Hermannstädter Elektrizitätswerk AG

Hermannstädter Elektrizitätswerk AG
BrancheBergbau, Kohle und Energie
GesellschaftHermannstädter Elektrizitätswerk AG
WertpapierartAktie - 5000 Lei
AusgabeortHermannstadt
Ausgabedatum3.02.1927
Druckereiunbekannt
Abmessungen297 x 211


Dr. Carl Wolff, geb. am 11.10.1849, gest. am 03.10.1929 war der bedeutende Publizist, Politiker Bankfachmann und Volkswirtschaftler der Siebenbürger Sachsen, der durch sein Wirken in den 2 Dekaden vor und nach der letzten Jahrhundertwende die wirtschaftliche Entwicklung unter den im Karpatenbogen lebenden Deutschen ganz entscheidend beeinflußte. Zu seinen großen Verdiensten gehört u. a. auch die Gründung dieser Gesellschaft, welche bereits 1896 die Versorgung Hermannstadts und der heimischen Industrie mit elektrischer Energie aufnahm.

Durch Widmungen der Hermannstädter allgemeinen Sparkassa in Höhe von insgesamt 5.200 Gulden ö. W. in den Jahren 1891 - 1893 wurde 1891 die Reise von Carl Albrich sen. und Sohn zur Elektrotechnischen Ausstellung nach Frankfurt a. M. finanziert, um dort die welterste Fernübertragung hochgespannten Drehstroms durch Ing. Oskar von Miller, den späteren Gründer des Deutschen Museums in München, zu erleben. Oskar von Miller befreundete sich mit Dr. Carl Wolff und übernahm später auch die Planung zur Errichtung des Elektritzitätswerkes im Zoodt-Tal in der Nähe von Hermannstadt.

Josef Konnerth, zum damaligen Zeitpunkt Pfarrer in Großau, verfasste ohne Erfolg mehrere Flugschriften gegen dieses Projekt. Gegenargumente waren u. a. die fünfzigjährige Monopolstellung des Wasserkraftwerkes und die Befürchtung, daß die technischen Neuerungen schädlich für das siebenbürgische Kleingewerbe seien.

Am 18. Mai 1895 wurde die Hermannstädter Elektrizitätswerk AG mit einem Kapital von 450.000 Gulden ö. W. als eines der ersten Wasserkraftwerke Europas gegründet, wobei in der ersten Emission 900 Aktien á 500 Gulden ö. W. ausgegeben wurden. Dr. Carl Wolff wurde zum Präsidenten der Gesellschaft gewählt.

Das Werk Zoodt I wurde 1896 in Betrieb genommen. Eine 18 km lange Versorgungsleitung führte von Zoodt über Heltau nach Hermannstadt, wo von 400 V auf 105 V - für Licht und kleine Motoren - umgespannt wurde. 1897 waren 789 Verbraucher am Netz. Die Gesellschaft errichtete dann 1906 unter der Bauleitung Oskar von Millers das Kraftwerk Zoodt II, womit dem gestiegenen Strombedarf in der Region Rechnung getragen wurde. Im Jahre 1913 erbaute die Gesellschaft unter teilweiser Verwendung des in diesem Jahr erwirtschafteten Reingewinns das Waldwirtshaus und überließ es kostenlos der Stadt Hermannstadt, welche es anschließend bewirtschaftete.

Die Dividenden der Jahre 1897 bis 1917 stiegen von anfangs 5 auf zuletzt 8 Kronen. Im Jahre 1920 erfolgte die Umstellung des Aktienkapitals auf Lei 450.000. Die zweite Aktienemission betrug 35.100 Aktien á Lei 500. Die Gesellschaft emittierte 5 %-ige Prioritätsobligationen à 1.000 Kronen in einem Gesamtvolumen von 280.000 Kronen, die 1920 ebenfalls auf die neue Landeswährung, den Leu, umgestellt wurden.

Die Energie-Gesellschaft erhielt 1905 die Konzession zur Errichtung der Hermannstädter elektrischen Stadtbahn, die später einer der größten Kunden und Abnehmer werden sollte und mit 600 V Gleichstrom betrieben wurde. Das Hermannstädter Elektrizitätswerk wurde aber auch erster Stromlieferant der im Jahre 1924 gegründeten rumänischen Elektrizitätsgesellschaft SETA. 1926 wurde die einphasige 10.000 V Leitung Zoodt II - Hermannstadt auf die Übertragung des nun erzeugbaren Dreiphasendrehstroms angepaßt. Danach wurde noch auf 220 V / 50 Hz umgerüstet, da dieser Standard sich in Europa durchgesetzt hatte.

Stromlieferungen erfolgten nach und nach in sämtliche Ortschaften der Umgebung. Außer Hermannstadt bezogen auch die Gemeinden Heltau, Zoodt, Schellenberg, Neppendorf, Groß-Scheuern und Hammersdorf sowie das staatliche Bad in Salzburg ( Ocna Sibiului ) die benötigte elektrische Energie von dieser Gesellschaft.

Am 13. Oktober 1937 wurden in der Umgebung von Hermannstadt gleichzeitig weitere 15 Ortschaften an das zwischenzeitlich stark ausgebaute Stromnetz der Gesellschaft angeschlossen. Auch der rumänische König Karl II aus dem Hause Hohenzollern wohnte den Feierlichkeiten bei.

Die Anzahl der Kunden hatte sich kontinuierlich auf 16.262 erhöht, täglich kamen neue hinzu. Bedenkt man, daß in den rumänischen Gebieten östlich und südlich der Karpaten viele Ortschaften erstmalig erst im Zeitraum 1950 - 1960 überhaupt mit elektrischer Energie versorgt wurden, kann man ermessen, wie fortschrittlich und weitsichtig die Initiative Dr. Carl Wolffs zu Beginn der 90-er Jahre des 19. Jahrhunderts war und wie erfolgreich sie sich sowohl in der Stadt als auch in den ländlichen Gemeinden der Umgebung durchsetzte.

Im Jahre 1939 wurde der Politiker Dr. Hans-Otto Roth, damals Abgeordneter im rumänischen Parlament, zum Präsidenten der Hermannstädter Elektrizitätswerk AG gewählt. Im Direktionsrat war auch Dr. Gustav Adolf Klein aktiv, der im selben Zeitraum gleichzeitig als Generaldirektor der Hermannstädter allgemeinen Sparkassa wirkte.

Bis in die 40-erJahre hinein wurde das Leitungsnetz kontinuierlich bis nach Mühlbach, Schäßburg und Karlsburg ausgebaut und modernisiert. Dieses so schnell gewachsene Leitungsnetz wurde im Verbund mit der rumänischen Elektrizitätsgesellschaft SETA sowie mit der Nitrogenfabrik instandgehalten und verwaltet.

Nach dem zweiten Weltkrieg setzte eine Phase wirtschaftlicher Stagnation ein. Die Gesellschaft wurde verstaatlicht, die Aktionäre entschädigungslos enteignet

In der neuen staatlichen Konstellation wurden die beiden Hermannstädter Gesellschaften SETA und Hermannstädter Elektrizitätswerk AG zusammengeführt.

Über die Entwicklung unter kommunistischer Führung und die derzeitigen aktuellen Verhältnisse fehlen dem Verfasser leider verläßliche Informationen.

Die hier ausgestellte bzw. abgebildete Aktie stammt aus der II. Emission und wurde von Dr. Carl Wolff unterzeichnet.