Geschichten vom Schmidten Titz aus Mühlbach

Mein Großvater, Julius Graf, geb. 1878 in Mühlbach, schrieb mir, als ich noch ein Kind war, 1956 aus Rumänien gerne die Geschichten vom Schmidten Titz. Ein anderer Kontakt war zu meinem Großvater damals ja nicht möglich, erst kurz später konnten meine betagten Großeltern nach Deutschland ausreisen.
Der Schmidten Titz war ein Schalk- vergleichbar vielleicht mit Till Eulenspiegel- der anderen Leuten und der Obrigkeit gerne Steiche spielte. Die Leute erzählten sich diese Geschichten weiter, dichten vielleicht auch das eine oder andere dazu.
Mein Großvater schrieb:
Nun willst Du auch vom Schmidten Titz etwas hören? Also hör gut zu und lach ein wenig. Schmidten Titz war Fleischhauer wie auch mein Vater in Mühlbach, wo wir alle 5 Geschwister, Dolf, ich, Jul, Iren, Pepi und Andres das Licht der Welt erblickten. Die Fleischbänke befanden sich am großen Platz, wo sich auch der ganze Verkehr abspielte und hatten diese Form: (Zeichnung). In jeder Abteilung war, links und rechts, je 1 Fleischer untergebracht, darunter auch Schmidten Titz. Dieser war wie alle Fleischhauer in Mühlbach gut situiert, durch seine Stückchen aber, die er zum Gaudium der Volksmenge aufführte und die ihn viel Geld kosteten, zum Schluß gänzlich verarmt. Wir hielten uns als Fleischhauerbuben auch sehr gerne in der Nähe dieser Verkaufstellen auf, es gab da immer, auf Kosten anderer, etwas zum Lachen. Nun will ich beginnen:
Schmidt hatte ein Militärhorn in seiner Bude. Leute, die ihn kannten (fast alle), gingen deshalb nie über den Platz, sondern an den Häusern ringsherum. Nun aber traf es sich, daß einmal der alte Färbermeister Has über den Platz ging. Rasch ergriff Schmidt seine Trompete, blies hinein und rief laut: Schaut's meine Herren und Damen, bei uns laufen jetzt die alten Hasen am hellichten Tag frei über den Platz. Der alte Has darüber erbittert, hob einen Fuß und rief dem Schmidt den Schäßburger Gruß zu ("Götz v. Berlichingen"). Mutti oder Vati sollen euch diesen übersetzen. Da gab's natürlich großes Hallo.

Marion Koepf geb. Graf bzw. Julius Graf

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