Ist Ungarn noch demokratisch?

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seberg
schrieb am 24.10.2012, 14:33 Uhr (am 24.10.2012, 14:38 Uhr geändert).
Bist du sicher, dass du nicht den Weltgeist zu Pferde gemeint hast?
http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-50424609.html

seberg
schrieb am 24.10.2012, 15:18 Uhr (am 24.10.2012, 15:20 Uhr geändert).
o.k., bankban, ich entschuldige mich für meine läppische Frage und meinen Link zu Hegels Weltgeist zu Pferde. Der deine zu dem Gespräch zwischen Sloterdijk, Safranski und Liessmann gefällt mir viel besser, besonders die eine Stelle, wo Safranski über Hegel sagt:

"Wenn er vom "Etwas" sprach, klang es wie "Ebbes". Er hat sich sehr bescheiden und ein wenig raunend als eine Art Medium für den Weltgeist begriffen. Bei Freud ist das "Es" für Sexualität und Schweinekram zuständig, Hegel aber hätte gesagt: "Es" denkt, nicht "ich" denke. Das "Es" wohnt bei Hegel nicht im Keller, sondern im Dachstübchen mit Zutritt zur Belle Etage."

Wobei Safranski offenbar nicht weiß/wusste, dass der spätere Freud selbst das Es, bzw. die Macht des Unbewussten, auch auf das ach so selbstbewusste und eitle Ich ausgedehnt hat. Hegel und Freud hätten sich bestens verstanden in der Aussage: ""Es" denkt, nicht "ich" denke!"
Freud hat uns die - für mich neu, weil offenbar schon Hegel'sche - Botschaft hinterlassen: "Das Ich ist nicht Herr im eigenen Haus!", also die sog. dritte Kränkung der Menscheit nach Kopernikus und Darwin: der Mensch wird zunehmend entzaubert und dezentriert. Der bescheidene Hegel: wer hätte das gedacht!
bankban
schrieb am 24.10.2012, 16:08 Uhr
.k., bankban, ich entschuldige mich für meine läppische Frage
@ grumpes
schrieb am 24.10.2012, 17:12 Uhr (am 24.10.2012, 17:12 Uhr geändert).
alma again
schrieb am 24.10.2012, 23:06 Uhr
bankban und TAFKA, um halbwegs in der Tiefebene zu bleiben:

Attilas Heer bestand nicht nur aus Hunnen. Ihm soll sich eine Unzahl von Fremden angeschlossen haben: Gallier, Kelten, Germanen, Afrikaner, Griechen, Iberer und vereinzelt sogar Römer. Was sie alle verband war die Unzufriedenheit mit der Gewaltherrschaft des dekadenten Römischen Imperiums. Der Weltgeist – der sich dem Stillstand entgegensetzt - lenkte sie, aber das kann ihnen nicht bewusst gewesen sein; sie wussten bloß, jeder für sich, dass sie unzufrieden waren.

(Da ist doch alles drin: Weltgeist, Unzufriedenheit und sogar ein Attila ;-)
bankban
schrieb am 25.10.2012, 00:11 Uhr
das war schön.
Arend
schrieb am 25.10.2012, 08:27 Uhr
bankban!

Sei mal Ehrlich!Du hast unter Weltgeist was gaaaaanz anderes gemeint,oder?Als Jude,würde ich Persönlich an die Geschäfte Rotschilds,und seine Nachlass an die Juden Denken.
An Habsburger,Illuminater,Revolutionen,Kommunisten,an unzählige Morde,und an die Eroberung der Welt.-:)
getkiss
schrieb am 26.10.2012, 13:21 Uhr (am 26.10.2012, 13:24 Uhr geändert).
Weitere Details über die Repression nach dem ungarischen Aufstand 1956.
Die meisten rechtswidersprechenden Maßnahmen, sowie die Verantwortlichen der ausgeführten Massenmorden wurden nie geahndet, auch nach 1989 nicht.
Aus einer Arbeit des Richters Kahler Frigyes

www.xxszazadintezet.hu/rendezvenyek/1956_os_megemlekezes/kahler_frigyes_az_1956_os_megt.html

stammt folgendes von mir frei Übersetzte Zitat:


"Die Repression war, als Größe, die größte Repression der ungarischen Geschichte.

Auf der Sitzung vom 17.Dez.1957 spricht Kádár von „solcherart Menschen“ die „in der Hand der Strafverfolgungsbehörden sich befinden“, aber dass in Ungarn nicht Möglichkeiten bestehen, dass 40000-50000 ständig inhaftiert sind. Die Kapazität in den Gefängnissen reicht(e) nur für 18440 Personen, während im Dez. 1957 schon 25-26000 Menschen verurteilt waren (nach Münnich, damals Innenminister).

Nach Kádár waren 1.100.000 Menschen zu internieren! (die tatsächliche Daten über die Internierten sind zur Zeit dieser Schrift noch immer nicht bekannt, aber in der Größenordnung mehrerer zehntausend). (MOL, Fond 288, Abteilung 5/54)

Die statistische Daten sind lükenhaft, bzw. sind die vorhandenen Daten manchmal Widersprüchlich.
Eine IM-Statistik vom 31.12.1958 spricht von 10016 politisch verurteilten, davon 259 ausgeführte Todesurteile.

Eine Statistik datiert am 31.12.1960 bezüglich staatsfeindlicher Taten schreibt von 21668 Verurteilten (durch zivile und militärische Gerichte). Davon sollen 16443 ausführbare und 4961 aufgehobene Urteile sein.

Eine andere Statistik aus 1960 spricht von 16453 Urteilen. Zwischen 1961 und 1963 werden weitere 2410 Verurteilungen registriert, dass heist es wurden wegen Staatsfeindlichen Taten 18558 Urteile ausgesprochen. Zu dieser Zahl sind weitere politische Urteile zu zählen die nicht staatsfeindlichen Charakter hatten, so dass die Gesamtzahl der repressiv Verurteilten 23761 war.

Über die Zahl der vollstreckten Todesurteilen gibt es auch heute noch Diskussionen:
Von den 229 (Szakolczai: Jahrbuch III, Budapest 1994, nach Namen identifizierte), bis zu den 453 laut Gosztonyi, „Ungarische Golgatha“, S.70-71, gibt es verschiedene Zahlen. Aber welche Zahl auch immer in Betracht kommt, diese Zahlen übertreffen mehrfach die von Haynau verordnete Todesurteile nach 1849 bezüglich eines 3x größeren Ungarn!

Die Arten der Verfolgung durch Kádár sind sehr vielfältig (gewesen):
Es sind sowohl die Benützung der aus den 50-er Jahren bekannten Art der Prozesse (Brusznyai-, Földes-, Tóth Ilonaprozess, nicht zu sprechen über den Prozess gegen Nagy Imre), auch die Prozesse über tatsächliche Taten, deren Urteile aber nicht den internationalen und ungarischen Rechtsnormen entsprach. Schon gar nicht zu sprechen darüber, dass Die Regierungsgewalt ohne Widerspruch auch nicht verurteilte Taten vollbrachte, die Gegen dem Kriegs- und Menschenrecht waren.

Wer wurde durch die repressive Maßnahmen betroffen?

Die Frage ist, hat man gegen den Klassenfeind die „schärfste Waffe des Klassenkampfes“ benutzt?

Am 10. Nov.1958 hat man die soziale Herkunft von 4488 Inhaftierten geprüft, von denen 297 als Klassenfeind bezeichnet wurden (einschließlich der „Bauernausbeuter), d.h. 6,61%.

Von den nominell identifizierten 229 ausgeführten Todesurteilen waren 7,3% Klassenfeinde, der Rest waren Arbeiter (23,7%), arme oder mittlere Bauern (25,3%9 u.s.w.

Die 31. Gesetzesverordnung aus 1956 hat die Institution der „Sicherheitshaft“ (Internierung) eingeführt, die bis April 1960 existierte, die geschätzte 16-18000 Opfer hatte.

Es gab auch zivile Repressionen, wie Entlassungen, die Schofföre, Eisenbahner, Pädagogen.
Die durch Kádár eingeführte Offiziersverpflichtungserklärung wurde von 6923 Armeeoffizieren nicht unterschrieben, dies hatte die selbe Konsequenzen.
Die Kinder der Revolutionäre durften keine weiterführende Schulen besuchen."
bankban
schrieb am 26.10.2012, 14:49 Uhr
arend!

ich bin mal ganz ehrlich! ich habe beim Weltgeist an Hegel gedacht! aber an dich denke auch auch oft! nur bin ich dann meist um den Schlaf gebracht! vom Weltungeist!
bankban
schrieb am 26.10.2012, 14:52 Uhr
getkiss, danke für die Infos. Ich halte es für eminent wichtig, an die Opfer kommunistischer Gewaltherrschaft und Verbrechen zu erinnern. Im ungarischen Kontext interessant und präzise fand ich das Buch von Zinner Tibor: "A kádári megtorlás rendszere". Empfehlenswert, kauf es dir!
getkiss
schrieb am 26.10.2012, 19:59 Uhr
Danke @bankban
Vom selben Autor (Kahler) siehe auch die Abhandlung über den Vaczkó-Prozess 1966

www.aetas.hu/2006-01/kahler.pdf
bankban
schrieb am 05.11.2012, 15:18 Uhr
Das Tagebuch der ungarischen Anne Frank

Éva Heyman war dreizehn Jahre alt, als ihre Mutter ihr ein Tagebuch schenkte. Wenig später marschierten die Deutschen in Ungarn ein. Das Mädchen schrieb alles auf, was es durchleiden musste

http://www.welt.de/kultur/literarischewelt/article110550520/Das-Tagebuch-der-ungarischen-Anne-Frank.html#disqus_thread
harald815
schrieb am 05.11.2012, 16:50 Uhr
Verbrechen der Pfeilkreuzler
Sie vernichteten eine der bedeutendsten Zentren jüdischen Lebens in Mitteleuropa. Unbegreiflich, dass trotz dieser Verbrechen, an denen die "Pfeilkreuzler" beteiligt waren, der Antisemitismus in Ungarn heute wieder derartig aggressiv in der Gesellschaft wütet, dass selbst Abgeordnete im staatlichen Fernsehen ohne Scham ihre antijüdischen Tiraden verbreiten können. Offenbar haben die Ungarn einen Teil ihrer Vergangenheit bis heute ausgeblendet.


Unter den Bildern 1 und 2 steht, dass die Gegenregierung, deren Verteidigungsminister Horthy war, die kommunistische Regierung (Bela Kuhn) gestürzt hätte. Was haben die rumänischen Truppen zu der Zeit in Budapest gesucht? Wollten sie ein Paar warme Bäder nehmen? Was wohl Alma meint?

Und nun ein Kommentar:
Nur aus reiner Sachlichkeit. Deutschland ist nicht in Ungarn einmarschiert. Deutschland und Ungarn waren verbuendete Nationen. Solch stuemperhafte Fehler machen sie leider angreifbar von der rechten Seite.
Interessant.
bankban
schrieb am 05.11.2012, 18:24 Uhr (am 05.11.2012, 18:38 Uhr geändert).
Deutschland ist nicht in Ungarn einmarschiert. Deutschland und Ungarn waren verbuendete Nationen.

Erster Satz ist Schwachsinn. Ungarn stand zwar 1944 mächtig unter deutschem Einfluss, war aber ein völkerrechtlich souveräner Staat, welcher eine eigene Außen- und Innenpolitik betrieb, über diplomatische Vertretungen in dutzenden Ländern verfügte, eigene politische Führung besaß, welche selbst veränderte und ersetzte und das Land konnte, schließlich, eigenmächtig Steuern erheben und eintreiben. Finally, das Land verfügte über ein Staatsgebiet und ein Staatsvolk. Also, das war ein unabhängiger Staat. Zugleich war dieser Staat bedingt durch seine Außenpolitik, die Willfährigkeit seiner Politiker und den immensen wirtschaftlichen sowie politischen Einfluss und Druck des "Dritten Reichs" diesem weitgehend schutzlos ausgeliefert. Und da das Reich im März 1944 den Abfall des verbündeten Ungarn aus der Kriegskoalition (durchaus zu Recht!) fürchtete, beschloss es der Souveränität des Landes ein Ende zu setzen. Zwar "stimmte" Horthy in Klessheim dem zu, doch wurde ihm gedeutet, dass er anderenfalls Gefangene des Reiches bliebe. Auch wusste Horthy, dass das Reich letztlich auch ohne seine "Zustimmung" einmarschieren würde (die Vorbereitungen waren schon getroffen, die Truppen schon abmarschbereit). Also, kann man ohne weiteres sagen, die Nazis/das Reich sei(en) in Ungarn einmarschiert.


Was haben die rumänischen Truppen zu der Zeit in Budapest gesucht?
Sie sind von den Siegermächten beauftragt worden, gegen die kommunistische Räteregierung vorzugehen. Den Siegermächten hatte nämlich alles andere als ein kommunistisches Land inmitten Europas noch gefehlt. Gerne kamen daher die Truppen des monarchischen Landes unter Bojarenherrschaft der Bitte nach, eine (nota bene: üble, diktatorische) republikanische Staatsordnung zu beseitigen. Dabei wurden natürlich auch eigene, rumänische Süppchen gekocht: a) die Hoffnung auf möglichst großen Landraub von nicht rumänisch dominierten ungarischen Landesteilen b) die Zertrümmung des Widerstandes des Szeklerregiments von Karl Kratochwill in Siebenbürgen und c) eine fette Beute in der ungarischen Hauptstadt (es wurde mitgenommen, pardon: geraubt, was nicht nagelfest war).
Zumindest die Suppen b) und c) sind gekocht und gegessen worden. a) nur teilweise, denn eigentlich hoffte man in Bukarest auf Landraub bis zur Theiß.
getkiss
schrieb am 05.11.2012, 18:56 Uhr (am 05.11.2012, 19:03 Uhr geändert).
Interessant.

Nein @Harald, der Kommentar den Du "Interessant" fandest, ist einfach nur falsch.
Die Antwort darauf steht unter dem Bild 9/11. Ungarn wurde von deutschen Truppen 1944 besetzt, nachdem Horthy sich den Deportationen widersetzte. Mit solchen "Verbündeten" machte Hitler kein federlesen, da in Ungarn, wie in den anderen ihm alliierten Staaten, im Hintergrund faschistische Organisationen waren. Was in Rumänien die Garda de Fier, oder die Legionari, hieß in Ungarn Nyilas/Pfeilkreuzler...
Und es ist bekannt, Horthy wollte auch gegen Ende seiner Herrschaft mit den (westlichen) Alliierten Verhandeln, zum Frontwechsel kam es nicht mehr wegen seinem Sturz...

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