Sommerzeit im alten Tekes

15. Februar 2008

Allgemeiner Bericht

Wenn die Alten unter uns noch von guten alten Zeiten sprechen, denken sie an die Zeit ihrer Kindheit, Jugendzeit, und wenige auch an die Zeit, wo sie als Erwachsene noch ihr „eigener Herr
In dieser Zeit gab es im Laufe eines Jahres Perioden, wo das Bauernleben sehr schön sein konnte. Lesen sie bloß den Bericht über die Winterzeit, aus dem Heimatblatt 2003. Wenn unsere Tekeser Bauern sich im Frühjahr wieder an die schwere Feldarbeit gewöhnen mussten, war die Sommerzeit voll von schweren Arbeiten, von denen viele von uns verschont geblieben sind. Bis zum zweiten Weltkrieg, verfügten die Tekeser Bauern über sehr wenige landwirtschaftliche Maschinen, so dass die meisten Feldarbeiten mit schwerem körperlichem Einsatz verrichtet werden mussten. Die im Frühjahr gesäten Rüben und der Mais, sowie die gesetzten Kartoffeln mussten mehrmals gehackt, Rüben sogar vereinzelt, und Mais und Kartoffeln sogar gehäufelt werden. Da konnte manch junger Anfänger sogar Bekanntschaft mit den ersten Blasen in seinen Händen machen. Nicht zu vergessen, dass früher der Anbau von Hanf und Flachs eine große Rolle spielte, aber auch bis zur Ernte unkrautfrei gehalten werden musste. Nach 1900 haben einige Bauern in Tekes auch Hopfen angebaut und die Blüten an die Bierfabriken verkauft. Nach dem 1. Weltkrieg wurde dieser Anbau langsam aufgegeben. Dafür haben anschließend viele Bauern mit der Erzeugung von Kleesamen Geld verdient. Wenn man überlegt, dass der Großteil des Ackerlandes für den Anbau von Weizen und Mais benötigt wurde und die Tekeser sowieso nicht viel Grund besaßen, wird der eine oder andere sich fragen, wo denn alles angebaut wurde. Es brauchte ja auch Heuwiesen. Hier sei kurz erwähnt, dass der Großteil des Ackerlandes von früher in 3 Teile geteilt wurde. In einem Teil wurde vorwiegend Weizen früher auch Roggen, in einem anderen Teil Mais und Hafer angebaut, und ein Teil lag ein Jahr brach und wurde beweidet. Dann folgte ein Wechsel der Kulturen. Nach dem 1. Weltkrieg wurde das Brachfeld in zwei geteilt und in der einen Hälfte, die sogenannte gehegte Brache, hauptsächlich Klee, Hafer und Kartoffeln angebaut. Man nennt dieses Anbausystem die „Dreifelderwirtschaft". Interessant ist es zu wissen, dass Mais erst um 1750, Rüben und Kartoffeln 1850 in Tekes angebaut wurden. Auch in Tekes wurde ganz viel Hirse angebaut. Dafür spricht die Benennung des Tekeser Waldgebietes, das „Hirschelünd" (=Hirseland), wo früher bestimmt Hirse angebaut wurde. Später ist die Hirse vom Mais verdrängt worden. Wenn auf den Heuwiesen das Gras entsprechend gewachsen war, begann die Zeit des Heumachens, eine, nur zum Teil angenehme Arbeit. Diese Arbeit überdeckte sich oft mit den Hackarbeiten. Das Mähen war Männerarbeit. Bloß in Zeiten wenn die meisten Männer im Krieg, oder auch verschleppt waren, haben auch Frauen und Schuljungen zur Sense greifen müssen. Der Beginn der Heuernte wurde von den örtlichen Behörden bestimmt. Hauptgrund dafür war, dass der Tekeser Grund nicht kommasiert war, sondern aus kleinen Parzellen bestand, und bei nicht gleichzeitiger Ernte großer Schaden entstanden wäre, weil es zu den einzelnen Parzellen keine Zufahrtswege gab. Das Mähen war keine leichte Arbeit, und manch junger Bursche musste die Zähne zusammen beißen, wenn er beim Mähen mit seinem Vater, oder auch Großvater Schritt halten musste. Frauen und Kinder verteilten das gemähte Gras und baten in Gedanken Gott um schönes Wetter. Denn wenn die Sonne schien, konnte das Gras schon am gleichen Tag gewendet werden und, wenn Regen drohte, am Abend in Haufen („Klontscher") gelegt werden. Am 2. Tag wurde das Heu wieder ausgebreitet, zweimal aufgelockert (geschüttelt), und wenn das Wetter günstig war, konnte es noch am selben Abend in die Scheune gefahren werden. Keine Wettervoraussage im Fernseher konnte unseren Bauern helfen, es zu vermeiden, dass ein plötzlicher Regen ihnen das trockene Heu nass machte, sondern bloß ihre Erfahrung und der Blick nach Westen, auf das Buchhorn, von wo oft unerwartet und schnell ein Gewitter heranzog. Kam ein Gewitter, dann war Eile geboten. Lag das Heu noch am Boden, dann eilten Alt und Jung schnell aufs Feld, um es in Haufen zu legen. Lag es schon getrocknet in Haufen, versuchte man schnell die Tiere vor die „großen Wagen" zu spannen, um das Heu noch trocken in die Scheune zu bekommen. Ein Jammer war es, wenn der Regen jede Mühe zunichte machte, denn nur gutes Heu, das nicht mehrmals beregnet wurde, fraß das Vieh gern, und auch die Menge der Milch, die Kühe und Büffel lieferten, hing von einem guten Heu ab. Nicht sämtliche Heuwiesen wurden gleichzeitig abgeerntet. Es gab etwa 3 Heuwiesengebiete, die nacheinander gemäht wurden: um die Gemeinde (Hanfau, Flachsau, hinter den Gärten), die Wiesen und der Weiher. So bestand die Hoffnung, den Großteil des Heues getrocknet in die Scheune zu bekommen. Ähnlich wie beim Heu ging es auch beim Rotklee zu. Bloß konnte da jeder Wirt nach eigenem Gutdünken den Mähtermin festlegen. Der Klee konnte zweimal geerntet werden. Diente die 2. Ernte zur Erzeugung von Kleesamen, so fand diese erst zu Herbstbeginn statt. Das wichtigste Ereignis in der sommerlichen Feldarbeit war die Weizenernte. Das Wort Weizen gehört nicht zum Sprachgebrauch der Siebenbürger Sachsen, so auch nicht zu dem der Tekeser. Man sprach vom Kornsäen, Kornschneiden und der Korneinfuhr. Das Kornschneiden, bis in die 30-er Jahre des vergangenen Jahrhunderts, wurde ausschließlich mit der Sichel durchgeführt und war neben dem Mähen und Hacken die schwerste Feldarbeit. Etwas erleichtert wurde sie, als auch mit der Sense geschnitten wurde. Wie ein Tag Kornschneiden verlief, kann in dem anschließenden Erinnerungsbericht von Katharina Folberth nachgelesen werden. Den Beginn des Kornschnittes bestimmte jeder Bauer selber, abhängig von dem Reifezustand des Kornes. Aber der Beginn der Einfuhr wurde von den örtlichen Behörden festgelegt. Die Einfuhr wurde als eine Art von Festlichkeit betrachtet und dementsprechend auch vorbereitet. Alle Brücken wurden kontrolliert und bei Bedarf repariert und auch alle Feldwege in Ordnung gebracht, denn in dem hügeligen Gelände von Tekes war es oft schwer, mit einem voll beladenen Erntewagen problemlos voranzukommen. Die Erntewagen, mit allem Zubehör (Joch, Pferdegeschirr, Hemmkette, Heubaum, Seil, u. a.) wurden überprüft und gereinigt. Auch das Zugvieh wurde auf „Hochglanz" gebracht. Und selbst Bauern und Bäuerinnen kleideten sich etwas festlicher. Aus all diesen Gepflogenheiten kann man erkennen, welch große Bedeutung das Korn für das Überleben der Bauernfamilie hatte. Bedrückend war es, wenn durch eine Regenperiode die Einfuhr sich verzögerte, denn das in Haufen gelegte Korn begann zu keimen („es wuchs aus", wie Tekeser sagten) und nur schwer konnte man später daraus ein gutes Brot backen. Verheerend wirkten sich auch die Missernten, auch Trockenheit oder Hagelschlag in einigen Jahren, im Laufe der Geschichte, aus. Darüber soll aber ein anderes Mal berichtet werden. Glücklich atmeten die Tekeser Bauern auf, wenn sie das Korn in der Scheune hatten und bereiteten sich für den Drusch vor. Bis um 1890 wurde mit dem Flegel gedroschen, auch eine mühselige Arbeit. Um die Wende zum 20. Jahrhundert gab es bereits einfache Dreschmaschinen (Göpelmaschine), die durch Zugtiere (Pferde), die im Kreise gehen mussten, betrieben wurden. Ob es in Tekes solche Maschinen gegeben hat, konnte ich bisher nicht klären. Aber bereits 1900 brachte der Mühlenbesitzer Nisi eine Dreschmaschine nach Tekes, die mit einem Dampfmotor betrieben wurde. Bald wurden die Dreschmaschinen mit Benzinmotoren betrieben und 1924 gab es bereits 3 Druschgesellschaften der Sachsen und später auch eine der Rumänen in Tekes, unabhängig von den 3 Nachbarschaften. Das Dreschen war ein wichtiges Ereignis, wo die ganze Verwandtschaft und Freunde mithalfen. Schwer war es mit l oder 2 Paar Ochsen die Dreschmaschine von einem Wirt zum ändern in die Scheune und den Motor in den Hof zu bringen. Die Leitung der Gesellschaft dingte einen Maschinisten und zwei Einleger. Letztere wechselten sich ab, um auf der Dreschmaschine einzulegen. Das Stroh, das aus der Maschine hinten heraus fiel, wurde entweder in der Scheune aufbewahrt, oder im Garten zu einem Haufen(„Schüver") geschichtet. Frauen, Mägde oder auch Kinder schafften die Spreu (Köf) in einen kleinen Anbau der Scheune im Garten (das "Köfes"). Diese Spreu diente auch als Viehfutter. An der Vorderseite der Maschine gelangten die Weizenkörner in feste Hanfsäcke, wurden gewogen und von starken Männern direkt zu dem kastenförmigen Kornspeicher getragen. Etwa 4% der Ernte erhielt die Druschgesellschaft. Davon wurden Maschinist und Einleger, der Treibstoff und die laufenden Reparaturen bezahlt. Zu der schweren körperlichen Arbeit kam noch der Staub, vor allem auf und hinter der Maschine. Glücklicherweise kannte man damals nicht die Stauballergien, an denen heute tausende Menschen hier leiden. Essen war wichtig bei der schweren Arbeit. Frisches Brot durfte nicht fehlen, morgens Milch, später auch Kaffee (natürlich kein Bohnenkaffee), 10 Uhr geschmierte Brote, zu Mittag eine Suppe mit Fleisch, meist das traditionelle „Brüdelawend", und wenn der Drusch bis in die Abendstunden dauerte noch eine Jause und als Abschluss meist eine deftige „Tokane". Beeindruckend für die Kinder war der Transport der Maschine und des Motors, denn manchmal kam es vor, dass selbst die kräftigsten Ochsen irgendein Hindernis nicht überwinden konnten. Dann griffen die Männer in die Räder, und mit einem gemeinsam gebrülltem „He-ruck", wurde Maschine oder Motor von der Stelle bewegt. Großen Spaß hatten die Leute, wenn der Maschinist sich einen unfolgsamen Jungen griff, der unerlaubt unter dem Treibriemen, der Motor und Maschine verband, hin und her lief, und ihm einen Finger an die Zündkerze legte. Durch den Stromschlag, der den ganzen Körper durchlief, war der Junge kuriert. Gleichzeitig mit dem Weizen wurde auch der Hafer gedroschen, den man erst nach dem Kornschnitt erntete, und der vorwiegend als Futter für Pferde und Ferkel diente. Nach einem Jahr der Missernte kam es vor, dass einige Bauern zur Zeit der neuen Weizenernte kein Korn mehr hatten, um das tägliche Brot zu backen. Dann kam es zum Notdrusch. Die Dreschmaschine wurde am Dorfende aufgestellt und die Bauern konnten dort eine Fuhre Weizen dreschen. Auch der Samenklee wurde dort gedroschen, nicht in der Scheune. Nicht zu vergessen sei, dass aus frühesten Zeiten viel Hanf und Flachs angebaut wurde, weil beide eine vielseitige Verwendung im Leben unserer Bauern fanden. Aber die Ernte und Bearbeitung dieser Faserpflanzen bis aus ihnen brauchbares Tuch gewebt werden konnte, war eine mühselige Arbeit. Beide wurden nach der Weizenernte ausgerissen, auf dem Feld liegen gelassen, um zu trocknen, und dann gebündelt. Ein Einzelbündel wird „Reist" genannt. Bevor die Reisten, je 10 zu einem „Bießen" gebündelt in den Bach oder sogar in den Alt zum Rösten gelegt wurden, mussten, durch klopfen mit einem runden Holz die Leinsamen („Lasern") aus den Kapseln des Flachses entfernt werden. Vor dem Bündeln beim Hanf mussten die getrockneten Blätter entfernt werden. Damit die Fasern, durch Einwirkung von Bakterien, sich vom harten Teil der Stängel lösen konnten, mussten der Flachs 4, und der Hanf 8 Nächte in fließendes Wasser gelegt werden. Diesen Vorgang nennt man Rösten (="riesten"). Wenn genügend Wasser in den Tekesern Bächen war, konnte man den Flachs dort rösten. Bei Wassermangel fuhren die Leute zum 6 km entfernten Alt. Obwohl die „Biessen" mit Pfählen befestigt wurden, kam es vor, dass es bei tagelangem Regen, im Alt der Hanf und Flachs weggespült wurde, ein schmerzhafter Einschnitt in das Leben der schwer arbeitenden Bauern. Vielleicht wird sich mancher Leser fragen, ob die Tekeser Bauern im Sommer nur mit schwerer Arbeit gelebt haben. Wenn man zu den oben genannten Arbeiten noch unerwähnte, wie die Arbeit im Haus, Hof und Garten dazu zählt, kann man sich schwer vorstellen, dass die Bauern noch Lust verspürten, sich zu vergnügen. Selten konnte man an Abenden Mägde und Knechte vor den Türen sitzen sehen, wo sie, nach alter Tradition, ihre Lieder sangen. Hochzeiten wurden früher fast ausschließlich im Winter gefeiert, es sei denn, dass im Sommer geheiratet werden musste. Sonntag war ein Ruhetag, wo Jung und Alt zum Gottesdienst gingen. Als die Jugend im Rahmen der Kirchengemeinde noch in Bruder- und Schwesternschaft organisiert war, waren der Besuch des Gottesdienstes und das Tragen der Kirchentracht verpflichtend. An heißen Sommertagen war es für die Burschen eine Qual, den aus Schafsfell gefertigte Kirchenpelz zu tragen, und wenn es vorkam, dass einen todmüden Burschen der Schlaf überkam und er während der Predigt einnickte, gab es manchmal auch Vorgesetzte, die dieses registrierten und dem armen Kerl beim nächsten „Zugang" eine Geldstrafe aufbrummten. Damit sollen aber der Kirche nicht ihre Verdienste abgesprochen werden. Was den Sonntag betrifft gab es auch Ausnahmen, bezüglich der Feldarbeit. Wenn die Heuernte sich auch über den Sonntag erstreckte, wurde bei Bedarf auf dem Feld, in etwas festlicherer Kleidung gearbeitet. Eine einzige Festlichkeit fiel in die Sommerzeit, an der sozusagen das ganze Dorf beteiligt war. Es war der 23 Juni, der Vortag vom Johannitag, an dem die Jugend im Tanzgarten ein kronenähnliches Blumengebinde, die so genannte „Johanniskrone" anfertigte. Auf einem hohen Mast, einem geschälten Baumstamm, an dessen Spitze ein Rad befestigt war, setzte man die Blumenkrone. Eine Ansprache wurde gehalten, über deren Inhalt uns nichts überliefert wurde. Die Adjuvanten spielten zum Tanz und um die Johanniskrone tanzte die Jugend. Bekannt ist, dass dieser Brauch im Zusammenhang mit der Sommersonnenwende stand. Für die Bauern war dieses eine Wende auf den Vorgängen im Feld, wo das Korn zu reifen und der Mais richtig zu wachsen begann, weil es bedeutend wärmer wurde. Ab dem Johannistag durfte bis nach der Ernte nicht mehr getanzt werden. Erwähnen möchte ich noch, dass für Tekes am Johannistag der Viehmarkt festgelegt war, der am Rande des großen Waldes, auf einem umzäunten Platz, abgehalten wurde. 2 Tage danach fand dann der Gütermarkt im Dorf statt, ein interessantes und wichtiges Ereignis. Darüber soll aber ein andermal berichtet werden. Nach diesem wohl lückenhaften Bericht, kann der Leser sich ein Bild über das Leben in Tekes machen, in Zeiten, worüber uns nur mündliche Überlieferungen oder Dokumente Aufschluss geben.

Erwin Thot (Beitrag im „Heimatblatt der HOG“, Ausgabe 10, Januar 2005)

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