Klingt makaber? Ist es aber nicht. Es sind Dokumente, schriftliche, in Stein gehauen und für jeden sichtbar.
Beginnen wir mit Zahlen: Insgesamt sind 486 Gräber auf dem Friedhof in Petersdorf, inklusive jene, wo das nur noch vage an unlesbaren Steinen oder Erhöhungen zu erkennen ist. Dazu zählen auch die 3 Gräber aus der Gruft. In 72 von diesen Gräbern wissen wir zu diesem Zeitpunkt nicht, wer da seine ewige Ruhe gefunden hat.
Das älteste lesbare eingravierte Datum ist auf dem Stein G13, innerhalb der Burg, und zwar 1821, das Geburtsdatum von Johann Probsdorfer, gestorben 1884. Dieser Mann wurde vor 203 Jahren geboren und er ist vor 140 Jahren gestorben. Sein Name aber steht noch dort, und damit eine Erinnerung an ihn. Überhaupt sind die ältesten Gräber innerhalb der Ringmauer, und zwar konnten da insgesamt 13 Geburtsdaten nachgelesen werden, die vor 1850 liegen (3 davon sind die der Pfarrer Johann Wolff, Christian Möckel, Gustav Möckel), außerhalb der Ringmauern ist nur eines.
Eingetragen auf Grabsteinen sind 848 Personen, es stehen 181 verschiedene Familiennamen drauf, nimmt man noch die Geburtsnamen der Frauen (die sind nicht bei allen eingetragen), dann sind es 205 Familiennamen. Die 15 häufigsten aber machen etwa die Hälfte aus. Diese sind:
Aus einigen Namen lässt sich herauslesen, woher die Vorfahren stammen, siehe Kellinger (Kelling), Probsdorfer (Probsdorf), Rätscher (Rätsch) oder Bröser (Broos).
Auch gibt es Namen zu lesen, die es in Siebenbürgen sonst nicht gibt. Es sind die Familiennamen der Beamten und Facharbeiter der Petersdörfer Papierfabrik, die aus Österreich, Böhmen, der Slowakei und Deutschland kommen, Namen wie: Boer, Breitenstein, Büsch, Feichtinger, Haider, Hnuta, Janda, Rother, Salber, Seiche, Stano, Stolz, Twerdeck u.a.
Aus anderen Dokumenten ist überliefert, dass sich Ende des 18. Jahrhunderts mehrere Familien aus Hanau in Petersdorf niederließen. Davon ist heute nur noch der Name Sommer erhalten.
Der Grabstein F11 von Pfarrer Daniel Waelther innerhalb der Burg.
Auch die Namen der Pfarrherrn sind andere als die in Petersdorf üblichen: Wollf, Möckel, Welther. Die Gräber der Pfarrherrn, die in Petersdorf verstorben sind, sind auf jeden Fall interessant, nicht nur durch die Namen, sondern auch durch ihr Alter. Wenn die Lebensdaten jetzt auch nicht entziffert werden konnten (der Namen aber ja), so ist das Grab F11 das von Daniel Waelther, von dem Pfarrer, unter dem die neue Kirche gebaut wurde und dessen Namen auch in der Kirche auf dem Gewölbe in einer Rosette zu lesen ist. Laut Thomas Kasper stehen folgende Daten auf dem Stein: 1761-1835, also ist er älter als der Stein von G13. Ebenfalls schreibt Thomas Kasper von einem Grabstein an der Ostseite der Turmmauer, der einfach an den Turm angelehnt ist, auf dem noch ein Kelch erkennbar ist und am Rand Buchstaben, aber keine ganzen Wörter, den Professor Theobald Bruno Streitfeld als den ältesten Grabstein im Unterwald aus der vorreformatorischen Zeit, den man verloren glaubte, wiederentdeckt / wiedererkannt habe. Das müsste dann 16. Jahrhundert sein und somit eine Rarität. Das ist aber gegenwärtig nicht unstrittig bewiesen. Der Stein gehörte wohl einem Pfarrer und steht auch heute noch an den Turm angelehnt.
Dass sich im 20. Jahrhundert einiges im Zusammenleben der Völker in Siebenbürgen verändert hat und Mischehen zwischen Sachsen, Rumänen und Ungarn zum Alltag gehörten, beweisen die rumänischen, bzw. ungarischen Namen, sie machen 25 % aus.
26 rumänische Namen kommen vor, das sind die Namen evangelischer Frauen, die mit Rumänen verheiratet waren und zum Teil ihre Ehepartner, evangelisch oder orthodox.
Die ungarischen Namen kommen zum Teil auch aus Mischehen (z. B. Szakács). Einige Familien waren katholisch, wurden aber auf unserem evangelischen Friedhof begraben, da es keinen katholischen Friedhof in Petersdorf (mehr) gibt (z.B. Portik, Molnar, Lowasz). Namen aber wie Balog, Szegedi und Kalman wurden „eingesächsischt“, ihre Träger wurden als sächsisch empfunden.
Wir haben also steinerne Zeugen von unseren Vorfahren, die wir erhalten sollten, denn sie erzählen uns so manches und wenn wir gut zuhören (eigentlich hinschauen), wer weiß, was wir noch alles erfahren.
Inge Sommer
Information:
Inge Sommer hat zusammen mit Alex Botta eine wertvolle Dokumentation der Gräber auf dem evangelischen Friedhof in Petersdorf realisiert. Man findet die Karten und Bilder der Gräber innerhalb und außerhalb der Burg unter der URL www.petersdorf.net/friedhof
Wer Hinweise und Korrekturen zu den Karten und Bildern hat, kann diese per Mail an Alex Botta melden unter gemeinde.petersdorf ät gmail.com