Das erste Brot

Einmal soll Pruden ganz abgebrannt sein. Das Feuer war in der Mitte der Gemeinde ausgebrochen und breitete sich mit Windeseile nach allen Richtungen aus. Bei der Einfahrt in den Ort stand rechts ein kleines Haus, in dem wohnte ein altes Ehepaar. Als die lodernden Flammen von Dach zu Dach liefen und bereits nach dem Häuschen der alten Leute griffen, stieg der alte Mann mit einem Brot auf den Dachfirst und gebot damit dem Feuer einzuhalten. Er hob das Brot in die Höhe, machte damit ein besonderes Zeichen, worauf die Flammen plötzlich kleiner und immer kleiner wurden, bis überall jedwelcher Funke erlosch. Das Brot, das der Mann aufs Dach mitgenommen hatte, war jenes, das seine Frau beim Backen als erstes in den Backofen geschoben hatte. Es war bezeichnet, so dass er es gleich erkannt hatte.
Auch meine Grossmutter kennzeichnete das erste Brot, das sie in den Ofen hineintat. Mit einem Messer stach sie in das aus Teig geformte Brot, ehe dies mit der Ofenschüssel in den Backofen geschoben wurde. Dies Brot wurde als letztes angeschnitten und gegessen. Meine Mutter, die mir diese Begebenheit erzählte, meinte, dass die Alten dies Brot deshalb aufbewahrten, um sich damit bei Feuergefahr zu schützen.
(Erzählt im Jahre 1985 von Sara Plachta, 72, aus Elisabethstadt)
(gezeichnet von Friedrich Schuster)
Aus: „Neuer Weg”, vom 4. Juli 1987.

Bearbeitet: Lukas Geddert

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