Erste Zeidner Elektricitätswerk AG

Erste Zeidner Elektricitätswerk Aktiengesellschaft
BrancheBergbau, Kohle und Energie
GesellschaftErste Zeidner Elektricitätswerk Aktiengesellschaft
WertpapierartAktie - 200 Kronen
AusgabeortZeiden
AusgabedatumApril 1903
DruckereiPosner - Budapest
Abmessungen340 x 210


Nach dem zweiten Weltkrieg ist das Unternehmen verstaatlicht worden, die Aktionäre wurden entschädigungslos enteignet.

Das erste hier ausgestellte bzw. abgebildete Aktienexemplar ist ein Stück aus der Gründerzeit, verziert mit herrlichen graphischen Jugendstil-Elementen und unterzeichnet vom Notar Paul Meedt. Das zweite ausgestellte Exemplar stammt aus der zweiten Aktien-Emission und trägt die Unterschriften der oben erwähnten, zum damaligen Zeitpunkt im Dienste der Gesellschaft stehenden leitenden Herren Georg Göbbel und Moritz Ziegler.

Anmerkung:

Zufälle spielen für einen interessierten, begeisterten Sammler Historischer Wertpapiere eine ganz entscheidende Rolle. Bei den Recherchen zu den historischen Daten und Fakten dieser Aktiengesellschaft stieß ich auf einen älteren Herrn, der mir als Angehöriger der sogenannten " Erlebnis-Generation ", erfreut über meine Arbeit, bereitwillig zahlreiche Auskünfte geben konnte. Er teilte mir auch mit, daß seine Schwester einst bei dieser Aktiengesellschaft als Praktikantin tätig war und stellte mir eine Kopie ihres "Dienst-Zeugnisses" zur Verfügung.

Es ist sehr interessant festzustellen, welche Formulierungen damals in einem Arbeitszeugnis verwendet wurden. Ferner ist die angegebene Telefonnummer der Ersten Zeidner Elektrizitätswerk AG sicherlich recht selten. Man kann eigentlich davon ausgehen, daß dieses der dritte Telefonanschluß war, der in Zeiden im Jahre der Gründung dieser AG eingerichtet wurde !


Die "Erste Zeidner Elektrizitätswerk Actiengesellschaft" wurde am 1. März 1903 gegründet. Das Elektrizitätswerk war wichtiger Impulsgeber für die gesamte gewerbliche und industrielle Entwicklung Zeidens. Zitieren wir den Lehrer Georg Göbbel : " Seine Erbauung ver- dankt es vornehmlich dem Unternehmergeist der Mühlenbauer und Mühlenpächter jener Zeit. "

Da im Umkreis Zeidens kein Elektrizitätswerk bestand, konnte das Aktienkapital in Höhe von 102.000 Kronen nur mit großer Mühe aus den ersparten Mitteln der Zeidner Bevölkerung aufgebracht werden. Hauptförderer der Gründung waren die Notare Carl Bolesch und Paul Meedt, der Gemeindearzt Dr. Ernst Förster-Stolz, der Richter Andreas Plajer und der Gärtner Thomas Kraus. Die Mühlenbesitzer Plajer, Christel und Göbbel überwachten die Errichtung durch die Budapester Firma Ganz & Co..

Im April 1904 wurde der Lehrer Georg Thies zum Direktor des Elektrizitätswerkes gewählt. Es war das erste seiner Art im Burzenland und nach Klausenburg und Hermannstadt das dritte Siebenbürgens.

Die durch Nutzung dieser neuen Energiequelle erzielbaren Erfolge waren bereits aus dem Raum Hermannstadt bekannt. Im Jahre 1910 gab es in Zeiden schon 579 angeschlossene Haushalte mit 2.090 Lampen, 217 Gassenlampen und 6 Bogenlampen für die öffentliche Beleuchtung der Stadt Zeiden wurden aus diesem Elektrizitätswerk gespeist.

Die öffentliche Gemeindemühle neben dem Elektrizitätswerk war demselben 60 Jahre lang verpachtet und wurde mit elektrischem Strom betrieben. Die größte Zeidner Mühle, die 1900 gegründete Kunstmühle von Christel, Göbbel, Tischler und Plajer, wurde ab 1903 auch mit elektrischem Strom angetrieben. 1904 wurde in Zeiden von Georg Wenzel & Brüder eine Werkzeugfakbrik gegründet, die auch an das schnell wachsende Stromnetz angeschlossen wurde. Alle nach der Jahrhundertwende in Zeiden gegründeten Industrie- und Gewerbebetriebe wurden Abnehmer der neuen Energie. Dazu zählten die Holzwarenfabrik Robert Christel, die Parkettenfabrik Peter Gross AG, die Mechanische Weberei Georg Mieskes, die Zeidner Gärtnerei Thomas Kraus & Söhne und andere.

Im Zeitraum 1915 - 1917 wurden je Aktie 12 Kronen Dividende ausgeschüttet. Am Ende des Kriegsjahres 1917 erreichte die Bilanzsumme 278.059 Kronen, davon waren 39.110 Kronen Spareinlagen. Trotz der infolge des Krieges eingetretenen Verluste, die in Höhe von 109.583 Kronen abgeschrieben wurden, betrug der Gewinn nach Steuern noch 8.452 Kronen. An diesen Zahlen läßt sich ermessen, wie lukrativ die Erzeugung und Vermarktung elektrischer Energie zum damaligen Zeitpunkt im Burzenland war.

1919 war noch immer Georg Thiess Direktor des Elektrizitätswerkes, wurde dann aber in den 20-er Jahren durch Georg Göbbel abgelöst. Christian Königes war " Kontrollor " und Moritz Ziegler der langjährige " Kassier " der Gesellschaft. Das Aktienkapital wurde in diesem Zeitraum durch mehrere Emissionen aufgestockt, so daß das Wachstum der Gesellschaft finanziert werden konnte.

Die 30-er Jahre waren durch technische Veränderungen und Kooperationen geprägt. Die Anlagen wurden von Gleichstrom auf Wechsel-Drehstrom umgerüstet. Mit kleineren Elektrizitätswerken aus Zeiden und der Umgebung, darunter auch das Rosenauer Elektrizitätswerk, wurden nun Zusammen-schlüsse und Verbindungen der Netze vorgenommen und ausgebaut.