beitrag im „Heimatblatt der HOG“, Ausgabe 4, April 1999)

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