Herbstzeit im alten Tekes

17. Februar 2008

Allgemeiner Bericht

Wenn wir von der alten Zeit sprechen, meinen wir die Zeit vor 1945, als unsere Tekeser Bauern noch ihren eigenen Gnmd besaßen, als einzelne Bauern keine modernen landwirtschaftlichen Maschinen besaßen und in vielen Bereichen ein ähnliches Leben führten wie vor 100 Jahren.
Aufgrund der eigenen Erfahrungen, die von Generation zu Generation weitergegeben wurden und der Erneuerungen und Fortschritte der Landwirtschaft in den letzten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts, änderte sich auch das Leben im ländlichen Bereich. Heute gibt es nur wenige unter uns Tekesern, die das Leben aus jener Zeit kennen. Deshalb könnte es für viele der Leser unseres Heimatblattes interessant sein, zu erfahren, wie es im alten Tekes zur Herbstzeit zuging. Im Vordergrund stand auch im Herbst die Feldarbeit, denn es gab noch viel zu ernten, was für Mensch und Vieh unentbehrlich war. Zuerst mussten die Kartoffeln und Fütterrüben geerntet werden, die größtenteils nahe der Gemeinde, auf ebenen Flächen angebaut wurden. Bis 1945 wurde die Tradition gewahrt, dass der Erntebeginn in den verschiedenen Flurabschnitten vom Ortsamt bestimmt wurde. Hauptgründe dafür waren, dass nicht gestohlen oder beim nachbarlichen Feld kein Schaden angerichtet wurde. Geerntet wurde in drei Etappen, auf den drei Flurabschnitten: I. Um die Gemeinde (hinter den Gärten, auf den "Lössern", Neugasse, "Tschigorech", ein Teil der kleinen Wiesen, 2. Im Weiher, 3. Auf den Wiesen. Die Kartoffeln wurden in den letzten Jahrzehnten meist mit dem Pflug, der eine Spezialschar besaß, aus der Erde geholt. Früher, oder wo der Pflug nicht einsetzbar war, benutzte man Spaten oder Gabel. In Weidenkörben, dem sogenannten "Falpes", wurden die Kartoffeln eingesammelt und in Säcke gefüllt. Die ganze Familie musste da mithelfen. War das Wetter schön und nicht zu kalt, war diese Arbeit nicht zu schwer. Wenn aber der Boden sehr feucht war, es sogar regnete und dazu noch kalt war, da hörte man die Kinder manchmal murren oder jammern. Den Alten blieb nichts anderes Übrig, als die Kinder mit spaßigen Bemerkungen, wie: "Beeil dich mein Junge, am Ende der Reihe liegen die gebratenen Kartoffeln, an denen du dich wärmen und die du essen kannst" angetrieben, um die Kartoffeln doch noch in die Säcke zu bekommen. Regenschutz wie wir ihn uns heute leisten, gab' s nicht. Ein Sack, über Kopf und Rücken gehängt, war der gebräuchliche Regenschutz, der aber auch nur bei leichtem Regen und kurze Zeit unsere Bauern schützte. Tüchtige Bauern sortierten zu Hause die Kartoffeln vor der Einkellerung in 3 Kategorien: Speisekartoffeln, Saatkartoffeln und Viehfutter. Etwas einfacher war die Ernte der Futterrüben. Sie wurden mit der Hand ausgerissen und erst zu Hause entblättert, bevor sie in den Keller kamen. Welke und vertrocknete Blätter kamen auf den Misthaufen, die grünen wurden als Viehfutter verwendet. Futterrüben waren ein sehr wichtiges Futtermittel, vor allem für Hornvieh und Pferde. Ein wichtiges und eiweißhaltiges Nahrungsmittel für unsere Bauern waren die Bohnen, die meist am Rande der Maisfelder angebaut wurden. Sie mussten vor dem Mais geerntet werden, an Tagen die das Ortsamt bestimmte. Wenn sie gut getrocknet waren, wurden sie auf einem Leintuch bearbeitet, um die Bohnen von den Hülsen zu trennen. An den langen Winterabenden war es meist die Aufgabe der ganz Alten, die gesunden Bohnen von denen zu trennen, die zum Verzehr nicht geeignet waren. Wie herrlich schmeckte da im Winter ein Teller mit geriebenen Bohnen, dazu in Fett geröstete Zwiebeln, ein Stück Bratwurst und knackiges Sauerkraut aus der "Kompestbid". Weizen, von den Tekesern nur "Küren" (Kom) genannt, war das wichtigste landwirtschaftliche Produkt. In Tekes wurde ausschließlich Winterweizen angebaut, der um den 29. September, den Michaelstag, gesät wurde. Das zukünftige Weizenfeld war schon früher gepflügt worden, aber die Erdschollen mussten vor der Aussaat mit der Egge zunächst zerkleinert werden, eine mühselige Arbeit. Dann erst konnte das Kom, vorher mit einer Lösung aus Kalk und Kupfersulfat behandelt, gesät werden. Bis in die 30-er Jahre wurde ausschließlich mit der Hand gesät. Erst in diesen Jahren wurden im Rahmen des Landwirtschaftlichen Vereins, die ersten Sämaschinen in Tekes angeschafft. Nach der Aussaat musste nochmals geeggt werden, um die Weizenkörner mit Erde zu bedecken. Als Zugvieh wurden hauptsächlich Ochsen und Pferde benutzt. Erst gleich nach der Enteignung 1945, waren unsere Bauern gezwungen, das Milchvieh, Kühe und Büffel ins Joch zu spannen. Waren die Weizenkörner in der Erde, wünschte sich der Bauer gutes Wetter, damit der Weizen vor Winterbeginn keimen konnte, und die jungen Pflänzchen, geschützt durch eine Schneedecke, den Winter überstehen konnten. Die letzte, größere Feldarbeit im Herbst, war das Pflügen der Flurteile, auf die im Frühjahr Mais gesät werden sollte. Aber in Haus und Hof gab es noch viel Arbeit, besonders was die Änderungen in der Viehhaltung anbelangte. Die Hirten der Rinder- und Pferdeherden waren nur bis zum Martinstag, den 11. November vertraglich verpflichtet. Wenn nachher noch gutes Wetter war, schlossen sich die Leute gassenweise zusammen und brachten abwechselnd das Vieh auf einen guten Weideplatz. So konnten sie Futter, das für die Winterzeit bestimmt war, sparen. Die Schafe blieben auf der Weide bis es zu schneien begann. Dann erst wurden sie ins Dorf gebracht, ein Ereignis, das den Kindern große Freude bereitete, wenn sie mithelfen konnten, ihre Schafe von den anderen zu trennen und sie in ihren Hof zu bringen. Dieses Ereignis wurde auch als das "Schieden" (Scheiden) der Schafe genannt. In der Betreuung der Tiere gab es eine gewisse Arbeitsteilung in der Familie. Die Männer besorgten das Großvieh und die Frauen das Kleinvieh. Tekes besaß verhältnismäßig sehr viel Eichenwald. Im sogenannten großen Wald standen zahlreiche, jahrhundert alte Eichen, die in manchen Jahren viele Eicheln trugen. War dies der Fall, so wurden Schweine zur Mast in den Wald getrieben. In der Obhut von bezahlten Hirten blieben die Schweine auch über Nacht im Wald, geschützt in einem Pferch aus Domen, denn früher gab es im Tekeser Wald auch zahlreiche Wölfe, die sich gelegentlich nicht nur ein Schaf aus einer Herde holten, sondern auch gerne Schweinefleisch fraßen. Gegen Abend, wenn die Schweine zum Pferch getrieben wurden, oder Sonntag in der Früh, wenn die Hirten die Herde zum Waldrand trieben, brachten viele Leute ihrem Schwein in einem Eimer zusätzliches Futter. Nach der Eichelmast wurden die Schweine, vor dem Schlachten, noch zuhause gemästet, damit das Fleisch einen guten Geschmack bekam. Es hieß auch, die Därme für die Wurst würden sich dann leichter reinigen lassen. Auch in Jahren, wo keine Herden gebildet wurden, sammelten viele Leute Eicheln, um sie als Schweinefutter zu verwenden. Die Tekeser haben auch eine andere Wildfrucht verwendet, die Hagebutte. Sie selber haben kaum Marmelade daraus gekocht, weil sie sich dazumal den teuren Zucker nicht leisten konnten. Hauptsächlich Frauen und Kinder sammelten im Herbst von den wilden Rosen, deren es auf dem Tekeser Hattert viele gab, die Früchte. Daraus wurde dann ein Muss gekocht und in Fogarasch, Zeiden oder Kronstadt verkauft. Damit haben viele Frauen, die nach Krieg und Verschleppung, oft mit vielen Kindern allein blieben, etwas Geld verdient, um irgendwie existieren zu können. Vergessen möchte ich auf keinen Fall den Weißkohl, den "Kompest", der in 2, von Domen umzäunten Gemeindegärten angebaut wurde. Der eine Garten, der ältere, lag in der Flachsau, der andere im Grundgraben. In keinem Haus fehlte die "Kompestbid", ein Eichenholzfaß, in das ganze Krautköpfe, gemischt mit einigen Kräutern, geschichtet wurden. Darüber kam Salzwasser. Eichenbrettchen, die man über die Krautköpfe legte, damit diese im Salzwasser blieben, beschwerte man mit einem großen Kieselstein. Auf diese Weise erzeugte man ein herrlich schmeckendes Sauerkraut, reich an Vitamin C, das aus der Ernährung während der Winterzeit nicht wegzudenken war. Aber auch die ehemalige Salzlösung, "Goch" (sprich Goj) genannt, fand großen Anklang. Nicht nur zu gebratenen Kartoffeln wurde sie gerne getrunken, sondern meist an Feiertagen, Weihnachten oder Neujahr, wenn man viel Hefegebäck aß, wurde sie zur Herstellung einer sogenannten "Gojwiechbert" verwendet. In ihr wurde Bratwurst gekocht, in einem Teller dünne Brotscheiben mit der heißen Goj getränkt. Dazu kamen dann noch geröstete Zwiebeln und die gekochte Wurst. Es ist möglich, dass ältere Tekeser auch andere Rezepte kennen. Im Herbst wurde auch das Obst geerntet. Einige Leute kellerten Äpfel ein. Es wurde aber sehr viel Trockenobst hergestellt. Äpfel und Birnen wurden entkernt und in kleine Stücke geschnitten, die dann nach dem Brotbacken im noch heißen Backofen getrocknet, und in einem Leinenbeutel einem "Toser", aufbewahrt wurden. Viel interessanter war das Dörren der Zwetschken, den "Pelsen". Im Garten wurde eine Vertiefung ausgehoben und ungefähr zur Häfte mit großen flachen Steinen abgedeckt. Über die andere Hälfte legte man einen Holzrahmen mit einem dichten Weidengeflecht, eine sogenannte "Hurt". Auf diese legte man die reifen Zwetschken und deckte sie ab. Am anderen Ende wurde ein gleichmäßig brennendes Feuer aufrecht erhalten, mit wenig Rauch. So schmorten und schrumpften langsam die Pelsen. Um das Feuer lagerten, auf einer schützenden Unterlage, Männer, Jugendliche und Kinder. Letztere waren glücklich, wenn sie lange dabei bleiben durften, denn an Abenden versammelten sich Verwandte und Bekannte bei der Dörre, und das ganze Geschehen hatte einen Hauch von Romantik, nach dem sich besonders Kinder sehnten, die tagsüber zur Schule gehen, und anschließend noch in Haus, Hof und Feld mithelfen mussten. Gespannt hörten sie den Erzählungen der Alten zu, ganz gleich ob es sich um Kriegserlebnisse, Erinnerungen der verschiedensten Art, oder lustige Begebenheiten handelte. Natürlich schmeckten auch die halb oder ganz gedörrten Pelsen herrlich. Bloß wenn man da nicht ein wenig Maß hielt, konnte das für die Nacht oder den nächsten Tag weniger angenehme Folgen haben. Aus dem Trockenobst wurde Zwetschken- oder Apfelsuppe gekocht, und aus einem Gemisch von Äpfeln, Birnen und Zwetschken eine Art Kompott, das als Zuspeise bei Fleischgerichten gegessen wurde. Ärmere und kinderreiche Familien, die mit dem Fleisch Maß halten mussten, aßen manchmal auch nur das Kompott mit Palukes. Wildobst, wie Äpfel und Birnen, das auf Tekeser Hattert reichlich vorhanden war, wurde früher hauptsächlich zur Herstellung von Essig, aber auch Schnaps verwendet. Nun aber genug vom Essen. Vor Wintereinbruch musste in Haus und Hof noch so manches erledigt werden. Oft musste Hanf und Flachs noch so verarbeitet werden, dass er bei Beginn der Rockenstube gesponnen werden konnte. Der Webstuhl musste überprüft und bei Bedarf repariert werden. Die Männer mussten überprüfen, ob der Schlitten in Ordnung war, denn zur Winterzeit wurde im Wald das Brennholz geschlagen und musste bei Schnee, was früher meist der Fall war, mit dem Schlitten nach Hause transportiert werden. Gespaltenes Brennholz, das Über den Sommer im Freien gelegen hatte, um gut zu trocknen, musste an einem trockenen Ort gelagert werden. Denn nasses Holz war im Winter eine richtige Plage. Es zischte im Ofen und erzeugte mehr Rauch als Wärme. Wenn wir Städter heute Herbsttage erleben, mit tiefblauem Himmel und einem bunten Blättermeer an den Bäumen, können diejenigen, die diese Zeit im alten Tekes nicht erlebt haben, sich kaum vorstellen, dass unsere Vorfahren diese Naturschönheiten des Herbstes kaum, oder nur nebenbei wahrnehmen konnten. Und dennoch haben auch sie, trotz schwerer Arbeit, auch Augenblicke der Freude und des Glückes erleben können. Sie waren bescheidener als wir!

Erwin Thot (Beitrag im „Heimatblatt der HOG“, Ausgabe 11, Januar 2006)

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