Winterszeit im alten Tekes

2. Mai 2007

Allgemeiner Bericht

Wenn ich hier vom alten Tekes spreche, so beziehe ich mich auf Zeiten vor 1945, als unsere sächsischen Bauern noch als freie Menschen lebten, und Besitzer von Haus, Hof und eigenem Grund waren, für den Generationen von Vorfahren schwer gearbeitet hatten.
Von diesen Vorfahren hatten auch unsere Tekeser Erfahrungen und Traditionen übernommen, die im Alltagsleben weiter gepflegt wurden. Was den Winter anbelangt, der auch in Tekes kälter und schneereicher war, halte ich mich nicht genau an den kalendarischen Beginn und das Ende des Winters.
Die Tekeser betrachteten den Winterbeginn meist um den 11. November, den Martinstag, wenn die Maisernte begann, oft schon die ersten Schneeflocken fielen, und es schon bitter kalt sein konnte. Ich werde versuchen, zuerst über das alltägliche, wirtschaftliche Leben zu berichten, und anschließend über Feste und Vergnügen zur Winterszeit in Tekes. Das alltägliche Leben im Winter, unterschied sich wesentlich, von dem aus den übrigen Jahreszeiten. Aber niemand sollte glauben, dass die Bauern im Winter, wo es wenig Feldarbeit gab, ein gemütliches Leben geführt hätten. Mais war die letzte Frucht, die geerntet wurde.
Der genaue Tag, an dem die Ernte begann, wurde von den örtlichen Behörden, dem Hann und seinen Mitarbeiter bestimmt. Grund dafür war, dass nicht gestohlen werden konnte, wenn sozusagen alle Bauern auf dem Feld waren. Das Stehlen ist nämlich nicht erst im Sozialismus erfunden worden. Gestohlen wurde auch früher, aber, dank dieser Maßnahme und anderer Faktoren, viel weniger als im Sozialismus. Die abgebrochenen Maiskolben wurden zunächst auf Haufen gelegt, und mit Maisstängeln abgedeckt. Bei allgemeiner Erlaubnis wurden die Maiskolben nach Hause gefahren, und in den kommenden tagen auch die Stängel geschnitten, denn diese wurden auch als Viehfutter verwendet. Die Maiskolben kamen meist in einen größeren Raum, denn in Tekes wurde viel Mais angebaut, weil er ein wichtiges Tierfutter war, aber in der Ernährung der Menschen auch eine äußerst wichtige Rolle spielte.
An Abenden versammelten sich die Familien beim so genannten "Schienmochen" (dünn machen) der Maiskolben. Dabei wurden die Lieschen, die Hüllblätter vom Maiskolben entfernt. Bloß an den schönsten Kolben, deren Körner für die Aussaat im Frühjahr bestimmt waren, blieben zwei Blätter, die verknotet wurden, damit sie zum trocknen aufgehängt werden konnten. Die übrigen, dünner gemachten Kolben, kamen auf den Dachboden, wo sie langsam trockneten. Verwandte und Freunde, die frühzeitiger mit ihrem Mais fertig wurden, kamen zu Hilfe. Es war ein gemütliches Beisammensein, das den Gemeinschaftssinn pflegte. Es wurde gesungen, viel gelacht und erzählt. Da konnte man von den Alten so manches aus der Vergangenheit und ihrem Leben erfahren.
Den ganzen Winter gab es für die Männer laufend genügend zu tun. Sie waren in erster Reihe dafür verantwortlich, das Vieh regelmäßig und artgerecht zu füttern, zu tränken und auch richtig zu pflegen, es zu striegeln und zu bürsten, und den Stall rein zu halten. Zu den Zeiten, wo es die heutigen Futtermittel noch nicht gab, musste möglichst jedes landwirtschaftliche Erzeugnis, dass sich als Viehfutter eignete, verwendet werden, eine interessante Sache, deren Beschreibung zu viele Seiten in Anspruch nehmen würde. Nach der Maisernte musste auf die Felder, wo hauptsächlich Kartoffeln und Rüben angebaut wurden, Mist ausgeführt werden, eine Arbeit, die Muskelkraft erforderte und für die Nase auch kein Vergnügen war.
Eine weitere wichtige Winterarbeit der Männer war das Beschaffen von Brennholz, und das nicht nur für den eigenen Bedarf, sondern auch für den Pfarrer, die Lehrer, die Schule und das Gemeindehaus. In Tekes gab es auch, wie in anderen Dörfern, die Zehntschaften, wo, straßenweise, je zehn Nachbarn eine Zehntschaft bildeten. Jeder Zehntschaft wurde eine, oder mehrere Eichen zugeteilt, die sie gemeinsam fällen und zersägen mußten. Es wurden zehn gleichwertige Haufen gemacht und dann verlost. Meist wurde das Holz mit dem Schlitten nach Hause transportiert. Dort begann dann der zweite Teil der schweren Arbeit. Mit einer großen Zugsäge wurde das Holz in entsprechend große Klötze zersägt, und anschließend in dünne Scheite gespalten. Das war aber nicht nur Aufgabe der Männer und Knechte, sondern auch die Schulbuben mussten da ran. Das gespaltene Holz kam meist in einen kleinen Schöpfen, das sogenannte Schöpfchen, das gewöhnlich an der Scheune stand, dort konnte es bis zum nächsten Sommer, Herbst oder Winter ordentlich trocknen. Ein tüchtiger Bauer überprüfte bei Zeiten seine landwirtschaftlichen Geräte, reparierte selber, was er konnte, und ging nur mit dem Allernötigsten zum Wagnermeister oder Schmied, denn über viel Geld verfügten in Tekes wenige.
Jemand könnte fragen, ob die Männer sich denn keine Ruhe, außer dem Schlaf, oder kein Vergnügen gegönnt haben. Doch, aber viel war es nicht. Wenige waren es, die sich vom Pfarrer, Lehrer oder aus der Schulbibliothek ein Buch liehen, oder den Bauernkalender und die landwirtschaftliche Zeitung bezogen, und gelegentlich darin lasen, hauptsächlich an den langen Winterabenden. Andere verbrachten zwischendurch kürzere Zeit im Wirtshaus, dem "Letschef", wo sie sich, meist mit einem oder mehreren Schnäpsen ("Pole") erwärmten und in guter Laune über Politik und andere Nebensächlichkeiten unterhielten. Die meisten trafen sich in kleinen Gruppen an Abenden, spielten Karten und unterhielten sich meist über ernstere Dinge des Lebens.
Niemand sollte glauben, dass die Frauen im Winter nur mit der Zubereitung der Mahlzeiten, der Betreuung der Kinder, und dem Füttern der Hühner, der Katzen und dem Hund beschäftigt waren. Die Schafwolle war bereits im Sommer oder Herbst gewaschen, gekämmt und zum Teil auch gesponnen worden. Nun mußten Hanf und Flachs weiterverarbeitet werden, um dann zu Garn gesponnen und zum Weben verwertet zu werden.
An sonnigen Novembertagen sah man Frauen in Gruppen, sogar noch vor dem Türchen sitzen und Hanf oder Flachs "hecheln" oder "abziehen", sodass die feinen Fasern von dem gröberen "Werk" getrennt wurden und gesponnen werden konnten.
Gesponnen wurde sowohl tagsüber und vor allem an den Abenden in der Rockenstube.
Das gesponnene Garn wurde mit dem Haspel in Strähnen abgewickelt, dann mit heißer Lauge übergössen, und nach einigen Tagen gründlich gewaschen, besser gesagt im klaren Bach gefielt. Das war wohl die härteste Arbeit der Frauen im Winter. Um sich die gefrorenen Hände ab und zu ein wenig zu erwärmen nahmen sich die Frauen einen Topf mit heißem Wasser mit zum Bach, in das sie Hände eintauchten, wenn die Kälte nicht mehr zu ertragen war. Das gewaschene und getrocknete Garn in den Webstuhl einzubringen war eine regelrechte Kunst für sich, und soll hier nicht beschrieben werden. Je nach der -späteren Verwendung des Gewebes wurde beim Weben nur Hanf oder Flachs, bzw. ein Gemisch aus beiden, oder mit Baumwolle verwendet. In ganz früheren Zeiten, wo die Baumwolle noch sehr teuer war, ist nur mit Hanf und Flachs gewebt worden. Jedes fertige Gewebe wurde angefeuchtet, bei Sonnenschein auf eine reine Wiese gelegt, damit eine Seite gebleicht wurde. Dann erst konnte mit dem Zuschneiden und Nähen begonnen werden. Wenige Tekeser konnten sich aber eine Nähmaschine leisten, und so mußte alles mit der Hand genäht werden. Bei Gott, die Frauen hatten es wirklich nicht leicht.
Widmen wir uns der Rockenstube, die oben kurz erwähnt wurde. Straßenweise bildeten, getrennt, die Frauen und Mägde Gruppen, die sich an den Winterabenden, zwischen 18 und 22 Uhr, der Reihe nach bei einer der Frauen oder Mägde trafen. Deshalb auch der Tekeser Ausdruck "mergün bade Rend" (sinngem. Wir gehen der Reihe nach).
Etwas besser gekleidet gingen dann Frauen und Mägde mit dem Rocken, an dem Hanf oder Flachs befestigt war, in dem auch die Spindel steckte, in die Rockenstube. Lächerlich finde ich einige Bilder in Büchern, wo Frauen oder Mägde in der feinen Festtracht, in der großen Stube, vor dem großen Bett mit den gestickten Kissen, spinnend abgebildet gezeigt werden. Die Frauen empfingen keinen männlichen Besuch, aber zu den Mägden kamen die Knechte zu Besuch und durch das Spinnen kam auch Schmutz auf den Boden. Also weder Festtracht, noch die reine, große Stube kamen für die Rockenstube in Betracht. Bei den Frauen ging es ruhig zu, etwas weniger bei den Mägden, denn da gab es noch die Knechte. Stammgäste waren diejenigen, die schon ein "Läwken" (Liebchen) gefunden hatten, und diese sassen dicht neben ihnen. Aber da gab es noch die vielen, die auf der Suche nach einem Liebchen waren, und oft aus einer Rockenstube in die andere wanderten. Überall herrschte aber eine Rangordnung, welche die älteren Burschen bestimmte, denn sie saßen in unmittelbarer Nähe der Mägde, die jüngeren meist in Hintergrund. Als es noch die Bruder- und Schwesterschaften gab, sorgten bestimmte Verhaltensregeln für eine gewisse Ordnung in der Rockenstube.
Verstieß ein Knecht gegen die Regeln, musste er mit einer Geldstrafe rechnen, und das tat weh, bei dem wenigen Geld, das siebesassen. Dass die Knechte versuchten, so nah wie möglich neben ihrem Liebchen oder der Magd zu sitzen, die sie zu erobern versuchten, hatte mehrere Gründe. Einer davon war folgender. Wenn einer Magd die Spindel aus der Hand fiel und ein Knecht sie aufhob, so musste die Magd ihm "Hafer geben", also einen KUSS. Ohne das Küssen ging es auch in der Rockenstube nicht, und wie oft eine Spindel absichtlich aus der Hand fiel, hat auch niemand gewusst. Die jungen Leute waren aber in anderer Hinsicht unternehmungslustig. Für ein Stündchen gingen sie manchmal Schlitten fahren, wo man auf dem Schlitten doch so fest umschlungen sitzen konnte. Oder man nahm einen alten irdenen Topf, ging zu einer anderen Rockenstube, legte denen leise vielleicht ein Bündel Backholz vor die Tür, schlug dann den irdenen Topf auf die Türschwelle, und machte sich aus dem Staub. Das ganze nannte man "einschlagen gehen". Knechte wagten es sogar, einem Bauern den großen Schlitten zu klauen und mit ihm, zum Beispiel von hoch oben vom Rech in die Niedergasse zu sausen. Da ging manchmal ein Schlitten auch zu Bruch, und wenn die Übeltäter nicht ermittelt werden konnten, blieb der Bauer mit dem Schaden. Ging die Rockenstube zu Ende so begleiteten die Knechte ihre Liebchen nach Hause. Man konnte sich ja nicht gleich trennen und stand da noch eine Zeit lang im Gassentürchen, um noch einige Zärtlichkeiten auszutauschen.
Zu jenen Zeiten trugen die Frauen und Mägde im Winter nicht einen Mantel, sondern ein sogenanntes Schaltuch (Scholdach). Das war ein dickes, weiches, großes Tuch, in Dreieckform gefaltet, wurde über den Kopf und Rücken gelegt und vorne mit einer Hand zusammen gehalten. Im Türchen schütze es beide nicht nur vor der Kälte, sondern auch vor den neugierigen Augen der Vorübergehenden.
Auch im Laufe des Vormittags gingen die Frauen mit dem Rocken zu Verwandten oder Freundinnen, wenn sie mit ihren Hausarbeiten fertig waren, und blieben meist bis Nachmittag dort. Zu Mittag machte sich der Mann das Essen warm, und die Frauen begnügten sich mit gebratenen Kartoffeln und Krautsaft (Goch, sprich Goj). Die Mägde gingen zu Dritt oder Viert zu einem Knecht mit dem Rocken. Glücklich waren die, wo der Vater des Knechtes Pferde besaß.
Da wurde mit dem Spinnen eine Pause gemacht, die Pferde vor den Schlitten gespannt, ein oder zwei Knechte kamen noch dazu, und singend und im Trab ging es dann durch das Dorf. Ein bescheidenes aber schönes Vergnügen.
Ein wichtiges Ereignis in jeder Familie war das Schweineschlachten, kurz vor Weihnachten. Wenn die Anzahl der Familienmitglieder nicht ausreichte, so kamen Verwandte zu Hilfe. Immer musste ein Mann darunter sein, der es verstand, durch einen gezielten Messerstich das Schwein zu töten, es zu enthaaren und richtig zu zerlegen. Den gab es fast in jeder Familie. Die weitere Verarbeitung erledigten zum großen Teil die Frauen. So ein Schweineschlachten war ein kleines Familienfest, mit Arbeit verbunden, das aber den Gemeinschaftsgeist in der Familie stärkte, und ihr die Sicherheit verlieh, für lange Zeit mit dem nötigen Fleisch und Speck versorgt zu sein.
Die Schulkinder sollten wir ja nicht vergessen, aber nicht über ihre Hauptarbeit, den Schulbesuch sprechen, sondern über ihre Aufgaben in der Familie und besonders über ihre Freuden und Vergnügen. Früh wurden die Kinder zu Arbeiten in Haus, Hof und Feld herangezogen. Im Winter mussten sie schon beim Versorgen der Tiere helfen, Holz sägen und spalten, trockenes Holz und Wasser ins Haus tragen, die größeren Mädchen das Spinnen, Nähen und Sticken lernen und beim Waschen und Bügeln helfen. Die schwere Feldarbeit begann erst im Frühjahr und so richtig im Sommer. In jeder Familie gab es einen Schlitten, einen Rodel, der für den Transport kleinerer Dinge nötig war, am meisten aber von den Kindern benutzt wurde. Steile Abhänge gab es in Tekes genügend, und selbst bei viel Schnee war in kurzer Zeit, beiden vielen Kindern in Tekes, eine glatte Rodelbahn hergestellt, leider zum Ärger mancher Bauern, die keinen Brunnen in ihrem Hof hatten, und ihr Vieh zur Dorftränke treiben mussten. Da bestand die Gefahr, dass ein Tier ausglitt und sich ein Bein brach. Das hätte geschlachtet, und das Fleisch im Dorf verkauft werden müssen. Das wäre aber ein großer Verlust gewesen, denn wer im Dorf kauft im Winter, wenn er Schweinefleisch hat, noch Rindfleisch. Folglich streuten diese Bauern Asche oder Sand auf die Straße und zerstörten den Kindern damit oft die Rodelbahn. Die Jungen waren nicht immer auf eine Rodel angewiesen, denn ihre Väter machten ihnen Holzschlittschuhe, die sie sehr einfallsreich, mit Schnüren an den Schuhen befestigten. Besonders stolz waren diejenigen, deren Väter an den Schlittschuhen eine Blech- oder sogar Eisenschiene befestigten, denn da waren sie im Wettfahren unschlagbar.
Ein einmaliges, aber großes Wintervergnügen war der Kinderball, Blasigenannt, der immer am 2. Februar abgehalten wurde. Schon Wochen vorher machte sich unter den Schulmädeln eine gewisse Unruhe bemerkbar. Mit Hilfe der Mütter, Großmütter oder Tanten bastelten sie die sogenannten Blasisträuße. Diese bestanden aus einem weißen, ovalen Papier, an dem kleine, selbstgebastelte Papierblümchen befestigt waren. Diese Blasisträuße brachten die Mädchen den Jungen vor dem Blasi nach Hause, und am Blasi mußte der Junge mindestens einmal mit jedem Mädchen tanzen, das ihm einen Strauß geschenkt hatte. Gute Tänzer erhielten so viele Sträuße, dass sie sich sogar eine Liste mit den Mädchen machen mußten, denen sie einen Tanz schuldeten. Es galt als eine gewisse Pflicht für die Jungen, alle Sträuße an der Pelzmütze und an den Kleidungsstücken, mit denen sie zum Blasi gingen, zu befestigen. Mütter, oder auch Großmütter begleiteten die Kinder, nahmen Essen und Trinkwasser mit, sassen am Saalrand, freuten sich mit den Kindern, und machten die nötigen Beobachtungen für spätere Tratschereien. Die Adjuvanten spielten beim Blasi unentgeltlich.
Nun etwas über die Feste, die in die Winterszeit fallen, Weihnachten und Neujahr. Die wichtigsten Vorbereitungen in den Familien waren das Schlachten und das Backen vor den Feiertagen. Emsig liefen Vorbereitungen auch in der Schule. Zur Adventszeit banden die Schulkinder in jeder Klasse einen Adventkranz und versammelten sich jede Woche einmal zu einer Feier. Aufregender waren die Vorbereitungen für den Gottesdienst am Weihnachtsabend. In Tekes wurden für den Weihnachtsabend in der Kirche vier große Weihnachtsbäume aufgestellt, und das aus frühesten Zeiten, wie uns Katharina Folberth, geb. Geisler, in einem kleinen Beitrag berichtet. An jedem Weihnachtsbaum durfte am Weihnachtsabend eine Gruppe von Schulkindern singen. In aufeinander folgenden Jahren wurden abwechseln die Lieder: Vom Himmel hoch ..., und Lobt Gott ihr Christen . . . gesungen, denn diese eigneten sich dafür, dass der Text einer Strophe gut in vier geteilt gesungen werden konnte. Die erste Strophe sangen immer die Kinder, beginnend mit der Gruppe vom ersten Weihnachtsbaum, die zweite die ganze Gemeinde, und so weiter.
In der Schule bestimmte in jeder Klasse der Lehrer die vier besten Sänger, die dann, abwechselnd je einen Schüler zu ihrer Gruppe wählten. Dann wurde gelost, an welchem Weihnachtsbaum die vier Gruppen singen durften. Dann wurde ordentlich geprobt. Jede Gruppe wollte nach dem Weihnachtsgottesdienst das größte Lob empfangen. Der Gottesdienst am Weihnachtsabend war das besinnlichste Fest in Tekes. Er begann 18 Uhr, und wer nur konnte nahm daran teil. Die brennenden Kerzen auf den großen Weihnachtsbäumen und auf den großen Leuchten in der Kirche beeindruckten jeden, der das Gotteshaus betrat. Das gleiche galt auch für die Augenblicke, wenn der Bibeltext über die Geburt Christi vorgelesen wurde, und unter den vier Weihnachtsbäumen, der Reihe nach, die hellen Stimmen der Schulkinder erklangen, und dann von dem kräftigen Gesang der Erwachsenen und dem Klang der Orgel abgelöst wurden. Zufrieden und gestärkt für die nächsten Festtage gingen die Menschen nach Hause. In vielen Familien wurde auch zu Hause bescheiden Weihnacht gefeiert, mit einem kleinen Bäumchen, auf dem ein paar Kerzen brannten, und in einigen Fällen auch mit einem kleinen Geschenk für die Kinder, sei es zum Beispiel eine Puppe für die Tochter, gebastelt aus einem Maiskoibenstrunk (Gröz), oder für den Jungen eine Peitsche (Giessel) die der Vater aus selbstgedrehten Hanfschnüren geflochten hatte.
Damit war aber der Weihnachtsabend noch nicht vorbei. 22 Uhr gingen viele, vor allem Jugendliche auf den Kirchberg, vor den Eingang zum Kirchhof, wo die Adjuvanten einige vierstimmige Choräle sangen und spielten. Früher, als die Holztreppen im Kirchturm sich noch in gutem Zustand befanden, stiegen die Adjuvanten hinauf in den Turm, von wo sie im ganzen Dorf gehört werden konnten. Dieses war der Abschluss der Feierlichkeiten am Weihnachtsabend. Für einige Knechte begann erst eine äußerst wichtige Arbeit. In Tekes war es üblich, dass Knechte ihrem Liebchen, oder einer Magd, die sie verehrten oder gerne erobern wollten, einen Neubaum vor das Haus stellten. Ein Neubaum bestand aus zwei senkrecht ineinander gefügten, bemalten Teilen, an dem oberen Teil eine Querlatte, mit drei senkrechten Stäben, an denen, garbenähnlich Wacholderzweige (Krümerbiren) mit Bändern festgebunden wurden. Traditionsgemäß musste der Knecht das Neubaumholz von der Magd verlangen, praktisch damit um die Erlaubnis bitten, ihr einen Neubaum aufzustellen. Dann taten sich einige Burschen zusammen, holten Wacholderzweige aus dem Wald, schnitten sie zurecht und banden sie zusammen. Wenn der Boden gefroren war, kam eigentlich das schwerste, nämlich ein entsprechend tiefes Loch herzustellen, in dem der Neubaum standfest verankert werden konnte. Bösartige Rivalen schütteten, während die Burschen bei anderen Mägden beschäftigt waren, Wasser in das Loch, sodass die armen Burschen zusätzlich noch das Eis aus dem Loch entfernen mussten. Aber Liebe hilft sogar Berge versetzen, und so schafften es die wackeren Burschen dennoch. Nach einem Ständchen, wurden sie dann ins Haus gebeten und bewirtet. Wenn die Mutter der Magd einverstanden war, wurde der Knecht am ersten Weihnachtstag zum Mittagessen eingeladen.
An den Abenden des ersten und zweiten Weihnachtstages besuchte man die nächsten Verwandten, man ging "an de GOSS" . Vom alten Jahr verabschiedete man sich in verschiedenen Formen. Das begann 18 Uhr, am Neujahrsabend mit einem Gottesdienst. Anschließend feierte man in bescheidener Form zu Hause den Abschied vom alten Jahr. Einige Knechte und Mägde schlössen sich zu kleinen Gruppen zusammen, und bei ein wenig Hanklich, Krapfen und etwas gesüßtem und gefärbten Schnaps wurde Silvester gefeiert.
Kurz vor 12 Uhr ging es auch am Silvesterabend auf den Kirchberg, wo diesmal die Adjuvanten mit einem Trauermarsch symbolisch das alte Jahr zu Grabe trugen, und nach dem Glockenläuten das neue Jahr mit einem Hochzeitsmarsch begrüßten. In der Hoffnung auf ein besseres, neues Jahr, trennte man sich, indem man sich gegenseitig ein glückliches Neujahrwünschte.
Wir sollten nicht vergessen, dass auch am Neujahrsabend die Kinder zu ihrem Recht kamen. Nach dem Gottesdienst machten Männer oder Knechte sich auf, um als Neujahrsferkel (Gürschtfarken) die Kinder zu beschenken. Mit einer Viehglocke wurde vor der Tür geläutet, und versucht wie ein Schwein zu grunzen, dann meist nur die Tür ein wenig geöffnet, und in einer Tüte den Kindern etwas Gebäck und ein paar Bonbons (Zuckercher) hineingeschoben. Am ersten Januar, vor und nach dem Gottesdienst, gingen die Kinder zu Verwandten und Bekannten, um denen ein glückliches Neujahr zu wünschen. Dabei mussten sie wenigstens ein kleines Verschen, oder auch ein passendes Gedicht aufsagen. Dafür erhielten sie Gebäck, Bonbons und von wohlhabenderen Leuten auch ein wenig Kleingeld. Für Kinder war es etwas außergewöhnliches, selbst auch einmal Geld zu besitzen. Am Abend des ersten Januar ging es schon los mit den Tanzunterhaltungen, etwas sehnlichst Erwartetes von den Tekesern, die sogar in anderen Dörfern als gute Tänzer galten. Diesen ersten Ball organisierte die Feuerwehr, die in früheren Jahren ein wichtiger Verein war. Meist spielten die Tekeser Adjuvanten zum Tanz auf. Aus alten Dokumenten habe ich erfahren, dass manchmal auch eine Zigeunerkapelle aus Fogarasch geholt wurde, wenn die Adjuvanten zu teuer waren, oder nicht spielen konnten.
Bei allen Bällen mußte der Gemeindesaal vorher gescheuert, auf den Boden fein zerkleinerte Kerzen gestreut, und von zu Hause mindestens drei große Hängelampen gebracht werden, denn das elektrische Licht kam erst im Soz;a!ismus nach Tekes. Nach jedem, der einen Ball veranstaltete, wurden die Leute entweder durch den Dorftrommler (Trobünt oder Borjer genannt), mit Hilfe der Nachbarschaftszeichen, oder persönlichen Kontakt eingeladen. Am 6. Januar folgte schon der nächste Ball, der Mägdeball, veranstaltet durch die Mägde, im Rahmen der Schwesterschaft. An diesem Ball durften nur Knechte und Mägde, sowie junge Ehepaare teilnehmen, die im vorhergehenden Jahr geheiratet hatten. Es war verpflichtend, an diesem Ball in Festtracht zu erscheinen, Knechte und junge Ehepaare wurden einzeln von den Mägden eingeladen. Getanzt wurde früher nur Walzer, Polka und Schrittaus, eine besonders flotte Form von Polka, den aber nicht alle beherrschten. In den 30-er Jahren gab es nur noch einige ältere Leute, die noch eine Tanz kannten, den "Zipperpolka", (wahrscheinlich Zipserpolka?), der aber nicht mehr getanzt wurde. Es war eine Freude, die vielen jungen Menschen mit Begeisterung tanzen zu sehen. Während der Pausen gingen sie paarweise im Kreis herum und sangen Lieder, oder bildeten einen großen Kreis, sangen oder spielten etwas, meist ein Singspiel, im Zusammenhang mit dem bäuerlichen Leben. Vielleicht erinnern sich die Alten unter uns an die Singspiele "Ein Bauer fuhr in Heu", oder "Heute woll'n wir Hafer mahn". Bis 12 Uhr durften nur die Mägde zum Tanz auffordern.
Mit dem Frauenball, Ende Januar, kamen auch die Frauen, die im Rahmen des kirchlichen Frauenvereins organisiert waren, zu ihrem Recht. Den Abschluss der Tanzunterhaltungen machte der Faschings- oder Nachbarschaftsball, der von den Nachbarschaften veranstaltet wurde, und an dem nur die Verheirateten teilnehmen durften. Wehmütig standen Jugendliche an den Fenstern, oder im Flur des Gemeindesaales, und warteten, bis ihnen, traditionsgemäß, ein paar Tänze erlaubt wurden. Diese Tanzunterhaltung fand immer am Dienstag vor dem Aschemittwoch statt, dem Tag, wo man begann, sich auf das Osterfest vorzubereiten, aber auch die Arbeiten, die das Frühjahr mit sich brachte, und man weniger an Unterhaltung denken konnte. Über diesen Jahresabschnitt wollen wir im nächsten Heimatblatt berichten. Eine wichtige Hilfe für diesen Bericht erhielt ich durch Gespräche mit Michael und Sara Mathiä und einigen anderen Landsleuten, wofür ich ihnen herzlich danke. Leider konnte ich bei vielen Arbeiten und Ereignissen nicht in Einzelheiten eingehen, um sie jedem verständlich zu machen, der diese Zeit nicht selbst erlebt hat. Aber die Seitenzahl unseres Heimatblattes ist, aus Kostengründen, begrenzt. Es ist nicht ausgeschlossen, dass mir auch Fehler unterlaufen sind. Ich würde mich freuen, wenn diese und Meinungen zu diesem Bericht, mir schriftlich mitgeteilt würden, damit ich zu diesen im nächsten Heimatblatt Stellung nehmen, oder sie als solche veröffentlichen kann.
Ich möchte meinen Bericht nicht abschließen, ohne zu erwähnen, dass die Tekeser nicht nur die traditionellen Feste in einer bestimmten Form gefeiert, und fleißig getanzt haben, sondern auch auf kulturellem Gebiet etwas geleistet haben, und besonders in Winterzeiten. Schon vor 1900 wurde in Tekes Theater gespielt, und fast jeden Winter ein Theaterstück aufgeführt, mit Ausnahme der Kriegsjahre. Selbst die Adjuvanten haben nicht nur zum Tanz und bei Beerdigungen gespielt, sondern gelegentlich auch ein Konzert gegeben, was für Tekes etwas Besonderes war. Das Wort Konzert war früher den Tekesern nicht unbedingt geläufig. So erzählte mir vor vielen Jahren eine Mutter, die ihren kleinen Sohn bei einem Konzert der Adjuvanten, mit der Großmutter zu Hause gelassen hatte, dass dieser ihr ganz erbost gesagt habe: "Na warte Mutter, wenn du alt sein wirst, gehe ich auch allein in das "Konferz", und lasse dich mit der Großmutter zu Hause." Über Musik und Theater in Tekes, bis zur unmittelbaren Gegenwart, wird im Heimatbuch ausführlich berichtet.

Erwin Thot (Beitrag im „Heimatblatt der HOG“, Ausgabe 8, Februar 2003)

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