"Amerikanische" Bekenntnisse bei Siebenbürger Sachsen

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Weilau
schrieb am 20.12.2007, 11:56 Uhr
Was mir schon vor längerer Zeit aufgefallen ist: Wie eine gar nicht so kleine Zahl von Menschen anderer ethnischer Herkunft in und aus Rumänien dürften auch viele Siebenbürger Sachsen ihr religiöses Bekenntnis gewechselt haben. Vor allem evangelikale Gruppen scheinen regenZuspruch zu finden. Die „amerikanischen" Bekenntnisse aller Art scheinen auch bei Siebenbürger Sachsen zu boomen. Von „alten“ Bekenntnissen, wie z. B. die Baptisten, über üppig den Zehent einfordernden Bekenntnissen wie die Letter Day Saints bis hin zu recht „modernen“ Bekenntnissen wie die Scientologen wurde da so gut wie allem in Frage Kommenden fleißig beigetreten und teilweise wieder von dort ausgetreten.

Evangelikale ethnische Rumänen halten oft auch in der Diaspora zu ihrer mitgebrachten Sprache und Kultur. Teilweise mehr als Rumänisch-Orthodoxe, die - oberflächlich betrachtet – relativ stark zur Assimilation bereit zu sein scheinen. Das Gemeindeleben evangelikaler aus Rumänien stammender Gruppen in der Diapora spielt sich teilweise fast nur in rumänischer Sprache ab. Diese aus Rumänien ausgewanderten Evangelikalen wirken so gelegentlich in einigen Gegenden wie alleinige „Hüter der mitgebrachten rumänischen Kultur“. Da Gruppen wie etwa die Pentacostalisten noch immer für europäische Verhältnisse „üppig“ Kinder haben, Eltern der Kinder und auch religiöse Gemeinschaft vorwiegend auf Rumänisch mit den Kindern kommunizieren, hat es den Anschein, dass diese Situation auch noch einige Zeit weiter so bestehen könnte.

Wie verhält sich das bei den Siebenbürger Sachsen? Existieren evangelikale siebenbürger-sächsische Gruppen in denen das Siebenbürgersächsische als Sprache für das Religiöse verwendet wird? Warum sind Siebenbürger Sachsen konvertiert? Waren sie mit der „sächsischen Amtskirche“ unzufrieden? Wurden sie „missioniert“? Da sich die meisten von ihnen hier nur ganz selten zu deklarieren scheinen, ergibt sich die Frage warum sie das „so diskret“ halten. Die „Gefahr“, dass damit hier im Forum eine „Missionsplattform“ für solche Gruppen entstehen könnte, werden wir wohl verkraften. Was kann es schon schaden, wenn andere Ansichten hier publiziert werden können? Natürlich sind auch Berichte über Austritte aus derartigen Gemeinschaften interessant. Berichte von Selbsterlebtem und auch von bei anderen Beobachtetem.
schully
schrieb am 20.12.2007, 12:26 Uhr
@Weilau,
zitat: "Warum sind Siebenbürger Sachsen konvertiert?"
meinst du noch in siebenbürgen, oder erst nach ihrer auswanderung?
servus
Weilau
schrieb am 20.12.2007, 12:54 Uhr
Beides
Richard Vogel
schrieb am 20.12.2007, 13:02 Uhr (am 20.12.2007, 14:07 Uhr geändert).
Gründe dafür sind auch hier sind auf Urwegen.net unter dem Thema Fakten "Erweckung im Unterwald" zu finden.
Ich denke das sich viele Sachsen einer Freikirche angeschlossen haben liegt auch an der Evangelischen Kirche A.B. Da dort (s. Zeiden) oft politisch entschieden wird und das kann zu Frustrationen führen nicht nur in Siebenbürgen sondern überall.
pedimed
schrieb am 11.04.2008, 02:43 Uhr
Zu der Zeit,als ich noch in SBB war gab es über missionarisches Vorgehen gewisser Sektenwerber etliche sektiererische Gruppen, die sich trafen, aber die nicht aus der ev.K. ausgetreten waren. Pfingstler waren meist im westen SBB.Ob in Amerika die Sektenwerber durch Rafinesse mehr Erfolg haben ist mir nicht geläufig, könnte aber gut möglich sein, dass sich etliche der Umgebung anpassten. Ein entfernter Verwandter war noch in SBB durch eine Sekte zu einer Enthaltsamkeit verleitet worden,die ihm das Leben kostete.Das war aber erst kurz vor der Jahrhundertwende, als nach dem Umbruch nach Ceau die Sekten freie Luft atmeten.
Shimon
schrieb am 01.07.2008, 17:00 Uhr
Hiermit möchte ich die Frage von Weilau beantworten. Ich bin Siebenbürger Sachse und gehöre eine Freikirche in Deutschland an. Diese Freikirche ist keine Sekte und hat auch nichts damit zu tun! Der Grund wieso ich oder meine Eltern aus der „sächsischen Amtskirche“ ausgetreten sind, ist sehr einfach: Wenn in einer Kirche nicht Christus im Mittelpunkt steht, dann ist das ein totes Christentum, dieses war und ist in Siebenbürgen oft der Fall. Derjenige der Gott wirklich begegnet ist und Ihn als Erretter akzeptiert, der richtet sein Leben nach der Bibel aus und nicht an einer „toten Kirche“. In vielen Fällen wurden die „Bekehrten“ (so wurden sie in Siebenbürgen genannt) aus den „sächsischen Amtskirchen“ ausgeschlossen, da sie auf die Missstände hingewiesen haben und den Kirchenverantwortlichen durch ihr Verhalten und ihre Lehre unbequem wurden.
hein
schrieb am 01.07.2008, 21:11 Uhr
Charismatische und evangelikale Strömungen innerhalb der Siebb. Kirche gab es schon Anfang des 20. Hh. (z. B. in Kronstadt). In der Nazizeit, als kirchliche Bruder- und Schwesterschaften aufgelöst wurden, hat es in sächsischen Dörfern Konflikte gegeben zwischen Pfarrern, die öffentlich bekannten, dass sie Jesus dienten und nicht Adolf, und einem Teil der volkskirchlichen Gemeindegliedern (Z. B. Deutsch-Tekes). Umgekehrt gab es Pfarrer, die z. B. den Kindern von Freien Gemeinden den Besuch der deutschen (konfessionellen) Schulen nicht erlaubten (z. B. Malmkrog). Im Kommunismus gab es sehr wohl freikirchliche Sachsen, die meisten gehörten zu den Baptisten oder Evangeliumschristen. Die offizielle (kommunistische)Bezeichnung "Sekten" für Freikirchen ging in den Sprachgebrauch der Sachsen über und ersetzte das Wort "Mukrer" oder "Bekehrte".
Karl
schrieb am 02.07.2008, 10:03 Uhr (am 02.07.2008, 10:12 Uhr geändert).
Meines Wissens liessen/lassen sich viele Menschen in Siebenbürgen nach 1990, unabhängig von ihrer Religion/Zugehörigkeit, aufgrund materieller Vorteile von Sekten bzw. "amerikanischen" Kirchen anwerben.
Dabei scheint es oft der Fall zu sein, daß diese Menschen von ihrer Kirche und Gemeinschaft im Stich gelassen wurden, und/oder daß diese Menschen materielle Schwierigkeiten haben, die sie allein nicht überwinden können.

Anderseits gibt es in Siebenbürgen oft Pfarrer der ev. Kirche AB, die gerne, da keine Sachsen mehr da sind, egal wen in der ev. Kirche AB aufnehmen - ich frage mich, zu welchem Zweck, wenn nicht, um den eigenen Sessel nichz zu gefährden??

Die Frage ist- was will die ev. Kirche AB damit erreichen- eine völlige Zerstörung/Wandlung und Überfremdung dieser seit 800 Jahren sächsischen Volkskirche?
Das kann doch nicht der Sinn der Sache sein.

Sehr viel akzeptabler scheint mir dann immer noch der Verkauf der Kirchen ohne Gemeindemitglieder an andere Kirchen, oder die Konservation dieser Kirchen, soweit möglich.
Nicht zuletzt bleibt die Möglichkeit, daß ausgewanderte Sb. Sachsen in die Heimatkirche wieder eintreten bzw. dort Kirchensteuer bezahlen-- diese Möglichkeit scheint aber nicht bei allen Entscheidern in der ev. Kirche AB in Siebenbürgen willkommen zu sein, und es ist sehr schwierig für einen Ausgewanderten, das zu tun, obwohl letztendlich dadurch die ev. Kirche AB gestärkt wird.

Fazit: wenn schon den Kirchenführern der ev. Kirche AB ihre Ziele nicht klar sind, wie sollen diese den Menschen dort klar werden- kein Wunder, daß diese Menschen sich dann anderen Kirchen zuwenden (müssen).
Richard Vogel
schrieb am 02.07.2008, 10:38 Uhr
Das Leute in die Evangelische Kirche einfach soaufgenommen werden ist nicht ganz richtig. In Heltau z.B. sind es Schüler der Deutschen Abteilung die mit Orthodoxen Regeln einfach nichts anzufangen wissen und die mit deutsch genau so wenig Probleme haben wie mit Rumänisch. Weitere Gründe war die Diskriminierung besonders in den 90er Jahren durch Schüler aus den Rumänischen Klassen die die Schüler aus den Deutschen Klassen immer verprügelt haben. Und irgendwann stellt sich da sicher schon die Frage was soll ich noch bei denen. Also geh ich lieber zu den Deutschen...
Karl
schrieb am 02.07.2008, 13:55 Uhr
Werter Herr Vogel,

als junger Deutscher, der erst seit kurzem in Siebenbürgen lebt, haben Sie sicherlich aktuelle Infos über einige Seiten des Lebens dort- siehe Ihr Beitrag zum Schulhof-geprügel.
Aber ich wage zu bezweifeln, daß Sie die Infos über das Verhalten der ev. Pfarrer in anderen Gemeinden Siebenbürgens haben, Gemeinden, mit denen Sie während Ihres kurzen Aufenthaltes dort vielleicht noch nicht zu tun hatten.
Richard Vogel
schrieb am 02.07.2008, 15:25 Uhr
In welchen Gemeinden ist das denn der Fall? Bis jetzt klingt das für mich wie eine Behauptung...
Saedtler
schrieb am 02.07.2008, 16:11 Uhr
Richard Vogel schrieb: In welchen Gemeinden ist das denn der Fall? Bis jetzt klingt das für mich wie eine Behauptung...

Die Kluft zwischen den Weggegangenen und den Dagebliebenen, die mittlerweile unübersehbar und vielleicht sogar unüberbrückbar geworden ist, scheint sich sogar vor den Deutschsprachigen, die in den letzten Jahren einige Zeit in Rumänien gelebt haben und den Weggezogenen aufzutun.

Anscheinend konservieren die Weggezogenen ein recht persönliches Rumänienbild, das sie nur ungern bis gar nicht einer Prüfung durch andere unterziehen lassen wollen. Jegliche Diskussion darüber lehnen viele rundwegs ab.

Das Rumänienbild der Weggezogenen ist mittlerweile jedoch schon an die 20 Jahre alt. Es ist verblasst und die Verhältnisse im heutigen Rumänien sind teilweise überaus verschieden von den Verhältnissen im Rumänien von vor 18 oder 20 Jahren. Sie sind, generell betrachtet, weder besser noch schlechter, unzweifelhaft jedoch anders.

Vor 20 Jahren ließen sich viele Weggezogene vor allem von Westpropaganda, aber auch als Reaktion auf die Kommunistenpropaganda gewisse Einstellungen aufzwingen, die nicht unbedingt mit den Realitäten immer konform gegangen zu sein scheinen. Heute spielt vielen Weggezogenen ihre eigene Starrsinnigkeit und Dickköpfigkeit anscheinend zum zweiten Mal den selben Streich ....
Karl
schrieb am 02.07.2008, 16:52 Uhr (am 02.07.2008, 17:18 Uhr geändert).
Ich bin seit 5 Jahren meistens in Siebenbürgen, lieber Saedtler,also ist deine Argumentation falsch.

Im übrigen gibt es m.E. keine Kluft zwischen den normalen Hiergebliebenen und Weggezogenen- im Gegenteil, es wird miteinander gefeiert, gelebt, die Sommersachsen sind alles Weggezogene, die im Sommer in Siebenbürgen leben-
und sogar die Offiziellen betonen immer wieder, daß sie zusammenarbeiten: siehe Dr. Fabritius, Forum & Co.

Es gibt nur dann Ärger, wenn jemand arrogant und belehrend daherkommt- und das kann ein nach Sb. zugewanderter Deutscher genauso sein wie jeder Weggezogene oder Hiergebliebene.
Da sind die Rumänen oft sehr viel flexibler und realistischer...
Nicht zuletzt gab es wahrscheinlich wenig "überzeugte" Sb. Sachsen, die sich von der kommunistischen Propaganda vor 20 Jahren haben beeinflussen lassen- sehr wohl aber vom Auftreten der Westler in Siebenbürgen...
Saedtler
schrieb am 03.07.2008, 10:57 Uhr (am 03.07.2008, 11:56 Uhr geändert).
Karl schrieb:

Im übrigen gibt es m.E. keine Kluft zwischen den normalen Hiergebliebenen und Weggezogenen- im Gegenteil, es wird miteinander gefeiert, gelebt, die Sommersachsen sind alles Weggezogene, die im Sommer in Siebenbürgen leben-
und sogar die Offiziellen betonen immer wieder, daß sie zusammenarbeiten: siehe Dr. Fabritius, Forum & Co.




"Betonen" tun´s ja alles Mögliche, nur "machen" tun´s halt nix!

Gelingt es aus den sächsischen Methusalems in Siebenbürgen noch eine Stellungsnahme herauszukitzeln, dann kommt etwas ganz anderes als diese "Schönschreibe" ...

Sachsen im fortpflanzungsfähigen Alter, nicht "amestiziert", mit auch untereinander Sächsisch sprechenden Kindern, gibt es nun einmal nicht mehr in Siebenbürgen. Nur noch "amestizierte" und Methusalems. Kannst ja mal deine fliessend miteinander Sächsisch parlierenden Kinderleins hier herzeigen, Hochverehrter Lieber Karl, um diese Behauptung zu widerlegen .

Zu erwähnen vergessen habe ich, dass es auch hier im Forum bei fast allen so aussieht. Ein kleines Beispiel: Der hiesige Poeta Laureatus vom Dienst, unser allseits wegen seiner Sprüchemacherei geschätzter Ijel, ist z.B. auch einer der Amestizierten. Seine Tochter wird möglicherweise auch nie wirklich Sächsisch reden. Allenfalls noch vielleicht mit dem Vater, der allerdings auch schon eher zur Methusalemriege zählen dürfte als zu den "Jungen und Modernen". Möglicherweise kommt ihm das ungut hoch und er kompensiert deswegen so gerne durch Exkursionen in sächsische Schüttelreimregionen.

Es wär halt recht schön weniger Wunsch zu denken und mehr daran was - sächsische(r) - man/frau denn nun eigentlich wirklich will!
der Ijel
schrieb am 03.07.2008, 14:17 Uhr (am 03.07.2008, 14:22 Uhr geändert).
@ Staedtler

Sprüchemacherei und Amestizierten.
sind Begriffe die ich gerne etwas genauer verstehen möchte.
nfU.
Nach Ihren Bemerkungen und Kommentaren zu schliessen, sind Sie wohl auch so ein ungeschliffner Diamant----
Wie könnte ich anders als mit einem Vierzeiler auf Ihr provokatives Laudatio, auf meine Adresse, antworten?

--rund ist auch meine Welt
trotz aller scharfen Kanten
nicht gut ist es bestellt
um ungeschliffne Diamanten---

Vergessen wir nicht dass nur Geschriebenes über einen längeren Zeitraum noch zugänlich bleibt.
Dass Gesprochene verschwindet wie das Echo eines Hilferufes in einem Menschenleeren Cannon-----

Machen Sie sich doch stark Staedtler, als Literaturkritiker,
zwischen Herta Müller, Dieter Schlesack, Eginald Schlattner
und vergessen Sie dabei den Ijel net---

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