Die Baukunst der Siebenbürger Sachsen

Unter dem Motto "Fokus 2007: Hermannstadt & Rumänien" veranstaltete das Bundeskulturreferat der Landsmannschaft der Siebenbürger Sachsen vom 1.-3. Dezember 2006 in Leitershofen bei Augsburg eine Kulturreferententagung mit Blick auf die europäische Kulturhauptstadt Hermannstadt sowie den Beitritt Rumäniens zur EU im Jahre 2007.

Referat und Dia-Vortrag von Dr. Hermann Fabini:
Die Baukunst der Siebenbürger Sachsen am Beispiel Hermannstadts und der Kirchenburgen. Ein Rück- und Ausblick.

Bald 17 Jahre nach dem Umsturz und ein paar Wochen vor dem Beitritt Rumäniens zur Europäischen Union scheint eine Standortbestimmung über das unbewegliche Kulturgut der Siebenbürger Sachsen sinnvoll. Es ergeben sich verschiedene Fragen:

  • Wie wurde mit unserem Kulturgut in den letzten 50 Jahren umgegangen?
  • Wer hat sich um seine Erhaltung bemüht?
  • Welche Gefährdungen hat es gegeben?
  • Kann eine dauerhafte Strategie bezüglich der Erhaltung dieses Kulturguts heute formuliert werden?
  • Welchen Wert hat dieses Kulturgut für uns und für andere ethnische, soziale, kulturelle Gruppen?
  • Für wen soll dieses Kulturgut erhalten werden?
  • Wer identifiziert sich mit ihm?

Dr. Hermann Fabini Versuchen wir im Folgenden einen kurzen Überblick der letzten Jahrzehnte:
Die Hermannstädter Altstadt war vor der Wende immer wieder Ziel von Überlegungen betreffend den teilweisen Abriss oder Umbau, aber auch zu politisch bestimmten Veränderungen. So wurde in den siebziger Jahren ernsthaft darüber diskutiert, die Ostseite des Großen Rings abzureißen und anstelle ein repräsentatives Gebäude hinzusetzen. In den achtziger Jahren wurden Teile der Altstadt in der Nähe des Bahnhofs abgetragen und dort Wohnhäuser gebaut.
In diesem Zusammenhang ist die Aussage von Architekt Czekelius interessant, der meinte, dass nicht das wichtig sei, was er in den 20 Jahren seines Amtes als Stadtarchitekt gebaut hat, sondern all das, was er verhindert habe.
Was die Kirchenburgen betrifft, gab es schon Mitte der fünfziger Jahre eine Initiative zur Gründung der Bauabteilung im Rahmen des Landeskonsistoriums. Unter Leitung von Architekt Sonntag wurde mit Erhaltungsmaßnahmen und bescheidenen Restaurierungsansätzen begonnen. In den 70er und 80er Jahren war die Bauabteilung relativ gut besetzt, es gab damals eine Baugruppe mit Maurern und Zimmerleuten, die auf verschiedenen Baustellen mit Hilfe von lokalen Kräften, unter aktiver Mitarbeit der Gemeinden, Wesentliches zum Erhalt der Kirchenburgen und Kirchen beigetragen hat. Damals wurden auch kirchliche Bauten seitens des Staates von der Landesdirektion für Baudenkmäler (DMI) restauriert. Größere Baustellen waren: die Kirchenburg in Tartlau, die Stadtpfarrkirche in Mühlbach, die Schwarze Kirche in Kronstadt, die Stadtpfarrkirche und das Schullerhaus in Mediasch, das Alte Rathaus und das Brukenthalpalais in Hermannstadt u.a.
In diesem Zusammenhang ist es interessant, die Entwicklung der staatlichen Denkmalpflege in den Jahrzehnten vor der Wende zu verfolgen. In den fünfziger und sechziger Jahren war sie teilweise von Abkömmlingen aus großbürgerlichen und Bojarenfamilien besetzt, die hier gute berufliche Arbeit leisten konnten und durch das kirchliche Milieu bis zu einem gewissen Grad in einer Nische dem kommunistischen Druck besser widerstehen konnten. Allerdings muss gesagt werden, dass die rumänische Denkmalpflege damals im Verhältnis zu vergleichbaren Institutionen in sogenannten kommunistischen Bruderländern dürftig besetzt und unterentwickelt war. Um 1970 gab es in Polen 10 spezialisierte Unternehmen für Denkmalpflege, eine Hochschule für Restaurierung; allein in Prag arbeiteten 256 Leute in der Denkmalpflege, während unsere DMI insgesamt 189 Mitarbeiter hatte. Die Situation hat sich später dramatisch verschlechtert, dadurch dass 1977 Ceausescu die staatliche Denkmalpflege aufgelöst hat. Damals war ich Angestellter der DMI und musste mir innerhalb von 90 Tagen eine neue Anstellung suchen. Im Februar 1990 wurde die neue Denkmalpflege ins Leben gerufen, die versuchte, die zerstreuten Kräfte, die von der ehemaligen DMI noch vorhanden waren, zu sammeln. Die neu gegründete Kommission bestand aus einigen wichtigen Persönlichkeiten, die Maßstäbe setzen konnten, wie: Prof. Grigore Ionescu oder der Archäologe Radu Popa (Vasile Dragut war schon 1985 verstorben). Leider sind diese Fachleute bald nach der Wende auch gestorben, und das gesamte Gebiet der staatlichen Denkmalpflege kam in die Hände von zum großen Teil fachlich mittelmäßigen Karrieristen. Auch die Politik hat immer wieder eine wichtige Rolle gespielt. So kann ich z.B. aus eigener Erfahrung sagen, dass ich 1990 in die Kommission berufen wurde, aber 1993, als die Front der Nationalen Rettung (FSN) fest im Sattel war, aus der Kommission ausgeschlossen wurde, als 1996 eine bürgerliche Regierung kam, wieder aufgenommen und 2000, als die PDSR -später PSD - an die Macht kam, wieder hinausgetan wurde.
Diese Entwicklung hat dazu geführt, dass heute das Feld von selbsternannten Fachleuten beherrscht wird, die durch die Denkmalpflege lukrative Geschäfte abwickeln. Nicht nur in diesem Bereich, aber hier besonders stark, fehlt in den genehmigenden Behörden die notwendige Kenntnis des europäischen und internationalen Standards in puncto Denkmalpflege. Das begünstigt die Korruption, so dass sowohl Planung als auch Ausführung, die ausgeschrieben werden müssen, in hohem Maß an Firmen vergeben werden, die es verstehen, sich mit den Behörden zu arrangieren.
In Hermannstadt hat 1998 auf Initiative des damaligen Kulturministers Ion Caramitru ein internationales Symposion stattgefunden, wo Vertreter von Luxemburg und Deutschland Hilfe zur Denkmalpflege zugesagt haben. Deutscherseits wurde zwei Jahre danach die GTZ, Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit, aktiv. Die Luxemburger erklärten sich bereit, zwei Projekte zu verwirklichen, einen sogenannten Kulturweg und die Restaurierung eines Hauses in der Hermannstädter Altstadt. Der Kulturweg, mit dem unser Büro beauftragt wurde, ist im September 1999 eingeweiht worden. Die Arbeiten am sogenannten Schaserhaus auf dem Kleinen Ring, das zur Restaurierung ausgesucht worden war, wurden 1999 unter der Anleitung des damaligen Stadtarchitekten begonnen, kamen aber bis 2002 nicht richtig voran, so dass von Luxemburg aus entschieden wurde, unsere Firma mit der Fortsetzung des Projekts zu beauftragen. Entsprechend einem Zeitplan von Januar 2002 bis September 2003 ist die Restaurierung, nach Erstellung eines Raumprogramms, ausgeführt worden. Im März 2004 fand eine hochoffizielle Einweihung des nun Luxemburg-Haus genannten Objekts, durch den Großherzog Henry und seine Gemahlin Marie-Thérèse statt. In diesem Kontext hat Luxemburg Hermannstadt angeboten, zusammen mit der Stadt und dem Großraum Luxemburg 2007 Kulturhauptstadt zu werden. Dieses hat eine rege Bautätigkeit bewirkt, so dass heute wichtige Straßen der Altstadt, der Große Ring, der Kleine Ring, der Huetplatz u.a. frisch gepflastert wurden und neue elektrische Beleuchtung erhalten haben. Außerdem hat das rumänische Kulturministerium für die farbliche Neugestaltung der wichtigsten Fassaden der Plätze und einiger Straßen Geld zur Verfügung gestellt.
Aus der Sicht des Denkmalpflegers ist das Hauptproblem bei diesen Arbeiten, die zum großen Teil in hektischem Tempo umgesetzt wurden, die Tatsache, dass kaum, meist aber gar nicht, durch solide Forschung auf den historischen Bestand Rücksicht genommen worden ist.
Durch zum Teil gezielt falsche Diagnosen wurde viel Originalsubstanz zerstört, was seinen Grund wohl vorrangig im finanziellen Bereich hatte: Man konnte ein großes Volumen an Abriss und Neubau verrechnen. Das trifft z.B. auf die Stützmauern in der Burgergasse und die Restaurierungsarbeiten am Schatzkästlein zu.
Die Arbeiten in der Hermannstädter Altstadt sollten nicht nur negativ gesehen werden. Es wurde viel geleistet und vieles wird sich in Zukunft, vor allem in Bezug auf die Funktionalität der Infrastruktur der Altstadt, auch positiv auswirken, aber aus der Perspektive der sächsischen Kultur ist eine Identitätsveränderung festzustellen, oder, wie es ein österreichischer Besucher sagte: "Hermannstadt wird zunehmend auswechselbar".
Leider muss gesagt werden, dass auch die GTZ in diesem Prozess nicht die vermittelnde Rolle zum heutigen Stand der europäischen Denkmalpflege wahrgenommen hat. In Gesprächen mit Vertretern der GTZ wurde mir immer wieder gesagt, sie müsse mit den Partnern zurecht kommen, die ihr die Stadt zur Verfügung stellt. Mitte dieses Jahres besuchte im Auftrag der Siebenbürgisch-sächsischen Stiftung Dr. Manfred Koller, ein anerkannter Fachmann für barocke Farbgebung, unsere Stadt und machte Untersuchungen am Brukenthalpalais und am Bischofshaus. So wurden die Fassaden dieser beiden Gebäude nach dem Befund von Dr. Koller wiederhergestellt. Im Nachhinein kann man nur bedauern, dass Fachleute dieser Kompetenz nicht auch seitens der GTZ nach Hermannstadt gerufen wurden. Was die gegenwärtig laufenden Arbeiten betrifft, stellt sich heute kaum noch die Frage nach der Qualität, sondern, ob es gelingen wird, sie zeitgerecht abzuschließen.
Im Bereich der Kirchenburgen hat es nach 1990 verschiedene Ansätze gegeben, die sich auch in Wiederherstellungs- und Restaurierungsarbeiten der 90er Jahre widerspiegeln. Auf Initiative von Dr. Klaus Therflot, dem früheren Botschafter der Bundesrepublik, wurde die Stiftung "Deutsches Kulturerbe in Rumänien" gegründet. Die Stiftung hat wesentlich, unter Mitwirkung von Diakon Reinhard Brackhage, die Finanzierung der Restaurierungen in Holzmengen und Hamruden, sowie die Fertigstellung des Schullerhauses in Mediasch bewirkt. Sie wurde 2000, nachdem der Spendenstrom versiegt war, aufgelöst.
Andere Restaurierungen, wie an den Kirchenburgen von Bogeschdorf und Weidenbach, wurden von der Kulturstiftung der Länder (Deutschland) finanziert. Bedeutende Summen sind über die Messerschmidtstiftung nach Schässburg gelangt, wo die Bergkirche und das Haus mit dem Hirschgeweih einem umfangreichen Restaurierungsprozess unterzogen wurden.
Ein dauerhafter Einsatz charakterisiert die Siebenbürgisch-sächsische Stiftung in München, deren Präsident Hans Christian Habermann ist. Sie hat kontinuierlich Arbeiten an den Kirchenburgen in Tartlau und Honigberg gefördert und ist zur Zeit besonders in Birthälm, Reußmarkt und Frauendorf an Restaurierungen beteiligt. Zukunftsweisend ist, dass es der Siebenbürgisch-sächsischen Stiftung gelungen ist, die Mitfinanzierung durch die amerikanische Stiftung World Monuments Fund in die Wege zu leiten. So hat der World Monuments Fund die Hälfte der Arbeiten in Birthälm und an der Fassade des Brukenthalpalais finanziert.
Ein interessantes Projekt wird zur Zeit in Frauendorf durchgeführt. Dort hatte vor zwei Jahren eine holländische Stiftung OVR, Operation Villages Roumain Nederlanden, begonnen, ein Konzept zur Neunutzung der Kirchenburg zu entwickeln. Später hat die DBU - Deutsche Bundesstiftung Umwelt - sich bereit erklärt, an diesem Projekt mitzuarbeiten, zumal es sich um ein Baudenkmal in durch Umweltschäden belasteter Atmosphäre handelt. Am Projekt ist die Firma Pro Denkmal aus Berlin beteiligt. Es ist vorgesehen, außer der Restaurierung der Kirche, in den Gaden, die entlang der Ringmauer später errichtet wurden, einige Gästezimmer und ein kleines Museum einzurichten.
Ein anderer Verein, der in Siebenbürgen aktiv Denkmalpflege betreibt, ist, der Mihail Eminescu Trust aus London, dessen Schirmherr Prinz Charles ist. Dieser Trust ist besonders in Deutschweißkirch und anderen Dörfern des Repser Ländchens aber auch in Malmkrog und der Schäßburger Gegend aktiv geworden. Er hat Jahre hindurch Fachleute für historischen Kalkputz nach Siebenbürgen gebracht, die hiesige Handwerker angelernt haben.
Dass unsere Kirchenburgen Ausländer begeistern können, zeigt auch die Tatsache, dass der amerikanische Botschafter Michael Guest nach einer Reise zu verschiedenen Kirchenburgen eine Karte mit drei Tagestouren zu den Kirchenburgen der Gegend zwischen Hermannstadt und Schäßburg bei unserem Architekturbüro in Auftrag gegeben hat, die viersprachig (rumänisch, deutsch, englisch, ungarisch) erstellt worden ist. Sie wurde später durch eine zweite Karte - finanziert von Beatrice und Hans Christian Habermann - ergänzt, die sich auf das Burzenland und das Repser Ländchen bezieht. Nicht vergessen werden sollen die Heimatortsgemeinschaften, HOGs, von denen einige sich mit engagiertem Einsatz für den Erhalt ihrer Baudenkmäler eingesetzt haben, z.B. in Wurmloch, Reußmarkt, Scharosch bei Fogarasch und Bulkesch. Es gibt auch vereinzelte ausländische, meist junge Personen, die sich für Arbeiten an der einen oder anderen Kirchenburg einsetzen oder auch dort wohnen, so z.B. in Trappold.
Zu den jungen Leuten, die meist aus Deutschland oder Österreich kommen und mit großem Eifer und anfänglicher Begeisterung sich für den Erhalt der sächsischen Kultur einsetzen, ist leider zu bemerken, dass diese Begeisterung die Zeitspanne von zwei bis drei Jahren nur selten überschreitet.
Wenn wir die Entwicklung der Jahre nach der Wende genauer beobachten, muss festgestellt werden, dass die Identität der sächsischen Ortschaften, die sicher auch schon vor 1990 in beträchtlichem Maß verändert worden ist, durch die neuen Bewohner, die den ausgewanderten Sachsen gefolgt sind, einem Prozess der radikalen Umgestaltung unterworfen ist, der in Zukunft wohl rasant fortschreiten wird.
Durch die stärker werdende wirtschaftliche Einbindung Rumäniens in die EU und den damit verbundenen Austausch in allen Lebensbereichen ist zu erwarten, dass das Augenmerk vieler Ausländer auf die Kirchenburgen und auch auf die Kulturlandschaft Siebenbürgens gelenkt wird. Eine gewisse Vorreiterrolle kommt ausländischen Persönlichkeiten wie Prinz Charles oder Michael Guest oder dem ehemaligen deutschen Botschafter Rossbach zu. Dies kann auch eine gewisse Änderung in der Mentalität der neuen Bewohner bewirken, die in wertvollen Baudenkmälern die wirtschaftlich interessante Komponente entdecken, zumal im ländlichen Bereich durch den Beitritt zur EU schwierige Umwälzungen stattfinden werden und man sich nach Alternativen zur Landwirtschaft umsehen wird.
Aus meiner Sich bleibt eine wichtige Zielgruppe, die zur Erhaltung des sächsischen Kulturgutes beitragen kann, die Gruppe der Nachkommen von ausgewanderten Sachsen, die ein lockereres Verhältnis zu ihrer alten Heimat haben und möglicherweise eines Tages das Unverwechselbare in ihrer Vergangenheit suchen und so ihren Wurzeln nachgehen werden.
Sicher wird im Lauf der Zeit, wohl im Lauf einiger Generationen, auch ein gewisses Identitätsgefühl bei den neuen Bewohnern der ehemals sächsischen Dörfer entstehen, doch sollte man sich diesbezüglich nicht zu besonders optimistischen Illusionen verleiten lassen. Mit Lucian Blaga kann man sagen, dass auch heute die jeweiligen Mentalitäten - Blaga nennt sie Horizonte - dieser Völkergruppen, die auf radikal unterschiedliche Weise den Herausforderungen ihrer Geschichte begegnet sind, weit auseinander liegen.
Ein gemeinsamer Nenner ist im wirtschaftlichen Potenzial der Baudenkmäler gegeben. Der Tourismus wird sicher in der Zukunft Rumäniens eine wichtige ökonomische Komponente darstellen.
Unlängst wurde ich von dem Leiter eines Schweizer Fernsehteams gefragt, ob es nicht besser gewesen wäre, wenn man die Millionen, die in letzter Zeit für Arbeiten in Hermannstadt als Sonderfonds für die Europäische Kulturhauptstadt ausgegeben worden sind, zur Restaurierung der Kirchenburgen eingesetzt hätte. Ich habe dieses verneint. In der heutigen Situation können große Geldsummen für Restaurierungsarbeiten an Kirchenburgen unter Umständen kontraproduktiv sein. Eine denkmalpflegerische Weisheit besagt, dass der natürliche Verfall einer schlechten Restaurierung vorzuziehen ist.
Was es heute braucht, ist Instandhaltung, d.h. es braucht einen Burghüter, der darauf achtet, dass Bauschäden im Anfangsstadium behoben werden, der dafür sorgt, dass die Vegetation in Schranken gehalten wird und vor allem, dass weder Kulturgut noch Baumaterialien gestohlen werden. So gesehen, kann das Frauendorfprojekt als Pilotprojekt betrachtet werden. Dass die siebenbürgische Kulturlandschaft bis in unsere Zeit erhalten geblieben ist, hängt zum großen Teil auch an der ständigen Bedrohung aber auch der Armut, die ständige Begleiterscheinungen unserer Geschichte waren, sicher aber auch an der Identifikation der siebenbürgisch-sächsischen Gemeinden und ihren Nachbarschaften mit ihren Baudenkmälern. Größere Verluste an Originalbausubstanz sind immer wieder in Zeiten wirtschaftlichen Aufschwungs, wie z.B. der Gründerzeit um 1900, zu verzeichnen gewesen.
Ich möchte den Heimatortsgemeinschaften Mut machen, sich auch mit bescheidenen Mitteln für den Erhalt ihrer Kirchenburgen und anderer Kulturdenkmälern einzusetzen. Oft hängt es nicht an dem großen Geld, den berühmten Fachleuten, der Publicity, aber oft an kleinen, organisatorischen Maßnahmen wie z.B. dem Gehalt für einen Burghüter, der heute im ländlichen Milieu möglicherweise schon mit 50-100 Euro im Monat zufrieden ist. Vielleicht kostet es den Einen oder Anderen etwas Überwindung, sich erneut mit einer Thematik auseinander zu setzen, die einem so viel Kopfzerbrechen und auch Schmerzen bereitet hat, und die man für abgeschlossen hielt. Ich schlage vor, diese Problematik, die uns alle angeht, aus einem anderen Winkel zu sehn, und zwar, dass es sich hier möglicherweise um eine Investition für die Zukunft unserer Kinder und Kindeskinder handelt. Die Erfahrung der letzten anderthalb Jahrzehnte lehrt uns, dass letzten Endes wir es sind, die sich mit diesem Erbe weiter identifizieren und uns anstrengen müssen, zu seinem Erhalt beizutragen. Eine realistische Sicht der Situation lässt erkennen, dass wir diese Aufgabe an niemand sonst, sei es in Rumänien oder Deutschland, delegieren können.

Hermann Fabini, November 2006
Architekturbüro Fabini GmbH