Ein schönes Gedicht

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Reini
schrieb am 14.02.2025, 18:37 Uhr
In Kerz hatten wir einen Birnbaum im Garten, er war über 300 Jahre alt, der älteste Birnbaum in der Ortschaft. Wird es ihn noch geben?
Darum gefällt mir auch das Gedicht: Der Birnenbaum

Habe nachgefragt,ob es den alten Birnbaum im Kerz noch gibt?
Die Antwort war: Es steht nur noch ein vertrockneter Stamm ohne Äste dort.
.......
Für wen der Baum von innen stirbt
dan grünt er nimmer wieder.

Der Birnenbaum

Von einem alten Birnenbaum
berichtet uns die Sage
er steht allein in Feldes Raum
ein Denkbild alter Tage.

Ihn pflanzten unsere Väter noch
wie sie ins Land gezogen
dann war der Baum so stark und hoch
der Wipfel breit gebogen.

Berührte Ihn des Lenzes Hauch
hat er sein Laub getrieben
und kam der Herbst so ist er auch
nie ohne Frucht geblieben.

Und seine Frucht war süß und gut
so alt der Baum geworden
so oft ihn auch des Sturmes Wut
berauscht von Süd und Norden.

Sie haben oft den Feuer´s Brand
an seinen Stamm gehalten
sie nahmen oft die Axt zur Hand
den Baum entzwei zu spalten.

Umsonst! Er stand doch frisch belaubt
beschattete die Heide
und wenn sie seine Frucht geraubt
trug andere er mit Freuden.

Ob mancher Zweig noch heut verdirbt
er treibt stets neue Glieder
Für wen der Baum von innen stirbt
dann grünt er nimmer wieder.

Michael Albert (*1836 in Trappold, †1893 in Schäßburg
Marius
schrieb am 23.03.2025, 18:52 Uhr
Ich bin ein Kind der Stadt
von Anton Wildgans

Ich bin ein Kind der Stadt. Die Leute meinen,
Und spotten leichthin über unsereinen,
Dass solch in Stadtkind keine Heimat hat.
In meine Spiele rauschten freilich keine
Wälder. Da schütterten die Pflastersteine.
Und bist mir doch ein Lied, du liebe Stadt!

Und immer noch, sooft ich dich für lange
Verlassen habe, ward mir seltsam bange,
Als könnt' es ein besond'rer Abschied sein;
Und jedesmal, heimkehrend von der Reise,
Im Zug mich nähernd, überläuft's mich leise,
Seh' ich im Dämmer deine Lichterreihn.

Und oft im Frühling, wenn ich einsam gehe,
Lockt es mich heimlich-raunend in die Nähe
Der Vorstadt, wo noch meine Schule steht.
Da kann es sein, dass eine Straßenkrümmung,
Die noch wie damals ist, geweihte Stimmung
In mir erblühen macht wie ein Gebet.

Da ist der Laden, wo ich Heft und Feder,
Den ersten Zirkel und das erste Leder
Und all die neuen Bücher eingekauft,
Die Kirche da, wo ich zum ersten Male
Zur Beichte ging, zum heil'gen Abendmahle,
Und dort der Park, in dem ich viel gerauft.

Dann lenk' ich aus den trauten Dunkelheiten
der alten Vorstadt wieder in die breiten
Gassen, wo all die lauten Lichter glühn,
Und bin in dem Gedröhne und Geschrille
Nur eine kleine ausgesparte Stille,
In welcher alle deine Gärten blühn.
Marius
schrieb am 03.04.2025, 18:32 Uhr
Frühling
Von Georg Busse-Palma
I
Oben lichte Bläue,
Unten alles hoffnungsgrün. -
Rot wie Liebe, blau wie Treue,
Frühling, deine Blumen blühn!

Junge Schmetterlinge
Streifen sorglos drüber her. -
Ach die Welt wär' ganz geringe,
Wenn der Augenblick nicht wär'!

Hört's die holde Stunde,
Daß ich von der Zukunft red':
Schweigefinger auf dem Munde
Zeigt sie auf ein Blütenbeet ...

II
Wie grün die sanft geneigten Hügel,
Wie rosenrot die Gärten stehn! -
Hier braucht die Sehnsucht keine Flügel,
Um in ein sel'ges Land zu sehn.

Viel Blüten löst von Busch und Bäumen
Des Mittags stillbewegte Ruh
Und treibt sie mir mit ros'gen Träumen
Als duftende Verheißung zu.

Mein Herz auch will sich neu entfalten, -
Die Hand der Zukunft drück' ich fest.
Sie soll mir alles treulich halten,
Was sie mir heut versprechen lässt!

Marius
schrieb am 18.04.2025, 14:37 Uhr
Ostersonntag
von Rudolf Presber

Das fliegt jetzt aus den Himmeln
Wie eitel Gold und Glast;
Kreischende Spatzen wimmeln
Und tummeln sich am Ast;
Das treibt so grün und saftig
Am wilden Weine schon;
Hemdsärmlig sitzt wahrhaftig -
Der Nachbar am Balkon.

Mit blühenden Rosenstöcken
Ein Bauer fährt im Schritt,
Mädels mit wehenden Röcken
Gehn, Korb am Arme, mit.
Zwei rauchende Matrosen,
Im prallen Sonnenschein
Die blitzblank weißen Hosen,
Ziehn schmunzelnd hinterdrein.

Kinder in weißen Schürzen
Sehn bunte Eier an;
Die Osterlust zu würzen
Spielt dort ein Leiermann.
Ein Mops in faulem Liegen
Knurrt giftig und empört
Und schnappt nach ersten Fliegen,
Die seinen Schlaf gestört.

Die blonde Jungfer drüben
Hör' ich die ganze Zeit
Schon Händels Largo üben -
Die Fenster klaffen weit.
Ich seh' die Kleine sitzen,
So sittsam am Klavier,
Die Schelmenaugen blitzen,
Und heimlich nickt sie mir ...

Das ist der Frühlingssegen
Voll Lieb und Kinderwahn,
Da Hasen Eier legen,
Biskuit und Marzipan;
Da Blütenknospen springen
Und Lippen auch im Kuss,
Und so ein Dichter singen
Und immer singen muss.

Illustration: Johann Grün

FROHE OSTERN
Reini
schrieb am 27.04.2025, 12:38 Uhr
Pfingstnacht
von Franz Diederich

Durch die blaugestirnte Mainacht
rollt ein Wagen fern ins Land,
durch die weite Pfingstenweihnacht
eilt der Schall windhergesandt.

Von des Friedhofs niedrer Mauer
streift der Blick aufs Birkenmoor,
leise dunkelweiche Schauer
öffnen stumm der Seele Tor.

Um die schwarzbekreuzten Hügel
spinnt der Traum, der Tiefen sieht, –
da, von fern, auf frohem Flügel
weht ein lebenslustig Lied.

Lauter, lauter, näher, näher,
Wagentrab und Zechgesang.
Deutlich schon dem scharfen Späher
kommt die Fahrt den Weg entlang.

Zwanzig Bauernburschen fahren
toll und voll dem Dorfe zu,
jede Dirn in blonden Haaren
schrickt nun wohl aus tiefer Ruh.

Grüne Birken auf dem Wagen,
weiß die Stämme ausgestreckt, –
morgen wird ein Maibaum sagen,
wo die Tür ein Lieb versteckt
Marius
schrieb am 12.05.2025, 13:06 Uhr (am 12.05.2025, 13:30 Uhr geändert).
Mutterliebe

Wenn du noch eine Mutter hast,
So danke Gott und sei zufrieden;
Nicht allen auf dem Erdenrund
Ist dieses hohe Glück beschieden.

Wenn du noch eine Mutter hast,
So sollst du sie mit Liebe pflegen,
Dass sie dereinst ihr müdes Haupt
In Frieden kann zur Ruhe legen.

Sie hat vom ersten Tage an,
Für dich gelebt mit bangen Sorgen;
Sie brachte abends dich zur Ruh'
und weckte küssend dich am Morgen.

Und warst du krank, sie pflegte dein,
Den sie mit tiefem Schmerz geboren;
Und gaben alle dich schon auf –
Die Mutter gab dich nicht verloren.

Sie lehrte dir den frommen Spruch,
Sie lernte dir zuerst das Reden;
Sie faltete die Hände dein,
Und lehrte dich zum Vater beten.

Sie lenkte deinen Kindersinn,
Sie wachte über deine Jugend;
Der Mutter danke es allein,
Wenn du noch gehst den Pfad der Tugend.

Und hast du keine Mutter mehr,
Und kannst du sie nicht mehr beglücken,
So kannst du doch ihr frühes Grab
Mit frischen Blumenkränzen schmücken.

Ein Muttergrab, ein heilig Grab,
Für dich die ewig heil'ge Stelle;
O, wende dich an diesen Ort,
Wenn dich umtost des Lebens Welle

Friedrich Wilhelm Kaulisch (1827–1881)
Reini
schrieb am 09.06.2025, 20:42 Uhr
Sommernacht
von Emerenz Meier

Wie lustig ist's im dunklen Wald,
Wenn Mondschein drüber lacht,
Der Sang der Burschen weithin schallt
In lauer Sommernacht!

Es zirpt die Grille dort am Bach,
Die Unke ruft im Teich,
Und übers Tal hin zieht gemach
Der Nebel schleierweich.

O gäbe man nur Freiheit mir
Und kecken Burschensinn,
Wie zög' ich froh durchs Waldrevier,
Durchs nachtumhüllte, hin!

Wie freut' ich mich des Lebens doch!
Wie hätt' ich Gott so lieb!
Ich dankt' ihm für das Reislein noch,
Das mir vom Frühling blieb.

Ich hätte Mut, durch alle Welt
Zu wandern mit dem Stab,
Zu wandern ohne Gut und Geld
Als froher, junger Knab.

Das Glück, das Schicksal zwäng' ich mir,
Mein Sklave müßt' es sein;
Und wollt' es lieber schmollen schier,
Ging' ich vergnügt allein.

So aber darf ich schüchtern nur
Durchs Kammerfenster spähn,
Darf lauschen nur der Kühnen Spur,
Die durch das Weltall gehn.

Darf lachen wohl, doch nicht zu hell,
Wenn Jugendlust mich neckt,
Darf weinen auch, doch nicht zu grell,
Wenn Leid und Schmerz mich schreckt.

Reicht, Mädchen, freundlich mir die Hand!
Nicht alle leidet ihr,
Doch zieht des Gleichgefühles Band
Euch unbewußt zu mir.
Reini
schrieb am 10.06.2025, 09:03 Uhr
Sei weise
von Karl May

Geh nicht zu denen, welche von sich reden;
Sie kennen nur das eigne, liebe Ich.
Ein feines Ohr vermeidet die Trompeten;
Der Weise hält am liebsten sich für sich.

Geh nicht zu denen, welche von sich schweigen;
Auch sie verehren nur ihr liebes Ich.
Sie wollen sich als große Schweiger zeigen;
Der Weise hält am liebsten sich für sich.

Und musst du doch als Mensch zu Menschen gehen,
So sprich und schweig, doch beides nicht für dich.
Das Sprechen sei für die, die dich verstehen,
Das Schweigen für der Andern liebes Ich.
Marius
schrieb am 09.07.2025, 10:54 Uhr
Gefunden
von Johann Wolfgang von Goethe

Ich ging im Walde
So für mich hin
Und nichts zu suchen
Das war mein Sinn.

Im Schatten sah’ ich
Ein Blümchen stehn,
Wie Sterne leuchtend,
Wie Äuglein schön.

Ich wollt’ es brechen,
Da sagt’ es fein:
Soll ich zum Welken
Gebrochen sein?

Ich grub’s mit allen
Den Würzlein aus
Zum Garten trug ich’s
Am hübschen Haus.

Und pflanzt es wieder
Am stillen Ort;
Nun zweigt es immer
Und blüht so fort.
Marius
schrieb am 28.07.2025, 18:29 Uhr
 Meine Wünsche
Von Aloys Blumauer

Die Erde ist so groß und hehr,
Man sieht mit Lust sie an,
Und wer sie ganz besäße, wär'
Ein überreicher Mann:
Doch hätt' ich g'nug für meinen Sinn
An einem kleinen Fleckchen d'rin.

Und dieses Fleckchen wählte ich
Auf einem Hügelchen,
Von dem ich könnte rund um mich
So recht in's Freie sehn,
Und von der lieben Erde Plan
So viel zu sehen, als ich kann.

Auf diesem Fleckchen stünde dann
Ein Häuschen nett und klein;
Da nistet' ich, zufried'ner Mann,
Mit Weib und Kind mich ein:
Denn leben ohne Weib und Kind,
Heißt – mühsam segeln ohne Wind.

Und hätt' ich noch ein Gärtchen d'ran,
So baut' ich es mit Fleiß;
Das gäbe Kraut und Kohl mir dann
Für meinen baren Schweiß,
Auch legt' ich manchen Pfirsichkern;
Denn Weib und Kinder naschen gern.

Und hätt' ich auch so nebenbei
Mein gutes Fässchen Wein,
So reiste wohl kein Freund vorbei,
Er spräche bei mir ein:
Wir sähen froh ihm ins Gesicht,
Und zählten ihm die Gläser nicht.

Nur sei, um mich des' all' zu freu'n,
Mir noch ein Gut beschert,
Ein Gut – o mehr als Freund und Wein,
Und Haus und Gärtchen wert! –
Die Freiheit! – wenn mir die gebricht, –
So brauch' ich alles and're nicht!



Regine ( Jini )
schrieb am 29.07.2025, 15:37 Uhr
Hallo Marius,
ja, das ist ein schönes, altes Gedicht. Die letzten beiden Zeilen
Die Freiheit! – wenn mir die gebricht, –
So brauch' ich alles and're nicht!

... gefallen mir am besten. Mit den Themen Freiheit und Unabhängigkeit habe ich mich bereits in meinen Teeniejahren beschäftigt.

Benjamin Franklin hat gesagt:
"Wer seine Freiheit für die Sicherheit aufgibt, der hat weder das eine noch das andere verdient"

Und von Ai Weiwei stammt die Aussage:
"Der freie Geist ist unbezahlbar, er ist eine der Voraussetzungen für das Glück eines Menschen".
Und der muß das ja wissen...
Kurt Binder
schrieb am 08.08.2025, 09:23 Uhr
Liebe Jini,

die Freiheit ist ein relativer, oft paradox scheinender Begriff, da wir uns im täglichen Leben ununterbrochen in Abhängigkeiten bewegen, die uns durch unsre vielfältigen Aufgaben gestellt werden.
Damit will ich nicht etwa die von Dir angesprochenen Ansichten z.B. der bedeutenden Dichter B. Franklin und A. Blumauer aus dem 18. Jh. in Frage stellen, welche die Freiheit des Menschen auf der übergeordneten Ebene - der seines moralischen, sozial-politischen Lebens angesprochen haben!
Oder Ai Weiwei, der als Dissident aus dem Land des (beschönigenden) Lächelns, die Freiheit als ‚freier Geist’ ebenfalls auf die spirituelle Ebene gehoben hat.
Dennoch sei es mir gestattet, zu dem hier in beinahe frevelhafter Kürze betrachteten Thema, dasselbige in einer selbstschmunzelnden Form abschließend hinzuzufügen:

Die ‚Freiheit’ ist als Substantiv
ein Paradox - mal grad, mal schief;
im Alltag macht mans Beste draus,
doch – freit Mann, ists endgültig aus ;-))) !

(Die ehrenwerten Damen mögen mir verzeihen)
Regine ( Jini )
schrieb am 12.08.2025, 11:49 Uhr
Epilog;-))
George Bernard Shaw (ein anderer kluger Mann!!!) hat gesagt:
"Im ersten Ehejahr strebt ein Mann die Vorherrschaft an, im zweiten kämpft er um die Gleichberechtigung, ab dem dritten ringt er um die nackte Existenz".
Kurt Binder
schrieb am 12.08.2025, 13:19 Uhr
Mama mia, liebe Jini -
das erklärt ja eindeutig die Geburtsstunde der FKK!
Mann kann nur hoffen, dass die liebende Gattin ihn zumindest zum Nachauseschleichen von seinem nudistischen status quo entbindet, und ihm eine Badehose leiht!

Marius
schrieb am 19.08.2025, 19:43 Uhr
Mein Wald, mein Leben
von Emerenz Meier

Ich sah den Wald im Sonnenglanz,
Vom Abendrot beleuchtet,
Belebt von düstrer Nebel Tanz,
Vom Morgentau befeuchtet:
Stets blieb er ernst, stets blieb er schön,
Und stets musst' ich ihn lieben.
Die Freud' an ihm bleibt mir besteh'n,
Die andern all zerstieben.

Ich sah den Wald im Sturmgebraus,
Vom Winter tief umnachtet,
Die Tannen sein in wirrem Graus,
Vom Nord dahingeschlachtet;
Und lieben musst' ich ihn noch mehr,
Ihn meiden könnt' ich nimmer.
Schön ist er, düsterschön und hehr,
Und Heimat bleibt er immer.

Ich sah mit hellen Augen ihn,
Und auch mit tränenvollen;
Bald hob er meinen frohen Sinn,
Bald sänftigt' er mein Grollen.
In Sommersglut, in Winterfrost, -
Konnt' er mir mehr nicht geben, -
So gab er meinem Herzen Trost;
Und drum: Mein Wald, mein Leben!

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