Stimmen zum Heimgang von Lehrerin Edith Melchior

2. Mai 2007

Allgemeiner Bericht

Gedanken zum Heimgang meiner Lehrerin, Kollegin und Freundin Edith Melchior
Es muss im Sommer des Jahres 1947 gewesen sein. Unsere damaligen Lehrer, mit Herrn Prediger Martin Thot, hatten beschlossen, einige von uns sollten den Weg zur weiterführenden Schule gehen. Möglicherweise waren auch die notvollen Verhältnisse der unmittelbaren Nachkriegsjahre, die Enteignung und Verschleppung, mit ein Grund, zumindest für einige ihrer Schüler, nach der Zukunft zu suchen. Nur, in eines der weit gelegenen Gymnasien zu gehen, war materiell niemandem von uns möglich. So bot sich die damals jüngste Lehrkraft, Edith Melchior, an, einige von uns privat vorzubereiten, um am nächstgelegenen - aber rumänischen - Gymnasium in Fogarasch die Prüfungen für die erste Klasse des Untergymnasiums abzulegen. Zu dritt sind wir damals aus unserer Klasse ein Jahr lang einige Nachmittage in der Woche in das schöne Notärhaus im Niederwinkel, zwischen den Brücken, eingekehrt und diese wirklich hochgeschätzte Lehrerin hat uns in den gymnasialen Fächern unterrichtet. Zu Fuß mussten wir dann zweimal im Jahr nach Fogarasch zu einer je einwöchigen Prüfung. Heute noch kann ich, zum Staunen meiner Kinder, französisch lesen. Besonders beeindruckend war für uns ihr gepflegter, freundlicher und liebevoller Umgang mit uns, und wie ich später merkte mit jedermann. Nie ist in den drauffolgenden Jahren die Verbindung zu ihr abgerissen. Als ich 1954 das Lehrerseminar in Schäßburg beendet hatte, begann eine Zeit, die uns noch enger zusammengeführt hat. Ich hatte nach dem Examen, mit einigen wenigen Mitschülern, die Zuteilung zur Hochschule, aber keine Lehrerstelle zugewiesen erhalten. Wieder war der Weg dahin materiell und politisch verbaut. Der Regionsschulinspektor machte mich in letzter Minute darauf aufmerksam, dass in meiner Heimatgemeinde Deutsch Tekes an der „7-klassigen deutschen Elementarschule" noch eine Stelle frei sein müsste. Als ich mich bei der damaligen Schulleiterin, Edith Melchior, meldete, hat sie mich in die Arme genommen und gesagt: „Jo Machel, sacher küsst te kun, äst Besseret koindj es net possieren!" Es wurden zwei unvergesslich schöne Jahre in einem Kollegium mit meinen ehemaligen Lehrern und einer Reihe von Schulfreunden aus dem Seminar. Es war gewiss eine Zeit besonderer Verbundenheit von Lehrern, Schülern, Eltern und Gemeinde. Daran war Edith Melchior maßgeblich beteiligt. In dieser Zeit wuchs zwischen uns eine Freundschaft, die über Jahre und Grenzen gehalten hat und von besonderer Kostbarkeit war. Der Umgang mit ihr war vertraut, herzlich und immer von gegenseitiger Achtung und Wertschätzung erfüllt. Sie hat Tekes und seine Menschen geliebt und hat sie immer, so wie ihr gepflegtes Äußere aussah, mitgenommen in eine gepflegte Welt des Geistes und der Seele. Ich verdanke ihr viel und ich weiß es, mit mir tun es viele Tekeser auch. Nun hat Gott der Herr sie heimgerufen. Sie hat sich immer nach einer Welt des Edeln und Schönen gesehnt und darum bemüht. Möge er ihr die Erfüllung ihrer Sehnsucht schenken, im Sinne der Verheißung aus Offenbarung 21.4 „Und Gott wird abwischen alle Tränen von ihren Augen, und der Tod wird nicht mehr sein, noch Leid, noch Geschrei, noch Schmerz wird mehr sein" - nichts mehr, was das Leben entstellt, verletzt und zerstört.

Michael Fabi, Pfr. i.R. (Bad Salzuflen) (Beitrag im „Heimatblatt der HOG“, Ausgabe 9, Februar 2004)

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