Sachsesch Wält

Hilde Juchum

De getzij Fra Motter

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En Fra Motter – mir schengt vu Pien,
awwer wor et nea en under Gemien? –
ich wieß et nemmi esi genea,
da golt åls en gorr spuersem Fra.

Wun e Bäskelchen glått iwrij bliw,
bekum dot net de Kåtz, wa’m villecht gliewt.
De Kåtz mosst sich vu Mais erniëren,
de Fra Motter kaind en Bässen net entbiëren.

Wun sa mät Fliesch en Tokana måcht,
gow et eos por Bäsker Brodelawend diën undern Dåģ.
Villecht noch e Murchen ännen gedinst,
vill gereadert uch gebrinst.

Wa et äm Fårrheos awlich wor,
biëd der Härr Fårr fiur jedem Mohl
am en Sejen, wa et sich gehiert,
en wänscht en geaden Appetit.

Wa de Fra Motter wedder ofgedäscht,
wåt se vu gestern uch igestern hot vermäscht,
feng der Herr Gemohl det Teanken un.
„Biëdst tea hegd net, me lawer Mun?“

„Woram siel ich?“ frejt ofbrocht hie senj Fra,
„Tea wießt et dich sächer guunz gena:
Wot mir ha än der Scheiw äs beschiërt,
fiur dot hun ech zweimel schiun gebiëd.“

3. Juni 2018

Zusätzliche Informationen

Die Ehrerbietung gegenüber der Geistlichkeit zeigt sich in der traditionellen Sprachweise vieler siebenbürgisch-sächsischer Gemeinden u. a. darin, dass der Pfarrer und seine Frau mit „Herr Vueter“ (Herr Vater) und „Frä“ – dialektal verschieden auch „Fra Motter“ angeredet werden. Nun sind freilich auch Respektspersonen bekanntlich nur Menschen. Und wo „Menschliches, Allzumenschliches“ (Nietzsche) auf Ehrbarkeit trifft, dort entstehen dann jene beliebten Pfarrerswitze, die oft hämisch, aber nie wirklich bösartig sind. Einen solchen Witz erzählt auch Hilde Juchum in ihrem Gedicht von der, mehr als zuträglich ist, sparsamen Pfarrersfrau. Zum Humor der Erzählung gesellt sich dabei geschickter Sprachwitz der Autorin: Was auf seinen Teller kommt, bezeichnet der Pfarrer als Bescherung; gelegentlichen Anflug zu „gehobenem Sächsisch“ karikiert Juchum durch die wörtliche Übersetzung des hochdeutschen „Gemahl“ in das im Siebenbürgisch-Sächsischen nicht vorkommende und lächerlich klingende „Herr Gemohl“.

Quelle: Siebenbürgische Zeitung vom 10. Juli 2023, Seite 6

Ortsmundart: Frauendorf