Schaal - Literatur

H. Ziegler (Siegburg NRW)
Herbstzeit - Erntezeit Bräuche rund um diese Jahreszeit - in Schaal
Der Herbst ist ins Land gezogen, bunt mit all seinen Farben, reich mit all sienen Früchten, lustig mit all seinen fröhlichen Festen. Was es da nicht alles zu feiern gibt; ganz verschieden nach Landschaft und Brauch, oder nacht Lust und Laune: Kirchweih, Kirmes, Oktoberfest und Erntedank und die Wein- und Winzerfeste.
Der Brauchtumskalender vermerkt in den Herbstmonaten zahlreiche Bräuche, Feste und Feierlichkeiten älterer oder jüngerer Überlieferung. Unser Brauchtum zur Erntezeit sowie auch unsere Sitten sind tief verwurzelte Gewohnheiten, weil sie aus dem innersten Gefühl der Menschen kommen. Trotz vieler Versuche sie zu beseitigen, stellen sich die Bräuche unserer Vorfahren auch heute noch in vielen Teilen als Arbeits-, Rechts-, Lebenslauf- und Jahreslaufbrauchtum dar.
Alles was der Bauer tut, tut er um der Ernte Willen. Er handelt in dem Bewsstsein, dass er mit seinem Tun den Willen des Naturgesetzes erfüllt, dass in ihm und allen Dingen waltet. Der Gedanke der Freude über die glückliche Einbringung der Ernte und der Dank an den Schöpfer liegen dem Brauchtum des Erntedankfestes zugrunde. Mit ihm wird der Abschluss eines arbeitsreichen Jahres begangen. Diese Ernte- bzw. Erntedankfeste finden als kirchliche Feste am ersten Sonntag im Oktober statt. Sie werden mit Dankgottesdiensten und festlich mit Früchten und anderen landwirtschaftlichen Erzeugnissen gefeiert. Mitunter auch mit Umzügen und Ausstellungen.
Mancherorts wird Erntedank schon im August gefeiert, und das zeigt, dass im Bauernkalender der Herbst schon vor seinem kalendaristischen Beginn dem 22.September anfängt; am Laurentiustag dem 10.August, am Bartholomäustag dem 24.August, oder am Maria Geburt, dem 8.September.
Nicht nur die Germanen hielten den Herbst für eine gute Zeit zum Heiraten und zum Feiern. Nicht so sehr des Wetters wegen, denn nicht überall gibt es die sonnigen Tage, die für den siebenbürgischen Herbst kennzeichnend sind, den Altweibersommer, sondern weil die Ernte weitgehend eingebracht war, Scheunen und Keller gefüllt waren. Auch in Siebenbürgen wusste man, am 8. September "-Mariäe Geburt - fliegen die Schwalben furt". Allerdings feiert man in Siebenbürgen, auch in Schaal, vor allem den winterlichen Marientag am 2. Februar.
Am 31. Oktober feiern wir Protestanten den Feformationstag, der Tag an dem Martin Luther 1517 seine Thesen an die Tür der Wittenberger Schlosskirche geschlagen hatte und damit den Anstoß zur Reformationsbewegung gegeben hatte. In Siebenbürgen war es für uns Sachsen ein arbeitsfreier Feiertag. In den Schulen fanden Feiern statt mit Ansprachen, Gedichtvorträgen und selbstverständlich mit dem Choral "Ein feste Burg ist unser Gott..." Nach dem Krieg wurde der Tag nur noch in der Kirche gefeiert. Das neue Regime verbot den Reformationstag in den Schulen und im Alltag.
Hier in unserer neuen Heimat wird der Reformationstag im Bewußtsein der Bevölkerung immer mehr von dem aus Amerika übernommenen Halloween (was ursprünglich - All Hallows Ewe -, d.h.- Vorabend des Festes Allerheiligen) verdrängt.
Alle Feste des gesamten Jahrers- und Lebenslaufes sind ohne Wein nicht denkbar.Dieser spielte im Familienleben, sowie auch in der grossen Gesellschaft eine sehr beachtliche Rolle.Für die Hochzeiten und die Feier des heiligen Abendmahls wurden gewöhnlich die edelsten Tropfen zurückgehalten. Auch Taufen, Beerdigungen und andere Feierlichkeiten wären ohne Wein undenkbar gewesen. Der Weinbau wird nicht von ungefähr als Krönung der Bauernarbeit bezeichnet. Keine Ernte war so beliebt und voller Fröhlichkeit wie die Weinlese. Diejenigen, die einmal im Leben bei einer Weinlese dabei waren, werden dies bestätigen. In dieser Zeit wurde insbesonders gut gelebt. Es war eine Festzeit, die mancherorts mit einem Tanz abgeschlossen wurde, bei welchem der Tanzsaal mit Weinlaub und süssen Trauben geschmückt war. So manche Jungfrau hoffte, dass der zu erntende Wein ihr Hochzeitswein sein würde. Ihre Gedanken verraten in etwa folgende Verse: "Äm Schiared bläht meng Hoffen, dat teo´t wirst sen, di äm Harvest fällt de Koffen mät Hochzetweng."
In manchen Gemeinden war es so Sitte, dass nur in einer Weinhalde an einem Tage geerntet werden durfte, während die anderen Weinhalden bis zu dem ihnen bestimmten Tage geschlossen blieben-.
In Schaal gab es bis zur Enteignung in Verbidung mit der Traubenreife einen ganz besonderen Brauch, über den mir meine Eltern berichtet haben, und den ich bis noch in keinem anderen Ort des Weinlandes angetroffen habe. Hier geht es um die Zeitspanne von der Reife der frühen Trauben bis zum Tag der offiziellen Weinlese, dem Gallustag am 16. Oktober. Ein paar Wochen vorher wurden alle Weinhalden gesperrt. Niemand durfte ohne Erlaubnis vom Ortsrichter diese mehr betreten, auch seine eigene nicht.
Det WOINGERTROIS oder De WOINGERTKRIUN Ein Symbol für den Beginn der Reifezeit der Trauben
Schaal (rum. Şoala) - ein kleines malerisches Dörfchen liegt 6 Kilometer östlich von Arbegen in einem rechten Seitental des Weisbaches, eingebettet zwischen sanften Hügeln, die mit fruchtbaren Weinreben bepflanzt waren. Zahlreiche alte Bräuche wurden hier jedes Jahr gepflegt, bis einige spontan verschwanden, weil auch der dazu gehörende Rahmen verschwunden war. So wie auch bei diesem Brauch, der bis zum Ausbruch des zweiten Weltkrieges gepflegt wurde.
Anfang September begannen die ersten Trauben zu reifen. Bis zu diesem Tag mussten die Arbeiten im Weinberg abgeschlossen sein. Nach dem - letzten Schoawen (Hacken) - wurde der Boden mit dem Rücken der Hacke glatt gerechent, so dass jegliche Fußspuren werwischt wurden und jede neue Spur sofort zu sehen war. Keiner durfte von dem Tag an ohne Erlaubnis seinen Weinberg mehr betreten. Ab sofort waren alle Hëlden (Parzellen) von Woingerthaedern (Weinberghütern) gehütet. Nun machten die Mitglieder des "BERCH VEREINS" mit denen der FREIWILLIGEN FEUERWEHR (F. F.) ein Abkommen bezüglich des Hütens der Weinberge aus. Als Vergütung gab jeder Winzer am Tag der Lese eine vorher abgemachte Menge Traubenmost ab. Die F. F. bestimmte einen Bergrichter. Dieser musste ein kundiger Winzer sein, denn er hatte auch die Obhut der Wetterstation, die in dem Pfarrgarten stand. Er entschied, wann die Reben gegen witterungsbedingte Krankheiten gespritzt werden mussten. Bei ihm holte man sich auch den Tagesausweis, zum Traubenholen aus dem eigenen Weinberg.Er verfügte über einen Stempel, den drückte er auf den Zettel. Sein Amt war ein Ehrenamt. Diesen Erlaubnisschein zeigte man dem "Woingerthaeder", der auch von der F. F. bestimmt wurde, vor. Wenn jemand mal sehr in Eile war, riskierte er/sie es, auch ohne Schein in den Weinberg zu gehen. Dafür hatten insbesonders die Frauen im Korb dann ein Fläschchen Pali (selbstgebrannten Schnaps)für den diensthabenden Hüter parat. Dieser drückte ausnahmsweise dann ein Auge zu und trank genüsslich einen kräftigen Schluck aus dem Fläschchen. Die Weinberghüter wurden auch von der F.F. aus ihren Reihen bestimmt. Für sie errichtete man dann in den Hëlden Kalibben (kl. Hütten), in denen sie sich bei Regen unterstellen und zwischendurch in der freien Zeit ausruhen konnten. Die Hüter wurden immer für eine Woche Dienst (Tag u. Nacht) eingeteilt, und sie wurden stichprobenartig von dem Obmann und seinen Gefolgsleuten kontrolliert. Die Organisation für die Aufstellung des - Woingertrois - lag in den Händen der F.F. An diesem ersten Sonntag im September kommandierte der Obmann zwei Hornisten ins Dorf. Die bliesen acht Uhr früh alle Mitglieder zusammen. Vor dem Vereinslokal traten sie an und marschierten gemeinsam auf den BANGERT, einem Berg mitten im Dorf über dem Friedhof. Hier teilten sie sich in Arbeitsgruppen auf. Die einen fällten eine zehn bis fünfzehn Zentimeter dicke und ungefähr sechs Meter hohe Buche. Diese wurde für das Schmücken mit Kränzen und Strauss zurechtgeschnitten. Andere sammelten Eichenlaub und Feldblumen, aus denen sie drei Kränze banden und einen Strauss, während die anderen ein tiefes Loch aushoben, in das sie den geschmückten aufpflanzten. Alle Äste der Buche, bis auf zwei seitliche und der Spitze wurden abgeschlagen. Über dem Stamm wurden in Abständen zwei unterschiedlich lange Querhölzer festgebunden, an die anschließend drei Kränze aufgehängt wurden. An die Spitze befestigten sie den gebundenen Strauss. Der Obmann leitete die Aktion und schenkte nach getaner Arbeit an alle ein Gläschen Wein aus. Man sang noch zwei bis drei Lieder (z.B. "Sachs halte Wacht", "Siebenbürgen süsse Heimat" u. a. mehr). Wenn alles gut geklappt hatte, gingen alle schleunigst heim und zogen sich um für den Kirchgang. Die Weinbergkrone war von überall aus dem Dorf zu sehen und sie blieb so lange stehen, bis die Weinlese begann am 16.Oktober.
Aus der Erinnerung erzählt von Johanna und Johann Josef Rampelt (Bergisch Gladbach/Herkenrath in NRW) mit Unterstützung von Regina und Michael Seiwerth (Wolfsburg in Niedersachsen) 2002. Aufgeschrieben von Hanni Ziegler (Siegburg in NRW)
HERBST
In der goldenen Oktobersonne, umgarnt von Silberfäden wirft sie verschwenderisch um sich mit reifen Früchten und satten Farben.
Emsige Bienen kleben fest auf süßem Most, der im Überfluss aus prallen Beeren quillt.
Leer sind die Nester. Die Jungen sind länsgt flügge und auf dem Weg´gen Süden. Die letzten Rosen blühen schöner denn jeh. Herb duften die Astern und dunkelrot leuchtet der Wilde Wein.
aus "Jahreszeiten und Lebensabschnitte" von H. Z.