Eintrag Nr. 7622

Der "Breeder Bureschreck" auf Tour nach Siebenbürgen
Eigentlich war es nur eine flüchtig hingeworfene Bemerkung eines Kegelbruders: "Wir möchten doch auch mal gern das Stückchen Erde kennenlernen, wo Ihr herkommt". Nickende Zustimmung der Gruppe, dann tat sich lange nichts mehr. Eines Tages überraschten sie uns mit den Worten: "Wenn ihr wirklich unsere Heimat kennenlernen wollt, dem steht nichts mehr im Wege." Die ersten Reisevorbereitungen wurden getroffen. Man sammelte Land- und Straßenkarten, unsere Kegelschwester versorgte uns mit Anschaungs- und Informationsmaterial, Zeitungsausschnitten, und Fachliteratur. Wir wurden bestens vorbereitet. An einem Dienstag im August war es soweit. Zur nachtschlafenden Zeit machten wir uns mit unserem 9erBus auf den Weg nach Rumänien.
Es war Mitternacht, als wir in Schaal ankamen. Die Fahrt war anstrengend, aber ohne unangenehme Zwischenfälle. Nur die letzte Wegetappe zum Heimatort unserer drei Siebenbürger Kegelbrüder bzw. -schwestern ließ Abenteuergefühle aufkommen.
Bei unserer Ankunft in Schaal wurden wir entschädigt. Wir fanden in dem alten, geräumigen Pfarrhaus, eine saubere, ruhige, angenehme Unterkunft mit fließendem kalten und warmen Wasser, Dusche, WC, und für Notfälle - einem zusätzlichen Plumpsklo. Es gibt drei 2-Bett-Zimmer und zwei Mehrbettzimmer, alle in sehr gutem Zustand. Auch einen Museumsraum gibt es im Haus. Dort befinden sich verschiedene Gegenstände und Wekzeuge aus dem ehemaligen Alltagsleben der Schaaler, sowie Trachten und Stickereien der Siebenbürger Sachsen.Das Pfarrhaus liegt neben der renovierungsbedürftigen aber unbedingt erhaltenswerten alten Kirchenburg.
Der folgende Tag diente der Erkundung der Ortschaft Schaal und ihrer näheren Umgebung.
Schaal ist ein typisches Siebenbürgerdorf, ein Straßendorf, eingebettet in einen Taleinschnitt. Die Häuser sind erbaut im Stil des sogenannten "Fränkischen Gehöftes", wie es die Einwohner von Mittelrhein, Eifel und Mosel im 12.Jahrhundert nach Siebenbürgen übertrugen.
Bereits 1331 wurde Schaal zum ersten Mal geschichtlich als unfreie Gemeinde, dem Lehnsherren untertan, erwähnt. Aber die Schaaler Bürger kämpften um ihre Unabhängigkeit, und bereits im Jahr 1516 wird es als freie Gemeinde mit 49 Wirten, 10 Witwen, 1 Hirten und einem Schulmeister´ bestätigt.Die Schaaler waren also recht frühzeitig um die geistige Bildung ihrer Jugend bemüht, und zwar der gesamten Dorfjugend.
Die Schaaler Kirchenburg liegt erhöht an einem Berghang. Bereits im 13. Jahrhundert gab es dort eine kleine, einschiffige Kapelle. Im 15. Jahrhundert wurde eine spätgotische Saalkirche gebaut und die umgebenden Ringmauern errichtet.
Besondere Beachtung gebührt auch dem in dieser Kirche noch vorhandenen Taufbecken. Auf seinem Steinsockel ist die Jahreszahl 1542 oder 1547 auszumachen. Es besteht aus drei zusammengesetzten Steinen, der mittlere ist mit Steinmetzarbeiten verziert.
Mit den letzten Häusern des Ortes endet auch die Dorfstraße. Fortan führt ein befestigter Feldweg weiter in eine "Welt voller Natur".Es überraschte uns eine Vielfalt von Pflanzen verschiedenster Gattungen, die andernorts teilweise schon nicht mehr anzutreffen sind. Hier kann man Ruhe finden vor Lärm und Streß und Kraft schöpfen zur Bewältigung seiner täglichen Aufgaben und Pflichten.
Von Schaal aus machten wir täglich Ausflüge zu Fuß, mit dem Pferdewagen oder unserem Büßchen, durch Feld und Wald, in die benachbarten Dörfer und Städte sowie zu dem Kloster nach Sîmbăta.
An einem Samstag Abend waren wir alle zu einer im Dorf statfindenden rumänischen Hochzeit eingeladen.An die dreihundert Gäste füllten den Saal. Unbekannte Menschen schüttelten uns die Hände und bewirteten uns mit einer Herzlichkeit, die fast nicht zu überbieten ist.
Der Sonntag unseres Rumänienaufenthaltes diente dem Besuch eines evangelischen Gottesdienstes in der sächsischen Gemeinde Michelsberg. In der ev. Kirche in Schaal findet schon seit der Wende kein Gottesdienst mehr statt. Die an einer Hand abzählbaren ev. Bürger des Dorfes müssen in die umliegenden Dörfer zum Gottesdienst fahren.
Für uns war diese "Kegeltour" ein unvergessliches Erlebnis, einmalig und neu. Unsere Erwartungen wurden erfüllt, vielleicht anders als wir es uns vorgestellt hatten. Vieles mussten wir revidieren, aber enttäuscht wurden wir nicht. Bei der Fülle der neuen Eindrücke fiel es uns leicht, über Dinge hinwegzusehen, die noch zu verbessern wären, die im Laufe der Zeit auch sicherlich verbessert werden.
Es bleibt von dieser Fahrt eine Menge in uns haften, am intensivsten jedoch die Herzlichkeit und Freundlichkeit, mit der wir von der Bevölkerung aufgenommen und wieder verabschiedet wurden.
Wir hatten ja das grosse Glück, mit Hilfe unserer Freunde, ehemalige Schaaler, Kontakte zu den Einheimischen und zu dem Land zu bekommen. Uns kamen deren landeskundlichen und sprachlichen Kenntnisse sehr zugute.
Wir bedanken uns bei ihnen.

Der "Breeder Bureschreck"

Kegeltour nach Schaal

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