Bodenkreditanstalt in Hermannstadt (Pfandbrief)

Bodenkreditanstalt in Hermannstadt
BrancheBanken und Finanzinstitutionen
GesellschaftBodenkreditanstalt in Hermannstadt
WertpapierartPfandbrief - 2000 Kronen
AusgabeortHermannstadt
Ausgabedatum03.03.1910
DruckereiW. Krafft - Hermannstadt
Abmessungen368 x 230

Die Bodenkreditanstalt in Hermannstadt war eines der wichtigsten Finanzinstitute der Siebenbürger Sachsen. Die im Jahre 1872 gegründete Kreditgenossenschaft war besonders erfolgreich bei der Beschaffung langfristigen Kapitals durch Verkauf von Pfandbriefen an den Börsen von Budapest und Wien und bei der Gewährung von Hypothekardarlehen an die ländliche Bevölkerung. Sie stand in direkter Konkurrenz zu den beiden großen siebenbürgischen Sparkassen, der Kronstädter Allgemeinen Sparkasse und der Hermannstädter allgemeinen Sparkassa. Nachdem die Anstalt bis 1929 aufgrund der Bestimmungen des Ungarischen Handelsgesetzes über die Genossenschaften gearbeitet hatte, erfolgte im gleichen Jahre die Umwandlung in eine Aktiengesellschaft.

Ausgegebene Anteilscheine wurden zunächst im Verhältnis 2 Kronen = 1 Leu konvertiert. Anschließend wurden die Anteilscheine gegen Namensaktien umgetauscht. Das Aktienkapital der Gesellschaft setzte sich im Jahre 1935 aus 125.000 Namensaktien á Lei 320 zusammen.

Das Institut war an der "Amylon AG - Hermannstadt", einer erfolgreichen Gesellschaft, die sich mit der Verwertung von Kartoffeln beschäftigte ( Herstellung von Kartoffelstärke, Dextrin, Kartoffelstärkesirup und Traubenzucker ), beteiligt.

Wie auch bei anderen Banken und Wirtschaftsunternehmen war die Entwicklung der Bodenkreditanstalt stark von Einzelpersonen und der allgemeinen wirtschaftlichen und politischen Großwetterlage geprägt. Nachstehende Zitate aus den Berichten über die Geschäftsjahre 1935 und 1938 seien hierfür als Beispiel aufgeführt:

"In persönlicher Hinsicht hat die Anstalt das am 26.04.1935 erfolgte Hinscheiden ihres General- direktors Dr. Felix Schullerus zu beklagen, einen unerwarteten Verlust, der fast einer augenblicklichen Erschütterung des Betriebes gleichkam. Im Jahr 1900 als zweiter Rechtskonsulent der Anstalt angestellt, wurde er 1902 als Rechtsanwalt zur Organisierung einer eigenen Advokatur der Anstalt berufen, bis ihm im Dezember 1918 die Leitung der Anstalt als Direktor anvertraut wurde. Sechzehn Jahre hindurch hat er - vielfach auch auf anderen völkischen und kirchlichen Arbeitsgebieten tätig - mit fester Hand, unerschütterlicher Arbeitskraft und jede Detailfrage des Betriebes umfassendem Wissen die Geschäfte geführt. Ihm war die schwierige Aufgabe zugefallen, in einer Zeit, da die Wirtschaft unseres Volkes auf unbekanntem und unsicheren Boden neue Formen suchte, das alte Pfandbrief-Darlehensinstitut in eine moderne Handelsbank umzugestalten. Wenn dabei der Magnet kapitalistischer Versuche die Hand des Steuermanns auf wechselvoller Fahrt auch hie und da aus der Bahn führte, verlor Schullerus die ursprüngliche Sendung der Anstalt nie aus dem Auge und sicherte dem aufsteigenden Institut Achtung und Anerkennung - auch außerhalb der engen Volksgemeinschaft.“

"Das abgelaufene Geschäftsjahr ( 1938 ) war von weltgeschichtlichen Ereignissen überschattet. Man muß einer weisen Vorsehung dankbar sein, daß sie schließlich ohne Krieg vor sich gegangen sind. Wie nicht anders erwartet werden konnte, haben die Ereignisse auch auf das Kräftefeld der europäischen Wirtschaft tiefgehende Einwirkungen ausgeübt, deren Ausmaß vorläufig noch gar nicht zu übersehen ist. Es sind übermächtige Kräfte, die auf den Plan getreten sind und sich anschicken, die Wirtschaftsstruktur Mitteleuropas grundlegend umzuwandeln. An dieser Stelle kann auf diese Vor- gänge nicht näher eingegangen werden, allein das bedeutet nicht, daß man auf Schlußfolgerungen, die sich aus der Feststellung an sich ergeben, verzichten dürfe."

Das Institut verschwand durch die rumänischen Enteignungsgesetzte des Jahres 1948.