helmut-1 schrieb am 02.03.2014, 19:16 Uhr
Bernd: Ist für mich schon ersichtlich, daß Du Dich auskennst. Überhaupt sind die Sachsen, die Rumänien kennen, die Ausnahme. Wobei die Jahreswende 89/90 da keine Zäsur bedeutet, - vorher konnten viele nicht in dem Regime, wie sie wollten, und die Generation danach interessiert es nicht mehr. Die meisten hatten nur mehr den Blick in Richtung "gelobtes Land". Wahrscheinlich wird es erst dann wieder kommen,wenn die Nachgeborenen in einem gewissen Alter sind und sich auf die Wurzeln besinnen. Dann beginnen sie in der Regel, auszukunden, wo ihre Vorfahren mal gelebt haben.
Allerdings ist auch manches mentialitätsbedingt, wie ich meine. Ich habe mich mit älteren Sachsen unterhalten, wobei ich rausgekriegt habe, daß es bis nicht vor langer Zeit eine Einstellung gab, daß das Nachbardorf schon halbes Ausland ist. Als die Generation, die heute über 70 ist, auf Freiersfüßen ging, da war es schon eine halbe Revolution, wenn einer z.B. aus Schönberg ein Mädchen aus Jakobsdorf geheiratet hat.
Wobei es ganz wenige Fälle auch gab, als ein Sachse eine Zigeunerin geheiratet hat. Klar war das schlimmer, als dem Pfarrer hinter den Altar zu pinkeln, aber trotzdem haben die nicht so einen Aufstand gemacht wie die Rumänen. Da kenne ich eine Familie, da hat der Vater (ein Rumäne) erst nach 20 Jahren wieder begonnen, mit dem Sohn zu sprechen, weil der eine Zigeunerin geheiratet hat.
Wie Du aus meinen Worten merkst, - in bin kein Sachse. Deswegen frage ich so manches. Könnte sein, daß ich hier noch einiges erfahre, trotz meiner "Intensivschulungen" durch die Sachsen selbst.
Der Sachse ist mit seiner näheren und weiteren Umgebung verbunden. Meistens jedenfalls. Zum Ungarn habe ich weniger Beziehungen, das kann ich nicht beurteilen. Der Rumäne aber hält da nicht allzu viel davon.
Beispiel: Nimm mal das Dreieck Schäßburg - Agnetheln - Mediasch. Wunderschöne Gegend in diesem riesigen Waldgebiet. Man nimmt sich den Jeep und fährt bei Groß-Kopisch Richtung Sonden, dann weiter über das Hochplateau Richtung Roseln, hinunter in die Fetea, etc. etc. Wunderschöne Buchenwälder, im Frühjahr voll mit wildem Knoblauch, im Spätsommer die Herbstzeitlosen. Erzähl das einem Sachsen, der aus dieser Gegend ist, dann leuchten ihm die Augen, weil der mit Sicherheit schon mit dem Pferdewagen bis nach Malmkrog gekommen ist. Der Rumäne aber sagt - "was such ich denn dort?". Das kapier ich nicht. Der ist doch genauso dort geboren wie der Sachse.
In manchem sind sich Sachsen und Rumänen, aber auch die Ungarn ähnlich, wie ich beobachten konnte. Nämlich wenn sie etwas bewerkstelligen wollen. Da wird frisch drauf los gemacht, - jeder ist davon überzeugt, daß er alles kann. Wenns dann nicht klappt, dann wird modifiziert, da und dort verbessert, und am Ende steht was, wo oft nur der Wille fürs Werk geht. Kaum einer kommt auf die Idee, sich vorher umzusehen, - wie geht das, oder wie macht es der, oder gar aus dem Ausland sich über andere Methoden zu informieren, - diese dann gegenüberzustellen und dann erst zu entscheiden, wie man vorgeht.
Jeder ist davon überzeugt, daß er die Weisheit gepachtet hat. Wenn man ihn dann auf das eine oder andere hinweist, - dann macht er große Augen. Kommt höchstens ein " das war aber schon immer so". Am deutlichsten machen sich solche Sachen in der Stadtverwaltung bemerkbar, da wirds offenkundig. Aber auch im privaten Bereich gibts genügend Beispiele.
Natürlich ist vieles traditionsbedingt. Nicht nur, daß man jedes Jahr mit einer Begeisterung den abgefaulten Putz vom Haussockel abklopft, um ihn neu zu bewerfen, was wiederum nur ein Jahr hält, weil die Feuchtigkeit vom Boden hineinwirkt, - insbesonders in Sachen Ernährung sind sie derart fehlorientiert, daß man nur den Kopf schütteln muß, wenn man die Folgen (ernährungsbedingte Erkrankungen) sieht.
Aber auch in der Schule wird in dieser Richtung da kaum Aufklärung betrieben, - es kommt einem vor, als wenn da die Pharmakonzerne aus Deutschland schon auf ihre fette Ernte warten.
Was mich immer gewundert hat, - kaum findet man bei den sächsischen Bauern einen Bezug zu den einfachsten Heilpflanzen zur Selbstmedikation. Wenn er irgendwo einen verwilderten Pfefferminz stehen hat, dann ists schon die Ausnahme. Zitronenmelisse oder Salbei, mit dem man die einfachen Erkältungskrankheiten selbst schnell in den Griff kriegt, - hab ich noch nirgends im Garten gesehen.
Nun ja, - es ist ja nichts Weltbewegendes, - aber vielleicht gibts doch die eine oder andere Antwort drauf. Hoffentlich ist jetzt keiner deswegen verschnupft, wenn manches etwas kritisch betrachtet wird, - viele Sachsen sind auch dabei etwas empfindlich.
jodradek schrieb am 02.03.2014, 19:43 Uhr
Man nimmt sich den Jeep und fährt bei Groß-Kopisch Richtung Sonden, dann weiter über das Hochplateau Richtung Roseln, hinunter in die Fetea, etc. etc. Wunderschöne Buchenwälder, im Frühjahr voll mit wildem Knoblauch, im Spätsommer die Herbstzeitlosen. Erzähl das einem Sachsen, der aus dieser Gegend ist, dann leuchten ihm die Augen, weil der mit Sicherheit schon mit dem Pferdewagen bis nach Malmkrog gekommen ist. Der Rumäne aber sagt - "was such ich denn dort?". Das kapier ich nicht. Der ist doch genauso dort geboren wie der Sachse.
Haben Sie daran gedacht, dass sie vielleicht gar keinen "Jeep" besitzen?