Sachsesch Wält
De Greta Garbo
Info Roland Widmann • 2:54 Minuten • Herunterladen
Mer hun derhiem sihr geat gekoocht
ohnen dått eas emmest frooģt,
ow der Keachen äs vegan
årr de Supp mediterran?
Mer åoßen ålle gärn zesummen
ow et hått orr net en nummen.
Wonn mer hä zem Iëße kiefen
messen mer et zeanierschter „diefen“.
De Paleoks hießt em „Polenta“,
det Laawend wird ze „Consommé“,
de Tocană äos de Strämpeln
äs en „Hühnchen-Frikassee“.
Diet em Krumpirn än de Båckrihr,
måcht em dräos en geat „Gratin“,
pläckt em schniël derzea en Kockesch
wird eos diëm en „Coq au vin“.
Keen Ghiveci soot em „Risotto“,
kunn tro Muscheln nooch derzea,
hießt et glech: „Paēllia“.
Gefällt Kreokt kitt åf den Däsch,
mät em Ruum, die hießt „Crème fraîche“,
schmåckt zesummen tro sihr geat
esizesoon åls „Kohlroulad“.
En fättij Kees hießt „Mascarpone“,
de Murresupp tro „Minestrone“.
Zer ,Urdă‘ soot em häi „Manouri“,
der Schoofkees äs en „Feta“ nea,
der ,Zăr‘, die wird verkuuft åls „Molke“
mät em Klämpchen Kees derzea –
mer kennen diën äos klennen Tocken
åls den „Mozzarella“.
„Tagliatelle“, „Cannellone“,
„Panzerotti“ uch „Spaghetti“,
koocht em kurz äm Däppen wiech
denn dåot äs Geschniddän Diech.
De ,Vinete‘ hießt Aubergine,
schmåckt åls PASTA årr Salat,
mät Ciabattabriut sihr geat.
Wonn em Låst huet åf äst Seßet
stohn Konfitür uch „Crêpes“ parat,
wåt mer kennen åls ,Platschinta‘
mät er geader Marmelad.
De ,Dobosch‘ hießt häi „Prinz Regenten“,
de ,Sarah Bernhardt‘ äs en „Macaron“
und der Kippel – en „Croissant“.
Windbeutel sen Prinzessen-Krapfen
uch de Pusserl en „Baisers“ (Bésee),
geat ze iëße mät Kaffee.
Ienten åwwer mess ech gestohn:
Weallt er häi en ,Greta Garbo‘,
Messt er tro änt Kino gohn.
Die Greta Garbo - Hochdeutsche Übertragung
Daheim, da wurde gut gekocht,
ohne dass man fragen mocht,
ob der Kuchen ist vegan
und die Suppe mediterran.
Wir aßen alles gern zusammen,
ob es hat oder nicht ein Namen.
Wenn wir hier das Essen kaufen,
müssen wir’s zuerst mal taufen.
Die Palukes heißt Polenta,
die Brühe wird zur Consommé,
die Tokana aus den Strempeln
ist ein Hühnchen-Frikassee.
Aus Kartoffeln in der Bratröhr
machen wir dann ein Gratin,
köpft man schnell dazu ein Gockel,
wird daraus ein Coq au vin.
Zum Ghiveci sagt man Risotto,
gibt man Muscheln noch hinzu,
wird Paella draus im Nu.
Gefülltes Kraut kommt auf den Tisch,
statt Büffelrahm mit Crème frisch,
und der Name, den es dann hat,
ist natürlich Kohlroulad.
Ein fetter Schmand heißt Mascarpone,
Gemüsesuppe ist Minestrone.
Zur Urdă sagt man hier Manouri,
der Schafkäs wird zum Feta,
der Zăr, der wird verkauft als Molke
mit zwei Klumpen Käs dazu –
wir kennen ihn in Plastiktüten,
als Mozzarella von der Kuh.
Tagliatelle, Cannelloni,
Panzerotti und Spaghetti,
kocht man kurz in Wasser weich,
denn es ist geschnittener Teig.
Die Vinete heißt Aubergine,
schmeckt als guter Brotaufstrich
auf Ciabattabrot beim Tisch.
Wenn man Lust hat auf was Süßes,
stehn Konfitüre und Crêpes parat,
die wir kennen als Kletitten
mit einer guten Marmelad.
Die Dobosch nennt man Prinz Regenten,
die Sarah Bernhardt ist ein Macaron
und der Kipfel ein Croissant.
Windbeutel sind Prinzessin-Krapfen
und die Busserl ein Baiser (Bésee),
schmecken gut auch mit Kaffee.
Eines aber muss ich sagen,
will man eine Greta Garbo,
muss man hier im Kino fragen.
Übersetzt von Roland Widmann
Zusätzliche Informationen
Die Feiertage sind vorüber, man trifft am Arbeitsplatz oder in der Freizeit wieder die gewohnten Leute. Zwar wird heutzutage sparsamer mit dem Geld umgegangen, aber wenigstens an Weihnachten, so war in vielen Interviews zu hören, möchte man nicht sparen. Da kann es dann gut sein, dass die Frage auftaucht: „Na, Frau Kollegin, womit haben Sie an den Feiertagen Ihre Liebsten verwöhnt?“ Antwort: „Bei uns hat es Sarmale mit Palukes gegeben.“ – „Hä?“. Keiner von den Zuhörern kann sich was Rechtes darunter vorstellen. Anders dagegen, wenn es „Krautwickel“ heißt: Das ist gutbürgerliche Küche und die Polenta verleiht dem Ganzen noch einen mediterranen „Tatsch“. In Widmanns Gedicht findet jede lokale Bezeichnung ihre Übersetzung, nur die Schlusspointe bedarf für Nicht- oder vielleicht auch manche Jungsiebenbürger einer Erklärung: Eine ,Greta Garbo‘ ist ein „Blechkuchen“ aus drei Teiglagen, die mit Marmelade bestrichen, mit gemahlenen Nüssen und Zucker bestreut und nach dem Abkühlen mit einer Schokoglasur überzogen werden. Zu Schnitten geteilt, ergeben sie zusammen mit anderem Kleingebäck einen leckeren Kuchenteller.Das Gedicht „De Greta Garbo“ wurde von Roland Widmann beim siebenbürgisch-sächsischen Mundartautorentreffen am 11. September 2022 in Schweinfurt vorgetragen.
Quelle: Siebenbürgische Zeitung vom 16. Januar 2023, Seite 7
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