Lavinia – Stammutter der Latiner

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Lavinia
schrieb am 14.10.2009, 18:08 Uhr (am 14.10.2009, 21:43 Uhr geändert).
Alma_si, tatsächlich merkwürdig, das mit dem Arm. Aber er scheint ja noch dran zu sein. Ob das dem Umstand zu verdanken ist, dass er senkrecht ausgestreckt war oder waagerecht …wir wissen es nicht. Auch nicht ob die Hand gewunken hat, oder zugdrückt hat.
Aber noch vieles mehr scheint mir rätselhaft, liebe alma_si. Sie schreiben , dass Ihre Helligkeit so aussieht:
„Ich habe keinem Rumänen etwas angetan.
Meine Eltern haben keinem Rumänen etwas angetan.
Meine Großeltern haben keinem Rumänen etwas angetan.
Die Litanei kann in dieser Form, mit Urgroßeltern usw. weitergehen, dann allerdings mit dem Zusatz: ... weil sie wahrscheinlich gar keinen gekannt haben.“

Jetzt mal unter uns…Ich denke, dass sogar Buddha reinkarnieren würde, um eine solche schuldlose Person kennenzulernen, die sogar eine schuldlosen Ahnenreihe vorweisen kann, bis zu den Anfängen unseres Siedelns auf Siebenbürger Boden, der damals niemandem als den wilden Tieren gehörte…Das meinen Sie wahrscheinlich gar nicht so, stimmt's?
Ob es umgekehrt genauso aussieht? Mit Sicherheit nicht, Alma_si, denn es sind Ihnen und Ihren Ahnen die Abkömmlinge der schuldig gewordenen Verstoßenen aus dem Paradies begegnet: Menschen.
Herzergreifend schön die Passage, in der Sie einem User klarmachen wollen, dass wir SBB Sachsen, Siebenbürgen und seine Menschen aufrichtig lieben. „ Wir wollen sie nicht hassen, wir wollen nicht, dass sie sich schämen müssen, wir wollen auch sie von den Schatten befreit wissen - um anschließend als liebenswürdige Menschen miteinander umgehen zu können.“
Ja, wir sind bestrebt , in unserem Gutmenschentum, diesen Menschen auch unsere Helligkeit zuteil werden zu lassen. Aber dafür müssen sie sich auch waschen, so wie wir es getan habe, von Schuld freiwaschen, von der Vergangenheit reinschrubben. Allerdings nicht durch Nestbeschmutzung, denn das schwäbische Bad , dieses Ritual der kollektiven Reinigung, wäre nach Ihrer Leseart eine Selbverschmutzung und kein gutes Beispiel für die Reinigungszeremonie, die durch Reue und Busse tun einen Neuanfang markieren soll. Sauberes Wasser sollte es sein, so wie wir welches benutzten? Woher aber sauberes, reines Wasser, liebe Alma_se? Das aus den Fugen geratene ökologische System gibt das nicht mehr ohne weiteres her, fürchte ich.
Selbst wenn sie levitiertes Wasser nähmen, würde es nicht bis zum Sanktnimmerleinstag ausreichen und Ihrer Mutter voraussichtlich nicht helfen, ihren Besitz zurückzubekommen.
Ich denke, das ist der Grund warum man sagt, dass der größte Besitz der Menschen nicht auf der materiellen Ebene liegt.
Es ist völlig einleuchtend, Alma_si, dass viele von uns wahrscheinlich noch ein Messer im Rücken stecken haben und es den meisten auch nicht zum Lachen zumute ist, obwohl so viel Narrerei angeboten wird, drumherum. Eigentlich, bei genauerem Hinhören, lacht kaum jemand. Ist es deswegen, dass die Helligkeit oft fehlt, das Wissen um sich selbst und die eigene Schuldlosigkeit?
Der tiefere gegenseitige Pol, den ich jetzt mal frei interpretiere als extreme widersprüchliche Erfahrungen, die uns tatsächlich von anderen unterscheiden (ausgenommen vielleicht von Asylanten, politischen Flüchtlingen usw) sollte uns glücklich machen und wir sollten unserer neuen alten Heimat dankbar sein?!
Warum sind wir es dann nicht, Alma?

getkiss
schrieb am 14.10.2009, 21:45 Uhr
Bravo, schön und gut geschrieben, Lavinia!
Anchen
schrieb am 14.10.2009, 22:26 Uhr
@ lavinia Im Pfarramt tätig? Den letzten Satz habe ich nicht verstanden. Was meinst du damit ?

sollte uns glücklich machen und wir sollten unserer neuen alten Heimat dankbar sein?!
Warum sind wir es dann nicht, Alma?
alma_si
schrieb am 14.10.2009, 23:24 Uhr
Eigentlich will ich mich für eine Weile zurückziehen und in den Foren, in denen ich mich in der letzten Zeit herumgetrieben habe nur schweigend zuhören. Ich will mich endlich einem Projekt widmen, den ich wegen dem, was sich da gegen Herta Müller aufgebaut hatte (auf dem banatblog und hier) viel zu lange vernachlässigt habe. Als ich dann heute Nachmittag diesen Aufkleber anstatt Armin Maurers Portraitfoto sah und dazu - genau so schrecklich - meinen eigenen Satz mit dem Arm, dann sagte ich mir, das wäre ein Zeichen, jetzt mit dem Unsinn aufzuhören.

Es ist ja nicht so, dass ich ständig in dem liebe-alte-Heimat Modus bin. Diese, die Heimat, hat gar keinen Platz in meinem Alltag. Die Foren über die Heimat, die ich abends besuche, sind für mich wie Restaurant-Separés, wie ich sie in alten Kinofilmen gesehen habe. Man speist im hellen, großen Saal und dann, gegen Ende des Tages, zieht man sich in so ein Separé zurück. Eigentlich ein masochistischer Akt denn, obwohl man sein langes Abendkleid anzieht und nur eine schöne Zeit verbringen will, geht man mit der Vorahnung hinein, dass es dort drinnen, in der semiobscuren Schmuddeligkeit, nach blood, sweat and tears riecht. Es ist oft ein Separé der vergewaltigten Seelen. (Von oben und abstrakt betrachtet, hat die Begegnung mit unserer Vergangenheit schon etwas obszönes.) Und man fängt an zu putzen, aber bei jedem neuen Besuch hat man den Eindruck, dass die Seidentapete die Schmutzflecken, die sich dahinter befinden, nicht richtig abwehren kann, dass immer mehr Flecken hervordringen. Die Flecken sind die Geschichten der anderen Forenteilnehmern. Man denkt sich dann: Macht nichts, irgendwann sind alle Flecken hervorgetreten und dann sitzen sie alle in der Tapete. Diese Tapete kann man anschließend herunterreißen und sie samt Flecken verbrennen. Nur die Wand, die sich selbst gesäubert hat, die bleibt dann und sie ist stabil.

Seberg, die sog. Fäkaliensprache, die man Herta Müller vorgeworfen hat, ist für uns Banatern ein Fremdwort, ein tendenziöses Konstrukt, von wem auch immer. Unsere Sprache beschrieb das, was zum Leben gehörte - nichts mehr und nichts weniger. Ich weiß nicht, ob unsere Offenheit daher kommt, dass unsere Gegend katholisch war aber, so wie sie war, prägte diese Gegend selbstverständlich jeden.

Lavinia, ich komme gerne zu einem späteren Zeitpunkt auf ihre Frage zurück, jetzt aber nicht, weil diese Frage auch für mich wichtig ist und ich nicht voreilig antworten will. Was den Rest betrifft, davon bezog sich nichts auf die Siebenbürger Sachsen. In Rumänien befand sich eine Bergkette zwischen uns, ich weiß wenig von Ihnen. Und, wenn ich hier etwas über uns Banatern gesagt habe, dann auch nur darum, weil die bei Ihnen, Sachsen, neulich ins Gespräch kamen.

Und noch etwas, bei der Restitution geht es vielen, wie auch mir, nicht um materielle Werte. Es geht bloß um Gerechtigkeit.
Lavinia
schrieb am 14.10.2009, 23:53 Uhr (am 14.10.2009, 23:54 Uhr geändert).
Anchen schrieb:" Im Pfarramt tätig? Den letzten Satz habe ich nicht verstanden. Was meinst du damit ?"

Wie, nur den letzten Satz nicht verstanden?
Haben sich denn deine beiden schlauen Helferchen *Ironie an* und *Ironie aus* in einen anderen Thread verIrrt?
Das ist schade.
Dolfi11
schrieb am 15.10.2009, 08:46 Uhr
@alma_si schrieb:

Ich weiß nicht, ob unsere Offenheit daher kommt, dass unsere Gegend katholisch war aber, so wie sie war, prägte diese Gegend selbstverständlich jeden.
_____________________________

Das ist ein Widerspruch in sich...

Anchen
schrieb am 15.10.2009, 14:22 Uhr
Aber, aber Lavinia warum gleich so wüst ?

Dein vorstehender Text hat für mich nun mal Ähnlichkeiten mit einer Predigt. (Das ständige "wir" usw.)
Schätzt du deine Texte etwa als schwer verständlich ein, vielleicht sogar für dich selber ?

Dein letzter Satz ist mir nicht ganz klar, das ist alles.
Lavinia
schrieb am 15.10.2009, 14:40 Uhr
Aber, aber Anchen, warum gleich so pikiert ?

Ich habe kein Problem damit, es zu akzeptieren, wie auch immer du meine Texte einschätzt. Dass ich deine Texte sehr oft für schwer verständlich halte, habe ich dir schon öfter signalisiert...
Und geantwortet habe ich dir sehr wohl auf deine Frage.
Tut mir leid, wenn die Antwort nicht im Stil einer Predigt ausfiel - vielleicht hättest du sie dann besser verstanden???
alma_si
schrieb am 15.10.2009, 19:54 Uhr
@Dolfi11

Ein kleiner Krieg der Glauben zwischen uns (Saxen und Banatern) wäre ja ganz nett und würde bestimmt keinen Dritten amüsieren - nicht wahr?
Lavinia
schrieb am 15.10.2009, 23:28 Uhr (am 16.10.2009, 00:09 Uhr geändert).
@Alma_si.

Das Sepia-Bild, welches du malst, läßt wenig von der Helligkeit erahnen, von der du sprichst, alma_si. Aber Helligkeit ist relativ, wie du es schon richtig sagst.

Das semiobskure Séparée, mit den vergewaltigten Seelen, strömt, so schreibst du, den Geruch nach „blood, sweat and tears“ aus. Damit rufst du, sehr treffend, den schrecklichen Krieg in Erinnerung und zitierst Churchill, der den Engländern mit diesen Worten ankündigte, dass sie im Krieg gegen Hitlerdeutschland nichts anderes als „blood, sweat and tears“ zu erwarten hätten.

Nur der Versuch die Tapeten zu putzen…welch naive Vorstellung, liebe alma-si. Im Abendkleid! Wegputzen, säubern, verschwinden lassen, ungeschehen machen, von der Oberfläche entfernen…

Du sagst: “... die sog. Fäkaliensprache, die man Herta Müller vorgeworfen hat, ist für uns Banater ein Fremdwort, ein tendenziöses Konstrukt…“
Nun, wie willst du Flecken ausmachen und beschreiben, wenn deine Sprache gereinigt ist von Schmutz ?
Wie willst du den Flecken an den Kragen gehen, wenn deine Augen sich abwenden von den Verunreinigungen?
Du sagst: „ Unsere Sprache beschrieb das, was zum Leben gehörte - nichts mehr und nichts weniger“.
Wie willst du die Qualen und das Leiden beschreiben, welche die Flecken immer wieder an die Oberfläche treiben, wenn deine Sprache nur Worte kennt, die zum Leben gehören ?
Wie willst du Dinge mit Namen benennen, wenn die Dinge in deine Sprache nicht hineinpassen?

Aber vielleicht, liebe alma_si, wenn wir Worte finden sollten in deiner und meiner Sprache, angstlose Worte, die sich nicht angewidert wegdrehen, vor Fäkalien und 'blood, sweat and tears', wird vielleicht irgendwann das, was du in der Schummerigkeit des Séparées als Flecken wahrnimmst, verblasst sein,und, im Tageslicht betrachtet, wird sich ein Muster zu erkennen geben. Ein Tapetenmuster.
Sehr ähnlich dem Muster aus dem Séparée nebenan und dem anderen, daneben.
Vielleicht.

Dolfi11
schrieb am 16.10.2009, 08:12 Uhr (am 16.10.2009, 08:12 Uhr geändert).
alma_si schrieb:

@Dolfi11

Ein kleiner Krieg der Glauben zwischen uns (Saxen und Banatern) wäre ja ganz nett und würde bestimmt keinen Dritten amüsieren - nicht wahr?
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Einen Glaubensstreit? Nein, auf gar keinen Fall, da ich von der Kirche ( ältester/reichster Weltkonzern ) eh sehr wenig halte... Banater vs SBS gleich zweimal nicht, dazu schätze ich sie ( die Banater ) zu sehr...

Gruß

Dolfi11
Schiwwer
schrieb am 16.10.2009, 08:26 Uhr (am 16.10.2009, 08:27 Uhr geändert).
alma_si schrieb:

@Dolfi11

Ein kleiner Krieg der Glauben zwischen uns (Saxen und Banatern) wäre ja ganz nett und würde bestimmt keinen Dritten amüsieren - nicht wahr?
_____________________________

Einen Glaubensstreit? Nein, auf gar keinen Fall, da ich von der Kirche ( ältester/reichster Weltkonzern ) eh sehr wenig halte... Banater vs SBS gleich zweimal nicht, dazu schätze ich sie ( die Banater ) zu sehr...

GrußDolfi11

Kein Glaubensstreit. Nicht weil ich nichts halte von Kirche, sondern, im Gegenteil, ich die Erfahrung gemacht habe, dass Menschen, die sich mit Glauben beschäftigen, gläubig sind, besser miteinander können.
Für mich ist Kirche nicht eine Institution, sondern die Summe der Menschen, die sich zu ihr bekennen, egal, ob katholisch, reformiert oder lutherisch, "Omul sfinţeşte locul"!
Die Kelche der Abendmahlsfeiern sind verschieden: uralt, modern, Gemeinschaftskelche, schlicht oder prächtig, bei den Katholiken nur der für den Priester, bei den Orthodoxen wird das Brot getränkt - aber der Inhalt ist der gleiche!
bankban
schrieb am 16.10.2009, 08:28 Uhr
Ach, da gibts einen Inhalt !...
Na so'n Ding ... Gut zu wissen!
Ich warte auf Weihnachten, noch immer
und den Klapperstorch...
alma_si
schrieb am 16.10.2009, 09:58 Uhr
Lavinia, Sie sagen:

"Wie willst du die Qualen und das Leiden beschreiben, welche die Flecken immer wieder an die Oberfläche treiben, wenn deine Sprache nur Worte kennt, die zum Leben gehören?"

Gefragt sind also Worte, die nicht zum Leben gehören - zum Leben auf dieser Erde. Die kenne ich nicht, die möchte ich aber sehr gerne von Ihnen hören.
Lavinia
schrieb am 16.10.2009, 10:23 Uhr
Alma_si. Lies die Bücher Herta Müllers. Auch Niederungen. Sie hat Worte gefunden.

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