IN MEMORIAM SIMON WARDEINER, SCHAROSCH 275

Simon Wardeiner, geb. 26. August 1892, gest. am 17. Dezember 1965 "Das ist der Alten Krone, wenn sie viel erfahren haben und ihre Ehre ist, wenn sie Gott fürchten." Sirach 25,8
Liebe leidtragende Freunde! Trauernde Gemeinde! In diesen Tagen, wo ein Strom der Freude durch die ganze Christenheit geht, wo alles sich auf Weihnachten, das Fest der Liebe und des Lichtes rüstet, wo die Kinder dem Heiligen Christ entgegenjubeln, aber auch die Alten mit ihren Kindern wieder jung werden, da ist in euer Haus tiefe Trauer eingezogen. Das ehrwürdige Familienoberhaupt, der Gatte, Vater und Großvater, ist von euch gegangen. Und es ist Euch wohl zumute, wie wenn ein alter Baum, unter dessen Zweigen ihr als Kinder gespielt, unter dessen grünem Dach ihr oft zusammengesessen, wie wenn ein solcher Baum, vom Zahn der Zeit ausgehöhlt, zusammenbricht, und man sieht mit Wehmut die Stätte leer, wo er gestanden. Was für ein Gotteswort soll ich dem Verstorbenen in dieser Abschiedsstunde nachrufen? Wenn ich an sein hohes Alter denke, so kommt mir ein Spruch in den Sinn, der gerade für die Alten und Hochbetagten geschrieben ist, das Wort des Jesus Sirach: "Das ist der Alten Krone, wenn sie viel erfahren haben und ihre Ehre ist, wenn sie Gott fürchten." "Das ist der Alten Krone, wenn sie viel erfahren haben." Ach, was erfährt man doch alles, wenn man mehr als 73 Jahre auf Erden lebt, zumal, wenn man 44 Jahre im Getriebe des Gemeindelebens mittendrin steht! Wenn wir heute zurückblicken bis zum Geburtsjahr des Verstorbenen, wieviel ist seitdem an unserer Gemeinde, an unserm Volke vorübergezogen, dunkle Kriegsjahre, und wieder lange, reich gesegnete Friedensjahre. Was hat da der Verstorbene nicht alles erfahren können in diesem Auf und Ab unseres Gemeindelebens. Doch die schönsten Erfahrungen seines Lebens waren die Erfahrungen von der Liebe und Güte seines Gottes. Die hat er erfahren in seiner täglichen Arbeit, wo sein Fleiß und seine Geschicklichkeit von Gottes Segen begleitet waren. Er hat Gottes Güte erfahren in seiner Ehe, wo er erfahren durfte: Wem ein tugendsam Weib beschert ist, die ist viel edler als die köstlichsten Perlen. Er hat Gottes Güte erfahren ganz bewusst, wo es ihm geschenkt wurde, dass seine Kinder, die im Ausland weilen, ihn so oft sie konnten, besucht haben. Durch das Erfahren von so viel Güte durch Gott unseren himmlischen Vater ist das von ihm so oft zitierte Wort der Bibel:" Nun sucht man nicht mehr an den Haushaltern, denn dass sie treu erfunden werden" an ihm Wirklichkeit geworden. Er hat sich Gottes Güte zu ihm, durch Treue, die er seinem himmlischen Vater und seinen Mitmenschen entgegenbrachte, versucht, würdig zu erweisen. Am allermeisten aber hat er Gottes Güte erfahren an seinem Ende. Er hat von den Schrecken des Todes kaum etwas zu spüren bekommen. Ohne Krankenlager, ohne Todeskampf, ist er sanft und still in den Händen seiner Lieben eingeschlafen. All diese Erfahrungen fassen wir heute zusammen und winden sie gleichsam zu einer köstlichen Krone, und diese Krone setzen wir als schönsten Schmuck über dieses nun abgeschlossene Menschenleben und sagen darüber:" Lobe den Herrn, der deinen Stand sichtbar gesegnet." Ja, das ist der Alten Krone, wenn sie viel erfahren haben. Und ihre Ehre ist, wenn sie Gott fürchten", so fährt unser Spruch fort. An Ehre hat es dem Verstorbenen ja auch von Seiten der Menschen nicht gefehlt. Er hat manches Ehrenamt in unserer Gemeinde bekleidet. Aber die höchste Ehre, die wir ihm an seinem Sarge nachsagen können, ist die, dass er Gott fürchtete. Er war immer eng verbunden mit dem kirchlichen Leben in unserer Gemeinde und wurde deshalb schon vor vielen Jahren in den Kirchenvorstand gewählt. Und es darf hier bezeugt werden, dass er seine Pflichten als Kirchenvorsteher treu erfüllt hat. Vor allem auch darin, dass er der Gemeinde das Vorbild eines treuen, fleißigen Kirchenbesuchers gab. Und nun wird er, wie wir hoffen, die Krone empfangen, von der geschrieben steht:" Sei getreu bis in den Tod, so will ich dir die Krone des Lebens geben." Nun wird ihm die höchste Ehre zuteil werden, die Ehre, dass er seinen Gott und Heiland, an den er geglaubt hat, schauen darf von Angesicht zu Angesicht. Das ist es nun auch, woraus ich Trost schöpfe für euch, liebe Leidtragende. Gewiss, ihr werdet den Verstorbenen noch oft vermissen. Aber dann denkt immer daran, wie gut und treu ihn Gott durch sein Leben geführt und zu welcher Herrlichkeit und Seligkeit er ihn jetzt erhoben hat. Er, unser lieber Bruder, könnte es jetzt aussprechen:" Herr, nun lässest du deinen Diener in Frieden fahren wie du es gesagt hast; denn meine Augen haben deinen Heiland gesehen." So fahre hin, du treuer Bruder, die deinen danken dir für deine väterliche Liebe und Treue. Sie werden dein Andenken ehren so lange sie leben, und sie werden dir einst danken vor Gottes Thron für alles, was du an ihnen getan hast. Wir aber, die wir nicht wissen, ob wir unser Leben so hoch bringen werden wie unser Bruder, wir wollen beten: Bleib mir nah auf dieser Erden, bleib auch, wenn der Tag sich neigt. Wenn es nun will Abend werden, wenn die Nacht herniedersteigt. Lege segnend dann die Hände mir aufs müde matte Haupt. Und sprich: Kind, es geht zu Ende, aber dort lebt, wer hier glaubt. Amen
Wir tragen zu Grabe Simon Wardeiner, gewesener Kirchenkurator unserer Kirchengemeinde, geb. am 26.8.1892 als ehel. Sohn seiner Eltern Simon Wardeiner und Sofia, geb. Schindler. In seinem 27. Lebensjahr heiratete er Anna geb. Bertleff. Dieser Ehe schenkte Gott sechs Kinder, zwei Töchter und vier Söhne, wovon zwei Söhne dem Vater in die Ewigkeit vorausgegangen sind. Der Verstorbene hat unter uns 73 Jahre 3 Monate und 21 Tage geweilt. Die Ehegattin, 4 Kinder, 2 Schwiegersöhne und eine Schwiegertochter sowie 8 Enkel begleiten ihn, teils anwesend, teils in der Fremde in Gedanken nur, auf seinem letzten Wege.
Wir wollen bitten - Gott unser himmlischer Vater segne seinen Heimgang und bereite ihm einen seligen Feierabend in seinem Reiche.

Ursula Hummes, geb. Wardeiner

Rede des Scharoscher Gemeinde-Pfarrers Peter Casper am Begräbnis von Simon Wardeiner im Dezember 1965

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